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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Vertragsstrafe - Rechtsgrundlagen
Vertragsstrafe - Rechtsgrundlagen
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Der Gläubiger kann bestimmte Verhaltensweisen des Schuldners über selbstständige oder unselbstständige Strafversprechen absichern. Die erste Variante stützt keine Hauptverbindlichkeit, sondern ist ein eigenständiges Versprechen. Das zweite Modell setzt eine Hauptverbindlichkeit voraus, deren Nichteinhaltung die vereinbarte Vertragsstrafe auslösen soll. Ein unselbstständiges Strafversprechen ist akzessorisch - das heißt: ist die Hauptverbindlichkeit unwirksam, ist es die vereinbarte Vertragsstrafe auch. Eine Vertragsstrafe kann keine unwirksame Hauptverbindlichkeit sichern.
Praxistipp:
Selbstständige Strafversprechen sind im Arbeitsrecht die Ausnahme. Unselbstständige Strafversprechen stellen den Regelfall dar. Dabei kommt noch längst nicht jede Verpflichtung als schützenswerte Hauptverbindlichkeit in Betracht. Ansatzpunkt ist vor allem die Sicherung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber lässt sich für den Fall eine Vertragsstrafe versprechen, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit erst gar nicht aufnimmt oder dass er die aufgenommene Arbeit vorzeitig ohne Einhalten der maßgeblichen Kündigungsfrist wieder aufgibt.
Die zivilrechtlichen Grundlagen für Vertragsstrafenversprechen sind die §§ 339 ff. BGB. Vertragsstrafen sind keine Selbstverständlichkeit. Sie müssen von den Vertragspartnern vereinbart werden. Verwirkt ist die Vertragsstrafe, wenn der Arbeitnehmer die gesicherte Hauptverbindlichkeit nicht erfüllt hat. In einigen Fällen lässt sich ein Strafversprechen auch für den Umstand vereinbaren, dass die Hauptverbindlichkeit nicht gehörig erfüllt wird. Seit der Schuldrechtsreform sind vorformulierte Vertragsstrafenklauseln - vor allem, wenn sie in einem Formulararbeitsvertrag untergebracht sind, Allgemeine Geschäftsbedingen. Und als Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen sie der AGB-Kontrolle des BGB (s. dazu das Stichwort Vertragsstrafe - AGB-Kontrolle).
2. Selbstständiges Strafversprechen
Ein selbstständiges Strafversprechen ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Vertragsstrafe für den Fall versprochen wird, dass jemand
eine Handlung vornimmt oder
eine Handlung unterlässt.
Bei einem selbstständigen Strafversprechen gibt es keine zu sichernde Hauptverbindlichkeit.
Beispiel:
Der Verlag Bucks & Mohr ist auf der Suche nach einem neuen Redakteur. Während einer Fortbildungsveranstaltung kommt der Geschäftsführer des Verlags mit Redakteurin Bess R. Wisser in Kontakt. Man ist sich sympathisch, Bess ist auch grundsätzlich wechselbereit, hat aber noch - salopp gesprochen - einige andere Eisen im Feuer. Der Geschäftsführer des Bucks & Mohr-Verlags lässt sich von Bess am Stehtisch eine Erklärung mit folgenden Inhalt unterzeichnen: "Ich verpflichte mich, spätestens zum 01.10. mit dem Verlag Bucks & Mohr einen Arbeitvertrag über eine Tätigkeit als Redakteur zu schließen. Für den Fall, dass ich das nicht tue, werde ich an den Bucks & Mohr-Verlag eine Strafe von 4.000 EUR zahlen." Hier fehlt die Hauptverbindlichkeit: der Arbeitsvertrag - er soll ja erst noch geschlossen werden.
Selbstständige Strafversprechen sind im Arbeitsrecht selten. Ein selbstständiges Strafversprechen kann zum Beispiel angenommen werden, wenn sich der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet, sein Arbeitsverhältnis trotz arbeitsvertraglich vereinbarter Kündigungsfrist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht zu kündigen. Wobei hier möglicherweise schon eine unzulässige Kündigungsbeschränkung vorliegt...
