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BSG, 31.03.1992 - 4 RLw 1/92 - Ausgleichsgeld; Hauptberufliche Tätigkeit; Landwirtschaftliches Unternehmen
Bundessozialgericht
Urt. v. 31.03.1992, Az.: 4 RLw 1/92
Ausgleichsgeld; Hauptberufliche Tätigkeit; Landwirtschaftliches Unternehmen
Verfahrensgang:
vorgehend:
SG Mannheim - 22.10.1990 - AZ: S 10 Lw 845/90
Fundstelle:
SGb 1992, 347-348
BSG, 31.03.1992 - 4 RLw 1/92
Amtlicher Leitsatz:
Zu den Voraussetzungen für die Gewährung des Ausgleichsgeldes (hier: hauptberufliche Tätigkeit in landwirtschaftlichen Unternehmen iS von § 9 S 1 Nr 2 FELEG).
Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hat
am 31. März 1992
ohne mündliche Verhandlung
durch
den Vorsitzenden Richter Rauscher,
die Richter Stark und Dr. Meyer sowie
die ehrenamtlichen Richter Marx und Hass
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Oktober 1990 aufgehoben.
Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 8. Januar 1990 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
1
I
Streitig ist die Gewährung von Ausgleichsgeld nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) idF vom 21. Februar 1989 (BGBl I S 233).
2
Die am 23. August 1932 geborene Klägerin war von Juli 1978 bis Juni 1986 als Mitunternehmerin im landwirtschaftlichen Betrieb ihres Ehemannes tätig. Vom 1. Januar 1987 an war sie bei ihrem Sohn E. ... A. ... A. ..., der das Unternehmen am 1. Juli 1986 übernommen hatte, als Arbeitnehmerin versicherungspflichtig beschäftigt. Diese Beschäftigung endete wegen der Stillegung des Betriebs mit dem 31. Mai 1989.
3
Den im Oktober 1989 gestellten Antrag der Klägerin auf Gewährung von Ausgleichsgeld lehnte die beklagte landwirtschaftliche Alterskasse Baden mit Bescheid vom 8. Januar 1990 ab, weil die Klägerin nicht, wie es § 9 Satz 1 Nr 2 FELEG erfordere, in den letzten 120 Kalendermonaten vor der Stillegung 90 Kalendermonate, sondern nur seit dem 1. Januar 1987 im Unternehmen ihres Sohnes tätig gewesen sei.
4
Das Sozialgericht Mannheim (SG) hat den Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, ab 1. September 1990 Ausgleichsgeld zu gewähren:
5
Sämtliche Voraussetzungen des § 9 FELEG seien am 23. August 1990 erfüllt gewesen. Damals habe die Klägerin ihr 58. Lebensjahr vollendet. Sie sei auch während der letzten 120 Kalendermonate vor der Stillegung des Betriebes (31. Mai 1989) mindestens 90 Kalendermonate im landwirtschaftlichen Unternehmen hauptberuflich tätig gewesen. Hierzu müsse die frühere Tätigkeit als Mitunternehmerin in landwirtschaftlichen Betrieb ihres Ehemannes mitgerechnet werden. Es genüge, daß sie als Arbeitnehmerin zuletzt mindestens 24 Kalendermonate im stillgelegten Unternehmen beschäftigt gewesen sei.
6
Das SG hat auf Antrag der Beklagten mit schriftlicher Zustimmung der Klägerin durch Beschluß des Kammervorsitzenden vom 4. Januar 1991 die Revision zugelassen.
7
Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts. Da nach § 9 Satz 1 Nr 2 FELEG bestimmte Zeiten "im landwirtschaftlichen Unternehmen" zurückgelegt sein müßten, könnten damit keine Zeiten als (Mit-)Unternehmer gemeint sein; ein Unternehmer arbeite nicht in einem, sondern für sein Unternehmen. Dafür spreche auch die systematische Auslegung des Gesetzes. Das Ausgleichsgeld sei für landwirtschaftliche Arbeitnehmer und mithelfende Familienangehörige bestimmt, und in § 13 FELEG sei von Beschäftigung, in den §§ 15, 16 von einem Beschäftigungsverhältnis die Rede. Dem Sinn und Zweck des Gesetzes entsprechend sei das Ausgleichsgeld für Arbeitnehmer/ mithelfende Familienangehörige das Gegenstück zur Produktionsaufgaberente für Unternehmer, die ihren Betrieb stillegen; deshalb könnten bei Arbeitnehmern keine Zeiten der Unternehmertätigkeit berücksichtigt werden.
