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BSG, 10.11.1993 - 11 RAr 47/93 - Altersübergangsgeld; Leistungssätze; Revision
Bundessozialgericht
Urt. v. 10.11.1993, Az.: 11 RAr 47/93
Altersübergangsgeld; Leistungssätze; Revision
Verfahrensgang:
vorgehend:
SG Rostock 27.09.1991 - S Ar 37/91
Fundstellen:
BSGE 73, 195 - 204
SGb 1994, 200 (Kurzinformation)
BSG, 10.11.1993 - 11 RAr 47/93
Amtlicher Leitsatz:
1. Für 1991 und 1992 ist für Altersübergangsgeld ohne Zuschlag auf die Leistungssätze für das Unterhaltsgeld nach § 44 II Nr. 2 AFG zurückzugreifen.
2. Auf das Altersübergangsgeld findet § 111 II und § 113 AFG gem. § 249e III AFG mit der Folge Anwendung, daß das Altersübergangsgeld nach Leistungssätzen zu zahlen ist, die der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung jeweils für ein Kalenderjahr durch Rechtsverordnung bestimmt.
3. Das Revisionsgericht ist an vom Berufungsgericht festgestellte Tatsachen, auf denen das Berufungsurteil nicht beruht, auch dann gebunden, wenn das Berufungsgericht zu Unrecht wegen angeblicher Versäumung der Berufungsfrist nicht in der Sache entschieden hat.
Gründe
1
I. Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) der Klägerin Altersübergangsgeld (Alüg) zu zahlen hat.
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Die 1934 geborene, verheiratete Klägerin war von 1963 bis zum 31. März 1991 bei einer Werft in Rostock als wissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt. Ihr Bruttoarbeitsentgelt betrug in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 1991 monatlich 2.160,-- DM; netto wurden ihr monatlich jeweils 1.649,86 DM ausgezahlt. Zu Beginn des Jahres 1991 war in die Lohnsteuerkarte der Klägerin die Steuerklasse III eingetragen, ab 1. April 1991 die Steuerklasse V.
3
Die Klägerin meldete sich beim Arbeitsamt Rostock (ArbA) arbeitslos und beantragte Alüg, das ihr das ArbA ab 1. April 1991 in Höhe von wöchentlich 205,20 DM bewilligte. Dieser Betrag enthält einen Erhöhungsbetrag von wöchentlich 14,40 DM. Der Bewilligung liegt ein gerundetes Bruttoarbeitsentgelt von 500,-- DM wöchentlich, die Leistungsgruppe D (Steuerklasse V) und der Vomhundertsatz von 65 + 5 zugrunde (Bescheid vom 20. März 1991, Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 1991).
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Auf die Klage, mit der die Klägerin ein wöchentliches Alüg in Höhe von 266,52 DM ( = 70 vH der bisherigen Nettobezüge) verlangte, verurteilte das Kreisgericht (KreisG) unter entsprechender Änderung des ergangenen Bescheids die Beklagte, der Klägerin ein wöchentliches Alüg in Höhe von 247,80 DM unter Anrechnung der erbrachten Leistungen zu zahlen; im übrigen wies es die Klage ab (Urteil vom 27. September 1991). Zur Begründung des Urteils führte das KreisG aus, daß die Anspruchsvoraussetzungen vorlägen, entgegen der Auffassung der Beklagten aber die §§ 111, 113 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) für die Berechnung von Alüg keine Anwendung fänden. Vielmehr sei in enger Anlehnung an Art. 30 Abs. 2 des Einigungsvertrages (EinigVtr) ein pauschaler Steuerabzug vom Bruttoarbeitsentgelt im Bemessungszeitraum vorzunehmen, im Falle der Klägerin daher unter Berücksichtigung der Steuerklasse I.
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II.
Die Revision ist iS der Zurückverweisung begründet.
6
Zu Recht rügt die Beklagte, daß das BezirksG ihre Berufung als unzulässig verworfen hat; denn die Berufung war statthaft (§ 143 SGG) und - entgegen der Auffassung des BezirksG - auch rechtzeitig eingelegt worden ... (von der weiteren Darstellung wird abgesehen).