3. Unselbstständiges Strafversprechen
Das eigentliche "echte" Strafversprechen ist das so genannte unselbstständige Strafversprechen. Seine Wirksamkeit hängt von einer Hauptverbindlichkeit ab (= Akzessorietät der Vertragsstrafe). Hauptverbindlichkeit ist der Arbeitsvertrag.
Beispiel:
Der Geschäftsführer des Bucks & Mohr-Verlags ist auch noch auf der Suche nach einem kreativen Layouter. Er knüpft Kontakte zu Paul Penther, der bei einem Konkurrenzverlag beschäftigt ist. Paul verlangt zur eigenen Sicherheit schon mal einen unterzeichneten Arbeitsvertrag. Sein zukünftiger neuer Arbeitgeber möchte sicher gehen, dass Paul seine neue Stelle auch antritt. Der Arbeitsvertrag enthält daher einen Ausschluss der Kündigung vor Vertragsbeginn und ein Vertragsstrafenversprechen für den Fall, dass Paul seine Arbeit nicht vertragsgemäß am vereinbarten Termin aufnimmt.
Im Unterschied zum selbstständigen Strafversprechen aus dem Beispielfall der Ziffer 2. ist das Strafversprechen hier an den Arbeitsvertrag geknüpft. Es soll den schon geschlossenen Arbeitsvertrag sichern und ist von seinem Bestand abhängig. Ohne die Hauptverbindlichkeit Arbeitsvertrag ist das Strafversprechen allein wirkungslos. Es ist unselbstständig.
Vertragsstrafen haben oft Ähnlichkeit mit einer vertraglich vereinbarten Schadenspauschalierung. Schadenspauschalierungen sollen dem Verwender vorrangig helfen, ohne ausdrücklichen Schadensbeweis zu einer Strafzahlung beziehungsweise zu Schadensersatz zu kommen. Bei der Vertragsstrafe steht die Sicherung der Vertragspflichten aus dem zu Grunde liegenden Vertrag im Vordergrund. Sie soll gewissermaßen als Druckmittel dienen, das den Vertragspartner anhält, seine Pflichten aus dem Vertrag ordnungsgemäß zu erfüllen. Sie ist auf zukünftiges Verhalten gerichtet.
Das unselbstständige Strafversprechen ist in den §§ 339 ff. BGB geregelt.
4. Zivilrechtliche Grundlagen
Die BGB-Regelungen zum Arbeitsvertragsrecht - die §§ 611 ff. BGB - sehen für Arbeitsverträge keine ausdrückliche Vertragsstrafenregelung vor. Das heißt nicht, dass sie in einem Arbeitsvertrag unzulässig wäre. Hier ist zunächst auf die allgemeinen Bestimmungen des Vertragsrechts - §§ 145 ff. BGB - und dann auf die besonderen Regelungen der Vertragsstrafe in den §§ 339 ff. BGB zurückzugreifen:
4.1 Vereinbarung
Eine Vertragsstrafe setzt zunächst eine Vereinbarung voraus. Diese Vereinbarung müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer treffen. Sie müssen sich darüber einig sein, dass der Arbeitnehmer für bestimmte Vertragsverletzungen eine Strafe zahlen soll. Das Strafversprechen kann
durch einen individuellen Arbeitsvertrag,
durch einen Formulararbeitsvertrag oder
durch eine besonderen Zusatzvereinbarung außerhalb des Arbeitsvertrags
begründet werden.
Praxistipp:
In einem laufenden Arbeitsverhältnis ist es bei einem bereits in Vollzug gesetzten Arbeitsvertrag schwierig, einen Arbeitnehmer noch dazu zu bringen, ein gesondertes Vertragsstrafenversprechen zu unterschreiben. Warum sollte er das auch tun? Er hat keinen Vorteil davon. Deswegen ist es sinnvoll, die Vertragsstrafenabsprache - wenn gewünscht - gleich von Anfang an im Arbeitsvertrag unterzubringen.
