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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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BAG, 29.06.1962 - 1 AZR 343/61 - Grundrecht; Abwehrrecht; Arbeitsplatzwahl
Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 29.06.1962, Az.: 1 AZR 343/61
Grundrecht; Abwehrrecht; Arbeitsplatzwahl
Verfahrensgang:
vorgehend:
LAG Hamm - 13.06.1961 - AZ: 2 Sa 131/61
Fundstellen:
BAGE 13, 168 - 182
DB 1962, 1309-1312 (Volltext)
DVBl 1962, 914 (amtl. Leitsatz)
MDR 1962, 1020-1021 (Volltext mit amtl. LS)
NJW 1962, 1981-1983 (Volltext mit amtl. LS)
NJW 1963, 73-74 (amtl. Leitsatz mit Anm.)
BAG, 29.06.1962 - 1 AZR 343/61
Amtlicher Leitsatz:
1. Art. 12 GG enthält ein echtes Grundrecht und nicht nur die Proklamation eines Prinzips der Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung. Dieses Grundrecht ist nicht nur ein Abwehrrecht gegen die öffentliche Gewalt, sondern greift auch in die Privatrechtsbeziehungen ein.
2. Das Grundrecht des Art. 2 GG auf freie Entfaltung der Persönlichkeit hat nicht den Vorrang vor dem Grundrecht des Art. 12 GG auf freie Wahl des Arbeitsplatzes. Nur innerhalb der Grenzen des Art. 12 GG setzt sich der auf Art. 2 GG beruhende Grundsatz der Vertragsfreiheit durch.
3. Das Recht, den Arbeitsplatz frei zu wählen, umfaßt bei auf unbestimmte Zeit eingegangenen Arbeitsverhältnissen auch das Recht, den gewählten Arbeitsplatz beizubehalten, aufzugeben und zu wechseln. Die auf vertraglicher Absprache beruhende Begründung von Zahlungspflichten zu Lasten des kündigenden Arbeitnehmers kann eine Beschränkung des Grundrechts des Art. 12 GG bedeuten und damit zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führen.
4. Eine vertragliche Kündigungsbeschränkung für den Arbeitnehmer, insbesondere die Bindung seines Kündigungsrechts an Zahlungspflichten, ist dann mit Art. 12 GG vereinbar, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nach Treu und Glauben dem Arbeitnehmer zuzumuten ist und vom Standpunkt eines verständigen Betrachters aus einem begründeten und zu billigenden Interesse des Arbeitgebers entspricht.
5. Unter diesen Gesichtspunkten ist eine Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien nicht zu beanstanden, nach der der Arbeitnehmer sich zur Zurückzahlung der Gehaltsbeträge, die ihm der Arbeitgeber ohne Rechtspflicht für die Zeit der Teilnahme an einer für die tarifliche Höhergruppierung notwendigen beruflichen Fortbildung gewährt, für den Fall verpflichtet, daß er vor Ablauf von drei Jahren nach dem Ende der Fortbildung kündigt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber sich ohnehin als Mitträger der Fortbildungsmaßnahmen an deren Kosten beteiligt und die Rückzahlungspflicht in der Weise gestaffelt ist, daß der volle Gehaltsbetrag von dem Arbeitnehmer nur bei Kündigung vor Ablauf eines Jahres zu erstatten ist, danach die Rückzahlungspflicht mit zunehmender Dauer der Weiterarbeit prozentual ermäßigt wird, bis nach drei Jahren kein Erstattungsanspruch des Arbeitgebers mehr besteht.