7
Die Revision der Beklagten ist somit begründet, ohne daß sich das Urteil des Berufungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt. In einem solchen Fall hat das BSG in der Sache selbst zu entscheiden (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Das gilt auch dann, wenn die Vorinstanz sich zu Unrecht aus prozessualen Gründen gehindert gesehen hat, eine Sachentscheidung zu treffen, soweit die das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (§ 163 SGG) eine Entscheidung in der Sache ermöglichen (BSGE 25, 251, 254 = SozR Nr 15 zu § 146 SGG; BSG SozR 1500 § 170 Nr 4; SozR 2200 § 1248 Nr 39; SozR 3-2500 § 106 Nr 14; vgl Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Buchholz 402.44 VersG Nr 2 mwN; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) DVBl 1981, 495, 496). Bindend sind dabei nicht nur von den Beteiligten nicht oder nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffene Feststellungen, auf die die Vorinstanz ihre Entscheidung gestützt hat, sondern alle aus dem Urteil ersichtlichen Tatsachen (BVerwG DVBl 1963, 521). Das Gesetz knüpft die Bindung an die "im angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen" ohne die Einschränkung, daß die Entscheidung auf diesen Tatsachen beruhen muß. Würde sich die Bindung auf Tatsachen beschränken, die für die getroffene Entscheidung tragend waren, könnte das BSG nur in Ausnahmefällen in der Sache selbst entscheiden, wenn die Entscheidungsgründe eine Gesetzesverletzung ergeben; das Gesetz erwartet indes in erster Linie eine abschließende Entscheidung, wie § 170 Abs 1 S 2 und Abs 2 S 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) deutlich machen (vgl BSGE 4, 281, 288). An seiner früher vertretenen Auffassung, die Bindung nach § 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschränke sich auf Tatsachen, auf denen das angefochtene Urteil beruht (BSGE 9, 80, 85 f = SozR Nr 17 zu § 55 SGG), hält der Senat daher nicht fest. Ungeachtet des Umstands, daß das BezirksG die Berufung als unzulässig verworfen hat, hat mithin eine Prüfung in der Sache zu erfolgen, ohne daß es darauf ankommt, ob die zur Sachentscheidung erforderlichen Tatsachen von der Vorinstanz zur Beurteilung der Zulässigkeit der Berufung festgestellt worden sind (vgl BSGE 25, 251, 254 = SozR aaO) oder zur Kennzeichnung des Streitgegenstandes nötig waren (vgl BSG SozR 1500 § 163 Nr 1).
8
Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, daß ihr ab 1. April 1991 mehr als die 205,20 DM wöchentlich an Alüg zustehen, die ihr das ArbA bewilligt hat. Ob das der Fall ist, richtet sich nach der Vorschrift des § 249e AFG, die durch die Anl I Kap VIII Sachgebiet E Abschn II Nr 1 Buchst e des Einigungsvertrages (EinigVtr) (BGBl II 1990, 889, 1033 ff) eingefügt worden ist. Durch Art 1 Nr 16 des Gesetzes zur Änderung arbeitsförderungsrechtlicher und anderer sozialrechtlicher Vorschriften vom 21. Juni 1991 (BGBl I 1306) ist § 249e Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zwar mit Wirkung vom 1. Juli 1991 geändert worden. Nach dem neu eingefügten § 249e Abs 11 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ist die Vorschrift in der vor dem 1. Juli 1991 geltenden Fassung indes auf Ansprüche auf Alüg weiterhin anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1991 entstanden sind. Letzteres ist hier der Fall, worüber die Beteiligten nicht streiten und was nach dem Sachverhalt, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, auch nicht zweifelhaft ist. Über die hier allein streitige Höhe des Anspruchs auf Alüg bestimmt § 249e Abs 3 Nr 2 S 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) aF, daß sie 65 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts iS des § 112 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) beträgt. Nach § 249e Abs 3 Nr 2 S 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) aF erhöht sich das Alüg für Ansprüche, die vor dem 1. April 1991 entstehen, für 312 Tage um 5 Prozentpunkte. Diese Vorschrift kommt indes der Klägerin nicht zugute, weil ihr Anspruch erst am und damit nicht schon vor dem 1. April 1991 entstanden ist. Auch für das Alüg, auf das nach § 249e Abs 3 S 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) die Vorschriften über das Alg entsprechend anzuwenden sind, gilt, daß der Anspruch entsteht, wenn erstmals gleichzeitig alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl BSGE 54, 212, 214 = SozR 4100 § 125 Nr 2; SozR 4100 § 117 Nr 19). Schon die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit (§ 249e Abs 2 Nr 1 AFG) erfüllte die Klägerin nicht vor dem 1. April 1991, weil sie nach den nicht angegriffenen Feststellungen des BezirksG bis zum 31. März 1991 in einer nicht nur kurzzeitigen Beschäftigung gestanden hat. Arbeitslos ist indes nur, wer vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine kurzzeitige Beschäftigung ausübt (§ 101 Abs 1 S 1 AFG). Daß das ArbA davon ausgegangen ist, der Klägerin stehe das erhöhte Alüg zu, und ihr daher das Alüg einschließlich eines Erhöhungsbetrages bestandskräftig zugebilligt hat, ändert nichts daran, daß der Klägerin von Rechts wegen das Alüg nur in Höhe von 65 vH des um die Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts iS des § 112 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zusteht, wie das KreisG zutreffend ausgeführt hat.