Für den Vertragsschluss gelten die allgemeinen BGB-Bestimmungen über den Vertrag in den §§ 145 ff. BGB.
Wichtig: In einem Berufsausbildungsvertrag kann keine Vertragsstrafe vereinbart werden. § 12 Abs. 2 Nr. 2 BBiG schließt das ausdrücklich aus. Und von dieser Bestimmung darf nicht zu Ungunsten von Auszubildenden abgewichen werden, § 25 BBiG.
4.2 Verwirkung der Vertragsstrafe
Hat der Schuldner Arbeitnehmer dem Gläubiger Arbeitgeber für den Fall, dass er seine Verbindlichkeit
nicht oder
nicht in gehöriger Weise
erfüllt, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe versprochen, so ist die Strafe verwirkt, wenn er in Verzug kommt (§ 339 Satz 1 BGB).
Beispiele:
- (1)
Paul Penther hat dem Bucks & Mohr-Verlag im Beispiel der Ziffer 4.1. für den Fall, dass er seine Arbeit nicht pünktlich aufnimmt, eine Vertragsstrafe versprochen. Unterstellt, Pauls Arbeitsantritt sollte am 01.02. sein, ist das der Tag, auf den es ankommt. Nimmt Paul seine Arbeit am 01.02. nicht auf, ist die Vertragsstrafe verwirkt. Dann ist Paul im Sinn des § 339 Satz 1 BGB "in Verzug" gekommen.
- (2)
Johannes Walker ist beim Verlag Bucks & Mohr als Lagerist beschäftigt. Zu seinen arbeitsvertraglichen Pflichten gehört die fortlaufende Bestandserfassung und -kontrolle. Fehlbestände soll Johannes, von seinen Kollegen scherzhaft "Johnny" genannt, sofort melden. Vertraglich hat er eine Haftung für etwaige Fehlbestände übernommen und bekommt dafür eine monatliche Prämie. Verstöße gegen die Kontroll- und Meldepflichten sind mit einer Vertragsstrafe belegt. Johannes hat ein Alkoholproblem und arbeitet zunehmend nachlässiger. Im Februar kontrolliert er die Bestände nicht. Erst bei einer vom Geschäftsführer angeordneten Inventur fällt ein beachtlicher Fehlbestand auf. Die Vertragsstrafe ist hier mit dem Unterlassen der geschuldeten Tätigkeiten verwirkt.
Die Vertragsstrafe ist ein vom Gesetzgeber zur Verfügung gestelltes besonderes Rechtsinstitut des Bürgerlichen Rechts für Schuldverhältnisse. Der Arbeitsvertrag ist so ein Schuldverhältnis und deswegen kann eine Vertragsstrafe auch in Arbeitsverträgen vereinbart werden (BAG, 04.03.2004 - 8 AZR 344/03).
Besteht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen, so tritt die Verwirkung mit der Zuwiderhandlung ein, § 339 Satz 2 BGB. Verzug im Sinn des § 339 BGB setzt schuldhaftes Verhalten voraus - wobei schon einfache Fahrlässigkeit genügt. Auch das Zuwiderhandeln gegen eine Unterlassungsverpflichtung verlangt, dass der Schuldner Arbeitnehmer sein Zuwiderhandeln zu vertreten hat. Bestreitet der Schuldner, dass er die Vertragsstrafe verwirkt hat, weil er seine Verbindlichkeit erfüllt haben will, muss er die Erfüllung beweisen - es sei denn, die geschuldete Leistung besteht in einem Unterlassen (§ 345 BGB).
4.3 Strafversprechen bei Nicht- oder nicht gehöriger Erfüllung
Hat der Schuldner Arbeitnehmer die Vertragsstrafe für den Fall versprochen, dass er seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, kann der Gläubiger Arbeitgeber die verwirkte Strafe statt der Erfüllung verlangen, § 340 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Beispiel:
Paul Penther aus dem vorausgehenden Beispiel hat die vereinbarte Vertragsstrafe in dem Zeitpunkt verwirkt, als er seine Arbeit nicht aufgenommen hat. Der Bucks & Mohr-Verlag hat nun zwei Möglichkeiten: Er kann den Paul zum einen auffordern, den Vertrag zu erfüllen und die versprochene Arbeit zu leisten. Zum anderen kann er die Vertragsstrafe einfordern. Beides zusammen geht nicht. Entweder Erfüllung oder Vertragsstrafe. Der Arbeitgeber muss sich entscheiden.
