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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Zu § 39 SGB XI Tit. 2.7 RdSchr. vom 21.04.2020, Verwendung des nicht in Anspruch genommenen Leistungsbetrages der Kurzeitpflege nach § 42 SGB XI
Zu § 39 SGB XI Tit. 2.7 RdSchr. vom 21.04.2020
Gemeinsames Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des SGB XI
Zu § 39 SGB XI – Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson → Zu § 39 SGB XI Tit. 2 – Anspruchsvoraussetzungen
Zu § 39 SGB XI Tit. 2.7 RdSchr. vom 21.04.2020 – Verwendung des nicht in Anspruch genommenen Leistungsbetrages der Kurzeitpflege nach § 42 SGB XI
Der Leistungsbetrag der Verhinderungspflege nach § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB XI in Höhe von bis zu 1.612,00 EUR kann um bis zu 806,00 EUR aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB XI auf insgesamt 2.418,00 EUR im Kalenderjahr erhöht werden. Wird die Verhinderungspflege durch Pflegepersonen erbracht, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, gilt dies insoweit, als im Zusammenhang mit der Verhinderungspflege weitere notwendige Aufwendungen nachgewiesen werden (vgl. § 39 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB XI).
Beispiel 1
Teil 1
Die Verhinderungspflege eines Pflegebedürftigen des Pflegegrades 3 wird von einem ambulanten Pflegedienst vom 02.03. bis 29.03. (28 Kalendertage) erbracht und in Höhe von 1.570,00 EUR nachgewiesen. Die Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI wurden bisher nicht in Anspruch genommen.
Ergebnis:
Die Pflegekasse übernimmt die durch den ambulanten Pflegedienst entstandenen Aufwendungen in Höhe von 1.570,00 EUR. Für den Zeitraum vom 03.03. bis 28.03. wird ein hälftiges Pflegegeld gezahlt. Für den ersten und letzten Tag der Verhinderungspflege am 02.03. und 29.03. wird das Pflegegeld in voller Höhe gezahlt.
Teil 2
Der Pflegebedürftige nimmt erneut Leistungen der Verhinderungspflege vom 15.06. bis 30.06. (16 Kalendertage) in Anspruch. Die Verhinderungspflege wird von einem ambulanten Pflegedienst in Höhe von 744,00 EUR (täglich 46,50 EUR) erbracht. Der Pflegebedürftige entscheidet sich für die Verwendung des noch zur Verfügung stehenden Leistungsbetrags der Kurzzeitpflege.
Ergebnis:
Durch die bereits in Anspruch genommenen Leistungen der Verhinderungspflege in Höhe von 1.570,00 EUR besteht noch ein Restanspruch in Höhe von 42,00 EUR (1.612,00 EUR - 1.570,00). Da der Pflegebedürftige im laufenden Kalenderjahr keine Leistungen der Kurzzeitpflege in Anspruch genommen hat, kann er den Leistungsbetrag der Verhinderungspflege in Höhe von 1.612,00 EUR um den nicht in Anspruch genommenen Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB XI um bis zu 806,00 EUR erhöhen.
Aufgrund der vorangegangenen Verhinderungspflege (28 Tage) besteht noch ein Restanspruch von 14 Tagen. Während dieser Zeit sind Kosten in Höhe von 651,00 EUR (14 Tage x 46,50 EUR) entstanden. Der für die Verhinderungspflege in Anspruch genommene Erhöhungsbetrag in Höhe von 609,00 EUR (651,00 EUR - 42,00 EUR) ist auf den Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB XI anzurechnen. Im laufenden Kalenderjahr besteht ein Restanspruch auf Leistungen der Kurzzeitpflege in Höhe von 1.003,00 EUR (1.612,00 EUR - 609,00 EUR). Somit ist der Leistungsanspruch für die Verhinderungspflege für das laufende Kalenderjahr ausgeschöpft.
Für den Zeitraum vom 16.06. bis 27.06. wird ein hälftiges Pflegegeld gezahlt. Für den ersten Tag der Inanspruchnahme am 15.06. und dem letzten Tag der Leistungsgewährung nach § 39 SGB XI am 28.06.2017 und der ab diesem Zeitpunkt insoweit sichergestellten Pflege wird das volle Pflegegeld gezahlt.
Beispiel 2
Teil 1
Die Verhinderungspflege bei einem Pflegegeldempfänger des Pflegegrades 3 wird von dessen nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Tochter vom 12.03. bis 24.03. (13 Kalendertage) durchgeführt. Von der Pflegeperson werden pflegebedingte Aufwendungen in Höhe von 253,00 EUR, ein Verdienstausfall in Höhe von 1.445,00 EUR und Fahrkosten in Höhe von 78,00 EUR (30 km x 0,20 EUR = 6,00 EUR x 13 Tage) nachgewiesen. Der Pflegebedürftige entscheidet sich für die Verwendung des noch zur Verfügung stehenden Leistungsbetrags der Kurzzeitpflege.
