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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Telearbeit - Betriebsverfassung
Telearbeit - Betriebsverfassung
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.Mitbestimmung bei der Einführung von Telearbeit
- 3.1
- 3.2
- 3.3
- 3.4
- 3.5
- 3.6
- 3.7
- 3.8
- 3.9
- 4.
- 5.
- 6.
Information
1. Allgemeines
Die Verwendung und Definition der Begriffe Telearbeit, mobile Arbeit und Homeoffice ist in der wissenschaftlichen Literatur und betrieblichen Praxis uneinheitlich.
Auch werden in arbeitsrechtlichen Vorschriften unterschiedliche Begriffe verwendet und definiert; sie umfassen zudem unterschiedliche Anwendungsbereiche und sind untereinander nicht kongruent.
Vgl. zu den unterschiedlichen Begriffen von Telearbeit, mobile Arbeit und Homeoffice und deren Definition Telearbeit - Allgemeines und Telearbeit - Definition und Formen
Im Wesentlichen anerkannt ist die Definition der Telearbeit als einer Tätigkeit, die regelmäßig (aber nicht notwendig ausschließlich) außerhalb der zentralen Betriebsstätte des Auftraggebers oder des Arbeitgebers erbracht wird, wobei bei der Ausführung dieser Tätigkeit Informations- und Kommunikationstechniken verwandt werden, die die Verbindung mit dem Betrieb des Arbeitgebers oder des Auftraggebers herstellen.
Deshalb wird hier der herkömmliche und ältere Begriff der Telearbeit als Oberbegriff verwendet.
Telearbeiter bzw. Beschäftigte in mobiler Arbeit oder im Homeoffice mit (individualrechtlichem) Arbeitnehmerstatus unterfallen nach § 5 BetrVG dem Betriebsverfassungsgesetz, wenn nicht eine der Ausnahmen des § 5 Abs. 2, 3 BetrVG vorliegt. Gleiches gilt für Heimarbeiter, die in der Hauptsache für einen Betrieb arbeiten. Freie Mitarbeiter und freie Unternehmer fallen nicht unter den Geltungsbereich des BetrVG, und zwar auch dann nicht, wenn sie arbeitnehmerähnlich sind (wegen der Besonderheiten vertraglicher Gestaltungen siehe: Telearbeit - Vertragsrecht). Deutsches Betriebsverfassungsrecht ist auf einen im Ausland tätigen Telearbeiter anwendbar, wenn sich seine Tätigkeit als "Ausstrahlung" des Inlandsbetriebs darstellt (BAG, 07.12.1989 - 2 AZR 228/89).
Telearbeiter bzw. Beschäftigte in mobiler Arbeit oder im Homeoffice im Arbeitnehmerstatus haben nach dem Betriebsverfassungsgesetz die gleichen Rechte wie sonstige Arbeitnehmer. Telearbeitnehmer sind für den Betriebsrat wahlberechtigt (§ 7 BetrVG) und wählbar (§ 8 BetrVG). Die Zeit der Teilnahme an Betriebs- und Abteilungsversammlungen einschließlich der zusätzlichen Wegezeiten ist den Telearbeitern mit Arbeitnehmerstatus gem. § 44 Abs. 1 Satz 2 BetrVG wie Arbeitszeit zu vergüten. Fahrkosten, die den Telearbeitern mit Arbeitnehmerstatus durch die Teilnahme an diesen Versammlungen entstehen, sind vom Arbeitgeber zu erstatten (§ 44 Abs. 1 Satz 3, 2. Halbsatz BetrVG). Soweit im Einzelfall erforderlich sind sie berechtigt, während der Arbeitszeit und ohne Minderung des Arbeitsentgelts Sprechstunden des Betriebsrats aufzusuchen oder auf sonstige Weise, z.B. durch Kommunikation mithilfe von Telefon oder E-Mail, diesen in Anspruch zu nehmen (§ 39 Abs. 3 BetrVG). Soweit die hier behandelten Themenbereiche in einer Betriebsvereinbarung geregelt sind, sind deren Regelungen zu beachten.