Erklärt der Gläubiger Arbeitgeber dem Schuldner Arbeitnehmer, dass er die Strafe verlange, ist damit sein Erfüllungsanspruch ausgeschlossen, § 340 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Beispiel:
Der Geschäftsführer des Bucks & Mohr-Verlags entscheidet sich, von Paul die Vertragsstrafe einzufordern. Damit hat er sich festgelegt. Der Erfüllungsanspruch ist nun ausgeschlossen - rechtlich. Tatsächlich kann Paul Penther seine Arbeit immer noch aufnehmen - und muss sich dann mit seinem Arbeitgeber über die eigentlich zu zahlende Vertragsstrafe verständigen.
Praxistipp:
Ob es sinnvoll ist, nach einem missglückten Start noch ein Arbeitsverhältnis zu wagen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. In der Regel haben beide Parteien - Arbeitgeber und Arbeitnehmer - keine vernünftige Basis mehr für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Auf der anderen Seite ist nichts unmöglich...
Hat der Arbeitgeber gegen den Mitarbeiter auch einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, kann er die verwirkte Vertragsstrafe als Mindestbetrag des Schadens verlangen, § 340 Abs. 2 Satz 1 BGB. Dabei ist die Geltendmachung eines weiteren Schadens nicht ausgeschlossen, § 340 Abs. 2 Satz 2 BGB.
Beispiel:
Der Verlag Bucks & Mohr muss wegen Pauls Verhalten kurzfristig einen neuen Layouter suchen. Dadurch entstehen ihm Mehrkosten von 3.000 EUR. Zudem muss er einem Kunden eine Vertragsstrafe von 5.000 EUR zahlen, weil er dessen Produkt nicht rechtzeitig fertig stellen konnte. Schließlich fallen auch noch erhebliche Ausgaben für Mehrarbeit an. Haben Paul und der Bucks & Mohr-Verlag eine Vertragsstrafe von 3.000 EUR für den Nichtantritt der Stelle vereinbart, kann der Verlag diese 3.000 EUR mindestens von Paul verlangen. Über § 340 Abs. 2 Satz 2 BGB kann der Verlag versuchen, seine weiteren Schäden ersetzt zu bekommen.
Praxistipp:
Eine wirksam vereinbarte Vertragsstrafe kann mit dem vereinbarten Betrag durchgesetzt werden. Macht der Arbeitgeber Schadensersatzansprüche geltend, muss er sich ersparte Aufrechnungen entgegenhalten lassen. Zu den ersparten Aufwendungen gehört mindestens das Entgelt, dass für den jeweils maßgeblichen Zeitraum nicht mehr an den vertragsbrüchig gewordenen Arbeitnehmer zu zahlen ist. Des Weiteren ist nur der so genannte Verfrühungsschaden zu ersetzen. Vermögensnachteile, die auch dann entstanden wären, wenn der Arbeitnehmer sich nicht vertragswidrig verhalten hätte, sind nicht ersatzfähig.
Hat der Schuldner Arbeitnehmer die Vertragsstrafe für den Fall versprochen, dass er seine Verpflichtung nicht in der gehörigen Weise, insbesondere nicht in der bestimmten Zeit, erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe neben der Erfüllung verlangen, § 341 Abs. 1 BGB. Hier gilt nicht der Entweder-oder-Grundsatz, sondern das Sowohl-als-auch-Prinzip.
4.4 Wirksamkeit der Vertragsstrafenvereinbarung
Wird die Vertragsstrafenvereinbarung in einem Formulararbeitsvertrag getroffen, unterliegt sie den AGB-Bestimmungen des BGB (s. dazu das Stichwort Vertragsstrafe - AGB-Kontrolle).