Kostenübernahme für die Verhinderungspflege | = 253,00 EUR |
plus Fahrkosten | = 78,00 EUR |
plus Verdienstausfall | = 1.445,00 EUR |
Gesamt | = 1.776,00 EUR |
Berechnung der Pflegegeldansprüche: | |
für den 12.03. und 24.03. | |
volles Pflegegeld (545,00 EUR x 2 : 30) | = 36,33 EUR |
vom 13.03. bis 23.03. | |
hälftiges Pflegegeld (272,50 EUR x 11 : 30) | = 99,92 EUR |
Der Höchstbetrag von 1.612,00 EUR wird überschritten. Da bisher im laufenden Kalenderjahr keine Leistungen der Kurzzeitpflege in Anspruch genommen wurden, kann der Leistungsrahmen der Verhinderungspflege um die nicht verwendeten Mittel der Kurzzeitpflege um bis zu 806,00 EUR erhöht werden. Demzufolge kann der Restbetrag der Kosten für die Verhinderungspflege in Höhe von 164,00 EUR (1.776,00 EUR - 1.612,00 EUR) ebenfalls erstattet werden. Der für die Verhinderungspflege in Anspruch genommene Erhöhungsbetrag in Höhe von 164,00 EUR wird auf den Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB XI angerechnet. Im laufenden Kalenderjahr besteht ein Restanspruch auf Leistungen der Kurzzeitpflege in Höhe von 1.448,00 EUR (1612,00 EUR - 164,00 EUR). Verhinderungspflege kann im laufenden Kalenderjahr noch in Höhe von 642,00 EUR (806,00 EUR - 164,00 EUR) für bis zu 29 Tage in Anspruch genommen werden.
Teil 2
Der Pflegebedürftige nimmt erneut Leistungen der Verhinderungspflege vom 16.06. bis 30.06. (15 Kalendertage) in Anspruch. Die Verhinderungspflege wird von einem ambulanten Pflegedienst in Höhe von 720,00 EUR (täglich 48,00 EUR) erbracht. Es können noch nicht verwendete Mittel der Kurzzeitpflege in Höhe von 642,00 EUR in Anspruch genommen werden.
Ergebnis:
Durch die vorangegangene Verhinderungspflege sind die Leistungen der Verhinderungspflege zwar der Höhe nach, aber nicht den Kalendertagen nach ausgeschöpft. Der Leistungsbetrag der Verhinderungspflege in Höhe von 1.612,00 EUR kann um den nicht in Anspruch genommenen Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB XI erhöht werden. Da bereits für die vorangegangene Verhinderungspflege noch nicht verwendete Mittel der Kurzzeitpflege in Höhe von 164,00 EUR in Anspruch genommen wurden, kann der Leistungsrahmen der Verhinderungspflege um bis zu 642,00 EUR (806,00 EUR - 164,00 EUR) erhöht werden. Somit übernimmt die Pflegekasse die durch den ambulanten Pflegedienst entstandenen Aufwendungen in Höhe von 642,00 EUR. Der Leistungsanspruch für die Verhinderungspflege ist für das laufende Kalenderjahr ausgeschöpft. Dies gilt ebenfalls für den Erhöhungsbetrag aus nicht verwendeten Mitteln der Kurzzeitpflege in Höhe von 806,00 EUR. Zudem wird der für die Verhinderungspflege in Anspruch genommene Erhöhungsbetrag in Höhe von 806,00 EUR (642,00 EUR + 164,00 EUR) auf den Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB XI angerechnet. Im laufenden Kalenderjahr besteht ein Restanspruch auf Leistungen der Kurzzeitpflege in Höhe von 806,00 EUR (1.612,00 EUR - 642,00 EUR - 164,00 EUR).
Der Anspruch auf Fortzahlung des hälftigen Pflegegeldes ist auf 42 Tage im Kalenderjahr beschränkt. Da während der vorangegangenen Verhinderungspflege ein hälftiges Pflegegeld für 13 Kalendertage fortgezahlt wurde, besteht für den Zeitraum vom 17.06. bis 29.06. ein Anspruch auf hälftiges Pflegegeld. Für den ersten und letzten Tag der Verhinderungspflege am 16.06. und 30.06. wird volles Pflegegeld gezahlt.
