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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Schwerbehinderte Menschen - Eingliederungszuschuss
Schwerbehinderte Menschen - Eingliederungszuschuss
Inhaltsübersicht
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Information
1. Information
Die Teilhabe an der Arbeit ist für schwerbehinderte Menschen ein wichtiger Bestandteil der Eingliederung in die Gesellschaft. Da sie einen geeigneten Arbeitsplatz oft nur sehr schwer finden können, fördert die Bundesagentur für Arbeit deren Einstellung durch Zuschüsse. Der Haushalt der Bundesagentur weist für 2021 ein Budget von 2,7 Milliarden Euro für die Teilhabe am Arbeitsleben von Menschen mit Behinderungen aus. Nach der grundsätzlichen Regelung des § 88 SGB III bezwecken die Eingliederungszuschüsse den Ausgleich von Minderleistungen bei der Einstellung von Arbeitnehmern, deren Vermittlung wegen in ihrer Person liegender Gründe erschwert ist.
2. Allgemeines
Der Eingliederungszuschuss für behinderte und schwerbehinderte Menschen ist in § 90 SGB III geregelt.
3. Geförderter Personenkreis
Eingliederungszuschüsse können Arbeitgeber für die Beschäftigung von Behinderten und Schwerbehinderten erhalten. Die Zugehörigkeit zu diesem Personenkreis ergibt sich aus § 19 SGB III und § 2 SGB IX (siehe auch Schwerbehinderte Menschen – Allgemeines). Besonders gefördert werden Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Menschen, deren Vermittlung wegen in ihrer Person liegender Gründe erschwert ist (besonders betroffene schwerbehinderte Menschen). Dazu gehören nach § 90 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 187 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a bis d SGB IX schwerbehinderte Menschen,
die wegen Art und Schwere ihrer Behinderung oder sonstiger Umstände im Arbeits- und Berufsleben besonders betroffen sind (§ 155 Abs. 1 SGB IX),
die langzeitarbeitslos i.S.v. § 18 SGB III sind,
die im Anschluss an eine Beschäftigung in einer anerkannten Werkstatt für Behinderte, bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60 SGB IX) oder einem Inklusionsbetrieb eingestellt werden oder
die als Teilzeitbeschäftigte eingestellt werden.
Alternativ kommt für behinderte Arbeitnehmer, deren Vermittlung aufgrund in ihrer Person liegender Gründe erschwert ist und die das 50. Lebensjahr vollendet haben, ein Eingliederungszuschuss nach § 90 Abs. 2 SGB III für bis zu 36 Monate und einer Förderhöhe von 50 % in Betracht (siehe auch Eingliederungszuschuss). Dies gilt aber nicht für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen.
Eine erneute Förderung ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer bereits zuvor bei demselben Arbeitgeber (befristet) in einem geförderten Beschäftigungsverhältnis gestanden hat (vgl. auch § 92 Abs. 1 Nr. 2 SGB III).
Durch das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sowie zur landesrechtlichen Bestimmung der Träger von Leistungen für Bildung und Teilhabe in der Sozialhilfe (Teilhabestärkungsgesetz) vom 02.06.2021 (BGBl. I Nr. 29 S. 1387) haben Jobcenter und Arbeitsagenturen mehr Möglichkeiten zur aktiven Förderung von Menschen in Rehabilitationsmaßnahmen erhalten – sie sollen sie genauso unterstützen wie alle anderen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Menschen, die schon in einer Behindertenwerkstatt arbeiten, können über ein erweitertes Budget für Ausbildung gefördert werden, mit dem Ziel einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
4. Förderhöhe
4.1 Berücksichtigungsfähiges Arbeitsentgelt
Die Höhe der Förderung für die Eingliederungszuschüsse bestimmt sich nach dem jeweils anwendbaren Prozentsatz des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts. Was unter dem "berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelt" zu verstehen ist, ergibt sich aus § 91 Abs. 1 SGB III.