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Daß das ArbA der Alüg-Bemessung ein Arbeitsentgelt von 500,- DM wöchentlich zugrunde gelegt hat, ist nicht zu beanstanden. Arbeitsentgelt ist nach § 112 Abs 1 S 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) das Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Woche erzielt hat. Bemessungszeitraum sind hier die frühzeitig abgerechneten Monate Januar bis März 1991. Denn der Bemessungszeitraum umfaßt die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume der letzten drei Monate der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Anspruchs, in denen der Arbeitslose Arbeitsentgelt erzielt hat. Da die Klägerin in dieser Zeit bei gleicher Arbeitszeit ein festes Monatsgehalt von 2.160,- DM erzielt hat, ergibt sich, gemäß § 112 Abs 10 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) auf den nächsten durch zehn teilbaren DM-Betrag gerundet, ein durchschnittlich in der Woche erzieltes Arbeitsentgelt von 500,- DM.
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Angesichts des Vomhundertsatzes von 65 vH und des Arbeitsentgelts von 500,- DM stehen der Klägerin für die Zeit vom 1. April 1991 bis zu der nach § 249e Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entsprechend §§ 112a, 249c Abs 13 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vorzunehmenden Erhöhung des Arbeitsentgelts, dh hier wohl bis zum 30. September 1991, mehr als die zugebilligten 205,20 DM nur zu, wenn die Klägerin nach § 111 Abs 2 S 2 Nr 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nicht der Leistungsgruppe D, wie das ArbA angenommen hat, sondern der Leistungsgruppe A, B oder C angehört. Denn nur in diesen Leistungsgruppen machten 1991 65 vH eines um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts von 500,- DM mit 228,60 DM, 244,20 DM bzw 247,80 DM mehr als den zugebilligten Betrag aus. Das ergibt sich aus der Anl 1 der AFG-Leistungsverordnung 1991 vom 6. Dezember 1990 (BGBl I 2647), in der der Bundesminister f. Arbeit u. Sozialordnung (BMA) die Leistungssätze des Uhg für 1991 nach § 44 Abs 2 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) festgesetzt hat. Auf diese Leistungssätze ist für 1991 zurückzugreifen, da der Bundesminister f. Arbeit u. Sozialordnung (BMA) nicht ausdrücklich Leistungssätze für das gleichhohe Alüg festgesetzt hat, obwohl er nach § 249e Abs 3, § 111 Abs 2 S 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) hierzu ermächtigt war. Welcher Leistungsgruppe die Klägerin angehörte, richtet sich nach näherer Maßgabe des § 113 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) danach, welche Steuerklasse auf ihrer Lohnsteuerkarte eingetragen war (§ 111 Abs 2 S 2 Nr 1 AFG). Es gilt insoweit nichts anderes wie für das Alg, was aus § 249e Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) folgt. Denn nach dieser Generalverweisung sind auf das Alüg die Vorschriften über das Alg und für Empfänger dieser Leistung entsprechend anzuwenden. Die diesem Rechtsanwendungsbefehl beigegebenen Maßgaben beschränken ihn nicht bezüglich der Vorschriften des § 111 Abs 2, § 112a und § 113 AFG.
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Was gegen die entsprechende Anwendung von § 111 Abs 2, § 113 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom KreisG und anderen (vgl KreisG Halle, SGb 1992, 419; SG Dessau, SGb 1993, 243; Ambs ua, Gemeinschaftskomm zum AFG, Stand September 1993, § 249e RdNrn 164 ff) ins Feld geführt wird, überzeugt nicht. Die Gegenmeinung verkennt die Gesetzessystematik, wie sie sich aus dem Wortlaut des § 249e Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ergibt, und die - gewollten - Zusammenhänge mit dem Alg.