8
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Mannheim vom 22. Oktober 1990 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
9
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
10
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist darauf hin, in der Landwirtschaft finde sich recht häufig die Konstellation, daß ein und dieselbe Person zeitweise Unternehmer oder Mitunternehmer und zeitweise mitarbeitender Familienangehöriger oder Arbeitnehmer sei. Der Gesetzgeber habe aber mit § 9 Satz 1 Nr 2 FELEG die zuletzt als Arbeitnehmer oder mitarbeitende Familienangehörige Beschäftigten nicht deshalb vom Ausgleichsgeld ausschließen wollen, weil sie früher als landwirtschaftliche Unternehmer oder Mitunternehmer tätig gewesen seien. Entgegen der Ansicht der Beklagten lasse der Wortlaut des FELEG aaO ... "im landwirtschaftlichen Unternehmen ... hauptberuflich tätig gewesen" nicht die Schlußfolgerung zu, damit sei nur die Tätigkeit abhängig Beschäftiger gemeint. Das belege § 1 Abs 3 Satz 2 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL), wonach Mitunternehmer als landwirtschaftliche Unternehmer gelten, "sofern sie hauptberuflich ... im Unternehmen tätig sind". Gerade der Gesetzeswortlaut spreche gegen die Annahme der Beklagten. Es frage sich, warum in § 9 Satz 1 Nr 2 FELEG das Wort "tätig" verwendet worden sei, obwohl entsprechend Nr 1 aaO auch das Wort "beschäftigt" hätte gewählt werden können. Nach der gesetzlichen Definition (Hinweis auf §§ 7, 8, 14 und 15 Viertes Buch des Sozialgesetzbuchs - SGB IV) stehe "Beschäftigung" immer für eine nichtselbständige Arbeit, während "Tätigkeit" im engeren Sinne als selbständige Tätigkeit, häufig aber auch als Oberbegriff einschließlich der abhängigen Beschäftigung gebraucht werde. Im übrigen habe der Gesetzgeber, wäre er der Auffassung der Beklagten gewesen, in § 9 Satz 1 Nr 2 FELEG hinter "Unternehmen" die Worte "als Arbeitnehmer oder mitarbeitender Familienangehöriger" einfügen können. Das sei aber auch anläßlich einer späteren Gesetzesänderung nicht geschehen.
11
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
Gründe
12
II
Die Revision der Beklagten ist zulässig. Zwar hätte die Revision nicht vom Kammervorsitzenden des SG allein, ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter, zugelassen werden dürfen; trotz dieses der Zulassung der Revision anhaftenden schweren Mangels bindet jedoch der Beschluß vom 4. Januar 1991 den erkennenden Senat als Revisionsgericht (§ 161 Abs 2 Satz 1 SGG; Beschluß des Großen Senats des Bundessozialgerichts <BSG> vom 18. November 1980 = BSGE 51, 23 = SozR 1500 § 161 Nr 27 und die dort zitierte weitere Rechtsprechung).
13
Die Revision ist auch begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ausgleichsgeld.
14
Gemäß § 9 Satz 1 FELEG erhalten Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, und nach dem GAL beitragspflichtige mitarbeitende Familienangehörige ein Ausgleichsgeld, wenn 1. ihre Beschäftigung in einem landwirtschaftlichen Unternehmen auf Grund dessen Stillegung (§ 2) oder Abgabe (§ 3) endet und 2. sie in den letzten 120 Kalendermonaten vor der Antragstellung mindestens 90 Kalendermonate in landwirtschaftlichen Unternehmen, davon in den letzten 48 Kalendermonaten vor der Stillegung oder Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens mindestens 24 Kalendermonate in diesem Unternehmen hauptberuflich tätig gewesen sind.
15
Nach Satz 2 Halbsatz 1 aaO werden Leistungen frühestens ab Vollendung des 58. Lebensjahres gewährt (mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 neu gefaßt durch Art 3 des Vierten Agrarsozialen Ergänzungsgesetzes <4. ASEG> vom 27. September 1990 <BGBl I S 2112>; ab Vollendung 1. des 55. Lebensjahres, 2. des 53. Lebensjahres, wenn der Berechtigte berufsunfähig iS der gesetzlichen Rentenversicherung ist).
16
Die Vorschrift steht im zweiten Abschnitt des FELEG (§§ 9 bis 13) unter der Überschrift "Landwirtschaftliche Unternehmer und mitarbeitende Familienangehörige". Sie erfaßt abhängig beschäftigte Versicherte, die entweder - wie die Klägerin - in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert (gewesen) sind oder als mitarbeitende Familienangehörige der Beitragspflicht nach dem GAL unterliegen.
