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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Arbeitsverhältnis - Nachweis
Arbeitsverhältnis - Nachweis
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Der Arbeitgeber ist gesetzlich nicht verpflichtet, Arbeitsverträge schriftlich zu schließen. Die Arbeitnehmer haben allerdings gemäß § 2 NachwG das Recht, von ihm einen schriftlichen Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen ausgehändigt zu bekommmen. Das NachwG gibt es in seiner Grundform bereits seit 1995. 2022 wurde es mit dem "Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union im Bereich des Zivilrechts und zur Übertragung von Aufgaben an die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau" v. 20.07.2022 - BGBl. I 2022, S. 1174 ff. – in wesentlichen Punkten ergänzt.
Praxistipp:
Arbeitsrechtler und HR-Experten raten ohnehin immer dazu, Arbeitsverträge schriftlich abzuschließen. Damit kann man - bildlich gesprochen - gleich zwei Fliegen mit einer Klatsche schlagen: Wer seinen Leuten einen schriftlichen Arbeitsvertrag gibt, der die in § 2 Abs. 1 bis Abs. 4 NachwG geforderten Angaben enthält, braucht ihnen keinen NachwG-Nachweis zu erstellen und auszuhändigen (§ 2 Abs. 5 NachwG).
Das NachwG regelt nicht das Zustandekommen von Arbeitsverträgen (dazu Gliederungspunkt 2.). Neben den Notwendigkeiten Parteibezeichnung und Beginn des Arbeitsverhältnisses enthält § 2 Abs. 1 Satz Nr. 1 bis Nr. 15 NachwG eine Menge niederzuschreibender Vertragsbedingungen (mehr dazu in Gliederungspunkt 3.). Für Praktikanten sieht § 2 Abs. 1a NachG Sonderregeln vor (Gliederungspunkt 4.). § 2 Abs. 1 Satz 4 NachwG legt Bedingungen für den Zeitpunkt der Aushändigung des Arbeitsverhältnis-Nachweises fest (s. Gliederungspunkt 5.). Der Betriebsrat hat im Zusammenhang mit den NachwG-Regeln keine Sonderfunktion (dazu: Gliederungspunkt 6.). Für bestehende Arbeitsverhältnisse sieht § 5 NachwG Übergangsbestimmungen vor (dazu mehr in Gliederungspunkt 7.) Einzelfragen werden im Rechtsprechungs-ABC – Gliederungspunkt 8. – beantwortet.
2. Arbeitsvertrag und Arbeitsnachweis
Das NachwG gilt für alle Arbeitnehmer (§ 1 Satz 1 NachwG). Alle Arbeitnehmer heißt: Sowohl die Arbeitgeber der gewerblichen Wirtschaft als auch die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes werden durch das NachwG verpflichtet.
Mit dem Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses hat das NachwG nichts zu tun. So können schuldrechtlich verbindliche BGB-Arbeitsverträge auch im NachwG-Anwendungsbereich durch
mündliche oder
schriftliche Vereinbarungen oder
gar durch schlüssiges Verhalten
zustandekommen. In § 105 GewO heißt es treffend:
"Arbeitgeber und Arbeitnehmer können Abschluss, Inhalt und Form des Arbeitsvertrages frei vereinbaren, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften, Bestimmungen eines andwendbaren Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung entgegenstehen. Soweit Vertragsbedingungen wesentlich sind, richtet sich ihr Nachweis nach den Bestimmungen des Nachweisgesetzes."
Das Zivilrecht regelt den Arbeitsvertrag in § 611a BGB. Für befristete Arbeitsverträge schreibt § 14 Abs. 4 TzBfG vor, dass die "Befristung eines Arbeitsvertrages .. zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform" bedarf - was aber nur für die Befristungsvereinbarung gilt, nicht für den gesamten befristeten Vertrag. Für Auszubildende sieht § 11 BBiG eine besondere Vertragsniederschrift vor.
Der Nachweis der wesentlichen NachwG-Vertragsbestimmungen in elektronischer Form ist ausgeschlossen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 NachwG).