2. Betriebsbegriff
Für die Zugehörigkeit zur Betriebsverfassung ist nach der Rechtsprechung des BAG nicht die räumliche, sondern die organisatorische Einbindung des externen Arbeitsplatzes in den Betrieb entscheidend. Fälle der Telearbeit in arbeitgebereigenen Satelliten- oder Nachbarschaftsbüros sind daher wie herkömmliche Filialen oder Betriebsniederlassungen als betriebliche Arbeitsplätze anzusehen. Bei den anderen Formen der Telearbeit erfolgt die betriebsverfassungsrechtliche Einordnung unter Zugrundelegung des allgemeinen Betriebsbegriffes.
Ein Betrieb ist danach eine organisatorische Einheit zur Erreichung arbeitstechnischer Zwecke, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern, mithilfe von sachlichen oder immateriellen Mitteln, bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpft (BAG, 22.01.2009 - 6 AZR 922/07). Es kommt in erster Linie auf die Einheit der Organisation an, weniger auf die Einheitlichkeit der arbeitstechnischen Zweckbestimmung. Eine Beschränkung auf das bloße Betriebsgelände ist nicht möglich.
Bei Online-Telearbeitsplätzen wird diese organisatorische Eingliederung des Telearbeitnehmers auf Grund der ständigen Telekommunikationsverbindung regelmäßig zu bejahen sein. Selbst bei Offline-Telearbeitsplätzen wird häufig die Voraussetzung der organisatorischen Einbindung gegeben sein und somit betriebliche Arbeitsplätze vorliegen (vgl. dazu auch: BAG, 24.02.1976 - 1 ABR 62/75; BAG, 17.02.1983 - 6 ABR 64/81; BAG, 07.12.1988 - 7 ABR 10/88).
3. Mitbestimmung bei der Einführung von Telearbeit
Das Betriebsverfassungsgesetz gibt dem Betriebsrat keine Rechte an die Hand, eine geplante Einführung von Telearbeit, mobiler Arbeit oder Homeoffice an sichzu verhindern.
Auch die Entscheidung des Arbeitgebers, ob er Telearbeit, mobile Arbeit oder Homeoffice einführt, ist mitbestimmungsfrei.
Die Mitbestimmung des Betriebsrats ist erst dann gegeben, wenn die Entscheidung des Arbeitgebers gefallen ist und er beabsichtigte Maßnahmen umsetzen will, also wenn es um die Ausgestaltung geht.
Deshalb und weil es in der Regel kein Recht auf Telearbeit, mobile Arbeit oder Homeoffice für den einzelnen Arbeitnehmer gibt, hat der Betriebsrat auch kein mithilfe der Einigungsstelle durchsetzbares Initiativrecht zur Einführung von Telearbeit, mobiler Arbeit oder Homeoffice.
Bei der Entscheidung der Arbeitgeber, "Mobile Working" einzuführen, so das LAG Hessen in seinem Beschluss v. 18.6.2020 – 5 TaBVGa 74/20 -, dürfte das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nicht eingreifen. Die Einführung des Arbeitsmodells ist untrennbar mit der Erbringung der Arbeitsleistung verknüpft und gehört damit zum mitbestimmungsfreien Arbeitsverhalten. Dieses ist berührt, wenn der Arbeitgeber näher bestimmt, welche Arbeiten auszuführen sind und in welcher Weise das geschehen soll. Weisungen mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert wird unterliegen nicht der Mitbestimmung (LAG Hessen, Beschluss v. 18.6.2020 – 5 TaBVGa 74/20).
Ist diese aber eingeführt, hat er sowohl ein Mitbestimmungsrecht bei den Maßnahmen der Ausgestaltung als auch ein dem entsprechendes Initiniativrecht.
Mit Wirkung ab 18. Juni 2021 ist in das Betriebsverfassungsgesetz eine neue Mitbestimmungsvorschrift eingeführt worden.
In § 87 Abs. 1 ist eine neue Nummer 14 angefügt worden, so dass nunmehr der Betriebsrat gem. § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG mitzubestimmen hat bei der "Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird".
Dabei handelt es sich um einen Auffangtatbestand, d.h. die neue Nr. 14 erfasst nur solche Fragen der Ausgestaltung der mobilen Arbeit, die nicht schon bereits in den anderen Vorschriften von § 87 Abs. 1 BetrVG wie Nr. 2,3,6,7,10 oder 11 als auch in anderen Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes geregelt worden sind.