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Sollen nicht nur einzelne, sondern grundsätzlich alle Vorschriften eines abgrenzbaren Rechtsgebiets für eine andere gesetzliche Regelung angewendet werden, entspricht eine Generalverweisung herkömmlicher Gesetzgebungstechnik. Sollen bestimmte Ausnahmen von der Verweisung gelten, werden diese üblicherweise aufgezählt. Dies und nichts anderes ist hier auch durch die vier Maßgaben geschehen, mit der die Generalverweisung eingeschränkt worden ist. Die Höhe des Alüg betreffen die Maßgaben Nrn 2 und 3. Die Maßgabe Nr 3 modifiziert für das Alüg § 112 Abs 11 AFG, die Maßgabe Nr 2 steht anstelle des § 111 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und schließt dessen entsprechende Anwendung aus. Die Anwendung der übrigen die Höhe des Alg betreffenden Vorschriften ist dagegen von den Maßgaben nicht eingeschränkt worden. Es mag sein, daß der Gesetzgeber bei der Nr 2 sich auf die Regelung hätte beschränken können, daß der Vomhundertsatz 65 vH beträgt. Aus der geschehenen Ausformulierung der Maßgabe, die entsprechenden Regelungen bei anderen Leistungen entspricht, läßt sich nicht ableiten, daß - entgegen dem klaren Wortlaut - einzelne Regelungen über die Höhe des Alg nicht entsprechend gelten sollen, zumal hierfür weder systematische Gründe noch solche aus der Gesetzgebungsgeschichte angeführt werden können.
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Gegenüber der Rechtsfolge, daß hiernach über § 249e Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) der Bundesminister f. Arbeit u. Sozialordnung (BMA) nach § 111 Abs 2 S 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) die Leistungssätze des Alüg jeweils für ein Kalenderjahr durch Rechtsverordnung bestimmt, verfängt der Hinweis nicht, daß bei anderen Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) der Bundesminister f. Arbeit u. Sozialordnung (BMA) jeweils ausdrücklich zur Bestimmung von Leistungssätzen ermächtigt worden ist (vgl §§ 44 Abs 2c, 68 Abs 4 S 2, 136 Abs 3 AFG); denn dies ist nicht ausnahmslos der Fall. Wie beim Alüg hat sich das Gesetz auch beim Schlechtwettergeld einer - mit einer Ausnahme versehenen - Verweisung bedient, durch die der Bundesminister f. Arbeit u. Sozialordnung (BMA) ermächtigt wird, die Leistungssätze für das Schlechtwettergeld festzusetzen (vgl § 86 AFG). Es sind insoweit auch keine aus Art 80 GG ableitbaren verfassungsrechtlichen Bedenken ersichtlich, über eine Generalverweisung die Ermächtigung zum Erlaß einer Rechtsverordnung auszusprechen. Denn es geht in § 249e Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) um eine vom Gesetz vorgeschriebene entsprechende Anwendung von Vorschriften, die ua eine Ermächtigung zum Erlaß einer Rechtsverordnung enthalten, nicht um eine Ermächtigung aufgrund Rechtsanalogie. Im übrigen ergeben sich Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung, die nach Art 80 Abs 1 S 2 GG im Gesetz bestimmt sein müssen, aus der gesetzlich geregelten Nettolohnersatzquote von 65 vH und den gesetzlichen Vorgaben des § 111 Abs 2 Sätze 2 bis 6 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und des § 249c Abs 10 AFG, der ebenfalls mit dem EinigVtr eingefügt worden ist.
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Die Gegenansicht verkennt ferner, daß das Alüg die durch die Verordnung vom 8. Februar 1990 (GBl I 42) eingeführte Vorruhestandsregelung der DDR, die ein Vorruhestandsgeld in Höhe von 70% des durchschnittlichen Nettolohns der letzten zwölf Monate und in Höhe von 100%, wenn der durchschnittliche Nettolohn weniger als 500,- Mark im Monat betrug, vorsah, nicht fortführen, sondern ablösen sollte. Folgerichtig knüpft die getroffene Regelung nicht an die Voraussetzungen dieser Verordnung an, sondern an den Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg.) Das entspricht Art 30 Abs 2 S 3 EinigVtr, wonach das Alüg in Anlehnung an die Regelungen des Alg gewährt wird. Auch hinsichtlich der Bemessungsweise sollte die Vorruhestandsregelung durch das System ersetzt werden, nach dem Alg bemessen wird, wie § 249e Abs 3 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) deutlich macht. Die Alg-Bemessung nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) kennzeichnet sich dadurch, daß das Alg 68 bzw 63 vH des Nettolohns ersetzen soll, den der Arbeitslose während des Leistungsbezugs erzielen würde, hätte er Arbeit (vgl