3. Inhalt des Nachweises
Der Arbeitgeber hat die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses innerhalb der Fristen des § 2 Abs. 1 Satz 4 NachwG schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG). In die Niederschrift sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 15 NachwG mindestens aufzunehmen:
der Name und die Anschrift der Vertragsparteien
der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
bei befristeten Arbeitsverhältnissen: das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses
der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann
eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit
sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit
die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung
die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem. der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungn
bei Arbeit auf Abruf nach § 12 TzBfG a) die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat, b) die Zahl der mindestans zu vergütenden Stunden, c) der Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und d) die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat
sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht ist erfüllt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist
das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage - wobei § 7 KSchG (Wirksamkeitsfiktion) auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage anzuwenden ist
ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwenbaren Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen
Zur Erleichterung dieser Nachweispflicht ist es dem Arbeitgeber auch möglich, zu den Punkten 6 bis 8 und 10 bis 14 auf anwendbare gesetzliche oder kollektivvertragliche Regelungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 15 NachwG zu verweisen (§ 2 Abs. 4 Satz 1 NachwG - weitere Ausnahmeregelungen in § 2 Abs. 4 Satz 1 und 2 NachwG).
Praxistipp:
Händigt der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern einen schriftlichen Arbeitsvertrag aus, der die nach § 2 Abs. 1 bis Abs. 4 NachwG erforderlichen Angaben enthält, entfällt seine Verpflichtung aus § 2 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 NachwG.
Für die Änderung wesentlicher Vertragsbedingungen gilt § 3 NachwG.
4. Praktikanten
Praktikanten, die nach § 22 Abs. 1 MiLoG als Arbeitnehmer gelten, sind Arbeitnehmer i.S.d. NachwG (§ 1 Satz 2 NachwG).
Wer einen Praktikanten einstellt, muss unverzüglich
nach Abschluss des Praktikumvertrages,
spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit,
die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederlegen, die Niederschrift unterzeichnen und dem Praktikanten aushändigen, § 2 Abs. 1a Satz 1 NachwG.
Praxistipp:
Auch hier gilt wie bei "richtigen" Arbeitnehmern: Sinnvoll ist ein schriftlicher Praktikumsvertrag, der die Besonderheiten des Einzelfalls regelt und gleichzeitig die NachwG-Anforderungen erfüllt.
In die Niederschrift nach § 2 Abs. 1a Satz 1 NachwG gehören nach § 2 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 7 NachwG mindestens:
der Name und die Anschrift der Vertragsparteien
die mit dem Praktikum verfolgten Lern- und Ausbildungsziele
Beginn und Dauer des Praktikums
Dauer der regelmäßigen täglichen Praktikumszeit
Zahlung und Höhe der Vergütung
Dauer des Urlaubs
ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Praktikumsverhältnis anzuwenden sind
§ 2 Abs. 1 Satz 3 NachwG gilt entsprechend (§ 2 Abs. 1a Satz 3 NachwG). Das heißt: Auch für die Niederschrift der wesentlichen Bedingungen eines Praktikantenvertrags ist die elektronische Form ausgeschlossen.
5. Aushändigung des Schriftstückes
Der Arbeitsnachweis muss dem Arbeitnehmer innerhalb der in § 2 Abs. 1 Satz 4 NachwG geregelten Fristen ausgehändigt werden. Das heißt: Dem Arbeitnehmer ist
die Niederschrift mit den Angaben nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 7 und 8 NachwGspätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung,
die Niederschrift mit den Angaben nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 6, Nr. 9 und Nr. 10 NachwGspätestens am siebten Kalendertag nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses und
die Niederschrift mit den übrigen Angaben nach § 2 Abs. 1 Satz 2 NachwGspätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen.
Eine Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen ist dem Arbeitnehmer spätestens an dem Tag, an dem sie wirksam wird, schriftlich mitzuteilen (§ 3 Satz 1 NachwG). Das gilt nach § 3 Satz 2 NachwG nicht bei einer Änderung der auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden
gesetzlichen Vorschriften,
Tarifverträge,
Dienst- oder Betriebsvereinbarungen sowie
Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchicher Arbeitgeber festlegen.
Bei Auslandstätigkeiten ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer spätestens vor der Abreise die Niederschrift auszuhändigen (§ 2 Abs. 2 und Abs. 3 NachwG mit weiteren Vorgaben).
