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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Stolpersteine - Minijobs
Stolpersteine - Minijobs
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
- 4.Grenze von 450 EUR
- 4.1
- 4.2
- 4.3
- 4.4
- 4.5
- 4.6
- 4.7
- 4.8
- 5.
- 6.
- 7.
- 8.
- 9.
- 10.
- 11.
- 12.
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- 17.
- 18.
Information
1. Allgemeines
Als Minijobs werden Dauerarbeitsverhältnisse bezeichnet, bei denen der monatliche Bruttoverdienst 450 EUR nicht übersteigt und die daher besonderen Regelungen im Sozialversicherungs- und Steuerrecht unterliegen (§§ 8 Abs. 1 Nr. 1, 8a SGB IV, § 40a Abs. 2 EStG). Der Beitrag informiert Sie insbesondere über die Besonderheiten, die für diesen Personenkreis hinsichtlich der Sozialversicherung zu beachten sind. Der Status des Mitarbeiters spielt für die Anwendung der Mini-Job-Regelungen grundsätzlich keine Rolle: Es kann sich z.B. um Hausfrauen und –männer, Schüler, Arbeitnehmer usw. handeln. Auch ein Probearbeitsverhältnis kann ein Minijob sein, wenn die Entgeltgrenze nicht überschritten wird. Die Anwendung der Regelungen für Minijobs scheidet aus, wenn kein Beschäftigungsverhältnis, sondern eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird (SG Detmold, 02.09.2015 – S 5 KR 286/12).
Keine Beschäftigung i.S.d. Regelungen für die Sozialversicherung liegt vor, wenn eine pflegebedürftige Person von ihren Familienangehörigen versorgt wird und der Pflegebedürftige zahlt dafür eine finanzielle Anerkennung. Handelt es sich bei der Pflegeperson nicht um einen Familienangehörigen, sondern z.B. um einen Nachbarn oder Freund, besteht ebenfalls kein Beschäftigungsverhältnis, wenn die finanzielle Anerkennung das Pflegegeld nicht übersteigt. Erhält die (nicht verwandte oder verschwägerte) Pflegeperson dagegen eine höhere Vergütung, kann eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt vorliegen und die Frage der Versicherungspflicht ist zu prüfen.
Die Zuordnung der Mitarbeiter zu diesem Personenkreis ist aber mit vielen Zweifelsfragen verbunden. Dabei birgt eine Fehleinschätzung für die Unternehmen erhebliche finanzielle Risiken. Arbeitsrechtlich gibt es für diese Arbeitnehmer keine Besonderheiten. So gelten z.B. das NachwG, das BEEG, das KSchG, die gesetzlichen und vertraglichen Kündigungsfristen sowie die Regelungen über den Arbeitsschutz, wie z.B. das MuSchG. Es gilt auch das EFZG, d.h. Minijobber haben wie jeder andere Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit oder einer medizinischen Reha-Maßnahme sowie auf Entgeltzahlung an Feiertagen. Der Minijobber hat auch einen Anspruch auf eine schriftliche Lohnabrechnung. Sie kann entfallen, wenn sich die Werte seit der letzten Abrechnung nicht verändert haben. Darüber hinaus gilt auch die Höchstgrenze für die wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden (vgl. § 3 ArbZG). Bei mehreren Arbeitsverhältnissen ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, die Einhaltung dieser Höchstgrenze zu überwachen. Die Minijobzentrale hält zum Arbeitsrecht die Broschüre "Arbeitsrecht für Minijobber - Gleiches Recht für alle" bereit.
Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien eine bestimmte Vergütung für "geringfügig entlohnte Beschäftigung", kann dies nicht automatisch als Nettolohnabrede verstanden werden. Denn bei dem Begriff der "geringfügigen Beschäftigung" handelt es sich nicht um einen arbeitsrechtlichen, sondern um einen durch das Sozialversicherungsrecht geprägten Begriff. Die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften sind gegen vertragliche Abreden geschützt. Aus den sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen Bestimmungen der geringfügigen Beschäftigung ergibt sich die von Gesetzes wegen vorgegebene beitrags- und abgabenrechtliche Behandlung des Arbeitsverdienstes, nicht jedoch der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien, die Vergütung losgelöst von diesen gesetzlichen Regelungen als Nettolohn zu behandeln (BAG, 23.09.2020 - 5 AZR 251/19).
Praxistipp:
Auch Minijobber haben Anspruch auf Urlaub (siehe hierzu auch LAG Rheinland-Pfalz, 05.08.2015 – 4 Sa 52/15). Die Urlaubsdauer ergibt sich aus Tarif- oder Arbeitsvertrag. Wenn dort nichts festgelegt ist, gilt § 3 Abs. 1 BUrlG, der einen gesetzlichen Mindestanspruch von 24 Werktagen vorschreibt. Die Festlegung nach Werktagen geht von einer Sechs-Tage-Woche aus. Arbeitet der Minijobber an fünf Tagen pro Woche, hat er Anspruch auf mindestens 20 Tage bezahlten Urlaub. Oft arbeiten Minijobber jedoch weniger als fünf Tage in der Woche. Dann kann der Anspruch nach folgender Formel ermittelt werden:
Eigene wöchentliche Arbeitstage X 24 geteilt durch 6 = jährliche Urlaubstage
Beispiel: Minijobber mit drei wöchentlichen Arbeitstagen.
Berechnung des jährlichen Urlaubsanspruchs: 3 X 24 geteilt durch 6 = 12 Arbeitstage
Dem Minijobber stehen jährlich 12 Urlaubstage (= 4 Wochen) zu.
Ggf. können Sie – insbesondere bei schwierigen Fällen – auch den Urlaubsrechner der Mini-Job-Zentrale nutzen.
Besondere Aufmerksamkeit ist geboten, wenn der geringfügige Job vorübergehend unterbrochen wird. Bei bestimmten Fallkonstellationen wird von einer Fortsetzung der bisherigen Beschäftigung ausgegangen, bei anderen von einem neuen Beschäftigungsverhältnis. Dies kann sich auch auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung auswirken. Setzen Sie sich ggf. mit der Krankenkasse bzw. der Mini-Job-Zentrale in Verbindung.
Praxistipp:
Auch die Arbeitgeber von Minijobbern können eine Überbrückungsbeihilfe erhalten. Einzelheiten siehe Bundesministerium für Finanzen (www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de).
Hinweis:
Zum 01.10.2022 soll sich nach einem vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf der Mindestlohn auf 12 EUR erhöhen. Außerdem soll die Grenze für Minijobs auf 520 EUR monatlich steigen und künftig an die Entwicklung des Mindestlohnes angepasst werden. Der Übergangsbereich soll auf den Bereich von 520,01 bis 1.600,00 EUR festgelegt werden.
Die Änderungen wirken sich erheblich auch auf bestehende Minijobs aus. Die Details werden rechtzeitig in den vorliegenden Text eingearbeitet.
2. Grundsätze
2.1 Versicherungsfreiheit wegen geringer Vergütung
Bei Arbeitsentgelten bis zu 450 EUR monatlich besteht Kranken- Pflege- und Arbeitslosenversicherungsfreiheit, in der Rentenversicherung dagegen Versicherungspflicht. Dabei fordert das Gesetz, dass der Monatsverdienst "regelmäßig" nicht höher als 450 EUR ist. Eine solche Regelmäßigkeit wird von der Rechtsprechung u.a. angenommen, wenn die Beschäftigung bei vorausschauender Betrachtung von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet ist (LSG Niedersachsen-Bremen, 14.09.2016 – L 2 R 5/16). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist es geboten, zunächst eine strikte Zuordnung zu jeweils einer der beiden Fallgruppen des § 8 SGB IV (regelmäßige Beschäftigung gegen geringfügiges Arbeitsentgelt (Abs. 1 Nr. 1) oder kurzfristige Beschäftigung, die nicht berufsmäßig und nur gelegentlich ausgeübt wird (Abs. 1 Nr. 2), vorzunehmen (LSG Niedersachsen-Bremen, 16.11.2016 – L 2 R 579/16).
Der Minijobber kann auf Antrag von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit werden. Der Antrag wirkt immer auf den Beginn des Monats zurück, in dem er gestellt wird. Nach Eingang des Antrages muss der Betrieb mit der nächsten Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von sechs Wochen, eine entsprechende Meldung an die Mini-Job-Zentrale machen (§ 28a Abs. 1 Nr. 11 SGB IV). Dies erfolgt, indem in den Meldedaten die Beitragsgruppe zur Rentenversicherung mit 5 verschlüsselt wird. Widerspricht die Mini-Job-Zentrale dem Antrag innerhalb eines Monats nach Eingang nicht, ist der Arbeitnehmer rentenversicherungsfrei. Ein formaler Bescheid ergeht dann nicht mehr.
Praxistipp:
Den Antrag des Arbeitnehmers müssen Sie bei den Entgeltunterlagen aufbewahren. Wichtig ist, dass hierauf auch der Tag des Eingangs vermerkt ist (§ 8 Abs. 2 Nr. 4a BVV).
Der Antrag auf Befreiung kann rechtswirksam nur von geschäftsfähigen Arbeitnehmern gestellt werden. Daher ist bei Minderjährigen die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich. Lassen Sie den Befreiungsantrag von ihm zusätzlich unterschreiben!
Versäumt der Betrieb die Sechs-Wochen-Frist für die Meldung über den Befreiungsantrag, wird die Befreiung erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist der Mini-Job-Zentrale wirksam. Die Versicherungsfreiheit beginnt dann mit dem darauf folgenden Monat.
Beispiel:
Beschäftigungsbeginn: 01.04.2022
Eingang Befreiungsantrag beim Arbeitgeber: 08.04.2022
Eingang Meldung des Arbeitgebers bei der Mini-Job-Zentrale: 27.05.2022
Ablauf der Widerspruchsfrist: 27.06.2022
Beginn der Befreiung: 01.07.2022
Falls die Sechs-Wochen-Frist versäumt wurde, kann eine weitere, aus meldetechnischen Gründen drohende Verzögerung durch eine Vorabmeldung des Befreiungsantrages vermieden werden (Vordruck unter www.minijob-zentrale.de/Service/Downloadcenter/Formulare).
Die Befreiung gilt für alle zu diesem Zeitpunkt ausgeübten geringfügigen Beschäftigungen. Solange diese weiter bestehen, sind auch künftige Mini-Jobs von der Rentenversicherungspflicht befreit. Ein Widerruf der Befreiung durch den Mitarbeiter ist nicht möglich.
Da die Befreiung für den Arbeitnehmer in der Regel mit Nachteilen verbunden ist, sollte er vorher das Beratungsangebot der Rentenversicherungsträger in Anspruch nehmen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Zeiten eines rentenversicherungspflichtigen Minijobs dazu beitragen, die zeitlichen Voraussetzungen für den Grundrentenzuschlag (33 Jahre anrechenbare Zeiten) zu erfüllen. Allerdings wirkt sich der Minijob nicht auf die Höhe der Grundrente aus. Übersteigt bereits das Arbeitsentgelt aus einer Hauptbeschäftigung die Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung, ist eine Befreiung dagegen sinnvoll: Denn auf dem Rentenkonto werden Entgeltpunkte nur bis maximal zur Beitragsbemessungsgrenze gutgeschrieben. Die zusätzlichen Beiträge für den Minijob bringen also nichts. Im Gegenteil: Zahlt nur der Arbeitgeber Beiträge für den Minijob, werden diese auch in diesem Fall zusätzlich dem Rentenkonto gutgeschrieben.
Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke (z.B. Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte), die einen Minijob in einem Kammerberuf aufnehmen, sind darin grundsätzlich rentenversicherungspflichtig. Sie können sich jedoch von der Versicherungspflicht entweder als geringfügig Beschäftigter (§ 6 Abs. 1b SGB VI) oder als Mitglied des Versorgungswerkes (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) befreien lassen. Die Befreiung von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung wegen Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk muss bei der Deutschen Rentenversicherung Bund beantragt werden – der sonst übliche Befreiungsantrag entfällt. Liegen die Voraussetzungen vor, erhält der Betroffene einen entsprechenden Bescheid. Die Rentenversicherungsbeiträge müssen an das Versorgungswerk gezahlt werden.
Durch den Arbeitgeber sind bei Minijobs Pauschalbeiträge und -steuern in Höhe von 30 Prozent des Arbeitsentgelts zu zahlen (davon entfallen auf die Renten- 15, auf die Krankenversicherung 13 und auf die Steuer 2 Prozent). Soweit der Arbeitnehmer nicht von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit wurde, werden ihm 3,6 Prozent seiner Bruttovergütung als Beitragsanteil zu diesem Versicherungszweig einbehalten und von dem Betrieb zusammen mit den Pauschbeträgen weitergeleitet. Dabei ist das Mindestentgelt für die Bemessung der Rentenversicherungsbeiträge von 175 EUR zu beachten (§ 163 Abs. 8 SGB VI). Diese Mindestbemessungsgrundlage gilt aber nicht, wenn neben dem Minijob eine versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung besteht oder aufgrund anderer Tatbestände bereits Rentenversicherungspflicht besteht (z.B. als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson oder versicherungspflichtiger selbstständig Tätiger). Bestehen mehrere Minijobs können die Vergütungen zusammengerechnet werden. Die Mindestentgeltgrenze bezieht sich dann auf die addierten Arbeitsentgelte.
Bei Beschäftigungen in Privathaushalten beträgt der Pauschalbeitrag des Arbeitgebers zur Rentenversicherung 5 Prozent der Vergütung. Dementsprechend muss der Arbeitnehmer 13,6 Prozent tragen.
Praxistipp:
Ist das Mindestentgelt anzuwenden, richten sich die Pauschalbeiträge des Arbeitgebers nach dem tatsächlichen Verdienst. Den Mehrbetrag zur Rentenversicherung muss der Mitarbeiter in vollem Umfang tragen. Dies kann dazu führen, dass der Nettoverdienst des Mitarbeiters gegen Null tendiert.
Wird im Privathaushalt ein Minijobber mit haushaltsnahen Tätigkeiten beschäftigt, kann der Arbeitgeber 20 Prozent seiner Aufwendungen, höchstens 510 EUR jährlich, unmittelbar an der Steuerschuld absetzen (§ 35a Abs. 1 EStG). Die Minijob-Zentrale verschickt automatisch nach dem Jahresende eine entsprechende Bescheinigung.
Keine Tätigkeit im Privathaushalt liegt vor, wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft einen Minijobber beschäftigt.
2.2 Übergangsregelungen
In Bestandfällen (Aufnahme der Beschäftigung bis 31.12.2012) ist der Minijobber aufgrund von Übergangsrecht im Zusammenhang mit der Erhöhung der Geringfügigkeitsgrenze von 400 auf 450 EUR zum 01.01.2013 rentenversicherungsfrei, solange die Vergütung 400 EUR nicht überschreitet. Dafür gilt keine zeitliche Begrenzung. Der Minijobber kann aber mit Wirkung für die Zukunft jederzeit auf die Rentenversicherungsfreiheit verzichten. Durch eine Erhöhung des Entgelts über 400 EUR hinaus tritt ebenfalls Rentenversicherungspflicht ein. Der Mitarbeiter kann aber einen Antrag auf Befreiung stellen. Dieser ist der Minijob-Zentrale zu melden. Allerdings kann dies Irritationen hervorrufen, da sich ja die bestehende Beitragsgruppe nicht ändert. Dennoch ist in diesen Fällen innerhalb von sechs Wochen nach Eingang des Befreiungsantrages zum Ende des Monats vor der Entgelterhöhung eine Abmeldung mit Meldegrund "33" und mit dem nächsten Ersten eine Anmeldung mit dem Meldegrund "13" zu machen und damit die Befreiung anzuzeigen.
2.3 Auslandsbezug
Hat der Minijob Auslandsbezug, ist das zwischen- und überstaatliche Sozialversicherungsrecht zu beachten. In erster Linie kommt die EG – Verordnung Nr. 883/2004 zur Anwendung, die neben den EU-Staaten auch für Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz gilt. Danach ist ein Arbeitnehmer auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten nur in einem Sozialsystem versichert. Dies ist das System des Staates, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird. Hat der Mitarbeiter mehrere Beschäftigungen oder auch selbstständige Tätigkeiten in verschiedenen Staaten, gilt das Recht des Wohnortstaates. Dass dort eine Versicherung besteht, weist der Mitarbeiter durch Vorlage der Bescheinigung A 1 nach. In diesem Fall ist der Minijobber nicht Minijob-Zentrale zu melden und dementsprechend fallen auch keine Pauschalbeiträge an. Der Arbeitgeber muss abklären, ob Beiträge an die Sozialversicherung des Wohnortstaates zu zahlen sind. Ist der Arbeitnehmer ausschließlich in der Bundesrepublik tätig, gilt das deutsche Sozialversicherungsrecht. Daher gilt für Studenten, Praktikanten, Rentner und Familienangehörige, die im Heimatland versichert sind, für den Minijob das deutsche Recht. Dann ist der Pauschalbeitrag von dem Arbeitgeber zu zahlen. Da die Beschäftigung aber krankenversicherungsfrei ist, kommt keine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung zustande. Allerdings ist der Minijobber dann in der Regel aufgrund § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versicherungspflichtig. Diese sog. Auffang-Pflichtversicherung gilt für Personen in Deutschland, die nicht anderweitig gesetzlich krankenversichert sind. Sie tritt jedoch nicht ein, wenn die betreffende Person zuletzt (ggf. auch in ihrem Heimatland) privat krankenversichert war. Ist dies der Fall, ist für den Minijob kein Pauschalbeitrag zur Krankenversicherung zu zahlen. Ggf. sollte ein Nachweis über die private Krankenversicherung von dem Beschäftigten verlangt und zu den Entgeltunterlagen genommen werden. Ausnahmen sind zu beachten bei grenzüberschreitenden Sachverhalten mit Dänemark, Luxemburg und Österreich (Geringfügigkeits-Richtlinien der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger vom 26.07.2021, Abschn. C 2.6).
3. Mehrere Minijobs
Bestehen mehrere Minijobs, werden die Verdienste zusammengerechnet. Übersteigt die Gesamtsumme 450 EUR, sind die Sonderregelungen nicht mehr anzuwenden. Der Arbeitnehmer wird dann versicherungspflichtig und die Lohnsteuer ist individuell zu berechnen. Neben einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung kann der erste Minijob für sich betrachtet werden. Jeder weitere Minijob ist mit der Hauptbeschäftigung zusammenzurechnen, sodass regelmäßig keine Geringfügigkeit mehr besteht. Nach § 40a Abs. 2a EStG kann in solchen Fällen die Lohnsteuer auch pauschal mit einem Steuersatz von 20 % erhoben werden. Zusätzlich fallen Kirchensteuer und ggf. Solidaritätszuschlag an.
Praxistipp:
Besteht neben dem Minijob zeitweise eine wegen kurzer Dauer versicherungsfreie Beschäftigung, sind beide getrennt zu betrachten. Eine Addition der Verdienste ist nicht vorzunehmen. Folgt aber unmittelbar auf eine geringfügig entlohnte Beschäftigung eine kurzfristige Beschäftigung, besteht die widerlegbare Vermutung, dass die bisherige Beschäftigung fortgesetzt wird. In diesem Fall tritt Versicherungspflicht ein, wenn der Verdienst 450 EUR übersteigt.
Hinweis:
Die Regelung für den ersten Minijob neben einer Hauptbeschäftigung gilt allerdings nicht, wenn bei dem gleichen Arbeitgeber mehrere Beschäftigungsverhältnisse bestehen. Die Sonderregelungen für Mini-Jobs sind dann auch für den ersten 450-EUR-Job nicht anzuwenden (BSG, 27.06.2012 - B 12 KR 28/10 R). Für die Frage, ob es sich um denselben Arbeitgeber handelt, kommt es darauf an, wer Partner im Arbeitsvertrag ist und damit die wirtschaftliche und organisatorische Dispositionsbefugnis über die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers hat. Bestehen zwei Betriebe, ist der (derselbe) Unternehmer als deren Inhaber Arbeitgeber in beiden Arbeitsverhältnissen. Arbeitet ein Mitarbeiter in einem der Betriebe hauptberuflich und in dem anderen im Rahmen eines Minijobs, ist daher von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen (FG Niedersachsen, 26.09.2017 – 14 K 241/16).
In der Krankenversicherung entfällt die Zusammenrechnung von geringfügigen Beschäftigungen mit nicht geringfügigen Hauptbeschäftigungen, die keine Versicherungspflicht begründen. Dies trifft z.B. zu, wenn ein versicherungsfreier Beamter nebenher in mehreren geringfügigen Beschäftigungen steht. Mit der Regelung wird verhindert, dass eine ansonsten nicht versicherungspflichtige Person durch Aufnahme von geringfügigen Beschäftigungen mit geringem Beitrag den Versicherungsschutz der Krankenversicherung erlangt.
Bei der Arbeitslosenversicherung werden - im Gegensatz zu den anderen Versicherungszweigen - geringfügige und nicht geringfügige Beschäftigungen nicht zusammengerechnet.
Übt ein Arbeitnehmer einen geringfügigen, rentenversicherungspflichtigen Minijob und daneben eine weitere mehr als geringfügige, rentenversicherungspflichtige Beschäftigung aus und übersteigt das Arbeitsentgelt aus beiden Beschäftigungen zusammen die Beitragsbemessungsgrenze, sind die beitragspflichtigen Einnahmen aufzuteilen (§ 22 Abs. 2 SGB IV).
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, zu prüfen, ob mehrere geringfügige Beschäftigungen bestehen bzw. ob daneben noch eine Hauptbeschäftigung zu berücksichtigen ist. Versäumt er dies vorsätzlich oder grob fahrlässig, tritt bei einer späteren Feststellung des Sachverhalts Versicherungspflicht rückwirkend ein, mit der Folge, dass evtl. für Jahre Beiträge nachzuzahlen sind (§ 8 Abs. 2 SGB IV, Geringfügige Beschäftigung - Zusammenrechnung; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, 22.01.2016 – L 4 R 3913/13). Da dem Arbeitnehmer die Beträge für maximal drei Abrechnungen rückwirkend abgezogen werden dürfen (§ 28g SGB IV), kommen in einem solchen Fall erhebliche Belastungen auf den Betrieb zu. Über die Drei-Monats-Frist hinaus dürfen die Beiträge nur einbehalten werden, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist (z.B. infolge einer Falschauskunft der Krankenkasse oder falschen Angaben des Arbeitnehmers). Aufgrund Art. 1 Nr. 11 des Siebten SGB IV-Änderungsgesetzes vom 12.06.2020 (BGBl. I Nr. 28 S. 1248 wurde mit Wirkung vom 01.07.2020 gesetzlich klargestellt, dass ein Arbeitgeber, der seine Entgeltabrechnung an Steuerberater oder Rechenzentren ausgelagert hat, dessen ungeachtet in vollem Umfang für die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten haftet.