BSG SozR 4100 § 113 Nr 7). Hier ordnet sich das Alüg ein, dessen Nettolohnersatzquote von 65 vH bewußt um 2 Prozentpunkte höher ist als die des Alg nach § 111 Abs 1 Nr 2 AFG, das im allgemeinen Arbeitslose beziehen, für die Alüg in Betracht kommt. Mit der Anlehnung des Alüg an die Alg-Bemessung ist zwangsläufig eine andere Rechtstechnik verbunden, als sie der Vorruhestandsregelung der Deutsche Demokratische Republik (DDR) zugrunde lag. Rechtstechnisch knüpft die Bemessung des Alg nämlich nicht an den erzielten Nettolohn an, sondern im Regelfall an das erzielte Bruttoarbeitsentgelt (vgl § 112 AFG). Auch das erzielte Bruttoarbeitsentgelt wird nicht unmittelbar der Alg-Bemessung zugrunde gelegt. Das im Regelfall zugrunde zu legende Arbeitsentgelt nach § 112 Abs 1 bis 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ist vielmehr das Produkt eines Lohn- und eines Zeitfaktors, die beide lediglich den Lohnbedingungen entnommen werden, denen der Arbeitslose bislang unterlag. Das Bemessungsentgelt kann daher (wie im Falle der Klägerin) mit dem erzielten Arbeitsentgelt übereinstimmen, muß es indessen nicht, was insbesondere der Fall ist, wenn auch für Mehrarbeit Arbeitseinkommen erzielt worden ist. Das Bemessungsentgelt ist mithin pauschaliert und soll das Bruttoarbeitsentgelt wiedergeben, das der Arbeitslose erzielen würde, wenn er während seines Leistungsbezugs Arbeit hätte (BSG aaO; vgl ferner das Urteil des Senats in SozR 3-4100 § 111 Nr 3). Ausgehend von diesem Bemessungsentgelt richtet sich das Alg nach festen, allen denkbaren Bemessungsentgelten zugeordneten Leistungssätzen, die den gesetzlichen Vomhundertsatz und - nach Maßgabe der Lohnsteuerklasse des Arbeitslosen - die gesetzlichen Abzüge berücksichtigen, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen (§ 111 AFG). Weil das Alg (und damit auch das Alüg) den Nettolohn ersetzen soll, den der Arbeitslose erzielte, hätte er Arbeit, paßt das derzeitige Bemessungssystem des Arbeitsförderungsgesetz (AFG) das Bemessungsentgelt an die allgemeine Lohnentwicklung (§ 112a AFG) an (sowie ggf an während des Leistungsbezugs eintretende Leistungseinschränkungen des Arbeitslosen, § 112 Abs 8 AFG) und berücksichtigt durch die Vorschrift, die Leistungssätze für jedes Jahr neu festzusetzen (§ 111 Abs 2 S 1 AFG), die allgemeine Entwicklung der Abgaben sowie über die Änderung der Leistungsgruppe infolge einer Änderung der Steuerklasse des Arbeitslosen (§ 113 AFG), welcher Abgabelast der einzelne Arbeitslose während des Leistungsbezugs in etwa unterläge, erzielte er Lohn. Dieses System unterscheidet sich wesentlich von der Bemessung des Vorruhestandsgeldes der DDR, die praktisch unmittelbar an Nettobezüge anknüpft.
15
Der entsprechenden Anwendung der §§ 111 Abs 2, 113 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) läßt sich nicht entgegenhalten, daß die genannten Vorschriften dann auch der Alüg-Leistung für die Zeit vom 3.10. bis zum 31. Dezember 1990 zugrunde zu legen wären, was in Ermangelung von Lohnsteuerkarten und Steuerklassen im Beitrittsgebiet in dieser Zeit nicht möglich sei. Denn zu den Vorschriften über das Alg, die nach § 249e Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entsprechend anzuwenden sind, gehören auch die Übergangsvorschriften des Art 9 Abs 2 EinigVtr und der Anl II Kap VIII Sachgebiet E Abschn III Nr 1 Buchst a Doppelbuchst ee (BGBl II 1990, 889, 1209). Dort ist bestimmt, daß für Zeiten, die vor dem 1. Januar 1991 im Beitrittsgebiet zurückgelegt werden, anstelle des § 111 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) (und damit praktisch auch des § 113 AFG) § 111 des Arbeitsförderungsgesetz (AFG) der Deutsche Demokratische Republik (DDR) weiterhin anzuwenden ist. Unter Berücksichtigung von § 249e Abs 3 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) beträgt die Höhe des Alüg in diesen Fällen mithin 70 vH des um die gesetzlichen Abzüge verminderten Arbeitsentgelts (§ 112 AFG-DDR). Allerdings gilt § 249b Abs 2 Sätze 3 bis 5 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entsprechend: Ungeachtet des Umstands, daß eine Verminderung der Leistung ausgeschlossen ist, ist für die Zeit ab 1. Januar 1991 grundsätzlich die Leistung unter Berücksichtigung von § 111 Abs 2, § 113 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) auf der Grundlage des Arbeitsentgelts neu festzusetzen, das für die Bemessung der Leistung maßgebend ist.