Zum berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelt gehören
das vom Arbeitgeber regelmäßig gezahlte Arbeitsentgelt, soweit es die tariflichen Arbeitsentgelte oder, wenn eine tarifliche Regelung nicht besteht, die für vergleichbare Tätigkeiten ortsüblichen Arbeitsentgelte nicht übersteigt und soweit es die Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitsförderung (2023: West 7.300, Ost 7.100 EUR) nicht überschreitet, sowie
der pauschalierte Anteil des Arbeitgebers am Gesamtsozialversicherungsbeitrag (= 20 Prozent des Arbeitsentgelts).
Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, wie z.B. Urlaubs- oder Weihnachtsgeld ist nach § 91 Abs. 1 Satz 2 SGB III nicht zu berücksichtigen.
Die Zuschüsse werden zu Beginn der Maßnahme in monatlichen Festbeträgen für die Förderdauer festgesetzt, § 91 Abs. 2 SGB III. Die monatlichen Festbeträge werden angepasst, wenn sich das berücksichtigungsfähige Arbeitsentgelt verringert.
4.2 Fördersatz
Die Förderhöhe kann bis zu 70% des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts betragen (§ 90 Abs. 1 SGB III). Bei der Höhe der Förderung ist zu berücksichtigen, ob der Schwerbehinderte ohne gesetzliche Verpflichtung oder über die Beschäftigungspflicht nach § 154 SGB IX hinaus eingestellt oder beschäftigt wird (§ 90 Abs. 3 SGB III).
Die Höhe der Förderung ist degressiv. Nach § 90 Abs. 4 SGB III ist der Eingliederungszuschuss nach Ablauf von 12 Monaten gegenüber der bisherigen Förderhöhe, um 10% jährlich zu mindern. Dies entspricht der Erwartung, dass die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers zunimmt und sich die Notwendigkeit der Einarbeitung vermindert. Der Eingliederungszuschuss darf aber 30% des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts nicht unterschreiten. Der Eingliederungszuschuss für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen (siehe 3.) darf erst nach Ablauf von 24 Monaten vermindert werden.
5. Förderdauer
Der Eingliederungszuschuss kann in der Regel bis zu 24 Monate gewährt werden (§ 90 Abs. 1 SGB III). Bei den besonders betroffenen schwerbehinderten Menschen (siehe 3.) kann die Förderdauer bis zu 60 Monate betragen. Haben solche Personen das 55. Lebensjahr vollendet, erhöht sich die maximal mögliche Förderung auf 96 Monate (§ 90 Abs. 2 SGB III).
6. Förderausschluss und Rückzahlung
Einzelheiten zum Förderausschluss und zur Rückzahlung des Zuschusses sind in § 92 SGB III geregelt.
6.1 Förderausschluss
Die Förderung im Rahmen von Eingliederungszuschüssen ist nach § 92 Abs. 1 SGB III ausgeschlossen, wenn
zu vermuten ist, dass der Arbeitgeber die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses veranlasst hat, um einen Eingliederungszuschuss zu erhalten oder
die Einstellung bei einem früheren Arbeitgeber erfolgt, bei dem der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Förderbeginn mehr als drei Monate versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.
6.2 Rückzahlung des Zuschusses
Eingliederungszuschüsse sind teilweise zurück zu zahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderzeitraums oder einer Nachbeschäftigungszeit beendet wird.
Dies gilt nach § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB III nicht, wenn
der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus Gründen, die in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, zu kündigen,
eine Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen, berechtigt war,
die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolgt, ohne dass der Arbeitgeber den Grund hierfür zu vertreten hat,
der Arbeitnehmer das Mindestalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht hat oder
der Eingliederungszuschuss für die Einstellung eines besonders betroffenen schwerbehinderten Menschen geleistet wird.