In der Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drs. 19/28899, S. 23) wird "mobiles Arbeiten" wie folgt definiert:
"Ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin arbeitet mobil, wenn er oder sie die geschuldete Arbeitsleistung unter Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnik außerhalb der Betriebsstätte von einem Ort oder von Orten seiner oder ihrer Wahl oder von einem mit dem Arbeitgeber vereinbarten Ort oder von mit dem Arbeitgeber vereinbarten Orten erbringt. Mobile Arbeit liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die geschuldete Arbeitsleistung aufgrund deren Eigenart ortsgebunden erbringen muss."
Von dem Mitbestimmungsrecht wird sowohl regelmäßige als auch anlassbezogene mobile Arbeit erfasst.
§ 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG erfasst die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der "Ausgestaltung von mobiler Arbeit ... mittels Informations- und Kommunikationstechnik..."; d.h. unter Verwendung von technischen Medien wie z.B. Personal Computer (PC), Tablets, Smartphones oder Navigationsgeräten, die für die betriebliche Verarbeitung von Informationen und zur technischen Unterstützung der betrieblichen Kommunikation eingesetzt werden.
Das Mitbestimmungsrecht ermöglicht nach der Begründung zum Gesetzesentwurf keine Regelungen zu arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten, die nicht mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht werden können (zum Beispiel Fahrer oder Boten).
Eine Mitbestimmung des Betriebsrats ist auch nach der Begründung zum Gesetzesentwurf nicht gegeben, wenn sich die Mobilität bereits zwingend aus der Eigenart der zu erbringenden Arbeitsleistung ergibt (zum Beispiel Handelsvertreter oder Monteure).
Das Mitbestimmungsrecht betrifft die inhaltliche Ausgestaltung der mobilen Arbeit. Dazu gehören zum Beispiel nach der Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drs. 19/28899, S. 23) Regelungen
über den zeitlichen Umfang mobiler Arbeit,
über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit in Bezug auf mobile Arbeit,
über den Ort, von welchem aus mobil gearbeitet werden kann und darf,
zu konkreten Anwesenheitspflichten in der Betriebsstätte des Arbeitgebers,
zur Erreichbarkeit,
zum Umgang mit Arbeitsmitteln der mobilen Arbeit oder
über einzuhaltende Sicherheitsaspekte.
Da der neue § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG Auffangtatbestand ist, stehen dem Betriebsrat somit schon alle bisher in der Einführungsphase bestehenden Informations-, Beratungs- und Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte zur Verfügung (siehe dazu weiter unten Gliederungspunkte 3.1. ff.).
Dieselben Rechte wie bei der Einführung hat der Betriebsrat auch bei der Durchführung von Telearbeit, mobile Arbeit oder Homeoffice (siehe dazu weiter unten unter 5. Durchführung von Telearbeit/Homeoffice-Arbeit).
3.1 Allgemeiner Informationsanspruch nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG
Dem Betriebsrat wird neben den allgemeinen Aufgaben in § 80 Abs. 1 BetrVG in § 80 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ein allgemeiner Informationsanspruch eingeräumt, wonach er rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zur Durchführung seiner Aufgaben nach dem Betriebsverfassungsgesetz zu unterrichten ist. Bei der Einführung von Telearbeit/Homeoffice-Arbeit ist dabei erforderlich, dass Informationen durch den Arbeitgeber schon im Planungsstadium fließen, um dem Betriebsrat die Möglichkeit zu geben, unter Ausschöpfung seiner Mitwirkungsrechte auf die Entscheidung einzuwirken und Alternativvorschläge einbringen zu können. Auf Verlangen sind ihm jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Der Betriebsrat hat grundsätzlich auf der Grundlage von § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein Zugangsrecht zu allen von Arbeitnehmern zu besetzenden oder besetzten Telearbeitsplätzen. Soweit es die Wohnung eines Telearbeiters (Homeoffice) betrifft, kann dieser jedoch den Zugang verweigern, es sei denn in seinem Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung ist ein Zugangsrecht zwingend geregelt.
Basierend auf diesem allgemeinen Informationsrecht kann sich der Betriebsrat im Zusammenhang mit der Einführung von Telearbeit/Homeoffice-Arbeit einen ersten Überblick darüber verschaffen, in
welchem Umfang mit Telearbeit/Homeoffice-Arbeit zu rechnen ist,
wie die konkrete Ausgestaltung erfolgen soll und
mit welchen Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation gerechnet werden muss.