16
Der Auffassung des Senats steht Art 30 Abs 2 S 2 EinigVtr nicht entgegen. Dort ist allerdings vorgesehen, daß die Höhe des im Satz davor verheißenen Alüg 65 vH des letzten durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelts beträgt. Art 30 Abs 2 EinigVtr enthält insoweit indes keinen Rechtssatz, der auf unmittelbaren Vollzug angelegt ist, sondern eine Grundsatzbestimmung, in der die Leitvorstellung offengelegt wird, nach der das Alüg zu gestalten ist. Eine derartige Grundsatzbestimmung bedarf der legislatorischen Umsetzung und Konkretisierung. Das ist durch § 249e Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und die weiteren Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsförderungsgesetz (AFG) erfolgt, die in der Anl I zum EinigVtr aufgeführt sind und mit ihm ein einheitliches Gesetzgebungswerk darstellen. Daß bezüglich der Höhe des Alüg die getroffene Regelung nicht hinter der Verheißung des Art 30 Abs 2 S 2 EinigVtr zurückbleibt, ergibt sich im übrigen aus Art 30 Abs 2 S 3 EinigVtr, wonach das Alüg von der Bundesanstalt für Arbeit "in Anlehnung an die Regelungen des Arbeitslosengeldes, insbesondere der Regelung des § 105c des Arbeitsförderungsgesetzes" gewährt wird. Nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ist das Alg aber zu keinem Zeitpunkt in unmittelbarer Anknüpfung an ein konkretes durchschnittliches Nettoentgelt gewährt worden. Entsprechend wird in dem Entwurf eines Gesetzes zum Einigungsvertrag zu Art 30 Abs 2 EinigVtr ausgeführt, daß das Alüg sich an die Regelungen des Alg anlehne und in Höhe von 65 vH des letzten durchschnittlichen pauschalierten Nettoarbeitsentgelts gezahlt werde (BT-Drucks 11/7760 S 370).
17
Hiernach bestimmt aufgrund der Verweisung des § 249e Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) der Bundesminister f. Arbeit u. Sozialordnung (BMA) gemäß § 111 Abs 2 S 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) wie für das Alg auch für das Alüg die Leistungssätze jeweils für ein Kalenderjahr durch Rechts Verordnung. Dabei sind die Nettolohnersatzquote sowie die Vorgaben zu beachten, die § 111 Abs 2 Sätze 2 bis 6 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und § 249c Abs 10 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) enthalten. Der mit dem EinigVtr eingefügte § 249c Abs 10 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) gewährleistet dabei auch für die ersten Jahre nach der Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands einheitliche Leistungssätze für das gesamte Bundesgebiet, wie es sie auch bis zum 3. Oktober 1990 gegeben hatte. Hiernach ist es dem Bundesminister f. Arbeit u. Sozialordnung (BMA) verwehrt, im Beitrittsgebiet bestehende Besonderheiten zu berücksichtigen. Verfassungsrechtlich zu beanstanden ist dies grundsätzlich nicht.
18
Nach § 111 Abs 2 S 2 Nr 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ist in den fünf verschiedenen Leistungsgruppen als Lohnsteuer jeweils die Steuer nach den allgemeinen Lohnsteuertabellen der Steuerklassen I, III, V und VI zugrunde zu legen. Regelungen über die gewöhnlichen gesetzlichen Abzüge vom Arbeitsentgelt, die im Beitrittsgebiet gelten, sind nach § 249c Abs 10 Nr 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nicht zu berücksichtigen, soweit sie von denen in den alten Ländern abweichen. Der Tariffreibetrag nach § 32 Abs 8, § 60 EStG (idF des SteuerÄndG 1991 vom 24. Juni 1991, BGBl I 1322) von 100,- DM (Steuerklasse I, II, IV) bzw 200,- DM (III) monatlich für 1991 und 50,- DM bzw 100,- DM monatlich für 1992 und 1993, durch den Arbeitsplätze im Beitrittsgebiet gefördert werden sollen, erhöhen die Leistungssätze daher nicht (aA SG Dessau, SGb 1993, 243, 246).