Da die Vertragsstrafe an eine Hauptverbindlichkeit geknüpft ist, darf diese Hauptverbindlichkeit nicht unwirksam oder nichtig sein.
Beispiele:
- (1)
Die Baufirma A. & C. Mendt GmbH sucht für ein größeres Bauvorhaben "freie Mitarbeiter". Allen Beteiligten ist vor Vertragsschluss klar, dass weder Steuern noch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden und es auch keine Anmeldung geben wird. Die Bezahlung soll aus einer Schwarzgeldkasse fließen. Damit es am 01.06. pünktlich losgehen kann, vereinbart die A. & C. Mendt GmbH mit ihren "Freien" auch noch eine Vertragsstrafe von 4.000 EUR für den Fall, dass die Arbeit nicht rechtzeitig aufgenommen wird. Sie wird es allerdings schwer haben, diese 4.000 EUR durchzusetzen - die Hauptverbindlichkeit ist als Schwarzarbeitsabrede nichtig.
- (2)
Das D. Mendt Pflegebüro will mit einigen Pflegekräften befristete Arbeitsverträge schließen. In den Einstellungsgesprächen wird auf die Befristung hingewiesen. Die ausgehändigten Formulararbeitsverträge sind dann allerdings auf unbefristete Arbeitsverhältnisse mit 4-wöchiger Kündigungsfrist zugeschnitten: Eine schriftliche Befristungsabrede ist nirgendwo hinterlegt - dafür aber eine Vertragsstrafenklausel für den Fall des Vertragsbruchs. Pflegekraft Lars Vallen kündigt "fristgemäß" am 03.05. zum 31.05. D. Mendt hält das für einen Vertragsbruch und fordert Lars auf, die vereinbarte Vertragsstrafe zu zahlen. Zu Unrecht - die Befristungsvereinbarung ist unwirksam, Lars kann das Arbeitsverhältnis jederzeit mit der im Formulararbeitsvertrag hinterlegten Kündigungsfrist von vier Wochen zum Monatsende kündigen. Die Hauptverbindlichkeit "befristeter Arbeitsvertrag" existiert nicht.
§ 344 BGB sagt zudem:
"Erklärt das Gesetz das Versprechen einer Leistung für unwirksam, so ist auch die für den Fall der Nichterfüllung des Versprechens getroffene Vereinbarung einer Strafe unwirksam, selbst wenn die Parteien die Unwirksamkeit des Versprechens gekannt haben."
Für den Normalfall - rechtmäßige fristgemäße Kündigung - kann ohnehin keine wirksame Vertragsstrafe vereinbart werden.
5. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einige der interessantesten Entscheidungen zum Thema Rechtsgrundlagen von Vertragsstrafen in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet hinterlegt:
5.1 Altfälle
Für Vertragsstrafeklauseln in Formulararbeitsverträgen aus der Zeit vor dem 01.01.2002 sind ab dem 01.01.2003 (Art. 229 § 5 EGBGB) die §§ 305 ff. BGB mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Besonderheiten des Arbeitsrechts angemessen zu berücksichtigen sind (§ 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB). Über § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Das ist bei einer Regelung der Fall, mit der eine Vertragsstrafe in der Weise vereinbart wird, dass für gravierende Verstöße - etwa gegen ein Wettbewerbsverbot - in jedem Einzelfall eine Vertragsstrafe von einem bis zu drei Monatsgehälter gezahlt werden soll (BAG, 18.08.2005 - 8 AZR 65/05).
5.2 Auslegungshilfe
Sieht ein Anstellungsvertrag bei Vorliegen gewisser Umstände die Zahlung einer "Ablösungsentschädigung" vor, muss ermittelt werden, was damit gemeint ist: ein pauschalierter Schadensersatzanspruch oder ein Vertragsstrafeversprechen. Beide knüpfen an ein rechtswidriges oder pflichtwidriges Verhalten des Schuldners an. Dabei ist die Vertragsstrafe eine "meist in Geld bestehende Leistung", die der Schuldner für den Fall zusagt, dass er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in der gehörigen Weise erfüllt. Eine "Ablösungsentschädigung", die kein rechtswidriges oder pflichtwidriges Verhalten voraussetzt, ist weder ein pauschalierter Schadensersatzanspruch noch ein Vertragsstrafeversprechen (BAG, 27.07.2010 - 3 AZR 777/08).