Die Rückzahlung ist nach § 92 Abs. 2 Satz 3 SGB III auf die Hälfte des Förderungsbetrages begrenzt und darf den in den letzten zwölf Monaten vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses geleisteten Förderbetrag nicht überschreiten. Ungeförderte Nachbeschäftigungszeiten sind anteilig zu berücksichtigen. Die Nachbeschäftigungszeit entspricht der Förderdauer, sie beträgt längstens zwölf Monate.
7. Antrag und Entscheidung
Der Eingliederungszuschuss muss vom Arbeitgeber bei der zuständigen Dienststelle der BA beantragt werden (nach Anmeldung auch elektronisch möglich). Weitere Auskünfte gibt auch der Arbeitgeberservice der BA unter der (gebührenfreien) bundeseinheitlichen Telefonnummer 0800 – 45555 20.
Für die rechtzeitige Beantragung reicht es aus, dass der Förderantrag bis zum Beginn des Arbeitsverhältnisses gestellt wird (nicht maßgebend ist das Datum des Abschlusses des Arbeitsvertrages, vgl. BSG, 06.04.2006 - B 7a AL 20/05 R). Sinnvoll ist es aber, den Antrag möglichst frühzeitig zu stellen.
Es handelt sich um eine Ermessensleistung; die Bundesagentur entscheidet, ob und in welchem Umfang der Eingliederungszuschuss gewährt wird. Ist der Arbeitgeber mit der Entscheidung nicht einverstanden, kann er dagegen Widerspruch einlegen und ggf. vor den Sozialgerichten klagen. Der Arbeitgeber ist im gerichtsverfahrensrechtlichen Sinne als "Leistungsempfänger" anzusehen und deshalb von Gerichtsgebühren befreit (BSG, 22.09.2004 - B 11 AL 33/03 R). Die Bundesagentur bzw. das Jobcenter muss im Rahmen des Ermessens Vermittlungshemmnisse wie das Alter, eine evtl. längerfristige Arbeitslosigkeit, die ggf. fehlende Berufstätigkeit und die Schwerbehinderung berücksichtigen (SG Mannheim, 27.02.2019 – S 6 AS 2671/18).
8. Steuerrecht
Der Eingliederungszuschuss muss von dem Arbeitnehmer nicht versteuert werden; er ist aber hinsichtlich des damit geförderten Arbeitsentgelts steuerpflichtig. Der Arbeitgeber muss die Eingliederungszuschüsse als Betriebseinnahme verbuchen – dadurch wird der steuerpflichtige Gewinn des Betriebes erhöht (BFH, 29.08.2017 – VIII R 17/13).
9. Zuschuss Integrationsamt
Nach § 27 SchwbAV können Arbeitgeber Zuschüsse vom Integrationsamt zum Ausgleich besonderer Belastungen, die mit der Beschäftigung eines schwerbehinderten Menschen verbunden sind, erhalten. Es ist nach einer Entscheidung des VG Gera nicht zu beanstanden, wenn das Integrationsamt die Bewilligung von Leistungen von der dauerhaften Sicherung des Arbeitsplatzes abhängig macht (VG Gera, 24.07.2018 – 6 K 365/18).
10. Weiterbildung
Die berufliche Weiterbildung kann nach § 81 ff. SGB III auch bei Schwerbehinderten gefördert werden (siehe hierzu unter Eingliederungszuschuss). Wenn dies behinderungsbedingt erforderlich ist, können darüber hinaus Leistungen für eine berufliche Eingliederung erbracht werden, Eine berufliche Neuorientierung ist förderfähig, wenn dadurch die Wettbewerbsfähigkeit des behinderten Menschen im Verhältnis zu nichtbehinderten Arbeitnehmern verbessert wird. Unter diesen Voraussetzungen ist auch eine im Rahmen der Weiterbildung erforderliche Arbeitsassistenz i.S.v. § 49 Abs. 8 Nr. 3 SGB IX zu gewähren, wenn sie für die Eingliederung ins Erwerbsleben erforderlich ist (LSG Berlin-Brandenburg, 23.01.2019 – L 18 AL 66/17).