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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Mobbing - Gegenmaßnahmen des Arbeitgebers
Mobbing - Gegenmaßnahmen des Arbeitgebers
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Der betroffene Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber Anspruch darauf, dass dieser die zur Beseitigung des Mobbings erforderlichen Maßnahmen ergreift. Dies ergibt sich aus der Fürsorgepflicht, dem AGG und aus § 75 Abs. 2 BetrVG. Der Arbeitgeber muss nur solche Maßnahmen ergreifen, die er nach den Umständen des Einzelfalles als verhältnismäßig ansehen darf und die ihm zumutbar sind. Es ist Sache des Arbeitgebers, zu entscheiden, wie er auf Konfliktlagen reagieren will und zwar unbeschadet des Streites um ihre Ursachen (LAG Mecklenburg-Vorpommern, 30.07.2019 – 5 Sa 233/18). Er muss insbesondere nicht zunächst die Ursachen und die Verantwortlichkeiten für den Konflikt im Einzelnen aufklären (LAG Berlin-Brandenburg, 02.10.2019 – 20 Sa 264/19). Der Arbeitnehmer hat allerdings Anspruch auf die Ausübung rechtsfehlerfreien Ermessens durch den Arbeitgeber (BAG, 25.10.2007 – 8 AZR 593/06). Es obliegt auch dem Arbeitgeber, durch geeignete Maßnahmen, wie z.B. entsprechende Führungstrainings oder Betriebsvereinbarungen für ein Klima zu sorgen, in dem Mobbing weitgehend vermieden wird. Wichtig ist es, dass Führungskräfte in der Lage sind, schnell einzugreifen und eine klare Position zu beziehen.
Praxistipp:
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hält verschiedene Publikationen für Beschäftigte, Arbeitgeber und Betriebsräte bereit (www.antidiskriminierungsstelle.de).
2. Unterrichtung/Ermahnung
Der Arbeitnehmer hat seine Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag so zu erfüllen, seine Rechte so auszuüben und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebes nach Treu und Glauben erwartet werden kann. Hierzu gehört insbesondere auch die Beachtung der Regeln hinsichtlich des Verhaltens und der Ordnung des Betriebes sowie der Wahrung des Betriebsfriedens. Eine Nebenpflichtverletzung kann auch vorliegen, wenn in fahrlässiger Weise die Verbreitung diskriminierender Äußerungen über andere Mitarbeiter begünstigt wird (LAG Hamm, 23.11.2020 – 1 Sa 1878/19).
Da die Ordnung des Betriebes und damit auch der Betriebsfrieden durch nachhaltiges Mobbing empfindlich gestört wird, ist der Arbeitgeber verpflichtet, alsbald nach Kenntnis und Klärung des Sachverhalts den "mobbenden" Arbeitnehmer auf die Unzulässigkeit seines Verhaltens anzusprechen und ihm deutlich zu machen, dass sein Verhalten keineswegs hingenommen werde (Kritikgespräch). Erster Schritt ist damit die Ermahnung des mobbenden Arbeitnehmers.
Damit es nicht zu Mobbing kommt, wird die Schaffung einer entsprechenden Unternehmenskultur empfohlen. Dafür können folgende Maßnahmen sinnvoll sein:
Aufklärung über Mobbing und seine Auswirkungen,
Verstärkte Auswahl der Führungskräfte nach sozialer Kompetenz,
Training der Sozialkompetenz von Führungskräften,
Verstärkung der Transparenz und Kommunikation im Betrieb,
Verbesserung der sozialen Arbeit im Betrieb.
3. Abmahnung
Soweit eine Ermahnung nicht zum Erfolg führt bzw. sie im Hinblick auf die Mobbingattacken nicht ausreichend erscheint, kann eine Abmahnung erfolgen. Damit wird das Fehlverhalten dokumentiert, dem Täter die Missbilligung seines vertragswidrigen Verhaltens vor Augen geführt und gleichzeitig für den Wiederholungsfall eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses angedroht. Die Abmahnung wird zu den Personalakten genommen. Eine Abmahnung kann auch Voraussetzung für eine spätere ordentliche oder außerordentliche Kündigung sein.
4. Versetzung
Als weitere personelle Maßnahme kann - je nach Sachlage - der Arbeitgeber aus der ihm obliegenden Fürsorgepflicht gehalten sein, den mobbenden Arbeitnehmer und den betroffenen Arbeitnehmer durch Versetzung oder Umsetzung des einen und/oder des anderen so zu trennen, dass persönliche Kontakte im Betriebsablauf weitgehend ausgeschlossen bleiben. Eine solche Maßnahme kann in einer konfliktbeladenen Arbeitssituation im Rahmen billigen Ermessens liegen; und sie ist deshalb nicht als treuewidrig einzustufen (LAG Hamm, 18.11.2010 – 15 Sa 508/10). Die Wahrung des billigen Ermessens verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Dem Arbeitgeber verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum (LAG Berlin-Brandenburg, 02.10.2019 - 20 Sa 264/19).
Grundsätzlich liegt es daher – unabhängig von den Ursachen der Streitigkeiten - im Ermessen des Arbeitgebers, eine Versetzung vorzunehmen. Er muss die Verantwortlichkeit für die Konflikte dabei nicht im Detail aufklären (LAG Mecklenburg-Vorpommern, 30.07.2019 – 5 Sa 233/18; LAG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Eine evtl. tarifvertraglich vorgeschriebene Verpflichtung zu Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers ist grundsätzlich verbindlich. Die Nichtbeachtung dieser Verpflichtung führt aber nicht zur Unwirksamkeit der Versetzung. Der Arbeitgeber trägt das Risiko, wenn er durch die unterbliebene Anhörung berechtigte Interessen des Arbeitnehmers nicht ausreichend berücksichtigt und die Versetzung daher nicht dem billigen Ermessen entspricht (LAG Mecklenburg-Vorpommern u. LAG Berlin-Brandenburg a.a.O.).