Eine rückwirkende Feststellung der Versicherungspflicht wegen der Zusammenrechnung der Vergütungen in mehreren Minijobs setzt einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der verschuldeten Verletzung der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhaltes und der fehlerhaften sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung durch den Arbeitgeber voraus. Hieran fehlt es, wenn auch bei Erfüllung dieser Aufklärungspflicht der sozialversicherungsrechtliche Status unzutreffend beurteilt worden wäre. Die Verletzung von Dokumentationspflichten durch den Arbeitgeber stellt keine Verletzung der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhaltes i.S.v. § 8 Abs. 2 S. 4 SGB IV dar (LSG Baden-Württemberg, 22.02.2018 – L 10 R 2524/17).
Die Überwachung, ob die 450-Euro-Grenze bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen eingehalten wird, obliegt der Mini-Job-Zentrale. Sie entscheidet auch, ob die Zusammenrechnung der Entgelte zur Versicherungspflicht führt, obwohl dann für die Durchführung der Versicherung eine Krankenkasse zuständig ist (§ 28h Abs. 2 SGB IV).
Wird im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellt, dass ein bislang als Mini-Job behandeltes Beschäftigungsverhältnis doch versicherungspflichtig ist, führte dies in der Vergangenheit wegen der Zuständigkeit verschiedener Einzugsstellen zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben sich daher für diese Fälle auf ein vereinfachtes Verfahren geeinigt. Dabei wird vom Betriebsprüfdienst lediglich die Differenz in den Beiträgen ermittelt und von der zuständigen Krankenkasse beim Arbeitgeber angefordert. Der Arbeitgeber muss lediglich noch die erforderlichen Korrekturen bei den Meldungen vornehmen.
Eine Aufspaltung der Tätigkeit in eine geringfügige Beschäftigung und eine nebenberufliche Tätigkeit mit Aufwandsentschädigung ist unwirksam (SG Dortmund, 23.05.2016 – S 31 AL 966/13).
Was können Sie tun?
Sie müssen ggf. nachweisen, dass Sie nicht grob fahrlässig gehandelt haben. Um dies sicherzustellen, müssen Sie in jedem Fall bei Beginn der Beschäftigung eine schriftliche Auskunft über weitere Arbeitsverhältnisse einholen und den Mitarbeiter verpflichten, Änderungen sofort mitzuteilen. Dies ist in § 8 Abs. 2 Nr. 7 BVV verbindlich vorgeschrieben. Beide Erklärungen sind zu den Entgeltunterlagen zu nehmen. Sinnvoll ist es aber, die Abfrage regelmäßig zu wiederholen. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Betrieb die notwendigen Angaben zu machen (siehe dazu auch §§ 28o, 111 Abs. 1 Nr. 4 SGB IV). Der Vordruck sollte ihm aber erläutert werden. Steht der Mitarbeiter in mehreren geringfügigen Beschäftigungen mit insgesamt schwankender Vergütung, ist es ggf. angezeigt, ihn zu verpflichten, monatlich einen Einkommensnachweis zu führen. Auf dieser Basis ist dann eine Prognose über die weitere Entwicklung der Vergütung anzustellen (siehe auch LSG Baden-Württemberg, 22.01.2016 – L 4 R 3913/13). Gelingt Ihnen so der Nachweis, dass keine grobe Fahrlässigkeit vorliegt, tritt Versicherungspflicht erst für die Zukunft ein und Ihr Unternehmen wird damit vor hohen Nachzahlungen bewahrt.
Praxistipp:
Für die Erklärung des Arbeitnehmers können Sie einen besonderen "Personalfragebogen" unter www.minijob-zentrale.de (Service/Downloadcenter/Formulare) kostenfrei herunterladen. Sie können auch unser Vertragsmuster (Wissenspool/ Formulare, Checklisten, Mustertexte/ Formulare Personalwesen/ Formular Geringfügig entlohnt Beschäftigte) benutzen. Der Fragebogen ersetzt nicht den Arbeitsvertrag bzw. die Niederschrift nach § 2 NachwG. Die Mini-Job-Zentrale hält auch einen Mustervertrag bereit.
Besondere Aufmerksamkeit ist geboten, wenn der geringfügige Job vorübergehend unterbrochen wird. Bei bestimmten Fallkonstellationen wird von einer Fortsetzung der bisherigen Beschäftigung ausgegangen, bei anderen von einem neuen Beschäftigungsverhältnis. Dies kann sich auch auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung auswirken. Setzen Sie sich ggf. mit der Krankenkasse bzw. der Mini-Job-Zentrale in Verbindung.
4. Grenze von 450 EUR
4.1 Allgemeines
Maßgebend für die Ermittlung der Grenze ist das regelmäßige monatliche Entgelt. Eine falsche Berechnung kann auch hier zum rückwirkenden Eintritt von Versicherungspflicht und einer Nachforderung von Beiträgen führen. Die Regelmäßigkeit der Beschäftigung wird von der Rechtsprechung u.a. angenommen, wenn sie bei vorausschauender Betrachtung von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet ist (weitere Einzelheiten siehe LSG Niedersachsen-Bremen, 14.09.2016 – L 2 R 5/16).
Beginnt bzw. endet die Beschäftigung im Lauf eines Monats, ist für ihn der volle Betrag von 450 Euro anzusetzen und nicht nur der anteilige Grenzbetrag (BSG, 05.12.2017 - B 12 R 10/15 R) – ebenso Abschnitt 2.2 der Geringfügigkeits-Richtlinien der Sozialversicherungsträger vom 26.07.2021). Übt eine Person mehrere kurzfristige Aushilfsbeschäftigungen nacheinander aus, die jeweils in demselben Kalendermonat beginnen und enden und überschreitet das Arbeitsentgelt zusammen die 450-EUR-Grenze, ist für die zeitlich später beginnende Beschäftigung die Berufsmäßigkeit zu prüfen. Darüber hinaus gilt dies auch für die erste Beschäftigung, wenn bereits zu ihrem Beginn feststeht, dass noch eine weitere Beschäftigung im gleichen Kalendermonat folgt und durch beide zusammen die Grenze von 450 EUR überschritten wird.
Die arbeitsvertraglich festgelegte Vergütung darf nicht gegen gesetzliche Regelungen verstoßen. Daher ist es nicht zulässig, von der Arbeitszeit die gesetzlichen Feiertage auszunehmen, um die Feiertagsvergütung (§ 2 EFZG) zu sparen. Der gesetzliche Anspruch darauf kann nach § 12 EFZG vertraglich nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abbedungen werden (BAG, 16.10.2019 – 5 AZR 352/18). Müssen Zeitungszusteller nach dem Arbeitsvertrag von Montag bis Samstag arbeiten, darf der Vertrag daher nicht Tage ausnehmen, an denen im Zustellgebiet wegen Feiertagen keine Zeitungen erscheinen.
Bei der Prüfung der Grenze ist eine vorausschauende Betrachtung vorzunehmen und festzustellen, ob das Arbeitsentgelt im Jahr 5.400 EUR nicht übersteigt. Monate ohne Beschäftigung mindern den höchstens zulässigen Gesamtverdienst. Bei einer dauerhaften Änderung des Entgelts ist eine neue vorausschauende Berechnung vorzunehmen.
4.2 Unvorhersehbares, gelegentliches Überschreiten der Entgeltgrenze
4.2.1 Drei-Monats-Regelung
Ein nur gelegentliches, unvorhersehbares Überschreiten der 450-EUR-Grenze in maximal drei Monaten innerhalb eines Zeitjahres ist unschädlich (Geringfügigkeits-Richtlinien der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger vom 26.07.2021, Abschn. B 3.1.). Dabei endet das maßgebende Zeitjahr immer mit dem Kalendermonat, für den aktuell der Verdienst über 450 EUR lag. Wird die Grenze in mehr als drei Monaten überschritten, bleibt es bei der Versicherungsfreiheit, wenn der Verdienst eines Zeitjahres bei vorausschauender Betrachtung die Grenze von 5.400 EUR nicht übersteigt. Leistet der Minijobber z.B. in einem Monat Überstunden, weil ein Kollege wegen Krankheit ausfällt, gehört die Vergütung dafür nicht zum "regelmäßigen" Entgelt und eine Überschreitung der Grenze ist insoweit unschädlich. Um welchen Betrag die Grenze überschritten wird, spielt keine Rolle. Unvorhersehbar sind z.B. Krankheitsausfälle von Kollegen, auch z.B. wegen der Corona-Krise. Dagegen ist eine Urlaubsvertretung nicht unvorhersehbar, weil der Betrieb dies bei seiner Personalplanung berücksichtigen muss.
Wird zum Ende der Beschäftigung eine Urlaubsabgeltung gezahlt, ist diese versicherungs- und beitragsrechtlich als Einmalzahlung zu vergüten. In Betracht kommt eine Urlaubsabgeltung, wenn die Freistellung wegen der Beendigung ganz oder teilweise nicht gewährt werden kann. Dieser Umstand ist auch als unvorhersehbar einzustufen; die Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze ist dann unschädlich. Voraussetzung ist aber, dass das rechtliche Ende des Arbeitsverhältnisses nicht vorhersehbar war und der Urlaub in der verbleibenden Zeit nicht genommen werden konnte. Insbesondere wird dies der Fall bei fristlosen Kündigungen sein. Wird die Urlaubsabgeltung im Kalenderjahr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt, ist die März-Klausel zu beachten: Bei Zahlung von Januar bis März ist sie dem Vorjahr zuzurechnen; dementsprechend sind auch Beiträge zu zahlen. Bei Zahlung ab April des Folgejahres bleibt die Einmalzahlung beitragsfrei.
4.2.2 Ausnahmeregelungen vom 01.03. bis 31.10.2020 sowie vom 01.03. bis 31.10.2021
Wegen der Corona-Krise wurde durch Art. 3 Nr. 3 des Gesetzes für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sozialschutz-Paket) vom 27.03.2020 (BGBl. I. Nr. 14 S. 575), die Zeitgrenze für kurzfristige Beschäftigungen befristet für die Zeit vom 01.03. bis 31.10.2020 auf fünf Monate bzw. 115 Arbeitstage festgelegt (§ 115 SGB IV n.F.). Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger haben dies in ihrer Verlautbarung zur "Versicherungsrechtlichen Beurteilung von geringfügigen Beschäftigungen; Vorübergehende Erhöhung der Zeitgrenzen für kurzfristige Beschäftigungen vom 1. März 2020 bis 31. Oktober 2020" auf die Regelungen für Beschäftigungen mit monatlichem Entgelt bis 450 EUR übertragen. Ein gelegentliches Überschreiten der Arbeitsentgeltgrenze liegt für die Kalendermonate März bis Oktober 2020 vor, wenn innerhalb des für den jeweiligen Entgeltabrechnungszeitraum zu bildenden Zeitjahres maximal in fünf Kalendermonaten ein nicht vorhersehbares Überschreiten der Grenze vorliegt. Für die Anwendung des drei- bzw. fünf-Monats-Zeitraums ist jeweils der Monat, für den aktuell die ein unvorhersehbares Überschreiten vorliegt, maßgebend: Fällt dieser in den Zeitraum vom 01.03. bis 31.10.2020 ist von fünf, andernfalls von drei Monaten auszugehen.