Aufgabe des Betriebsrats ist es insbesondere während und nach der Einführung von Telearbeit/Homeoffice-Arbeit, über die Durchführung der geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zu wachen. Speziell bei von Telearbeit/Homeoffice-Arbeit erlangen in diesem Zusammenhang die Normen zum Arbeitsschutz (Arbeitsschutzgesetz, Arbeitszeitgesetz aber auch die Bildschirmarbeitsverordnung) besondere Bedeutung (wegen der Einzelheiten zu diesem Themenkomplex vgl. eingehend: Telearbeit - Arbeitsschutz).
3.2 Mitbestimmung bei der Arbeitszeit
Wesentliche Vorschriften zur Arbeitszeit, die bei der Telearbeit und insbesondere bei der Arbeit im Homeoffice der Arbeitgeber beachten muß, sind folgende Vorschriften im Arbeitszeitgesetz zu den
Nach der gesetzlichen Definition in § 2 Abs. 1 Satz 1 ArbZG ist Arbeitszeit i.S.d. Gesetzes "die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen".
D.h. es gibt danach keine Zwischenstufen zwischen Arbeit und Freizeit; jede außerhalb der Arbeitszeit verbrachte Zeit ist Ruhezeit. Ausgenommen hiervon sind die Sonderfälle wie Wegezeiten, Dienstreisen, Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft.
Diese gesetzlichen Arbeitszeitregelungen sind zwingender Natur; d.h. dass sie den Arbeitnehmer auch gegen dessen entgegengesetzten Willen schützen und diesem keine selbstgewählte Arbeitszeitgestaltung gegen zwingende Arbeitszeitvorschriften erlauben.
So muss er auch im Homeoffice die werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbZG einhalten, mit erlaubter Verlängerungsmöglichkeit gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 ArbZG.
Bei solchen zwingenden Vorschriften zur Regelungen der Arbeitszeit hat der Betriebsrat keine - mithilfe der Einigungsstelle - erzwingbare Mitbestimmung; ebensowenig wenn die Tarifvertragsparteien eine abschließende Regelung zu der betreffenden Arbeitszeitthematik getroffen haben (BAG, 24.04.2007 - 1 ABR 47/06).
Dagegen hat der Betriebsrat in Arbeitszeitfragen - soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht - in folgenden Angelegenheiten ein - mithilfe der Einigungsstelle - erzwingbares Mitbestimmungsrecht:
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen (§ 87 Abs. 1 Nr.2 BetrVG),
Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage (§ 87 Abs. 1 Nr.2 BetrVG),
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betrieblichen Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr.3 BetrVG).
Das Bundesarbeitsgericht fällte in seiner Sitzung v. 13. September 2022 ein aufsehenerregendes Grundsatzurteil zur Erfassung der Arbeitszeit, welches auch erhebliche Auswirkungen auf die Arbeit im Homeoffice haben wird. (BAG v. 13.09.2022 – 1 ABR 22/21; Pressemitteilung Nr. 35/22 v. 13.09.2022).
Danach ist der Arbeitgeber nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann.
Aufgrund dieser gesetzlichen Pflicht kann der Betriebsrat aber nicht - so das BAG weiter in dem Urteil - mithilfe der Einigungsstelle die Einführung eines Systems der (elektronischen) Arbeitszeiterfassung im Betrieb erzwingen. Ein entsprechendes Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG besteht nur, wenn und soweit die betriebliche Angelegenheit nicht schon gesetzlich geregelt ist.
Vgl. dazu weiter im Einzelnen unter:
3.3 Unterrichtungs- und Beratungsrechte nach § 90 BetrVG bei der Arbeitsplatzgestaltung
Mit der Einführung von Telearbeit ist typischerweise die Einflussnahme auf den Arbeitsplatz und den Arbeitsablauf verbunden, auch erfolgt die Arbeit in der Regel unter Verwendung eines Computers und der elektronischen Datenverarbeitung. Hier greifen die Unterrichtungsrechte des § 90 Abs. 1 BetrVG und die Beratungsrechte des § 90 Abs. 2 BetrVG für den Betriebsrat ein.
3.4 Unterrichtungs- und Beratungsrechte nach § 92 BetrVG bei der Personalplanung
Die Einführung von Telearbeit/Homeoffice-Arbeit geht i.d.R. mit allgemeinen personellen Angelegenheiten einher, sodass auch die Generalklausel des § 92 BetrVG Anwendung findet. Danach hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Personalplanung anhand von Unterlagen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und mit ihm über Art und Umfang der erforderlichen Maßnahmen und über die Vermeidung von Härten zu beraten.