19
Nach § 111 Abs 2 S 2 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) hat der Bundesminister als Kirchensteuer-Hebesatz den im Vorjahr geltenden niedrigsten Kirchensteuer-Hebesatz zugrunde zu legen. § 249c Abs 10 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bestimmt hierzu, daß Kirchensteuer-Hebesätze, die im Beitrittsgebiet gelten, erstmals bei der Leistungsverordnung für das dritte Kalenderjahr nach Einführung der Kirchensteuer in diesem Gebiet zu berücksichtigen sind. In den ersten Jahren kommt es also für die Bestimmung der Leistungssätze weiterhin auf den im Vorjahr geltenden niedrigsten Kirchensteuer-Hebesatz in den alten Ländern an. Aus diesen Vorschriften ergibt sich zunächst, daß das Gesetz die Kirchensteuer auch nach der Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands zu den Abgaben zählt, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, obwohl im Beitrittsgebiet nur eine Minderheit der lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmer dieser von der Zugehörigkeit zu einer zur Erhebung von Kirchensteuern berechtigten Religionsgemeinschaft abhängigen Steuer unterliegt. Zum anderen folgt aus den genannten Vorschriften, daß der Verordnungsgeber die Belastung mit Kirchensteuer bei allen Leistungssätzen berücksichtigen muß und nicht befugt ist, für Arbeitslose, die einer kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaft nicht angehören, hiervon abzusehen und für sie höhere Leistungssätze vorzusehen. Es ist hier nicht zu entscheiden, ob es sinnvoller wäre, wenn statt der Berücksichtigung der Kirchensteuer eine entsprechend geringere Nettolohnersatzquote vorgeschrieben worden wäre. Verfassungsrechtlich bedenklich wäre die geltende Regelung nur, wenn der Gesetzgeber bei der grundsätzlich zulässigen Pauschalierung von am Nettolohn ausgerichteten Lohnersatzleistungen (vgl BVerfGE 63, 255, 262 = SozR 4100 § 111 Nr 6) den Umstand zu berücksichtigen hätte, daß Arbeitnehmer, die keine Kirchensteuer zu zahlen haben, generell bei Arbeitslosigkeit einen höheren Verlust an Nettoarbeitsentgelt erleiden. Das ist indes nicht der Fall, weil der Unterschiedsbetrag gering ist und der Arbeitslose insoweit auch keinen besonderen Bedarf hat; im übrigen wird auch bei den Beiträgen zur BA nicht danach unterschieden, ob der Arbeitnehmer einer zur Erhebung von Kirchensteuer berechtigten Religionsgemeinschaft angehört oder nicht. Höheres Alüg steht Arbeitslosen jedenfalls nicht deshalb zu, weil die Kirchensteuer im Beitrittsgebiet nicht zu den Abgaben gehört, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen (aA SG Dessau aaO) oder keine Kirchensteuer zu zahlen wäre, wenn Arbeitsentgelt erzielt würde.
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Nach § 111 Abs 2 S 2 Nr 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) hat der Bundesminister f. Arbeit u. Sozialordnung (BMA) bei der Bildung der Leistungssätze als Beitrag zur gesetzlichen KV die Hälfte des gewogenen Mittels der am 1. 7. des Vorjahres geltenden allgemeinen Beitragssätze zu berücksichtigen. Hierzu bestimmt § 249c Abs 10 Nr 3 AFG, daß Beitragssätze der gesetzlichen KV, die im Beitrittsgebiet gelten, erstmals für die Leistungsverordnung 1992 gelten, dh bei der Feststellung des gewogenen Mittels mitzählen. Hieraus folgt, daß höheres Alüg für das Jahr 1991 auch nicht deshalb beansprucht werden kann, weil der Beitragssatz im Beitrittsgebiet günstiger als das gewogene Mittel ist, bzw das für die Leistungssätze 1991 zugrunde gelegte gewogene Mittel günstiger wäre, wenn auch die Beitragssätze der Deutsche Demokratische Republik (DDR) zum 1. Juli 1990 herangezogen worden wären.
21
Leistungssätze für das Alüg hat der Bundesminister f. Arbeit u. Sozialordnung (BMA) allerdings erst für 1993 ausdrücklich ausgewiesen (vgl Anl 1 der AFG-Leistungsverordnung vom 18. Dezember 1992, BGBl I 2354). Es muß daher für 1991 und 1992 - unter Beachtung der Leistungsbemessungsgrenze (§ 249c Abs 9 AFG) - auf die vom Bundesminister f. Arbeit u. Sozialordnung (BMA) für das Unterhaltsgeld nach § 44 Abs 2 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) festgesetzten Leistungssätze zurückgegriffen werden. Die Alüg-Empfänger erleiden hierdurch keinen Nachteil, da dieses Uhg ebenfalls 65 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts iS des § 112 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) beträgt und der Bundesminister f. Arbeit u. Sozialordnung (BMA) bei der Festsetzung der Leistungssätze für das Uhg ebenfalls § 111 Abs 2 Sätze 2 bis 6 und § 249c Abs 10 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zu beachten hat (§ 44 Abs 2c S 2 AFG). Ausdrücklich für das Alüg ausgewiesene Leistungssätze hätten von den Leistungssätzen für dieses Uhg nicht abweichen können.