Beispiel:
Frau A. arbeitet im Betrieb B. gegen eine monatliche Vergütung von 450 EUR als Reinigungskraft. Durch krankheitsbedingten Ausfall einer Kollegin arbeitet sie auf Bitten ihres Arbeitgebers in den Monaten November und Dezember 2019 sowie im Januar 2020 die doppelte Stundenzahl und verdient daher jeweils 900 EUR. Im März 2020 fallen zwei Kolleginnen wegen einer Corona-Infektion aus. Sie arbeitet erneut mehr und verdient 1.200 EUR.
Der Verdienst überschreitet im Rahmen der Jahresbetrachtung durchschnittlich 450 EUR. Zur Frage der Versicherungspflicht im Zusammenhang mit der unvorhersehbaren Überschreitung der Verdienstgrenze ist ein Ausgangszeitraum vom 01.04.2019 bis 31.03.2020 zu bilden. In dieser Zeit kam es in vier Monaten zu nicht vorhersehbaren Überschreitungen der Entgeltgrenze. Für die Überprüfung im März 2020 ist von der verlängerten Frist von fünf Monaten auszugehen. Es liegt daher weiterhin ein Minijob vor.
Beispiel:
Der Arbeitgeber bittet Frau A. Ende Oktober 2020 erneut, im Monat November eine Krankheitsvertretung zu übernehmen. Die Vergütung erhöht sich dadurch auf 1.800 EUR. Ab 1. Dezember beträgt der Verdienst wieder 450 EUR.
Der Verdienst überschreitet im Rahmen der Jahresbetrachtung durchschnittlich 450 EUR. Zur Frage der Versicherungspflicht im Zusammenhang mit der unvorhersehbaren Überschreitung der Verdienstgrenze ist ein Ausgangszeitraum vom 01.12.2019 bis 30.11.2020 zu bilden. Dabei ist von der Grenze von drei Monaten auszugehen. Da diese bereits in den Monaten Dezember 2019, Januar 2020 und März 2020 überschritten wurde, besteht ab 01.11.2020 Versicherungspflicht. Diese endet am 30.11.2020. Ab 1. Dezember 2020 liegt wieder eine geringfügige Beschäftigung vor.
Durch Art. 2 Nr. 3 des Vierten Gesetzes zur Änderung des Seefischereigesetzes vom 26.05.2021 BGBl. I Nr. 26 S. 1170 wurde durch § 132 SGB IV eine weitere, befristete Regelung für die Sozialversicherungsfreiheit von kurzfristigen Beschäftigungen eingeführt. Soweit eine Beschäftigung nicht berufsmäßig ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt 450 EUR im Monat übersteigt, besteht für die Zeit vom 01.03. bis 31.10.2021 Versicherungsfreiheit, wenn sie auf längstens vier Monate oder 102 Arbeitstage begrenzt ist. Damit soll – so die Begründung – Problemen, die infolge der Corona-Pandemie bei der Saisonbeschäftigung, insbesondere in der Landwirtschaft, bestehen, entgegengewirkt werden (BT-Drs. 19/28840 S. 12).
Dies wirkt sich auch auf die Bewertung eines vorübergehenden, unvorhersehbaren Überschreiten der Entgeltgrenze von 450 EUR bei Minijobs aus. Es bleibt bei der Versicherungsfreiheit, wenn innerhalb des für den jeweiligen Entgeltabrechnungszeitraum zu bildenden Zeitjahres maximal in vier Kalendermonaten ein nicht vorhersehbares Überschreiten der Grenze eintritt. Für die Anwendung des Vier-Monats-Zeitraums ist jeweils der Monat, für den aktuell ein unvorhersehbares Überschreiten vorliegt, maßgebend. Dieser muss in der Zeit vom 01.06. bis 31.10.2021 liegen. Im Gegensatz zu der Sonderregelung 2020, die keinerlei Übergangsbestimmungen enthielt, ist aber in § 132 SGB IV festgelegt, dass es für eine Beschäftigung, die vor dem 01.06.2021 begonnen hat und die nach dem vor diesem Stichtag geltenden Recht bereits versicherungspflichtig war, es weiterhin dabei bleibt. Damit soll verhindert werden, dass durch die Neuregelung in einen bestehenden Sozialversicherungsschutz eingegriffen wird (BT-Drs. 19/28840 S. 13). Siehe hierzu auch die Verlautbarung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger vom 31.05.2021 sowie die Geringfügigkeits-Richtlinien vom 26.07.2021, Beispiele 51d bis 51f.
4.3 Anrechenbares Arbeitsentgelt
Praxistipp:
Für die Beurteilung müssen nur Bezüge berücksichtigt werden, die Arbeitsentgelt i.S.d. Sozialversicherung sind (§ 14 SGB IV, § 1 SvEV). Außer Ansatz bleiben daher z.B. steuerfreie Reisekostenerstattungen, steuer- und beitragsfreie sonstige Sachbezüge, Erstattungen von Kosten für die Fahrt zur Arbeitsstelle, Erholungsbeihilfen, Kindergartenzuschüsse, beitragsfreie Zuschläge für Sonntags- Feiertags- und Nachtarbeit, kostenfreie Überlassung eines E-Bikes, Aufwendungen für Betriebsfeiern oder -ausflüge sowie die steuerfreien Übungsleiter- und Ehrenamtspauschalen. Die Steuervorteile (Steuerfreiheit, Pauschalversteuerung) für solche zusätzliche Leistungen gelten teilweise nur, wenn der Arbeitgeber diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbringt.
Die Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind (im Rahmen des 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV) beitragsfrei, wenn sie tatsächlich erarbeitet wurden. Das Gleiche gilt bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Werden die Zuschläge auch für die Zeit des Erholungsurlaubs gezahlt, besteht keine Beitragsfreiheit und sie sind bei der Prüfung der Versicherungspflicht zu berücksichtigen.
Infolge der Corona-Krise wurde festgelegt, dass Arbeitnehmern zusätzlich in der Zeit vom 01.03.2020 bis 31.03.2022 eine Zuwendung von bis zu 1.500 EUR steuer- und beitragsfrei gewährt werden kann. Voraussetzung ist, dass die Zuwendung zusätzlich zum ohnehin zustehenden Arbeitslohn gewährt wird und damit ein Ausgleich für Belastungen infolge der Corona-Krise erfolgen soll. Zulässig ist auch die Gewährung als Sachbezug. Unter diesen Voraussetzungen bleibt die Zuwendung bei der Prüfung der Versicherungspflicht unberücksichtigt.
Vorgesehen ist auch ein Pflegebonus für Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen in Höhe von 3.000 EUR, der vom Arbeitgeber ausgezahlt und vom Bund erstattet wird. Er soll steuerfrei bleiben. Die Regelung soll bis zum 31.12.2022 befristet werden. Die Steuerfreiheit zieht auch Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung nach sich, sodass keine Anrechnung auf die Geringfügigkeitsgrenze erfolgt. Geregelt werden soll dies durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz, das in Entwurfsfassung vorliegt.
Die Frage, wann eine Zuwendung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn i.S.d. steuerrechtlichen Regelungen gewährt wird, war in der Vergangenheit umstritten. Die Rechtsprechung unterschied sich deutlich von der eher restriktiven Haltung der Finanzämter, die aufgrund eines Nichtanwendungserlasses des BFM bestand. Strittig war insbesondere bei der Frage, ob auch Gehaltsumwandlungen die vorgesehenen Steuervorteile genießen können. Durch das Jahressteuergesetz 2020, das am 16.12.2020 vom Bundestag beschlossen und dem der Bundesrat am 18.12.2020 zugestimmt hat, wurde dies in § 8 Abs. 4 EStG klargestellt. Leistungen des Arbeitgebers werden danach nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn
die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.
Von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistung ist auch dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder auf Grund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) einen Anspruch auf diese hat.
Nach der Begründung des Gesetzes soll damit der weitergehenden Auslegung des BFH nicht gefolgt werden und die jeweilige Steuerbegünstigung nur für echte Zusatzleistungen eingeräumt werden. Die Regelung tritt rückwirkend zum 01.01.2020 in Kraft. Für Altfälle bis einschließlich 2019 ist das BFH-Urteil vom 01.08.2019 – VI R 32/18 maßgebend. Siehe hierzu das BMF-Schreiben vom 05.01.2022 – IV C 5 – S 2344/19/10017:004.
Für die Beurteilung der Versicherungspflicht heranzuziehen sind nicht nur die tatsächlich ausgezahlten Bezüge, maßgebend ist vielmehr der geschuldete Arbeitslohn.
Die Übungsleiter- und die Ehrenamtspauschale bleiben in dem Umfang unberücksichtigt, wie sie in der Summe vom Arbeitgeber in dem entsprechenden Beschäftigungszeitraum von 12 Monaten gezahlt werden. Dabei spielt es keine Rolle ob der Steuerfreibetrag en block oder pro rata (d.h. z.B. monatlich 250 EUR) ausgeschöpft wird (Geringfügigkeits-Richtlinien der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger vom 26.07.2021, Abschn. B 2.2.1.6). Außerdem sind bei Gewährung en block zum Jahresanfang Besonderheiten bei den Meldungen zu beachten: Die Anmeldung erfolgt mit dem Beginn des Monats, in dem erstmals steuer- und beitragspflichtiges Arbeitsentgelt gezahlt wird. Bei Dauerbeschäftigungsverhältnissen ist eine Jahresmeldung zum 31.12. zu erstatten. Dem folgt eine Abmeldung zum 31.01. des Folgejahres, da das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis für einen Monat weiterbesteht (§ 7 Abs. 3 SGB IV). Der Übungsleiterfreibetrag wird ab Januar wieder en-block verbraucht. Eine Neuanmeldung erfolgt mit Grund 13 zum ersten des Monats, in dem wieder steuer- und beitragspflichtiges Arbeitsentgelt anfällt (TOP 8 der Niederschrift über die Besprechung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger am 28.02.2019). Siehe auch Übungsleiter als Arbeitnehmer.
Beiträge zu Gruppenunfallversicherungen, die der Betrieb für die Mitarbeiter übernimmt, gehören grundsätzlich zum Arbeitsentgelt, sofern die Arbeitnehmer eigene Ansprüche aus der Versicherung haben. Dies gilt nicht, wenn die Beiträge pauschal versteuert werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Prämie ohne Versicherungssteuer durchschnittlich 62 EUR jährlich nicht übersteigt. Die pauschale Versteuerung bewirkt, dass die Beiträge kein Arbeitsentgelt sind und nicht auf die 450-Euro-Grenze angerechnet werden.
Wird einer nahestehenden Person des Arbeitgebers im Rahmen eines Minijobs ein Firmenwagen auch zur privaten Nutzung überlassen, kann dies dazu führen, dass der Arbeitsvertrag steuerrechtlich nicht anerkannt wird, da er einem Fremdvergleich nicht standhält (BFH, 21.12.2017 – III B 27/17; 10.10.2018 – X R 44/17; X R 45/17 u. FG Münster, 20.11.2018 – 2 K 156/18 E). Nach Auffassung des Gerichts würde ein Arbeitgeber einem familienfremden geringfügig Beschäftigten i.d.R. kein Fahrzeug überlassen, da sich dadurch die Vergütung für die Arbeitsleistung in erhebliche Höhen steigern könnte (siehe aber FG Niedersachsen, 16.11.2016 – 9 K 316/15).