3.5 Initiativrecht nach § 93 BetrVG bei der Ausschreibung von Arbeitsplätzen
Generell, aber insbesondere wenn das Interesse der Arbeitnehmer an der Telearbeit bzw.der Homeoffice-Arbeit größer als das Angebot ist, kann der Betriebsrat gem. § 93 BetrVG verlangen, dass Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen, vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebes ausgeschrieben werden.
3.6 Mitbestimmungsrechte bei Auswahlrichtlinien
In § 95 BetrVG sind Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bezüglich von Auswahlrichtlinien normiert. Nach § 95 Abs. 1 BetrVG bedürfen Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats. In Betrieben mit bis zu 500 Arbeitnehmern kann der Arbeitgeber allein entscheiden, ob er Auswahlrichtlinien aufstellen will; der Betriebsrat hat hier kein Initiativrecht. Dabei sind Auswahlrichtlinien abstrakt generelle Regeln, die bei personellen Einzelmaßnahmen zugrunde gelegt werden. Bei einem Anforderungsprofil wie einer detaillierten Arbeitsplatzbeschreibung - beispielsweise eines einzelnen Telearbeitsplatzes bzw. Homeoffice-Arbeitsplatzes - können keine Auswahlrichtlinien angenommen werden.
Der Betriebsrat hat dies bezüglich nur das Initiativrecht aus § 93 BetrVG, nicht aber das Mitbestimmungsrecht aus § 95 BetrVG (vgl. dazu: BAG, 31.05.1983 - 1 ABR 6/80; BAG, 31.01.1984 - 1 ABR 63/81 und BAG, 14.01.1986 - 1 ABR 82/83).
In Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat sogar gem. § 95 Abs. 2 BetrVG verlangen, dass Auswahlrichtlinien über die bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen zu beachtenden fachlichen und persönlichen Voraussetzungen und sozialen Gesichtspunkten aufgestellt werden.
3.7 Mitbestimmung bei Versetzungen
Weitere Beteiligungsrechte können sich außerdem aus § 99 Abs. 1 BetrVG ergeben: Wird einem bisher in den Büroräumen des Arbeitgebers tätigen Mitarbeiter ein Homeoffice-Arbeitsplatz zugewiesen, bedarf diese regelmäßig als Versetzung i.S.d. § 95 Abs. 3 BetrVG zu qualifizierende personelle Einzelmaßnahme der Zustimmung des Betriebsrats.
Die Zuordnung eines im Homeoffice befindlichen Mitarbeiters zu einem neuen Dienstort für mehr als einen Monat stellt eine mitbestimmungspflichtige Versetzung gem. § 95 Abs. 3 BetrVG dar, auch wenn sich weder der Inhalt der Tätigkeit noch der Arbeitsort (Homeoffice) und der Vorgesetzte ändern. Auch dann wird der Arbeitnehmer fachlich einem anderen – hier neuen – Teil der Betriebsorganisation zugeordnet. Die früheren 4 Betriebsstätten waren organisatorisch selbstständige Betriebsabteilungen, da von ihnen aus die ihnen zugeordneten Arbeitnehmer durch Fachvorgesetzte angeleitet wurden. Durch die Neuzuordnung änderte sich daher für die betroffenen Arbeitnehmer die Stellung innerhalb der Betriebsorganisation. (LAG Hessen, 14.01.2020 - 4 TaBV 5/19; Revision anhängig beim BAG unter Az. 1 ABR 13/20).
3.8 Unterrichtungs- und Beratungsrechte nach § 111 BetrVG bei Betriebsänderungen
Wenn die Einführung von Telearbeit/Homeoffice z.B. grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen bedeutet oder die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren, dann kann dies eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG bedeuten. Dem Betriebsrat stehen dann in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern Unterrichtungs- und Beratungsrechte zu (vgl. vertiefend: Betriebsänderung).
3.9 Mitbestimmung bei der Erfassung der Arbeitszeit
Nach den Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer ein „objektives, verlässliches und zugängliches“ System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann (EuGH v. 14. Mai 2019 - C-55/18 - [CCOO] Rn. 38 ff., 60 ff.).