Da der Arbeitsnachweis auch für den Arbeitgeber von Bedeutung sein kann, sollte er sich vom Arbeitnehmer auf der Niederschrift quittieren lassen, dass dieser mit den schriftlichen Niederlegungen einverstanden ist und diese bestätigt. Eine Kopie dieser Niederschrift sollte auf jeden Fall in die Personalakte aufgenommen werden.
Versäumnisse können dem Arbeitgeber teuer zu stehen kommen: § 4 Abs. 1 NachwG lässt ihn ordnungswidrig handeln, wenn er
entgegen § 2 Abs. 1 Satz 1 eine in § 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG genannte wesentliche Vertragsbedingung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig aushändigt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 NachwG)
entgegen § 2 Abs. 2 NachwG, auch in Verbindung mit § 2 Abs. 3 NachwG, eine dort genannte Niederschrift nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig aushändigt (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 NachwG) oder
entgegen § 3 Satz 1 NachwG eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig mach (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 NachwG).
Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 2.000,00 EUR geahndet werden (§ 4 Abs. 2 NachwG).
6. Beteiligung des Betriebsrats
Das NachwG sieht für den Betriebsrat keine besonderen Rechte oder Pflichten vor. Er kann allerdings im Rahmen seiner allgemeinen Überwachungspflicht nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein Auge darauf werfen, dass das Nachweisgesetz im Unternehmen durchgeführt wird.
Der Arbeitgeber ist jedoch nicht dazu verpflichtet, dem Betriebsrat Auskunft über den Inhalt des Vertrages zu geben (BAG, 18.10.1988 - 1 ABR 33/87). Ebenso hat der Betriebsrat keinen Anspruch auf Feststellung der Unwirksamkeit von Vertragsklauseln (BAG, 10.06.1986 - 1 ABR 59/84). Er kann aber gem. § 80 Abs. 2 BetrVG verlangen, dass der Arbeitgeber ihn unterrichtet.
Ein eigenes Recht auf Durchführung des Nachweisgesetzes kann nur allein der einzelne Arbeitnehmer - nicht jedoch der Betriebsrat - gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Der Betriebsrat hat ohne besondere Anhaltspunkte keinen Anspruch auf Vorlage ausgefüllter Arbeitsverträge, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat bekannte Formulare benutzt (BAG, 19.10.1999 - 1 ABR 75/98). Auch § 99 BetrVG gibt dem Betriebsrat kein Instrument zur umfassenden Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen an die Hand (BAG, 27.10.2010 - 7 ABR 86/09).
7. Bestehende Arbeitsverhältnisse
Bestand das Arbeitsverhältnis bereits am Tag der Erstverkündung des NachwG (20.07.1995), war der Arbeitgeber nicht verpflichtet, von sich aus dem Arbeitnehmer eine entsprechende Niederschrift auszuhändigen. Wohl aber konnte der Arbeitnehmer von ihm eine Niederschrift verlangen, wenn die entsprechenden Bestimmungen nicht schon in einem schriftlichen Arbeitsvertrag enthalten waren.
Für die Neureglung ab dem 01.08.2022 gilt: Hat das Arbeitsverhältnis bereits vor diesem Tag bestanden. so ist dem Arbeitnehmer
auf sein Verlangen
spätestens am siebten Tag
nach Zugang der Aufforderung beim Arbeitgeber
die Niederschrift mit den Angaben nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 10 NachwG auszuhändigen (§ 5 Satz1 Halbs. 1 NachwG).
Die Niederschrift mit den übrigen Angaben nach § 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG ist dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat nach Zugang der Aufforderung auszuhändigen (§ 5 Satz 1 Halbs. 2 NachwG).
Die Verpflichtungen nach § 5 Satz 1 NachwG entfallen, wenn eine früher ausgestellte Niederschrift oder ein schriftlicher Arbeitsvertrag die nach dem NachwG erforderlichen Angaben enthält (§ 5 Satz 2 NachwG).
8. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einige der interessantesten Entscheidungen zum Thema Arbeitsnachweis in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet vorgestellt:
8.1 Ausschlussfrist
Der Arbeitgeber braucht nach (§ 2 Abs. 4 NachwG) keinen Arbeitsnachweis auszuhändigen, wenn er seinem Mitarbeiter einen schriftlichen Arbeitsvertrag gibt, der die vom NachwG verlangten Angaben enthält. Die Nachweisverpflichtung aus § 2 Abs. 1 NachwG besteht unabhängig von der Frage, ob der Arbeitgeber zur Aushändigung eines schriftlichen Arbeitsvertrages verpflichtet ist. Zwar muss eine tarifliche Ausschlussfrist nicht gesondert in den Arbeitsnachweis aufgenommen werden, der Arbeitnehmer hat allerdings einen Schadensersatzanspruch in Höhe des verfallenen Entgelts, wenn der in allgemeiner Form gehaltene Hinweis auf die anzuwendenden Tarifverträge nach § 2 Abs. 1 NachwG unterbleibt (BAG, 05.11.2003 - 5 AZR 676/02 - mit Hinweisen zum Mitverschulden des Prozessbevollmächtigten).
8.2 Beweislastumkehr
Sieht der Arbeitsvertrag eine Altersgenze vor, trägt der Arbeitnehmer die Beweislast für seine Behauptung, die Parteien hätten - abweichend von der im schriftlich Vertragstext fixierten - Vereinbarung gar keine Altersgrenzenregelung treffen wollen. Gegenteiliges i. S. einer Beweislastumkehr ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 NachwG. Selbst wenn der Arbeitnehmer - nach seiner Behauptung - kein Exemplar des schriftlichen Arbeitsvertrags bekommen hat, heißt das nicht, dass der Arbeitgeber nun darlegungs- und beweispflichtig für die Tatsache wäre, dass der Arbeitgeber-Geschäftsführer ihm eine unbefristete Beschäftigung zugesichert hat. Zwar trägt der Arbeitgeber nach den rechtlichen Vorgaben die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine Befristungsvereinbarung vorliegt. Darum geht es im Fall einer abweichenden Vereinbarung jedoch gerade nicht. Hier ist der Arbeitnehmer für das Vorliegen der von ihm behaupteten anderslautenden Individualvereinbarung beweisbelastet (BAG, 25.10.2017 - 7 AZR 632/15).
8.3 Bezugnahmeklausel
Klauseln im Arbeitsvertrag, die dynamisch auf einschlägige Tarifverträge Bezug nehmen, sind keine überraschenden Klauseln i. S. des § 305c Abs. 1 BGB. Sie verletzen auch das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht. "Verweisungen auf einschlägige Tarifverträge sind im Arbeitsleben als Gestaltungsinstrument so verbreitet, dass ihre Aufnahme in Formularverträge nicht i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB überraschend ist" (s. dazu BAG, 23.07.2014 - 7 AZR 771/12 und BAG, 24.09.2008 - 6 AZR 76/07). Bezugnahmeklauseln dieser Art entsprechen einer im Arbeitsleben üblichen Regelungstechnik. Sie dienen zukunftsgerichtet den Interessen beider Vertragsparteien. Insoweit genügt nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG auch der bloße allgemeine Hinweis auf Tarifverträge (s. dazu BAG, 18.03.2015 - 7 AZR 272/13 und BAG, 24.09.2008 - 6 AZR 76/07).
8.4 Leiharbeitsverhältnis
§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG verpflichtet Arbeitgeber, in die Niederschrift nach § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG einen "in allgemeiner Form" gehaltenen "Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind", aufzunehmen. Nun ist es in der Leiharbeitsbranche so, dass Arbeitnehmer zwar vom Verleiher eingestellt, aber in vielen unterschiedlichen Betrieben mit unterschiedlichen Regelungen eingesetzt werden. Dazu meint das BAG: "Nach § 2 Abs. 1 NachwG sind dem Leiharbeitnehmer allein die Vertragsbedingungen als die in seinem Vertragsverhältnis zum Verleiher geltenden Bedingungen nachzuweisen. Eine Pflicht des Verleihers, die wesentlichen Arbeitsbedingungen des Entleiherbetriebs nachzuweisen, ist auch im AÜG nicht normiert" (BAG, 25.03.2015 - 5 AZR 368/13 - Leitsatz).