4.4 Sonderzahlungen
Einmalige Einnahmen, die mit hinreichender Sicherheit mindestens einmal jährlich zu erwarten sind (z.B. durch einen für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag oder durch betriebliche Übung), sind zu berücksichtigen (zur Bindungswirkung einer betrieblichen Übung siehe BAG, 13.05.2015 – 10 AZR 266/14). Führen diese Sonderzahlungen wie Weihnachts- und/oder Urlaubsgeld zur Überschreitung des Grenzwertes, beginnt die Versicherungspflicht zu dem Zeitpunkt, an dem die Überschreitung feststeht. Sonderzahlungen, die nicht jährlich zu erwarten sind, bleiben im Umkehrschluss außer Betracht (z.B. eine Jubiläumszuwendung). Arbeitsrechtlich haben die Minijobber einen Anspruch auf solche Sonderzahlungen, wenn dies arbeits- oder tarifvertraglich vereinbart ist oder den Vollzeitbeschäftigten eine solche Gratifikation gewährt wird. Dies entspricht dem § 4 TzBfG, wonach ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeit nicht schlechter behandelt werden darf, als ein vollzeitbeschäftigter Mitarbeiter. Sonderzahlungen dürfen aber entsprechend der verminderten Arbeitszeit anteilig bemessen werden (BAG, 15.04.2003 - 9 AZR 548/01).
Praxistipp:
Verzichtet der Arbeitnehmer schriftlich im Voraus auf eine einmalige Einnahme, muss diese - ungeachtet der arbeitsrechtlichen Zulässigkeit eines solchen Verzichts - bei der Ermittlung der Grenze nicht berücksichtigt werden. Die Verzichtserklärung sollte vor Beginn der Beschäftigung schriftlich abgegeben werden.
Ebenso nicht zu berücksichtigen sind Einmalzahlungen aus ruhenden Arbeitsverhältnissen (z.B. wenn ein Arbeitnehmer während einer Elternzeit im Rahmen einer weiteren, geringfügig entlohnten Beschäftigung im gleichen Betrieb tätig ist). Kommt es beim gleichen Arbeitgeber im laufenden Jahr zu einem Statuswechsel (z.B. Vollzeitbeschäftigung bis 31.08., Minijob ab 01.09.; Einmalzahlung im Dezember), ist die Einmalzahlung dem Beschäftigungsabschnitt zuzuordnen, in dem der Anspruch darauf entstanden ist. Sind in der Einmalzahlung im Dezember Vergütungsanteile enthalten, die auf die Zeit der Vollbeschäftigung entfallen, werden diese bei der Entgeltgrenze für den Minijob nicht berücksichtigt.
4.5 Untertarifliche Bezahlung / Beachtung Mindestlohn
Entscheidend ist das Arbeitsentgelt, auf das der Mitarbeiter einen Rechtsanspruch hat. Bleibt die Vergütung darunter, ist für die Ermittlung der 450-Euro-Grenze von der arbeitsrechtlich zustehenden Vergütung auszugehen (BSG, 14.07.2004 - B 12 KR 1/04 R u. BSG, 14.07.2004 - B 12 KR 34/03 R). Abzustellen ist zunächst auf eine tarifliche Regelung; ist eine solche nicht vorhanden, gilt das arbeitsvertraglich zustehende Arbeitsentgelt (LSG Hamburg, 26.01.2017 – L 1 KR 51/15). Maßgebend ist also die arbeitsrechtlich zustehende Vergütung; in diesem Sinne knüpft das Sozialrecht akzessorisch an die arbeitsrechtliche Lage an. Zu berücksichtigen sind insbesondere auch allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge und der gesetzliche Mindestlohn.
Hinweis:
Obwohl die Betriebsprüfer der Rentenversicherung die genannten Urteile des BSG vom 14.07.2004 (a.a.O.) bisher überwiegend lediglich auf die allgemeinverbindlichen Tarifverträge anwenden, spricht einiges dafür, dass sie auch bei allen anderen Tarifverträgen heranzuziehen sind. Dies erlangt besondere Bedeutung vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BAG (23.06.2010 - 10 AS 2/10 und 10 AS 3/10) zur Tarifpluralität. Gelten mehrere Tarifverträge für den Betrieb, ist es wichtig, zu klären (und am besten mit Begründung schriftlich festzuhalten), welcher Tarifvertrag anzuwenden ist.
Nach dem MiLoG gilt für alle Arbeitnehmer ein Mindestlohn (seit 01.01.2022 9,82 EUR je Stunde, ab 01.07.2022 10,45 EUR). Der Mindestlohn gilt grundsätzlich auch für Minijobs. Für einige Personengruppen (wie Auszubildende, Jugendliche ohne Berufsausbildung, Praktikanten und Langzeitarbeitslose) gelten Sonderregelungen (§ 22 MiLoG). Auch Bereitschaftszeiten, während der sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten muss, um bei Bedarf die Arbeit aufzunehmen, sind grundsätzlich mit dem Mindestlohn zu vergüten (BAG, 29.06.2016 – 5 AZR 716/15).
Praxistipp:
Der Mindestlohn kann dazu führen, dass in einer laufenden Beschäftigung kein Minijob mehr vorliegt und Versicherungspflicht eintritt. Soll dies verhindert werden, müsste rechtzeitig die Stundenzahl entsprechend verringert werden. Daher ist es wichtig, dies im Hinblick auf die Erhöhung des Mindestlohnes zum 01.01.2022 in den laufenden Fällen zu überprüfen. Bei dem neuen Mindestlohn darf die monatliche Arbeitszeit maximal 45,8 Stunden betragen (x 9,82 EUR = 449,76 EUR). Ab 01.07.2022 spricht der Mindestlohn bei 43 Stunden im Monat der Minijob-Grenze (43 X 10,45 EUR = 449,35 EUR). Sofern neben der Stundenvergütung noch Sonderzahlungen, wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld regelmäßig geleistet werden, sind auch diese anteilig auf die Grenze von 450 EUR anzurechnen. Dann gilt eine entsprechend verminderte monatliche Höchstgrenze für die Arbeitsstunden. Im Rahmen der Betriebsprüfungen wird auch die Einhaltung des allgemeinen Mindestlohnes überprüft.
Zu beachten sind auch die allgemeinverbindlichen, branchenbezogenen Mindestlöhne in der Abfallwirtschaft, der beruflichen Weiterbildung, im Dachdeckerhandwerk, im Elektrohandwerk, im Maler- und Lackiererhandwerk, in der Pflegebranche, im Schornsteinfegerhandwerk und im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk.
Nach der Rechtsprechung darf der Stundenlohn nicht sittenwidrig niedrig sein (LAG Berlin-Brandenburg, 20.04.2016 – 15 Sa 2258/15). Sittenwidrigkeit wird angenommen, wenn die Stundenvergütung den vergleichbaren Tariflohn bzw. die ortsübliche Vergütung um ein Drittel oder mehr unterschreitet (BAG, 22.04.2009 – 5 AZR 436/08; siehe hierzu auch die Urt. des LAG Berlin-Brandenburg, 07.11.2014 – 6 Sa 1148/14 u. 1149/14).
Das tatsächlich gezahlte Arbeitsentgelt ist aber dann zugrunde zu legen, wenn die geringere Vergütung im Rahmen eines arbeitsrechtlich zulässigen schriftlichen Verzichts zustande kam.
Praxistipp:
Hat der Arbeitnehmer z.B. in einem Arbeitsgerichtsverfahren eine höhere Vergütung erstritten und wird dadurch die 450-EUR-Grenze überschritten, tritt rückwirkend Versicherungspflicht ein. Die Meldungen und die Beitragsberechnung sind dann zu korrigieren. In der Regel kann in solchen Fällen der Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung nur eingeschränkt (§ 28g Satz 3 SGB IV) einbehalten werden. Eine zeitnahe Abwicklung ist zu empfehlen, da ansonsten zusätzlich noch Säumniszuschläge auf die Sozialversicherungsbeiträge anfallen.
4.6 Schwankende Bezüge
Schwankt das Arbeitsentgelt, ist dessen maßgebende Höhe zu schätzen. Dabei gelten die Grundsätze für die Ermittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts bei schwankenden Bezügen. Zu dem Arbeitsentgelt für den laufenden Monat sind die in den nächsten elf Monaten voraussichtlich zu erwartenden Entgelte hinzuzurechnen. Ist die Beschäftigung auf einen kürzeren Zeitraum angelegt, ist dieser zugrunde zu legen. Im Rahmen der Prognose kann auch auf Erfahrungen in der Vergangenheit (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, 28.06.2016 – L 18 KN 95/15) bzw. auf die Werte vergleichbarer Mitarbeiter zurückgegriffen werden. Ein Minijob liegt vor, wenn sich ergibt, dass mit hinreichender Sicherheit die zu erwartenden Verdienste der nächsten zwölf Monate im Durchschnitt monatlich 450 EUR nicht übersteigen. Dabei ist grundsätzlich auf zwölf Monate abzustellen, auch wenn infolge der en-bloc-Berücksichtigung des Übungsleiterfreibetrages in den ersten Monaten jedes Jahres kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt anfällt. Es ist nicht zulässig, dann den entsprechend kürzeren Zeitraum zugrunde zu legen (LSG Nordrhein-Westfalen, 28.06.2016 – L 18 KN 95/15, siehe auch Geringfügigkeits-Richtlinien der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger vom 26.07.2021, Abschn. B 2.2.1.6). Ändert sich die Vergütung, ist eine neue Prognose erforderlich. Wird danach die Grenze überschritten, tritt für die Zukunft Versicherungspflicht ein. Für die Vergangenheit bleibt es bei der Versicherungsfreiheit, auch wenn sich herausstellt, dass die Prognose falsch war.
Praxistipp:
Die erstmalige vorausschauende Betrachtung kann durch eine neue Jahresbetrachtung zu Beginn des nächsten Kalenderjahres ersetzt werden. Dadurch entspricht der Zeitraum der vorausschauenden Betrachtung dem abrechnungstechnisch relevanten Kalenderjahr.
Praxistipp:
Bei der Ermittlung der 450-Euro-Grenze ist das regelmäßige Arbeitsentgelt zu berücksichtigen. Unvorhergesehene und gelegentliche Überschreitungen (z.B. im Rahmen einer Vertretung eines erkrankten Kollegen) führen daher noch nicht zur Versicherungspflicht. Als gelegentlich wird ein Zeitraum von bis zu drei Monaten innerhalb eines Jahres angesehen (siehe auch oben, Abschnitt 4.2.).
Die genannten Grundsätze gelten allerdings nach den Geringfügigkeits-Richtlinien der Sozialversicherungsträger vom 26.07.2021 (Abschn. B 2.2.1.2) nicht, wenn der Umfang der Beschäftigung erheblichen Schwankungen unterliegt. Gedacht ist an Fälle, in denen der Verdienst während bestimmter Zeiten stark reduziert wird, sodass die Vergütung die Jahresgrenze von 5.400 EUR nicht übersteigt. Dies kann auch gelten, wenn die Schwankungen als saisonbedingt begründet werden. In diesen Fällen liegt für die Monate der Überschreitung eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vor. Hintergrund ist, dass bei solch hohen Schwankungen nicht mehr von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen werden kann; dadurch sind die einzelnen Beschäftigungszeiträume jeweils getrennt zu beurteilen. Dies gilt insbesondere, wenn diese erheblichen Schwankungen nicht den Gegebenheiten des Betriebsablaufs entsprechen.