Die Arbeitgeber sind, so das BAG in dem Beschluss v. 13.09.2022 – 1 ABR 22/21, nach der Rahmenvorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzurichten, mit dem Beginn und Ende und damit die Dauer der Arbeitszeiten einschließlich der Überstunden der Arbeitnehmer erfasst werden. Damit besteht für sie eine objektive gesetzliche Handlungspflicht.
Deren Ausgestaltung – so das BAG – lässt Raum für eine Mitbestimmung des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, jedoch nicht für ein Initiativrecht zur Einführung eines (elektronischen Systems), mit dem die tägliche Arbeitszeit solcher Arbeitnehmer erfasst werden soll.
Solange (und soweit) der Gesetzgeber den ihm zustehenden Spielraum bei der Ausgestaltung der unionsrechtlichen Arbeitszeiterfassungspflicht nicht ausgeübt hat, können die Betriebsparteien und – im Fall ihrer fehlenden Einigung – die Einigungsstelle nach Maßgabe des § 87 Abs. 2 BetrVG entsprechende Regelungen treffen. Ihnen kommt insbesondere ein Gestaltungsspielraum dahingehend zu, in welcher Art und Weise – ggf. differenziert nach der Art der von den Arbeitnehmern ausgeübten Tätigkeiten – die Erfassung von Beginn und Ende der Arbeitszeit im Betrieb zu erfolgen hat.
4. Mitbestimmung bei der Durchführung von Telearbeit
Da es sich bei den Telearbeitsverhältnissen um "normale" Arbeitsverhältnisse auch im Sinne der Betriebsverfassung handelt, stehen dem Betriebsrat auch bei Durchführung der Telearbeit alle im Betriebsverfassungsgesetz normierten Mitbestimmungs-, Beteiligungs- und Informationsrechte zu.
Zu den wichtigsten Mitbestimmungsrechten im Rahmen von Telearbeit zählen die
Mitbestimmung bei der Arbeitszeit nach § 87 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BetrVG,
Mitbestimmung bei technischen Kontrolleinrichtungen nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG,
Mitbestimmung bei Arbeitschutz und Unfallverhütung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG,
Mitbestimmung bei der Lohngestaltung nach § 87 Abs. 1 Nrn. 10 und 11 BetrVG,
Mitbestimmung bei der Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG (Auffangtatbestand),
Mitbestimmung bei der menschengerechten Gestaltung der Arbeit nach § 91 BetrVG,
Mitbestimmung bei personellen Angelegenheiten nach § 95 Abs. 3, § 99, § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG.
Zu weiteren Einzelheiten vgl. Betriebsrat - personelle Angelegenheiten und Betriebsrat - soziale Angelegenheiten.
5. Mitbestimmung bei der Beendigung von Telearbeit
Die Beendigung einer Vereinbarung von Telearbeit/mobiler Arbeit/Homeoffice und damit verbunden die Weiterarbeit an einem Arbeitsplatz im Betrieb stellt regelmäßig eine Versetzung gem. § 95 Abs. 3 BetrVG dar bei der der Betriebsrat in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern gem. 99 BetrVG mitzubestimmen hat in Form von Unterrichtungs-, Auskunfts-, Einsichts- und Zustimmungsverweigerungsrechten.
Im Falle eines Bankmitarbeiters, der 40 % seiner Arbeitszeit an seinem häuslichen Telearbeitsplatz verbrachte, hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG Düsseldorf, 10.09.2014 - 12 Sa 505/14) festgestellt, dass in dem beabsichtigten Entzug der alternierenden Telearbeit, d.h. der Aufgabe der außerbetrieblichen Betriebsstätte und der vollständigen Rückkehr zur betrieblichen Arbeitsstätte, die dauerhafte, d.h. länger als einen Monat währende, Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs liegt und es sich deshalb um eine Versetzung gem. § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG handelt.