5.3 Kündigung
Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Vertragsstrafenklausel, "Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die gesetzlichen Kündigungsfristen einzuhalten. Für den Fall der Verletzung der gesetzlichen Kündigungsfristen wird eine Vertragsstrafe vereinbart. Die Höhe der Vertragsstrafe entspricht dem Lohnanspruch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, höchstens jedoch in Höhe eines Bruttomonatslohnes", führt das nicht zu einer Vertragsstrafe, wenn der Arbeitnehmer die Kündigungsfrist einhält, aber nicht mehr bis zum letzten Tag der Kündigungsfrist arbeitet. Hier liegt keine "Verletzung der gesetzlichen Kündigungsfristen" im Sinn der Vertragsstrafenabrede vor (BAG, 22.10.2009 - 8 AZR 865/08).
5.4 Kündigungsfristen
"Vertragsstrafen zur Sanktion bei vorzeitiger tatsächlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer, weil er die maßgebliche Kündigungsfrist oder den Kündigungstermin nicht einhält und entsprechend seine Arbeitsleistung nicht mehr bis zum rechtlichen Vertragsende erbringt, sind ein üblicher Anwendungsfall von Vertragsstrafen. Mit einer solchen Bestimmung muss der Arbeitnehmer rechnen (...). Längere als in § 622 Abs. 1 BGB vorgesehene, für beide Vertragspartner gleiche Kündigungsfristen können durch Strafversprechen gesichert werden" (BAG, 28.05.2009 - 8 AZR 896/07).
5.5 Kündigung vor Arbeitsaufnahme
Das BAG sagt in ständiger Rechtsprechung, dass bei einer Kündigung vor Arbeitsaufnahme nicht davon auszugehen ist, "dass die Parteien grundsätzlich und im Zweifel ein Interesse an einer zumindest vorübergehenden Durchführung des Arbeitsvertrages haben und deshalb die Kündigungsfrist, wenn keine Anhaltspunkte für einen abweichenden Parteiwillen bestehen, erst mit Dienstantritt beginnen soll." Ein Arbeitsvertrag kann grundsätzlich unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist oder wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt, auch schon vor der Arbeitsaufnahme gekündigt werden. Es sei denn, die Parteien haben die vorzeitige Beendigung ausdrücklich ausgeschlossen oder der Ausschluss der Kündigung ergibt sich zweifelsfrei aus den Umständen - "etwa der Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall des Nichtantritts der Arbeit" (BAG, 09.02.2006 - 6 AZR 283/05).
5.6 Nichtigkeit
Ein Vertragsstrafeversprechen ist nicht allein deswegen unwirksam, weil damit die Einhaltung vertraglich vereinbarter Kündigungsfristen gesichert werden soll. Ein Vertragsstrafeversprechen ist aber nach § 134 BGBwegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig, wenn damit eine unwirksame Hauptverbindlichkeit gesichert oder der Mitarbeiter zur Einhaltung von nicht wirksam vereinbarten Kündigungsfristen angehalten werden soll. Auch wenn die Vertragspartner längere als die gesetzlichen Kündigungsfristen vereinbaren dürfen: nach § 622 Abs. 6 BGB müssen diese Fristen für beide Partner gelten (BAG, 25.09.2008 - 8 AZR 717/07).
5.7 Wettbewerbsverbot
Auch die Einhaltung eines vertraglichen Wettbewerbsverbots kann durch eine Vertragsstrafenabrede gesichert werden - so eine Regelung ist in Arbeitsverträgen nicht unüblich (BAG, 14.08.2007 - 8 AZR 973/06).
Siehe auch
Vertragsstrafe - AGB-Kontrolle
Vertragsstrafe - Mitbestimmmung
Vertragsstrafe - Regelungszweck
Vertragsstrafe - vermeidbare Fehler