Zur Möglichkeit, Schwankungen der Arbeitszeit durch ein Gleitzeitkonto auszugleichen, siehe Stichwort: Geringfügige Beschäftigung - Flexible Arbeitszeit.
4.7 Arbeit auf Abruf
Nach § 12 TzBfG können die Parteien des Arbeitsvertrages vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nach dem Arbeitsanfall zu erbringen hat. Zum 01.01.2019 ist die in diesen Fällen als vereinbart geltende Arbeitszeit von 10 auf 20 Stunden wöchentlich angehoben worden. Sie gilt immer dann, wenn keine wöchentliche Arbeitszeit festgelegt wurde. In diesem Fall ist für die Feststellung der Versicherungspflicht und die Erhebung von Beiträgen zur Sozialversicherung von dem Verdienst auszugehen, wie er fiktiv der wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden entsprechen würde - unabhängig davon, ob in diesem Umfang tatsächlich Arbeit geleistet oder vergütet wurde. Durch den gesetzlichen Mindestlohn kann es sich in solchen Fällen auch nicht mehr um einen geringfügig entlohnten und daher in Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfreien Minijob handeln.
Praxistipp:
In solchen Fällen ist es daher unerlässlich, eine Stundenzahl zu vereinbaren. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass nach § 12 Abs. 2 TzBfG die vereinbarte Mindestarbeitszeit um maximal 25 Prozent überschritten werden darf.
4.8 Entgeltumwandlung
Kein Arbeitsentgelt sind arbeitsrechtlich zulässige Entgeltumwandlungen zum Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung. Nach § 1a in Verbindung mit § 17 Abs. 1 BetrAVG besteht ein Anspruch auf Entgeltumwandlung für Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer Beschäftigung bei einem Arbeitgeber, gegen den sich der Anspruch auf Entgeltumwandlung richten würde, in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind. Danach könnten nur geringfügig entlohnt beschäftigte Arbeitnehmer, die nicht von der Rentenversicherungspflicht befreit sind, von ihrem Arbeitgeber verlangen, dass künftige Arbeitsentgeltansprüche durch Entgeltumwandlung für ihre betriebliche Altersversorgung verwendet werden. Die Sozialversicherungsträger sind jedoch bereits vor einigen Jahren zu der Auffassung gekommen, dass auch im Rahmen einer rentenversicherungsfreien geringfügigen Beschäftigung eine Entgeltumwandlung zulässig ist. Dies gilt auch, wenn infolge der Entgeltumwandlung die Vergütung unter 450 EUR sinkt und sich der Arbeitnehmer von der Rentenversicherungspflicht befreien lässt.
Eine Entgeltumwandlung ist beitragsfrei, wenn sie 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung nicht übersteigt. 2022 sind dies jährlich 3.348,00 EUR, also monatlich 282,00 EUR. Durch die Umwandlung kann aus einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ein Minijob werden (werden z.B. bei einem Monatsgehalt von 620 EUR 200 EUR zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung umgewandelt, mindert sich der maßgebende Verdienst für die Beurteilung der Versicherungspflicht auf 420 EUR und es liegt ein Minijob vor. Für die Berechnung der Pauschalbeiträge und für den Beitragsanteil des Minijobbers zur Rentenversicherung ist ebenfalls von 420 EUR auszugehen).
Allerdings kann es zu Problemen mit dem Finanzamt kommen, wenn die Einzahlungen in eine Direktversicherung und eine Pensionskasse zusätzlich zum vereinbarten Lohn und nicht im Wege einer Gehaltsumwandlung erfolgt: Das FG Münster hat eine geringfügige Beschäftigung der Ehefrau des Arbeitgebers steuerlich nicht anerkannt, da eine solche zusätzliche Zahlung für die Altersversorgung nicht fremdüblich sei (FG Münster, 20.11.2018 – 2 K 156/18 E).
Was können Sie tun?
Halten Sie Ihre Berechnungen schriftlich bei den Entgeltunterlagen oder der Personalakte fest und überprüfen Sie diese regelmäßig. Im Zweifel ist es sinnvoll, eine (schriftliche) Auskunft der Mini-Job-Zentrale oder der Krankenkasse einzuholen.
5. Rentenversicherungspflicht
5.1 Allgemeines
Siehe hierzu auch Abschnitt 2.
Der Minijobber kann durch Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung erklären. Der erforderliche Antrag muss von dem Minijobber eigenhändig unterschrieben werden. Soll die Befreiung vom Beginn der Beschäftigung an wirken, muss der Mitarbeiter dies im ersten Monat der Beschäftigung beim Arbeitgeber beantragen. Ansonsten wirkt der Antrag ab Beginn des Kalendermonats, in dem der Antrag dem Arbeitgeber vorgelegt wird. Der Arbeitgeber meldet dies innerhalb von sechs Wochen nach Eingang des Befreiungsantrages an die Mini-Job-Zentrale. Kommt von dort innerhalb eines Monats keine Reaktion, ist die Befreiung rechtskräftig. (§ 6 Abs. 1b, 3 SGB VI). Die Befreiung kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich beantragt werden und wirkt für die gesamte Dauer des jeweiligen Arbeitsverhältnisses. Ein Widerruf durch den Mitarbeiter ist daher nicht möglich (§ 6 Abs. 1b S. 4 SGB VI). Dies gilt auch unter Berücksichtigung des grundsätzlich anwendbaren Verfahrensrechts des SGB X (vgl. § 6 Abs. 3 S. 3 SGB VI; LSG Baden-Württemberg, 12.12.2019 – L 10 R 1323/19).
Was können Sie tun?
Im Rahmen der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten ist es angebracht, den Minijobber auf die Möglichkeit der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht hinzuweisen und darüber eine schriftliche Bestätigung zu den Personalunterlagen zu nehmen. Einzelheiten können auch der Broschüre "Mit Minijobs die Rente sichern" unter www.minijob-zentrale.de/Service/Download-Center/Broschüren entnommen werden.
Wird die Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber für mindestens zwei Monate unterbrochen, liegt ein neuer Minijob vor. Dadurch tritt erneut Versicherungspflicht in der Rentenversicherung ein. Der Minijobber kann dann wieder einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht stellen.
Von derselben Beschäftigung ist ebenfalls auszugehen, wenn die Beschäftigung nur deshalb abgemeldet wird, weil das Arbeitsverhältnis länger als einen Monat ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortbesteht (§ 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV). Zudem wird eine Beschäftigung nicht deshalb beendet, weil sie wegen Bezuges einer Entgeltersatzleistung (z.B. Verletztengeld, Übergangsgeld oder Versorgungskrankengeld) oder wegen Elternzeit unterbrochen wird. In diesen Fällen wirkt die vorherige Befreiung fort.
Praxistipp:
Im Hinblick auf die Einführung der Grundrente ist für den Minijobber zu bedenken, dass hierfür mindestens 33 Jahre Beiträge zur Rentenversicherung aus Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit erforderlich sind. Soweit der Mitarbeiter aus dem Minijob eigene Beiträge zur Rentenversicherung zahlt, werden also diese Zeiten auf die Dauer der Beitragsleistung angerechnet – bei Befreiung dagegen nicht. Allerdings haben die Beiträge keinen Einfluss auf die Höhe der Grundrente, da eine Berücksichtigung nur bei einem Einkommen von mindestens 30 Prozent des Durchschnittseinkommens aller Versicherten erfolgt.
5.2 Altersrentner
Seit 01.01.2017 sind Bezieher einer Altersvollrente vor Erreichen der Regelaltersgrenze versicherungspflichtig in der Rentenversicherung. Gleichzeitig wird dadurch auch der künftige Rentenanspruch erhöht. Soweit es sich um einen Minijob handelt, können sich die betroffenen Mitarbeiter jedoch davon befreien lassen. Der Arbeitgeber muss aber auch in diesem Fall den Pauschalbeitrag von 15 Prozent bezahlen; dies wirkt sich aber nicht rentensteigernd aus. Da der Verdienst aus dem Minijob nicht die Verdienstgrenze von 6.000 EUR übersteigt, führt der Hinzuverdienst nicht zu einer Kürzung der Rente.
Wurde der Minijob bereits vor 2017 begonnen, bleibt es bei der Versicherungsfreiheit; der Rentner kann aber darauf verzichten und durch die zusätzlichen Beiträge seine Rente ab Erreichen der Regelaltersgrenze erhöhen.
Nach Erreichen der Regelaltersgrenze besteht Versicherungsfreiheit. Der Mitarbeiter kann aber darauf verzichten und muss in diesem Fall seinen Beitragsanteil (3,6 %) bezahlen. Auch dadurch wird der Rentenanspruch erhöht. Die Anpassung erfolgt jeweils zum 01.07. des Folgejahres. Minijobber, die sich in der Vergangenheit von der Rentenversicherungspflicht befreien ließen, können auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze nicht auf die Versicherungsfreiheit verzichten.
Der Verzicht auf die Versicherungsfreiheit ist schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber zu erklären und wirkt für die Zukunft. Er ist für die gesamte Dauer des Minijobs bindend. Die Verzichtserklärung muss zu den Entgeltunterlagen genommen werden. Vordrucke dafür gibt’s bei den Rentenversicherungsträgern und bei den Krankenkassen (siehe z.B. www.aok.de/Arbeitgeber/Tools/Formulare und Anträge/Erklärung zum Verzicht auf die Rentenversicherungsfreiheit).
Soweit aufgrund dieser Regelungen Rentenversicherungspflicht eintritt, müssen entsprechende Meldungen gegenüber der Mini-Job-Zentrale gemacht werden. Der Verzicht auf die Rentenversicherungsfreiheit ist der Mini-Job-Zentrale durch eine Abmeldung mit der Beitragsgruppe 6500 und dem Abgabegrund 32 und eine Anmeldung mit der Beitragsgruppe 6100 und dem Abgabegrund 12 (Personengruppe 109) anzuzeigen.
Siehe dazu auch Stolpersteine – Beschäftigte Rentner sowie die Geringfügigkeits-Richtlinien der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger vom 26.07.2021, Abschn. B 2.2.3.2.2.
Durch Art. 4 des Gesetzes für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sozialschutz-Paket) vom 27.03.2020 (BGBl. I. Nr. 14 S. 575), wird die Hinzuverdienstgrenze für Bezieher von vorgezogenen Altersrenten und wegen voller Erwerbsminderung vom 01.01. bis 31.12.2020 auf 44.590 EUR erhöht. Durch Art. 9c Nr. 3 des Arbeitsschutzkontrollgesetzes vom 22.12.2020 (BGBl. I Nr. 67 S. 3334) wurde die Regelung bis zum 31.12.2021 verlängert und die Hinzuverdienstgrenze für 2021 auf 46.060 EUR erhöht. Dieser Wert gilt auch für 2022 (Art. 6a des Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 22.11.2021 (BGBl. I Nr. 79, S. 4906). Damit soll im Hinblick auf die Corona–Pandemie den Rentnern die Fortführung ihres Arbeitsverhältnisses bzw. der Wiedereinstieg in eine Erwerbstätigkeit erleichtert werden (BT-Drs. 19/18107 S. 19). Die Anhebung der Hinzuverdienstgrenze wirkt sich aber nicht auf die Prüfung der Versicherungspflicht aus. Hier bleibt es bei der Grenze von 450 EUR monatlich bzw. 5.400 EUR jährlich.