Beispiel 3
Teil 1
Die Verhinderungspflege eines Pflegebedürftigen des Pflegegrades 4 wird von einem ambulanten Pflegedienst vom 10.01. bis 04.02. (26 Kalendertage) erbracht und in Höhe von 1.612,00 EUR nachgewiesen.
Ergebnis:
Die Pflegekasse übernimmt die durch den ambulanten Pflegedienst entstandenen Aufwendungen in Höhe von 1.612,00 EUR. Für den Zeitraum vom 11.01. bis 03.02. wird ein hälftiges Pflegegeld gezahlt. Für den ersten und letzten Tag der Verhinderungspflege am 10.01. und 04.02. wird das Pflegegeld in voller Höhe gezahlt.
Teil 2
Vom 02.05. bis 13.05. (12 Kalendertage) ist die Pflegeperson erneut verhindert. Die Verhinderungspflege wird dieses Mal von dem nicht mit dem Pflegebedürftigen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Sohn erbracht. Von der Pflegeperson werden neben pflegebedingten Aufwendungen in Höhe von 429,00 EUR Fahrkosten in Höhe von 50,00 EUR nachgewiesen. Die Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI wurden im laufenden Kalenderjahr bereits ausgeschöpft.
Ergebnis:
Durch die vorangegangene Verhinderungspflege sind die Leistungen der Verhinderungspflege zwar der Höhe nach, aber nicht den Kalendertagen nach ausgeschöpft. Da die Leistungen der Kurzzeitpflege im laufenden Kalenderjahr bereits ausgeschöpft sind, kann der Leistungsbetrag der Verhinderungspflege in Höhe von 1.612,00 EUR nicht erhöht werden. Somit werden die dem Sohn entstandenen Aufwendungen in Höhe von 479,00 EUR nicht erstattet.
Unabhängig davon, kann aufgrund der insoweit sichergestellten Pflege, dass volle Pflegegeld für den Monat Mai gezahlt werden.
Beispiel 4
Die Verhinderungspflege bei einem Pflegegeldempfänger des Pflegegrades 2 wird von dessen nicht mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebender Tochter vom 08.05. bis 22.06. (46 Kalendertage) durchgeführt. Hierfür hat ihr der Versicherte nachweislich 2.300,00 EUR (täglich 50,00 EUR) gezahlt. Darüber hinaus werden von der Tochter zusätzlich Fahrkosten in Höhe von 190,00 EUR nachgewiesen. Der Pflegebedürftige entscheidet sich für die Verwendung des zur Verfügung stehenden Leistungsbetrags der Kurzzeitpflege.
Ergebnis:
Die Pflege dauert länger als sechs Wochen, so dass Erwerbsmäßigkeit anzunehmen ist. Infolgedessen kommt eine Begrenzung der Aufwendungen für die allgemeinen Pflegeleistungen auf den 1,5-fachen Betrag des Pflegegeldes des Pflegegrades 2 (474,00 EUR) nicht in Betracht.
Der Höchstbetrag in Höhe von 1.612,00 EUR wird um die nicht verwendeten Mittel der Kurzzeitpflege in Höhe von 806,00 EUR auf 2.418,00 EUR erhöht. Der Tagessatz beträgt 54,13 EUR (2.300,00 EUR + 190,00 EUR = 2.490,00 EUR : 46 Tage). Der Anspruch auf Verhinderungspflege ist auf 42 Tage (08.05. bis 18.06.) begrenzt. Die in der Zeit vom 08.05. bis 18.06. entstandenen pflegebedingten Aufwendungen und Fahrtkosten in Höhe von 2.273,46 EUR (54,13 EUR x 42 Tage) werden durch die Pflegekasse erstattet.
Der für die Verhinderungspflege in Anspruch genommene Erhöhungsbetrag in Höhe von 661,46 EUR ist auf den Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege nach § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB XI anzurechnen. Im laufenden Kalenderjahr besteht ein Restanspruch auf Leistungen der Kurzzeitpflege in Höhe von 950,54 EUR (1.612,00 EUR - 661,46 EUR). Der Leistungsanspruch der Verhinderungspflege ist der Dauer nach für das laufende Kalenderjahr ausgeschöpft.
Für die Zeit vom 09.05. bis 17.06. (40 Kalendertage) besteht ein Anspruch auf Fortzahlung des hälftigen Pflegegeldes. Für den ersten Tag der Verhinderungspflege am 08.05. und für den letzten Tag der Leistungsgewährung nach § 39 SGB XI am 18.06. und der ab diesem Zeitpunkt sichergestellten Pflege wird ein volles Pflegegeld gezahlt.
Red. Hinweis zur Geltungsdauer
Außer Kraft am 1. Januar 2022 durch das Gemeinsame Rundschreiben vom 1. Dezember 2021