Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Die Inhalte des Bereichs „Fachwissen SV“ geben Ihnen kostenlos Auskunft zu allen Themen der Sozialversicherung. Sie sind ein exklusives Angebot für eingeloggte Nutzer.
Jetzt einloggen:
Sie sind noch nicht registriert?
BAG, 18.06.1997 - 4 AZR 710/95 - Faires Verfahren; Zulässigkeit eines Rechtsmittels; Prozeßbevollmächtigter; Beurteilung der geleisteten Unterschriften; Schriftzug; Schriftformerfordernis; Paraphe; Beendigung eines Tarifvertrages; Außerordentliche Kündigung; Möglichkeiten der tarifautonomen Anpassung; Nachverhandlungsklausel; Revisionsklausel; Anerkennungstarifvertrag; Globalverweisung
Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 18.06.1997, Az.: 4 AZR 710/95
Faires Verfahren; Zulässigkeit eines Rechtsmittels; Prozeßbevollmächtigter; Beurteilung der geleisteten Unterschriften; Schriftzug; Schriftformerfordernis; Paraphe; Beendigung eines Tarifvertrages; Außerordentliche Kündigung; Möglichkeiten der tarifautonomen Anpassung; Nachverhandlungsklausel; Revisionsklausel; Anerkennungstarifvertrag; Globalverweisung
Verfahrensgang:
vorgehend:
ArbG Hamburg 15.06.1994 - 9 Ca 589/93
LAG Hamburg - 27.07.1995 - AZ: 2 Sa 78/94
Fundstellen:
AuR 1997, 331-332 (Pressemitteilung)
AuR 1997, 459-460 (Volltext mit amtl. LS)
AuR 1997, 498 (amtl. Leitsatz)
BB 1997, 1479-1480 (Pressemitteilung)
BB 1997, 2172 (amtl. Leitsatz)
DB 1997, 2336 (amtl. Leitsatz)
DB 1997, 2334-2336 (Urteilsbesprechung von Dr. Cord Meyer)
DB 1997, 2331-2334 (amtl. Leitsatz)
DB 1997, 1418 (Kurzinformation)
FA 1997, 58 (amtl. Leitsatz)
FA 1997, 31-32 (Kurzinformation)
FA 1997, 49 (Volltext mit amtl. LS)
NZA 1997, 1234-1238 (Volltext mit amtl. LS)
RdA 1998, 59
SAE 1998, 233-234
BAG, 18.06.1997 - 4 AZR 710/95
Amtlicher Leitsatz:
1. Der allgemeine Prozeßgrundsatz des "fairen Verfahrens" verbietet es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluß vom 7. Oktober 1996 - 1 BvR 1183/95 -, nv) bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels dem Rechtsmittelgericht, die Beurteilung der in gleicher Weise geleisteten Unterschriften eines Prozeßbevollmächtigten abrupt zu ändern; ein des öfteren als ordnungsgemäße Unterschrift bewerteter Schriftzug darf deshalb nicht ohne Vorwarnung als dem Schriftformerfordernis nicht entsprechende Paraphe beanstandet werden.
2. Erstrebt eine Tarifvertragspartei neben der Feststellung der Beendigung eines Tarifvertrages durch eine von ihr erklärte außerordentliche Kündigung diejenige, daß dieser nicht nachwirkt, handelt es sich bei dem letztgenannten Antrag der Sache nach um einen uneigentlichen Hilfsantrag.
3. Der Senat hält daran fest, daß ein Tarifvertrag zwar außerordentlich kündbar ist, nach dem ultima-ratio-Grundsatz die Kündigung aber nur wirksam sein kann, wenn die kündigende Tarifvertragspartei die Möglichkeiten der tarifautonomen Anpassung als milderes Mittel ausgeschöpft hat (Bestätigung der Entscheidung des Senats vom 18. Dezember 1996 - 4 AZR 129/96 - AP Nr. 1 zu § 1 TVG Kündigung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen); dies gilt insbesondere, wenn der außerordentlich gekündigte Tarifvertrag eine Nachverhandlungs- oder Revisionsklausel enthält.
4. Eine außerordentliche Kündigung eines Tarifvertrages kann mangels eines dahingehenden mutmaßlichen Willens des Kündigenden nicht nach § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, wenn dieser die Beendigung des Tarifvertrages ohne Nachwirkung festgestellt wissen will.
5. Die Laufzeit oder die Kündbarkeit eines Anerkennungstarifvertrages, der darüber keine eigene Regelung enthält, richtet sich bei einer Globalverweisung nach den diesbezüglichen Vorschriften des inkorporierten Tarifvertrages.
6. Bei einer Globalverweisung eines solchen Anerkennungstarifvertrages auf verschiedene Tarifverträge mit unterschiedlichen Laufzeit- oder Kündigungsregelungen gilt auf diese Weise für jeden Vertragsgegenstand die dafür vereinbarte Regelung.
7. Diese Regeln gelten auch im Falle mittelbarer Inkorporierung (Globalverweisung des inkorporierten Tarifvertrages auf einen anderen Tarifvertrag).
8. Wegen der Geltung der Laufzeit- oder Kündigungsregelungen inkorporierter Tarifverträge war daher im Streitfall nicht zu entscheiden, mit welcher Frist ein Tarifvertrag ohne Laufzeit- oder Kündigungsregelung ordentlich kündbar ist; für einen solchen Fall neigt der Senat im Anschluß an die nahezu einhellige Meinung in der Literatur zur analogen Anwendung von § 77 Abs. 5 BetrVG (ordentliche Kündbarkeit des Tarifvertrages mit einer Frist von drei Monaten).