Ohne die alternierende Telearbeit/Homeoffice-Arbeit verändert sich das gesamte Bild der Tätigkeit des Mitarbeiters aus der Sicht eines betrieblichen Betrachters. Aufgabe und Verantwortung des Mitarbeiters und dessen Einordnung in den Arbeitsablauf der Bank werden grundlegend geändert. Dies ergibt sich nicht aus der örtlichen Verlagerung der Tätigkeit. Entscheidend sind - so das LAG Düsseldorf - vielmehr die typischen Pflichten des Arbeitnehmers im Rahmen der Telearbeit, wie sie sich auch in der für ihn geltenden EV Telearbeit 2005 zeigen. Es wird in der Wohnung des Mitarbeiters eine Arbeitsstätte vorgehalten. Diese muss den arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen entsprechen. Der Arbeitnehmer ist als Wohnungsinhaber zudem verkehrssicherungspflichtig für die außerbetriebliche Arbeitsstätte. Er muss außerdem den Datenschutz an der außerbetrieblichen Arbeitsstätte sicherstellen. Die Nutzung der vertraglich vereinbarten außerbetrieblichen Arbeitsstätte ist etwas grundlegend anderes als die Nutzung einer betrieblichen Arbeitsstätte. Der Mitarbeiter ist völlig anders in die Aufgabenerfüllung, d.h. in den Betriebsablauf eingebunden. Die funktionale Erbringung der Arbeitsleistung ist ohne außerbetriebliche Arbeitsstätte eine völlig andere.
Da die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats gem. § 95 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG fehlte, war die vom Arbeitgeber ausgesprochene Beendigung der alternierenden Telearbeit schon aus diesem Grunde unwirksam.
In diesem Sinne und weitergehend hat das Bundesarbeitsgericht auch in seinem neuesten Beschluss v. 20.10.2021 - 7 ABR 34/20 - entschieden:
Nach dem dort zugrundeliegenden Sachverhalt erbrachte die Arbeitnehmerin aufgrund individueller Vereinbarung seit 2007 ihre Arbeitsleistung von zuhause. Die Vereinbarung enthielt eine Bezugnahme auf den Tarifvertrag und die Möglichkeit, die Vereinbarung beiderseits ohne Angabe von Gründen mit einer Frist von drei Monaten zu widerrufen. Ein weiterer Tarifvertrag sah bei Versetzungen u.a. eine Pflicht zur Abwägung der wechselseitigen Interessen vor. Der Arbeitgeber widerrief gegenüber der Arbeitnehmerin die Telearbeit und informierte den Betriebsrat über den Widerruf "gem. § 99 BetrVG". Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung mit der Begründung es fehle an der nach dem Tarifvertrag notwendigen Interessenabwägung sowie an dem gem. § 106 GewO notwendigen billigen Ermessen, da die Rückkehr in den Betrieb u.a. zu Fahrkosten und Wegezeiten führen würde.
Soll ein Arbeitnehmer, der bislang im Rahmen einer Beschäftigung in alternierender Telearbeit weit überwiegend an einem vom Arbeitgeber eingerichteten häuslichen Arbeitsplatz tätig war, wieder ausschließlich an der Betriebsstätte eingesetzt werden, liegt darin – so das BAG in dem Beschluss – regelmäßig eine beteiligungspflichtige Versetzung i.S.v. § 99 Abs. 1 BetrVG.
Der Betriebsrat konnte aber – so das BAG in dem Beschluss v. 20.10.2021 – seine Zustimmungsverweigerung in Bezug auf die Versetzung der Arbeitnehmerin nicht auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG stützen.
Der Betriebsrat kann bei einer personellen Einzelmaßnahme seine Zustimmung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVGverweigern, wenn die personelle Maßnahme gegen die dort genannten Rechtsvorschriften (Gesetz, Verordnung, Unfallverhütungsvorschrift, Tarifvertrag, gerichtliche Entscheidung oder behördliche Maßnahme) verstoßen würde. Der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist bei Versetzungen deshalb nur gegeben, wenn das Ziel der Norm allein dadurch erreicht werden kann, dass die Versetzung insgesamt unterbleibt. Neben Verletzungen von Einstellungsnormen kommen vor allem Beschäftigungsverbote in Betracht, die eine Beschäftigung mit bestimmtem Inhalt oder unter bestimmten Voraussetzungen untersagen.
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen und Versetzungen ist dagegen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kein Instrument zur umfassenden Vertragsinhaltskontrolle (BAG 27. Oktober 2010 - 7 ABR 86/09).
Es ist – so das BAG in dem Beschluss v. 20.10.2021 – nicht Aufgabe des Betriebsrats im Rahmen des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, die Einhaltung des Inhalts des Arbeitsvertrags zu überwachen.