8.5 Nachweis vs. Arbeitsververtrag
Der vereinfachte Fall: Während der NachwG-Nachweis von Arbeitnehmerin N X-Stadt als Arbeitsort mit Versetzungsvorbehalt nannte, fehlte in ihrem Arbeitsvertrag die Festlegung eines Arbeitsortes. Arbeitgeber G führte dann in der Folgezeit ein neues Standortkonzept durch und versetzte N an einen 25 km von X-Stadt entfernten Standort. Das wollte N nicht hinnehmen und klagte gegen ihre Versetzung - ohne Erfolg. Die Angabe des Arbeitsortes mit Versetzungsvorbehalt im NachwG-Nachweis ist keine vertragliche Festlegung. Der Arbeitgeber wird dadurch nicht gehindert, dem Arbeitnehmer via Direktionsrecht einen neuen Arbeitsort zuzuweisen (ArbG Erfurt, 08.06.2022 - 4 Ca 1602/21 - mit der weiteren Feststellung, dass N hier sogar die Pendelzeiten - billiges Ermessen - zumutbar waren).
8.6 Schadensersatzanspruch - 1
"Ist das Arbeitseinkommen des Arbeitnehmers gepfändet und einem Gläubiger zur Einziehung überwiesen, erfasst der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auch einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber, wenn dieser seine Nachweispflicht verletzt hat, Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers deshalb aufgrund tariflicher Ausschlussfrist verfallen sind und der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Schadensersatz in Höhe der verfallenen Vergütungsansprüche zu leisten hat" (BAG, 06.05.2009 - 10 AZR 834/08 - Leitsatz).
8.7 Schadensersatzanspruch - 2
Die Verletzung einer Nachweispflicht gemäß § 3 Satz 1 NachwG (Änderung der Angaben) ist grundsätzlich dazu geeignet, einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Gerichtet ist dieser Schadensersatzanspruch gemäß § 249 BGB auf Naturalrestitution - wobei von einem Kausalverlauf ausgegangen wird, "der sich ergeben hätte, wenn der Arbeitgeber seine Nachweispflicht erfüllt hätte" (s. dazu BAG, 21.02.2012 - 9 AZR 486/10). "Dabei unterstellt die Rechtsprechung zugunsten des Arbeitnehmers ein aufklärungsgemäßes interessengerechtes Verhalten. Diese Vermutung ist zB bei dem - unterlassenen - Nachweis des Bestehens einer Verfallfrist von Bedeutung. Allerdings entbindet diese Beweiserleichterung den Arbeitnehmer nicht von der Verpflichtung, eine Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden darzulegen" (BAG, 20.06.2018 - 4 AZR 235/15 - mit Hinweis auf BAG, 20.04.2011 - 5 AZR 171/10).
8.8 Scheingeschäft
Das Allgemeine Zivilrecht sieht in § 117 Abs. 1 BGB vor, dass eine Willenserklärung nichtig ist, wenn sie im Einverständnis mit dem Vertragspartner bloß zum Schein abgegeben wird. So ein Fall liegt vor, wenn die Vertragspartner einverständlich den bloßen Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, inhaltlich aber die damit verbundenen Rechtsfolgen gar nicht wollen (s. dazu BGH, 25.11.2008 – XI ZR 413/07 – u. BAG, 18.03.2009 – 5 AZR 355/08). Den Vertragsschließenden fehlt dann ganz einfach der für ein gültiges Rechtsgeschäft erforderliche Geschäftswille (dazu: BGH, 18.01.2018 – I ZR 150/15 u. BAG, 15.11.2018 – 6 AZR 522/17). Bei einem Arbeitsvertrag lässt sich ein Scheingeschäft bejahen, wenn der "Arbeitnehmer" überhaupt nicht für den "Arbeitgeber" arbeiten und trotzdem für diese Nichtarbeit – also ohne Gegenleistung – "Arbeitsentgelt" bekommen soll (BAG, 14.10.2020 – 5 AZR 409/19 – in einem Fall, in dem ein Ehepartner den anderen als "Berater" eingestellt hatte und das vereinbarte Entgelt nicht als Gegenleistung für die Leistung von Arbeit gezahlt wurde).
8.9 Stellenausschreibung
Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes erfüllt seine Pflichten aus § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 u. 6 NachwG regelmäßig durch eine Arbeitsplatz- oder Stellenbeschreibung. Dieser Nachweis kann auch in einer Stellenausschreibung enthalten sein. In diesem Fall besteht keine Verpflichtung des öD-Arbeitgebers, den Nachweis durch Angabe der Vergütungs- und Fallgruppe zu führen (BAG, 08.06.2005 - 4 AZR 406/04).
Siehe auch