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Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, daß die Beschäftigung der Klägerin im Betrieb ihres Sohnes, also "in einem landwirtschaftlichen Unternehmen auf Grund dessen Stillegung (§ 2)" endete. Davon geht auch der Senat aus, zumal das SG im Tatbestand seines Urteils die Stillegung des Betriebs unter dem Datum des 31. Mai 1989 festgehalten und die Beklagte in der Revisionsbegründungsschrift ausgeführt hat, nach ihren Feststellungen erfülle die Klägerin die Leistungsvoraussetzungen des § 9 Satz 1 Nr 1 FELEG. Damit sind, soweit dem Begriff "Stillegung" Tatbestandsfeststellungen zugrunde liegen, diese für den Senat als bindend anzusehen (§ 163 SGG). Deshalb kann vernachlässigt werden, daß die Klägerin zur Begründung ihres Widerspruchs (der gemäß § 85 Abs 4 SGG dem SG als Klage zugeleitet worden ist) einschränkend eine "Stillegung von wesentlichen Teilen des landwirtschaftlichen Unternehmens" erwähnt und im Schriftsatz an das SG vom 12. Juni 1990 noch konkreter unter Hinweis auf § 9 Satz 1 Nr 1 i.V.m. § 13 Abs 1 Nr 1 FELEG ausgeführt hatte, die Beschäftigung sei zum 31. Mai 1989 beendet gewesen, weil der Unternehmer große Teile des Betriebes stillgelegt habe. Denn nach § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 1 FELEG gelten die §§ 9 bis 12 entsprechend für Arbeitnehmer und mitarbeitende Familienangehörige, deren Beschäftigung in einem landwirtschaftlichen Unternehmen auf Grund einer Maßnahme nach Maßgabe der Verordnung (EWG) Nr 1094/88 des Rates vom 25. April 1988 zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr 797/85 und Nr 1760/87 hinsichtlich der Stillegung von Ackerflächen und der Extensivierung und Umstellung der Erzeugung (ABl EG Nr L 106 S 28) durch Stillegung von Ackerflächen oder Extensivierung der Erzeugung. Es handelt sich hierbei darum, daß dann, wenn die Beschäftigung ua wegen einer Maßnahme der Teilflächenstillegung endete, der Arbeitnehmer denselben Schutz wie bei einer vollständigen Stillegung genießen soll (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 11/2972, Begründung zu § 13).
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Indessen bedarf schon deshalb keiner näheren Erörterung, ob nun hier § 9 FELEG mit dem SG und der Beklagten unmittelbar oder über § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 1 aaO nur entsprechend anzuwenden ist, weil der geltend gemachte Anspruch an § 9 Satz 1 Nr 2 FELEG scheitern muß. Denn die Klägerin ist nicht, wie es die Vorschrift erfordert, in den letzten 120 Kalendermonaten vor der Antragstellung mindestens 90 Kalendermonate in landwirtschaftlichen Unternehmen hauptberuflich tätig gewesen. Dafür genügt es entgegen ihrer Rechtsauffassung nicht, in dem vorbezeichneten zeitlichen Rahmen, ehe sie ab 1. Januar 1987 für 29 Monate als Arbeitnehmerin in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert war, von Juli 1978 bis Juni 1986 als Mitunternehmerin im landwirtschaftlichen Betrieb ihres Ehemannes tätig gewesen zu sein. Vielmehr werden auch insoweit als in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherter Arbeitnehmer und/oder als nach dem GAL beitragspflichtiger mitarbeitender Familienangehöriger zurückgelegte Zeiten vorausgesetzt.
