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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Tit. 3.1 RdSchr. 02k, Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit
Tit. 3.1 RdSchr. 02k
Gemeinsames Rundschreiben betr. ProstG; hier: Versicherungs-, beitrags- und melderechtliche Auswirkungen
Tit. 3 – Versicherungs-, Beitrags- und Melderecht bei beschäftigten Prostituierten
Tit. 3.1 RdSchr. 02k – Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit
(1) Der Beschäftigungsbegriff ist nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit zu beurteilen, die insoweit in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ihren Niederschlag gefunden haben. Typische Merkmale einer Beschäftigung sind hiernach die Weisungsgebundenheit der Erwerbsperson und ihre betriebliche Eingliederung.
(2) Das Beschäftigungsverhältnis unterscheidet sich vom Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers oder Werkvertragnehmers durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit bei der Erbringung der Leistung. Arbeitnehmer ist, wer weisungsgebunden vertraglich geschuldete Leistungen im Rahmen einer von seinem Vertragspartner bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Der hinreichende Grad persönlicher Abhängigkeit zeigt sich nicht nur daran, dass der Beschäftigte einem Direktionsrecht seines Vertragspartners unterliegt, welches Art, Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer, Ort oder sonstige Modalitäten der zu erbringenden Arbeitsleistung betreffen kann, sondern kann sich auch aus einer detaillierten und den Freiraum für die Erbringung der geschuldeten Leistung stark einschränkenden rechtlichen Vertragsgestaltung oder tatsächlichen Vertragsdurchführung ergeben.
(3) Der Grad der persönlichen Abhängigkeit wird auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit bestimmt. Insoweit lassen sich abstrakte, für alle Beschäftigungsverhältnisse geltende Kriterien nicht aufstellen. Manche Tätigkeiten können sowohl im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses als auch im Rahmen freier Dienst- oder Werkverträge erbracht werden, andere regelmäßig nur im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses. Aus Art und Organisation der Tätigkeit kann auf das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses zu schließen sein. Dabei sind für die Abgrenzung in erster Linie die tatsächlichen Umstände der Leistungserbringung von Bedeutung, nicht aber die Bezeichnung, die die Parteien ihrem Rechtsverhältnis gegeben haben oder gar die von ihnen gewünschte Rechtsfolge. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Dieser wiederum folgt aus den getroffenen Vereinbarungen und der tatsächlichen Durchführung des Vertrages. Ausschlaggebend sind dabei die tatsächlichen Verhältnisse.
(4) Mit dem ProstG werden die Abgrenzungskriterien für den Personenkreis der Prostituierten relativiert, indem gesetzlich festgelegt wird, dass das eingeschränkte Weisungsrecht des Arbeitgebers von Prostituierten der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses nicht entgegensteht. Nach der Gesetzesbegründung bestehen seitens des Arbeitgebers gegenüber Prostituierten keine Ansprüche auf Vornahme sexueller Handlungen bzw. Ansprüche wegen "Schlechtleistung". Den Prostituierten obliegt somit die freie Auswahl der Kunden und die Bestimmung, welche Art von sexuellen Dienstleistungen sie erbringen. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers (z. B. eines Bordellbetreibers) beschränkt sich also auf die Bestimmung von Ort und Zeit der Arbeitsleistung. Daraus folgt, dass für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses von Prostituierten eine Vereinbarung ausreicht, sich gegen ein vorher vereinbartes Arbeitsentgelt an einem vorgegebenen Ort für eine bestimmte Zeitdauer zur Verfügung zu halten, das Arbeitsentgelt also grds. unabhängig von der tatsächlichen Erbringung der sexuellen Handlung gewährt wird. Die Vereinbarung einer Grundvergütung zuzüglich eines flexiblen Vergütungsanteils in Abhängigkeit konkret erbrachter sexueller Einzelleistungen (z. B. bei Mischtätigkeiten als Bardame und Prostituierte) steht der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses nicht entgegen.
(5) Eine abhängige Beschäftigung wird demnach schon dann ausgeübt, wenn sie durch ein insoweit eingeschränktes Direktionsrecht des Arbeitgebers bei einem Höchstmaß an Eigenverantwortung der Prostituierten und eine gewisse Eingliederung in den Betrieb gekennzeichnet ist (BT-Drucks. 14/5958).
(6) In objektiven Zweifelsfällen besteht nach § 7 a SGB IV die Möglichkeit, bei der [jetzt] Deutschen Rentenversicherung Bund die Feststellung des Status von Prostituierten zu beantragen. Hierbei ist nicht erforderlich, dass sich die Vertragspartner über ein Antragsverfahren einig sind. Die Statusklärung kann auch lediglich von einem Vertragspartner beantragt werden.