6. Entgeltunterlagen
6.1 Allgemeines
Auch für Minijobber sind die üblichen Entgeltunterlagen zu führen (siehe § 8 BVV). Hierzu gehören insbesondere:
Der schriftliche Arbeitsvertrag oder die Niederschrift über die wesentlichen Arbeitsbedingungen nach § 2 Abs. 1 NachwG;
das Arbeitsentgelt, seine Zusammensetzung und seine zeitliche Zuordnung;
die Erklärung des Minijobbers über evtl. weitere Beschäftigungen einschließlich der Aufklärung über die Pflicht, Änderungen unverzüglich anzuzeigen (ggf. Personalfragebogen verwenden (Abschn. 3);
die Berechnung zur Prüfung der Versicherungspflicht (regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt),
ggf. Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung (mit dem Eingangsdatum versehen – siehe 2.1);
bei Personen, die die Regelaltersgrenze in der Rentenversicherung erreicht haben: Ggf. Erklärung über den Verzicht auf die Rentenversicherungsfreiheit (siehe 5.2). Auf der Verzichtserklärung muss der Tag des Eingangs beim Arbeitgeber dokumentiert werden.
Ggf. der Nachweis über eine bestehende private Krankenversicherung im In- oder Ausland zum Nachweis, dass kein Pauschalbeitrag zur Krankenversicherung zu zahlen ist (siehe 2.3).
Siehe auch Stolpersteine – Entgeltunterlagen.
6.2 Nachweis der Arbeitszeit
Durch das Mindestlohngesetz wurden auch zusätzliche Dokumentationspflichten für Minijobber eingeführt (§ 17 Abs. 1 MiLoG). Danach besteht die Pflicht Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit spätestens bis zum Ablauf des siebten Tages nach dem Tag der Arbeitsleistung aufzuzeichnen und die Aufzeichnungen zwei Jahre aufzubewahren. Erleichterungen gelten für Arbeitnehmer, die ausschließlich mobil arbeiten (siehe MiLoAufzV).
Praxistipp:
Wie die Aufzeichnungen vorgenommen werden, ist im Gesetz nicht vorgegeben. Außerdem besteht auch keine Gegenzeichnungspflicht durch die Mitarbeiter. Die Zollbehörden – Finanzkontrolle Schwarzarbeit – überprüfen die Einhaltung des Mindestlohngesetzes (§ 14 MiLoG). Wurden die Aufzeichnungspflichten nicht eingehalten, drohen empfindliche Bußgelder.
Im Rahmen von Betriebsprüfungen werden ebenfalls Nachweise über die geleistete Arbeitszeit verlangt. Begründet wird dies neben der Einhaltung des Mindestlohnes auch mit der Beurteilung der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie mit der Überprüfung der zustehenden Vergütung bei Anwendbarkeit von Tarifverträgen, die für allgemeinverbindlich erklärt wurden (siehe hierzu auch Abschnitt 4.2). Daher sollten Sie entsprechende Aufzeichnungen griffbereit haben.
Das Minijob-Arbeitsverhältnis ist ein vollwertiges Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten. Daher erwartet das Gesetz von dem Arbeitgeber die gleiche Sorgfalt u.a. bei der Erfassung der Arbeitszeit wie im Vollarbeitsverhältnis. Ist der Vortrag des Arbeitgebers bei arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen gegenüber den Aussagen der Arbeitnehmerin in weiten Strecken widersprüchlich, teilweise falsch und teilweise vertragswidrig, so stellt sich diese weder als wahr noch als vollständig dar (LAG Köln, 09.09.2021 - 6 Sa 1245/20).
7. Meldungen
Auch für Mini-Jobber sind Meldungen zu machen - im gleichen Umfang wie für andere Beschäftigte. Sie sind bei der Mini-Job-Zentrale einzureichen. In verschiedenen Branchen besteht die Verpflichtung, Sofortmeldungen am Tag des Eintrittes eines neuen Mitarbeiters zu machen (siehe Stolpersteine - Sofortmeldungen). Dies gilt auch für Mini-Jobs. Liegt bei Arbeitnehmern, die rentenversicherungspflichtig sind, der Verdienst unterhalb der Mindestbemessungsgrundlage, ist dieser Wert als rentenversicherungspflichtiges Entgelt zu melden. Für die Unfallversicherung ist lediglich bis zum 16.02. des Folgejahres die separate Jahresmeldung mit Grund 92 abzugeben. Meldungen mit dem Beitragsgruppenschlüssel 0 für die Rentenversicherung dürften nur erstattet werden, wenn
der Arbeitnehmer für die aktuell ausgeübte Beschäftigung von der Rentenversicherung befreit wurde,
es sich um einen Beamten handelt und die Versorgungsanwartschaft auf die Nebenbeschäftigung erstreckt wurde,
es sich um einen Studenten handelt, der in einem nicht vorgeschriebenen Zwischenpraktikum tätig ist.
Zu verwenden sind die Abgabegründe "10" (Anmeldung), "30" (Abmeldung) bzw. "40" (An- und Abmeldung).
Soweit es zu Unterbrechungen des Minijobs ohne Verdienst kommt (z.B. wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit über das Ende der Entgeltfortzahlung hinaus oder wegen unbezahltem Urlaub), die länger als einen (Zeit)Monat andauern, muss zum Ende der Monatsfrist eine Unterbrechungsmeldung erstellt werden. Nach Wiederaufnahme der Arbeit ist eine Anmeldung mit Grund 13 zu machen.
Durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 12.06.2020 (BGBl. I Nr. 28 S. 1248) wurde in § 28a Abs. 1a SGB IV klargestellt, dass der Arbeitgeber, der seine Entgeltabrechnung an Dritte, wie Steuerberater oder Rechenzentren ausgelagert hat dessen ungeachtet in vollem Umfang für die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten haftet. Die Regelung ist am 01.07.2020 in Kraft getreten. Sie gilt insbesondere für das Melderecht.
Durch Art. 1 Nr. 11 des Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 12.06.2020 (BGBl. I Nr. 28 S. 1248) sind die Arbeitgeber künftig bei Entgeltmeldungen für Minijobber verpflichtet, anzugeben, ob die Lohnsteuer pauschal oder nach individuellen Steuermerkmalen erhoben wird (§ 28a Abs. 3 Buchst. f SGB IV n.F.). Außerdem sind die steuerlichen Identifikationsnummern des Arbeitgebers und des Beschäftigten anzugeben. Hintergrund ist, dass bei einer geringfügigen Beschäftigung die Minijob-Zentrale nicht nur als zuständige Einzugsstelle handelt, sondern zugleich als Steuerbehörde. Sie hat zu prüfen, ob die Steuern für die geringfügig Beschäftigten korrekt und in voller Höhe entrichtet werden (BT-Drs. 19/17586 S. 72). Für alle geringfügig entlohnten Beschäftigten ist ab 01.01.2022 auf den Meldungen der neue Datenbaustein Steuerdaten (DBST) enthalten. Anzugeben ist die Steuernummer des Arbeitgebers, die steuerliche Identifikationsnummer des Beschäftigten und die Kennzeichnung der Art der Besteuerung. Wenn der Arbeitnehmer noch keine steuerliche Identifikationsnummer hat, kann die Meldung ohne das Kennzeichen abgegeben werden. Soweit die steuerliche Identifikationsnummer zwar vergeben, aber nicht bekannt ist, kann die erneute Übermittlung von dem Betroffenen per Chat mit einem virtuellen Assistenten unter www.bzst.de beantragt werden. Erstmals besteht diese Verpflichtung bereits bei der Jahresmeldung für das Kalenderjahr 2021.
Praxistipp:
Art der Besteuerung:
1 = Einheitliche Pauschalsteuer von zwei Prozent;
0 = Individuelle Besteuerung nach den Steuerabzugsmerkmalen oder keine Steuer.
Fehlende Jahresmeldungen werden ab 2021 elektronisch angefordert. Reagiert der Arbeitgeber darauf nicht, erfolgt auch das weitere Verfahren elektronisch.
Praxistipp:
Die Jahresmeldungen für geringfügig Beschäftigte und die Jahresmeldungen zur Unfallversicherung sind in das elektronische Verfahren nicht einbezogen.
8. Gesetzliche Unfallversicherung
Auch Minijobber gehören der gesetzlichen Unfallversicherung an. Im Pauschalbeitrag, den die Mini-Job-Zentrale erhebt, ist der Beitrag zur Berufsgenossenschaft nicht enthalten. Die Anmeldung zur gesetzlichen Unfallversicherung müssen gewerbliche Arbeitgeber zusätzlich erledigen. In Privathaushalten kann der Haushaltsscheck verwandt werden; die Anmeldung bei der Unfallversicherung wird dann von der Minijob-Zentrale erledigt. Siehe zum Meldewesen für gewerbliche Arbeitgeber auch Abschnitt 7.
9. Umlagen
Für die Minijobber fallen auch die Umlagen für die Entgeltfortzahlung, die Mutterschaftsaufwendungen sowie die Insolvenzgeldumlage an. Maßgebend für die Berechnung ist das Arbeitsentgelt, das für die Beiträge der Rentenversicherung anzusetzen ist oder das bei Rentenversicherungspflicht maßgebend wäre. Dabei spielt die Mindestbemessungsgrundlage von 175 EUR keine Rolle – maßgebend ist die tatsächlich erzielte Vergütung. Die Umlagesätze der Mini-Job-Zentrale betragen
für die Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit 0,9 Prozent,
für die Arbeitgeberaufwendungen bei Mutterschaft 0,29 Prozent.
Die Insolvenzgeldumlage beträgt für das Jahr 2022 0,09 Prozent.
10. Riester-Vorteile nutzen!
Minijobber, die rentenversicherungspflichtig sind, können Riester-Zulagen bekommen. Bei Zahlung des Mindestbeitrages von 60 EUR im Jahr werden die Grundzulage von 175 EUR und ggf. die Kinderzulagen (je Kind, das vor 2008 geboren ist, 185 EUR, für ab 2008 geborene Kinder 300 EUR) jährlich fällig. Bei Ehepaaren, die miteinander verheiratet sind und die nicht getrennt leben, wird die Kinderzulage automatisch der Mutter zugeordnet. Ist der Ehegatte nicht rentenversicherungspflichtig, ist er bei Zahlung des Mindestbeitrages ebenfalls mittelbar zulagenberechtigt.
Durch die hohen Zulagen und den geringen Mindestbeitrag bietet ein Riester-Vertrag eine günstige Möglichkeit, für das Alter vorzusorgen.
11. Kurzarbeit
Minijobber haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, da sie nicht arbeitslosenversicherungspflichtig sind. Das BAG hat klargestellt, dass der Arbeitgeber bei Beschäftigten, die keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben nicht immer in Annahmeverzug kommt und daher nach § 615 S. 1 und 3 BGB nicht zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet ist. Denn der Arbeitgeber trägt das allgemeine Betriebsrisiko nur insoweit, als es sich für einen bestimmten Betrieb verwirklicht. Das ist aber nicht der Fall, wenn zum Schutz der Bevölkerung durch behördliche Anordnung die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert werden und daher nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden. Soweit dies infolge der SARS-CoV-2-Pandemie der Fall war, haben die betroffenen Arbeitnehmer wegen der Arbeitsausfälle keine Ansprüche gegen den Arbeitgeber (BAG, 13.10.2021 – 5 AZR 211/21). Etwas anderes kann gelten, wenn ein Betrieb teilweise geschlossen wird oder einzelne Betriebe Kurzarbeit anmelden müssen.