19
Dies läßt sich allerdings nicht schon einzelnen Begriffen oder Wortgruppen der Vorschrift entnehmen. So hat die Klägerin der Argumentation der Beklagten, (Mit-)Unternehmer seien nicht "in einem Unternehmen", sondern für ihr eigenes Unternehmen tätig, entgegengehalten, daß nach § 1 Abs 3 Satz 2 GAL Mitunternehmer als landwirtschaftliche Unternehmer gelten, "sofern sie hauptberuflich ... im Unternehmen tätig sind". Umgekehrt kann aber, anders als die Klägerin möchte, nicht aus der unterschiedlichen Wortwahl von "Beschäftigung" in § 9 Satz 1 Nr 1 FELEG und "tätig" in Nr 2 aaO geschlossen werden, der letztere Ausdruck umfasse notwendig auch Zeiten als (Mit-)Unternehmer. Zwar trifft es zu, daß in § 7 Abs 1 SGB IV "Beschäftigung" der nichtselbständigen Arbeit gleichgesetzt wird und in anderen Vorschriften des SGB IV (zB §§ 3, 8, 11, 12 und 15) dem die selbständige Tätigkeit (ohne diese zu definieren) gegenübergestellt ist; ob allerdings - wie die Klägerin meint - das Wort "Tätigkeit" häufig auch als Oberbegriff für die abhängige Beschäftigung und die selbständige Tätigkeit gebraucht wird, kann diesen Vorschriften nicht entnommen werden, bedarf indessen auch keiner Klärung. Denn maßgebend für die Terminologie sind - zumindest in erster Linie - die besonderen Gesetze der landwirtschaftlichen Sozialversicherung. Nach § 1 Abs 2 Satz 2 GAL idF des 3. ASEG vom 20. Dezember 1985 (BGBl I S 2475) sind aber mitarbeitende Familienangehörige bestimmte Verwandte und Verschwägerte sowie Pflegekinder eines Unternehmers, die in einem landwirtschaftlichen Unternehmen "hauptberuflich tätig sind". Es fehlt also, obwohl diese Teilbestimmung erst nach Erlaß des SGB IV eingefügt wurde, an der sprachlichen Angleichung an das SGB IV; sonst wäre anstatt "tätig" das Wort "beschäftigt" gewählt worden. Im übrigen ist mit dem FELEG ua die Verordnung (EWG) Nr 1096/88 des Rates vom 25. April 1988 zur Einführung einer Gemeinschaftsregelung zur Förderung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (ABl EG Nr L 110 S 1) verwirklicht, nämlich in nationales Recht umgesetzt worden (vgl hierzu Entwurf der Bundesregierung zum FELEG, BT-Drucks 11/2972, Allgemeiner Teil, unter "Ausgangslage" sowie "Ziel und Inhalt des Gesetzentwurfs" Nr 1). In Art 11 Abs 1 dieser Verordnung werden die Mitgliedstaaten ermächtigt, "ständig in der Landwirtschaft beschäftigten Lohn- und Familienarbeitskräften" unter im einzelnen festgelegten weiteren Voraussetzungen eine jährliche Vergütung zu gewähren, "sofern diese Arbeitskräfte - die landwirtschaftliche Tätigkeit mindestens fünf Jahre vor Antragstellung ausgeübt und während dieses Zeitraums mindestens 50 vH ihrer Arbeitszeit der landwirtschaftlichen Tätigkeit gewidmet haben, - die landwirtschaftliche Tätigkeit mindestens in den letzten zwei Jahren vor Antragstellung in dem Betrieb ausgeübt haben, dessen Inhaber die jährliche Vergütung gemäß Art 3 beantragt hat".
20
Da diese Verordnung Anlaß und Vorbild für das FELEG gewesen ist, besteht zumindest eine gute Möglichkeit, daß somit auch ein Teil der Terminologie - (landwirtschaftliche) Tätigkeit für abhängige Beschäftigung - in das innerstaatliche Gesetz einfloß, zumal auch hier, wie am Beispiel des GAL dargelegt, die Begriffe nicht immer streng unterschieden sind.
21
Das oben bereits vorangestellte Auslegungsergebnis wird aus dem Gesamtinhalt des § 9 Satz 1 FELEG, der Konzeption dieses Gesetzes und dem Vergleich mit EWG-Recht gewonnen.
22
§ 9 Satz 1 aaO erfaßt, wie ausgeführt, in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherte Arbeitnehmer und nach dem GAL beitragspflichtige mitarbeitende Familienangehörige, deren Beschäftigung in einem landwirtschaftlichen Unternehmen auf Grund der Stillegung des Unternehmens endete (aaO Nr 1). Sie müssen in diesem Unternehmen in den letzten 48 Kalendermonaten ua vor der Stillegung mindestens 24 Kalendermonate "tätig gewesen" sein (aaO Nr 2, zweiter Halbsatz). Das Gesetz knüpft also hier - trotz der iS des SGB IV ungenauen Terminologie - an eine abhängige Beschäftigung in einem bestimmten zeitlichen Rahmen im schließlich stillgelegten Unternehmen an. Diese Anknüpfung steht aber im Bezug auf die "Tätigkeit" nicht allein, sondern insoweit im Zusammenhang "davon in den letzten 48 Kalendermonaten ...") mit der Voraussetzung des ersten Halbsatzes, wonach eine Tätigkeit mindestens 90 Kalendermonate in landwirtschaftlichen Unternehmen in den letzten 120 Kalendermonaten vor der Antragstellung erforderlich ist. Sprachlich-logisch und im Hinblick auf den in § 9 FELEG eingangs umschriebenen Personenkreis kann also auch hier nur eine abhängige Beschäftigung gemeint sein. Wäre gleichwohl die Einbeziehung selbständiger Tätigkeiten als (Mit-)Unternehmer beabsichtigt gewesen, so hätte dies durch einen anderen Wortlaut zum Ausdruck gebracht werden müssen.