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Mehr als die zugebilligten 205,20 DM in der Woche stünden der Klägerin mithin nur zu, wenn sie der Leistungsgruppe A, B oder C angehörte. Der Gruppe A gehörte die Klägerin an, wenn auf ihrer Lohnsteuerkarte die Steuerklasse I oder IV eingetragen wäre, der Gruppe B bei der Steuerklasse II und der Gruppe C bei der Steuerklasse III (§ 111 Abs 2 S 2 Nr 1 AFG). Maßgebend ist grundsätzlich die Steuerklasse, die zu Beginn des Kalenderjahres eingetragen war, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 113 Abs 1 S 1 AFG). Das war hier die Steuerklasse III. Spätere Änderungen der Steuerklasse werden indes berücksichtigt (§ 113 Abs 1 S 2), auch Änderungen infolge eines Steuerklassenwechsels unter Ehegatten (§ 113 Abs 2 AFG). Einen solchen Steuerklassenwechsel haben die Klägerin und ihr Ehemann vorgenommen, indem die Klägerin zum 1. April 1991 die Steuerklasse V übernommen hat und der Ehemann die Steuerklasse III. Hiernach hätte das ArbA zu Recht der Klägerin die Leistungen ab 1. April 1991 nach der Leistungsgruppe D bewilligt. Nach § 113 Abs 2 S 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) sind indes abweichend von der eingetragenen Steuerklasse aufgrund des Steuerklassenwechsels die dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten entsprechenden Lohnsteuerklassen für die Höhe der Leistung maßgebend, wenn die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen an diesem Tage offensichtlich nicht diesem Verhältnis entsprechen. Ein Ausfall des Arbeitslohns, der den Anspruch auf eine lohnsteuerfreie Lohnersatzleistung (wie das Alüg) begründet, bleibt bei der Beurteilung der Verhältnisse der monatlichen Arbeitslöhne außer Betracht (§ 113 Abs 2 S 3 AFG). Maßgebend ist hiernach in Fällen vorliegender Art, ob angesichts der "Arbeitslöhne" beider Ehegatten die gewählte Steuerklassenkombination zum geringsten Lohnsteuerabzug führen würde (vgl BSGE 61, 45, 50 = SozR 4100 § 113 Nr 5; SozR 4100 § 113 Nrn 3 und 7). Die Vorschriften verhindern nicht nur Manipulationen, sondern bewirken auch, daß sich ein Steuerklassenwechsel, der infolge Arbeitslosigkeit steuerrechtlich geboten ist, nicht nachteilig für den Arbeitslosen auswirkt, indem der Lohnersatzleistung die Steuerklasse zugrunde gelegt wird, die der Arbeitslose vernünftigerweise hätte, wenn er in Arbeit wäre. Nach den Feststellungen des BezirksG ist der Arbeitslohn, der der Klägerin am 1. April 1991 zuzurechnen ist, zwar mit 2.160,- DM bekannt. Es fehlen indes Feststellungen über den Arbeitslohn des Ehemannes der Klägerin an diesem Tage. Es läßt sich daher nicht beurteilen, ob die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen am 1. April 1991 offensichtlich nicht dem Verhältnis der Arbeitslöhne der Ehegatten entsprachen und von welcher anderen Steuerklassenkombination (III Klägerin, V Ehemann; IV/IV) ggf statt dessen auszugehen ist. Es kann daher nicht entschieden werden, ob der Klägerin das Alüg nach der Leistungsgruppe D (Steuerklasse V), der Leistungsgruppe C (Steuerklasse III) oder der Leistungsgruppe A (Steuerklasse IV) zusteht. Die Leistungsgruppe B kommt allerdings nicht in Betracht, weil die Steuerklasse II für zusammenlebende Verheiratete nicht vorgesehen ist. Gehört die Klägerin in die Leistungsgruppe C, wäre ihre Klage in Höhe von 247,80 DM wöchentlich, gehört sie in die Leistungsgruppe A, in Höhe von 228,60 DM begründet, solange das Arbeitsentgelt nach § 112 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) unverändert 500,- DM wöchentlich beträgt.
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In Ermangelung ausreichender Feststellungen ist die Sache gemäß § 170 Abs 2 S 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.