Danach konnte der Betriebsrat seine Zustimmungsverweigerung im Hinblick auf die Versetzung der Arbeitnehmerin nicht mit Erfolg auf die von ihm geltend gemachten Normverstöße (fehlende Interessenabwägung nach dem geltenden Tarifvertrag sowie fehlendes billiges Ermessen gem. § 106 GewO) stützen.
Der Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG liegt - so das BAG weiter - nicht vor, wenn beim betroffenen Arbeitnehmer eintretende versetzungsbedingte Nachteile durch den Vollzug einer unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers bedingt und daher aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt sind. Sind Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und der darauf beruhende Versetzungsentschluss – wie im Fall der Aufgabe des heimischen Telearbeitsplatzes – praktisch deckungsgleich, sind die durch die Versetzung eintretenden Nachteile jedoch nur dann i.S.v. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber seine Organisationsentscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit verdeutlicht und sie auf sachlich nachvollziehbaren, plausiblen Gründen beruht.
(BAG, Beschluss v. 20.10.2021 – 7 ABR 34/20)
Nach einem Beschluss des BAG v. 22.9.2021 ist schon eine die Dauer von einem Monat überschreitende Zuordnung eines in einem Home Office tätigen Arbeitnehmers zu einem neuen Dienstort auch dann eine mitbestimmungspflichtige Versetzung, wenn der Inhalt seiner Tätigkeit, sein Arbeitsort in seinem Home Office und die Person seines Fachvorgesetzten unverändert bleiben (BAG v. 22.9.2021 - 7 ABR 13/20; vorhergehend Hessisches LAG v. 14.1.2020 – 4 TaBV 5/19).
6. Mitbestimmung bei der Ermittlung der Gesundheitsgefährdung
Die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Ermittlung von Gesundheitsgefährdungen im Betrieb bzw. im Homeoffice nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i.V.m. § 3 Abs.1 Satz 1 ArbSchG bezieht sich insbesondere auf
Vorgaben für Methoden und Verfahren der Gefährdungsbeurteilung,
Kriterien für die Wiederholung einer Gefährdungsbeurteilung,
Dokumentation der Ergebnisse,
Auswahl einer geeigneten Maßnahme zur Beseitigung einer Gefährdung und
eine Wirksamkeitskontrolle (so BAG v. 7.12.2021 - 1 ABR 25/20).
Die Gefährdungsbeurteilung ist das maßgebende Instrument, um arbeitsbedingte Gefährdungen zu ermitteln. Welche Schutzmaßnahmen geeignet und angemessen sind, lässt sich erst bestimmen, wenn das von der Arbeit für die Beschäftigten ausgehende Gefährdungspotential im Rahmen der nach § 5 Abs. 1 ArbSchG durchzuführenden Beurteilung festgestellt worden ist. Je genauer und wirklichkeitsnäher solche Gefährdungen im Betrieb anhand der jeweiligen Gefahrenquellen ermittelt und beurteilt werden, umso gezielter können konkrete Maßnahmen getroffen werden. Die vom Arbeitgeber – und nicht von den Betriebsparteien gemeinsam – durchzuführende Beurteilung der Arbeitsbedingungen gem. § 5 ArbSchG umfasst die Überprüfung, ob und ggf. welche Gefährdungen mit einer Tätigkeit einhergehen. Die mit der Arbeit des Beschäftigten verbundenen möglichen Gefährdungen müssen anhand der jeweiligen Gefahrenquellen ermittelt und im Hinblick auf ihre Schwere (Art und Umfang eines möglichen Schadens) und das Risiko ihrer Realisierung (Eintrittswahrscheinlichkeit) bewertet werden. Notwendige Bestandteile der Gefährdungsbeurteilung sind zudem die Prüfung, ob Schutzmaßnahmen geboten sind, sowie die Bewertung der Dringlichkeit eines Handlungsbedarfs (so eindrücklich BAG v. 7.12.2021 - 1 ABR 25/20).
Ergibt die nach dem mitbestimmt ausgestalteten Verfahren durchgeführte Beurteilung der Arbeitsbedingungen, dass Schutzmaßnahmen erforderlich sind, hat der Arbeitgeber diese nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG – möglichst zeitnah – zu treffen. Kann der Gefährdung mittels unterschiedlicher Schutzmaßnahmen begegnet werden, besteht dabei ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei der Entscheidung, welche der möglichen Maßnahmen umgesetzt werden sollen (vgl. BAG 19. November 2019 – 1 ABR 22/18).