23
Konzeption, Zweck und Sinn des FELEG bestätigen dies. Hauptanliegen des Gesetzes ist es, die landwirtschaftlichen Unternehmer, die ihren Betrieb stillegen oder abgeben, sozial abzufedern. Deshalb ist als neue Leistungsart die Produktionsaufgaberente (§ 1 Abs 1 FELEG) eingeführt worden. Sie setzt (insoweit übereinstimmend mit § 9 Satz 2 FELEG) neben einen bestimmten Lebensalter (Nr 1 aaO) und der Einhaltung von Stillegungs- und Abgabemodalitäten (Nrn 3 und 4 aaO) unter Nr 2 voraus, daß die landwirtschaftlichen Unternehmer "für mindestens 180 Kalendermonate Beiträge als landwirtschaftliche Unternehmer an die landwirtschaftliche Alterskasse gezahlt haben, davon ununterbrochen für mindestens 60 Kalendermonate unmittelbar vor der Antragstellung". Es rechnen also keine Zeiten abhängiger Beschäftigung (Tätigkeit) mit. Wenn die Annahme der Klägerin zutrifft, in der Landwirtschaft finde sich häufig die Konstellation, daß jemand zeitweise Unternehmer oder Mitunternehmer und zeitweise Arbeitnehmer oder mitarbeitender Familienangehöriger sei, so hat dies den Gesetzgeber jedenfalls bei den Anspruchsvoraussetzungen für die Produktionsaufgaberente nicht veranlaßt, Zeiten abhängiger Beschäftigung, und sei es auch nur teilweise, mitrechnen zu lassen. Insbesondere werden selbst hier keine beitragslosen Mitunternehmerzeiten berücksichtigt, die bei von Ehegatten gemeinsam betriebenen Unternehmen vorkommen. In einem solchen Fall ist nur derjenige beitragspflichtig, der das Unternehmen überwiegend leitet (§ 14 Abs 6 GAL); das war vorliegend augenscheinlich der Ehemann der Klägerin. Es wäre sinn- und systemwidrig, eine beitragslose Mitunternehmerzeit gleichwohl für das Ausgleichsgeld im Rahmen des § 9 FELEG mitzuzählen, zumal der Gesetzgeber das Problem der beitragslosen Mitunternehmerschaft eines Ehegatten erkannt und hierfür in § 1 Abs 2 FELEG eine eigenständige Regelung getroffen hat. Danach steht für Witwen und Witwer landwirtschaftlicher Unternehmer die Beitragszahlung des Verstorbenen zur landwirtschaftlichen Alterskasse und dessen Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer der eigenen Beitragszahlung und Tätigkeit iS des Abs 1 Nr 2 bis 4 gleich, wenn der überlebende Ehegatte in diesen Zeiten nicht selbst beitragspflichtiger Unternehmer war, aber hauptberuflich im Betrieb des Verstorbenen mitgearbeitet hat. Dies bedeutet zugleich, daß zu Lebzeiten des anderen Ehegatten aus der Mitunternehmerschaft nichts hergeleitet werden kann.
24
Schließlich entspricht die gefundene Lösung im Gegensatz zu der von der Klägerin vertretenen Auffassung auch EWG-Recht. Wie dem bereits zitierten Art 11 Abs 1 der EWG-Verordnung Nr 1096/88 zu entnehmen ist, müssen die Lohn- und Familienarbeitskräfte ihre landwirtschaftliche Tätigkeit mindestens fünf Jahre vor der Antragstellung ausgeübt haben. Träfe die Rechtsauffassung der Klägerin zu, so hätte der deutsche Gesetzgeber den Mindestanforderungen des EWG-Rechts nicht entsprochen.
25
Nach alledem mußte die Revision der Beklagten Erfolg haben.
26
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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