Während der Kurzarbeit nehmen Mitarbeiter oft Minijobs auf, um den Entgeltverlust auszugleichen. Dabei wird oft übersehen, dass der Verdienst aus dem Minijob als Istentgelt angesehen wird und dadurch die Bemessungsgrundlage für das Kurzarbeitergeld geringer ist. Keine Auswirkungen haben Minijobs, die bei Beginn der Kurzarbeit bereits bestehen.
In der Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 2020 wurde Entgelt aus einer anderen, während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommenen Beschäftigung dem Ist-Entgelt nicht hinzugerechnet, soweit das Entgelt aus der neu aufgenommenen Beschäftigung zusammen mit dem Kurzarbeitergeld und dem verbliebenen Ist-Entgelt aus der ursprünglichen Beschäftigung die Höhe des Soll-Entgelts aus der Beschäftigung, für die Kurzarbeitergeld gezahlt wird, nicht übersteigt (§ 421c Abs. 1 SGB III i.d.F. durch Art. 1 Nr. 31a des Gesetzes zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung vom 20.05.2020 (BGBl. I Nr. 24 S. 1044). Durch Art. 1 Nr. 11 des Gesetzes zur Beschäftigungssicherung infolge der COVID-19-Pandemie (Beschäftigungssicherungsgesetz-BeschSiG) vom 03.12.2020 (BGBl. I Nr. 59 S. 2691) wurde § 421c Abs. 1 SGB III neu gefasst. Aktuell wird bis zum 30.06.2022 das Entgelt aus einer wegen der Höhe des Entgelts geringfügigen Beschäftigung i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV, die während des Bezuges von Kurzarbeit aufgenommen wurde, nicht dem Ist-Entgelt zugerechnet (§ 421c Abs. 1 SGB III i.d.F. durch Art. 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung von Sonderregelungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie beim Kurzarbeitergeld und anderer Leistungen, das der Bundestag am 18.02.2022 beschlossen und dem der Bundesrat am 11.03.2022 gebilligt hat). Im Gegensatz zu der ursprünglichen Regelung bleiben damit nur noch Mini-Jobs anrechnungsfrei beim Kurzarbeitergeld, nicht aber kurzfristige Aushilfsbeschäftigungen.
12. Besonderheiten bei Arbeitslosen
Ist der Minijobber arbeitslos, hat dies keine Auswirkungen, die der Arbeitgeber zu beachten hätte. Allerdings ist der Mitarbeiter verpflichtet, den Verdienst der Arbeitsverwaltung mitzuteilen, weil der Nettoverdienst auf das Arbeitslosengeld I und II angerechnet wird. Bei Arbeitslosengeld I gilt ein Freibetrag von 165 EUR, bei Arbeitslosengeld II von 100 EUR monatlich. Bei Arbeitslosengeld II werden höhere Verdienste teilweise auf die Leistung angerechnet.
13. Kinderbetreuung
Bei notwendiger Betreuung eines Kindergarten- oder Schulkindes bis zum Alter von 12 Jahren besteht ein Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 67 Prozent des Verdienstausfalls; für einen vollen Monat maximal 2.016 EUR. Sie wird vom Arbeitgeber ausgezahlt und kann mit der nach Landesrecht zuständigen Stelle abgerechnet werden. Der Anspruch auf die Entschädigung besteht für maximal zehn, bei Alleinerziehenden für 20 Wochen. Voraussetzung ist, dass kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen den Arbeitgeber besteht und keine andere Möglichkeit gegeben ist, der Arbeit bezahlt fernzubleiben (z.B. Abbau von Zeitguthaben). Die Leistung steht auch Minijobbern zu.
Für die Abgaben an die Minijob-Zentrale ist zu beachten, dass diese aus 80 Prozent des Bruttoverdienstes zu bemessen sind. Die zuständige Behörde trägt die Beiträge allein, so dass in der Rentenversicherung der Minijobber keinen Beitragsanteil zu tragen hat. Für den Beitrag zur Rentenversicherung ist die Mindestbemessungsgrundlage von 175 EUR zu berücksichtigen, so dass in diesem Fall der Beitrag aus 80 % von 175 EUR = 140 EUR zu berechnen ist.
Aufgrund der Corona-Pandemie wurde für gesetzlich Krankenversicherte, die einen Anspruch auf Krankengeld haben, ein vorrangiger Anspruch auf Kinderkrankengeld eingeführt. Da Minijobber keinen Anspruch auf Krankengeld haben, können sie diese Leistung nicht beanspruchen.
14. Steuerrecht
Durch die Pauschalsteuer von 2 % sind Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer abgegolten. Daher sind die Einnahmen aus dem Minijob in der Einkommensteuererklärung nicht anzugeben. Dies gilt nicht, wenn die Einnahmen individuell nach der Lohnsteuerklasse versteuert werden.
Aufgrund Art. 1 Nr. 11 des Siebten Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 12.06.2020 soll ab 01.01.2021 in den Meldungen zur Minijob-Zentrale zusätzlich die Steuernummer des Arbeitgebers, die Steueridentifikationsnummer der Beschäftigten sowie die Art der Besteuerung angegeben werden (BT-Drs. 19/17586). Siehe hierzu Abschn. 7.
15. Hier können Sie sparen!
Die Pauschalsteuer kann auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden. Dies gilt aber nicht für die Sozialversicherung. Statt der pauschalen Besteuerung von 2 Prozent können Sie die Besteuerung auch nach den individuellen Steuermerkmalen durchführen. Gehört der Arbeitnehmer den Steuerklassen I bis IV an, fallen bei Mini-Jobs nach der Monatstabelle keine Steuerabzüge an. In den Klassen V und VI sind dagegen Steuern zu zahlen. Die individuell versteuerten Verdienste sind unabhängig von der Steuerklasse bei der jährlichen Einkommensteuererklärung anzugeben. Liegt das Jahreseinkommen unter dem Grundfreibetrag, werden evtl. Abzüge dem Arbeitnehmer vom Finanzamt erstattet.
Praxistipp:
Soweit der Minijobber nicht gesetzlich krankenversichert ist, fällt kein Pauschalbeitrag (13 % der Vergütung) zur Krankenversicherung an. Dies gilt auch z.B. bei Beschäftigung von Flüchtlingen oder bei privat versicherten Beamten.
Gezahlt werden muss der Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung jedoch bei der Beschäftigung von Altersvollrentnern, auch wenn diese nicht versicherungspflichtig sind (Meldung: Beitragsgruppenschlüssel Rentenversicherung: 5).
Erfüllt der Minijob gleichzeitig auch die Merkmale einer kurzfristigen Beschäftigung, ist es günstiger, die Aushilfstätigkeit als kurzfristige Beschäftigung zu melden, da dann Versicherungsfreiheit besteht und keine Pauschalbeiträge anfallen. Ob Entgeltgeringfügigkeit oder Zeitgeringfügigkeit vorliegt, richtet sich danach, ob eine Beschäftigung regelmäßig oder nur gelegentlich ausgeübt wird. Das Merkmal der Regelmäßigkeit ist erfüllt bei Dauerbeschäftigungen. Darüber hinaus sind Beschäftigungen regelmäßig, wenn den künftigen und in kurzer Zeit aufeinander folgenden Arbeitseinsätzen ein gewisser Rhythmus zu Grunde liegt, sie also in gewissem Maße vorhersehbar oder planbar sind. Konkrete Terminbestimmungen oder Planungen sind aber nicht erforderlich. Ebenso ist unbeachtlich, dass der Mitarbeiter den einzelnen, konkreten Einsatz ablehnen kann (LSG Sachsen, 21.03.2014 – L 1 KR 222/09). Ist eine Beschäftigung auf ständige Wiederholung gerichtet und soll sie über mehrere Jahre ausgeübt werden, spricht gewöhnlich viel für ihre Regelmäßigkeit. Der Umkehrschluss, dass eine Beschäftigung, bei der nicht von vornherein feststeht, dass sie über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden soll, nicht regelmäßig ist, ist jedoch nicht zulässig. Vielmehr kann auch eine auf nicht mehr als ein Jahr befristete Beschäftigung regelmäßig i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV sein (BSG, 05.12.2017 – B 12 KR 16/15 R).
Einheitliche Beschäftigungsverhältnisse mit wechselnden Inhalten dürfen bei der Beurteilung der Versicherungspflicht im Rahmen einer kurzfristigen Tätigkeit nicht aufgeteilt werden: Das SG Heilbronn hat entschieden, dass das Pflanzen und Pflücken von Beeren für die Beurteilung der Versicherungspflicht als eine einheitliche Tätigkeit im Obstbau zu bewerten ist und nicht in mehrere Beschäftigungsverhältnisse (Anpflanzen und Ernten) aufgeteilt werden kann. Es handele sich nicht um völlig unabhängig voneinander bestehende Tätigkeiten (SG Heilbronn, 21.12.2017 – S 1 R 219/17).
Weitere Einzelheiten siehe auch Stolpersteine – Aushilfen.
Praxistipp:
Da die versicherungsrechtliche Beurteilung in diesen Fällen komplex ist, ist es sinnvoll eine Auskunft der Krankenkasse einzuholen und diese ggf. zu den Lohnunterlagen zu nehmen.
16. Arbeitsunfähigkeit
Minijobber haben, wie andere Arbeitnehmer auch, einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Die Arbeitsunfähigkeit muss gegenüber dem Arbeitgeber nachgewiesen werden. Voraussichtlich ab 01.07.2022 erfolgt dies im Regelfall nicht mehr via Papiernachweis (gelbe Bescheinigung des Arztes), sondern per Datenabruf bei der Krankenkasse (§ 109 SGB IV). Ausgenommen davon sind vorerst die geringfügig Beschäftigten. Bei Realisierung des elektronischen Verfahrens besteht bei ihnen die Besonderheit, dass die erforderlichen Daten nicht bei der Mini-Job-Zentrale vorliegen, sondern bei der Krankenkasse, bei der der Minijobber versichert ist.
17. Service
Die Mini-Job-Zentrale hält im Internet unter "Service" für Arbeitgeber mehrere Tools bereit. Dazu gehört u.a. ein Minijob-Rechner, der aufzeigt, welche Abgaben bei einem Minijob anfallen. U.a. kann die Umlagepflicht festgestellt oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung angefordert werden.
18. Datenschutz
Der Beschäftigten-Datenschutz ergibt sich aufgrund der Öffnungsklausel in § 88 DSGVO aus § 26 BDSG. Aber auch bei Anwendung dieser Vorschrift sind die generellen Vorgaben der DSGVO und des BDSG zu beachten.
Die Verarbeitung (dazu gehören z.B. das Erheben, Erfassen, Organisieren, Speichern, Löschen und Vernichten) der Daten von Beschäftigten ist u.a. zulässig, soweit die Informationen im Zusammenhang mit der Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind. Dies ist hinsichtlich der Anfrage über weitere Beschäftigungsverhältnisse der Fall, weil der Arbeitgeber die Informationen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung benötigt. Darüber hinaus ist der Mitarbeiter gesetzlich verpflichtet, dem Arbeitgeber die zur Durchführung des Meldeverfahrens und der Beitragszahlung erforderlichen Angaben zu machen und ggf. Unterlagen vorzulegen. Bei mehreren Beschäftigungen gilt dies gegenüber allen beteiligten Arbeitgebern (§ 28o Abs. 1 SGB IV).