Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Kündigung - verhaltensbedingt: besonderer Kündigungsschutz
Kündigung - verhaltensbedingt: besonderer Kündigungsschutz
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
Information
1. Allgemeines
Gleichgültig, ob die verhaltensbedingte Kündigung
erfolgen soll oder ob das Kündigungsschutzgesetz
anwendbar oder
nicht anwendbar
ist: Eine verhaltensbedingte Kündigung ist ausgeschlossen oder erschwert, wenn der so genannte besondere Kündigungsschutz greift.
Beispiele:
- (1)
Arbeitnehmerin N1 ist schwanger. Nach § 17 MuSchG besteht bei ihr ein grundsätzliches Kündigungsverbot. Fängt N1 nun an, Arbeitgeber A zu bestehlen, wird ihr das Kündigungsverbot aus § 17 MuSchG nicht viel nützen: Die für den Arbeitsschutz zuständige Stelle kann nämlich gemäß § 17 Abs. 2 MuSchG eine Kündigung in besonderen Fällen, die "nicht mit dem Zustand einer Frau während der Schwangerschaft (...) in Zusammenhang stehen", ausnahmsweise für zulässig erklären. A muss diese Erklärung aber beantragen und darf nicht ohne vorherige Zulässigkeitserklärung der Behörde kündigen.
- (2)
Arbeitnehmerin N2 ist schwerbehindert. Sie mobbt mehrere Arbeitskolleginnen und hört mit ihren Mobbingattacken selbst nach mehreren Abmahnungen nicht auf. Arbeitgeber A möchte N2 deswegen verhaltensbedingt kündigen. Da N2 schwerbehindert ist, hat sie den besonderen Kündigungsschutz nach den §§ 168 ff. SGB IX. A muss vor der Kündigung die Zustimmung des Integrationsamts beantragen. Das macht die Kündigung der N2 nicht unmöglich, verzögert allerdings die Trennung, weil das Zustimmungsverfahren durchaus einige Zeit dauern kann. Außerdem gilt seit dem 30.12.2016: "Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne eine Beteiligung [der Schwerbehindertenvertretung] nach ... [§ 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, ab dem 01.01.2018 § 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX neu] ausspricht, ist unwirksam."
Weitere Informationen zum Thema besonderer Kündigungsschutz sind im umfangreichen Katalog des Stichworts Kündigung - personenbedingt: besonderer Kündigungsschutz hinterlegt.
2. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einige der interessantesten Entscheidungen zum Thema besonderer Kündigungsschutz bei einer verhaltensbedingten Kündigung in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet vorgestellt:
2.1 Datenschutzbeauftragter
§ 4f Abs. 1 Satz 1 BDSG (= § 5 Abs. 1 BDSG n.F.) sieht vor: "Öffentliche und nicht-öffentliche Stellen, die personenbezogene Daten automatisiert verarbeiten, haben einen Beauftragten für den Datenschutz schriftlich zu bestellen." Das Gesetz lässt es durchaus zu, dass die Stelle mehrere Datenschutzbeauftragte bestellt, z. B. wie in diesem Fall einen stellvertretenden Datenschutzbeauftragten. Und das hat Auswirkungen auf den besonderen Kündigungsschutz dieser Mitarbeiter: "Beruft eine Stelle, die der Bestellpflicht nach § 4f Abs. 1 BDSG unterliegt, mehrere interne Datenschutzbeauftragte, können diese alle Sonderkündigungsschutz gemäß § 4f Abs. 3 Satz 5, 6 BDSG (= § 6 Abs. 4 Satz 2, 3 BDSG) erwerben" (BAG, 27.07.2017 - 2 AZR 812/16 - Leitsatz).
2.2 Elternzeit Nehmende
§ 18 Abs. 1 Satz 3 BEEG sagt, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit nicht kündigen darf. Dieser besondere Kündigungsschutz beginnt nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG ab dem Zeitpunkt, "von dem an Elternzeit verlangt worden ist". Da sich der Kündigungsschutz auf die Dauer der Elternzeit bezieht, muss er logischerweise enden, wenn die Elternzeit endet. Das heißt: "Die Elternzeit und damit das Kündigungsverbot während der Elternzeit enden, sobald eine der materiellen Voraussetzungen der Elternzeit gem. § 15 Abs. 1, 1a BEEG nachträglich wegfällt (z.B. wegen Wechsels der Betreuungsperson). Auf die Zustimmung der Arbeitgeberin kommt es nicht an. § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG ist nicht anwendbar" (LAG Baden-Württemberg, 17.09.2021 - 12 Sa 23/21 - Leitsätze).
2.3 Schwangere Arbeitnehmerin
Der Gesetzgeber sieht in § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG ein Kündigungsverbot für Frauen "1. während ihrer Schwangerschaft, 2. bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche und 3. bis zum Ende ihrer Schutzfrist nach der Entbindung, mindestens jedoch bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung" vor. So weit, so gut. Aber was ist in Fällen, in den der Arbeitsvertrag zwar geschlossen, aber noch nicht durch Arbeitsaufnahme in Vollzug gesetzt worden ist? Für diesen Fall meint das Bundesarbeitsgericht: "Das Kündigungsverbot gegenüber einer schwangeren Arbeitnehmerin gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG gilt auch für eine Kündigung vor der vereinbarten Tätigkeitsaufnahme" (BAG, 27.02.2020 – 2 AZR 498/19 – Leitsatz).