Soweit der mobbende Mitarbeiter Vorgesetzter des Opfers ist, kann auch der Entzug der Vorgesetztenfunktion durch Vereinbarung oder Änderungskündigung in Frage kommen (LAG Rheinland-Pfalz, 11.04.2019 – 5 Sa 339/18).
5. Kündigung
5.1 Kündigung des Mobbenden
Der Arbeitgeber kann im Wiederholungsfall und regelmäßig nach vorheriger Abmahnung verhaltensbedingt gem. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG kündigen.
Vorgesetzte einer öffentlichen Einrichtung dürfen nachgeordnete Mitarbeiterinnen nicht mit dem Anschein einer dienstlichen Verpflichtung zum gemeinsamen Verbringen von Freizeit und Alkoholkonsum zu zweit drängen oder in sonstiger Form wie u.a. durch mehrfache unerwünschte nächtliche Nachrichten oder Anrufe für private Interessen in Anspruch nehmen. Dies gilt insbesondere, soweit von Seiten des Vorgesetzten Fragen der Sexualität ohne jeden Bezug zur Arbeitsleistung thematisiert werden. Erkennbar unerwünschte Umarmungen nachgeordneter Mitarbeiterinnen sind zu unterlassen. Abhängig von den Umständen des Einzelfalls und soweit eine negative Prognose gestellt werden kann, kann eine Verletzung dieser Pflichten eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen (LAG Berlin-Brandenburg, 25.09.2020 - 9 Sa 500/20).
Bei groben Verstößen, wie Beleidigungen und bei sexueller Belästigung kann auch eine fristlose Kündigung ohne vorhergehende Abmahnung gem. § 626 BGB in Betracht kommen, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers einen besonders schweren Verstoß gegen die Haupt- oder Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag darstellt (LAG Köln, 19.06.2020 – 4 Sa 644/19). Mobbing ist bei schwerwiegenden Verstößen an sich geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung abzugeben (LAG Thüringen, 15.02.2001 – 5 Sa 102/00). Sexuelle Belästigungen begründen für sich betrachtet keinen Automatismus für die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung. Insbesondere muss aufgrund der Gesamtumstände geprüft werden, ob eine Abmahnung entbehrlich ist. Dabei kommt es u.a. darauf an, ob durch eine Abmahnung die eingetretene Störung des Arbeitsverhältnisses für die Zukunft beseitigt werden kann (vgl. LAG Hamm, 23.02.2022 – 10 Sa 492/21).
Bei der erforderlichen Interessenabwägung im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung gilt Folgendes: Je intensiver das "Mobbing" erfolgt, umso schwerwiegender und nachhaltiger wird die Vertrauensgrundlage für die Fortführung des Arbeitsverhältnisses zerstört. Muss der Mobbingtäter erkennen, dass das Mobbing zu einer Erkrankung des Opfers geführt hat und setzt er stattdessen das Mobbing dennoch weiter fort, dann kann für eine auch nur vorübergehende Weiterbeschäftigung des Täters kein Raum sein (LAG Thüringen, 12.02.2001 – a.a.O.). Im Rahmen der Interessenabwägung ist auch zu berücksichtigen, inwieweit das Fehlverhalten des Mobbingtäters zu Störungen im Betriebsablauf geführt hat und welche Auswirkungen sich für das Betriebsklima und die Arbeitsdisziplin insgesamt ergeben. Zugunsten des Täters sind die persönlichen Umstände wie Lebensalter, Unterhaltspflichten, Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie das bisherige Verhalten des Mobbers sowie ein evtl. Mitverschulden des Gemobbten zu berücksichtigen.
Die außerordentliche Kündigung muss in Bezug auf die Pflichtverletzung verhältnismäßig sein. Wer auf einer dienstlich veranlassten Reise eine Arbeitskollegin gegen ihren Willen zu küssen versucht und auch tatsächlich geküsst, verletzt seine Pflicht nach § 241 Abs. 2 BGB, auf die berechtigten Interessen seines Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen, in erheblicher Weise. Dies ist ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB. Dabei ist keine Abmahnung erforderlich, weil für den betroffenen Arbeitnehmer erkennbar war, dass er mit seinem Verhalten eine weitere Beschäftigung unzumutbar gemacht hat (LAG Köln, 01.04.2021 – 8 Sa 798/20). Das Gericht kam auch zu dem Ergebnis, dass die fristlose Kündigung verhältnismäßig war. Eine sexuelle Belästigung liegt auch vor, wenn die Genitalien eines anderen unter Missachtung seines Rechts auf Selbstbestimmung entblößt werden (BAG, 20.05.2021 – 2 AZR 596/20). Erfüllen sowohl ein Kuss auf die Wange wie auch der Inhalt eines WhatsApp-Chats den Tatbestand einer sexuellen Belästigung i.S.d. § 3 Abs. 4 AGG, ist eine außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers gleichwohl unverhältnismäßig, wenn keine Umstände vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass selbst nach einer Abmahnung von einer Wiederholungsgefahr auszugehen ist. Dies gilt, wenn die Pflichtverletzung nicht derart schwerwiegend erscheint, dass selbst deren erstmalige Hinnahme der Arbeitgeberin nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich auch für den Arbeitnehmer ausgeschlossen ist (LAG Rheinland-Pfalz, 23.03.2018 – 1 Sa 507/17).
Die außerordentliche Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen ausgesprochen werden (§ 626 Abs. 2 BGB). Die Zwei-Wochenfrist beginnt nach dem Tage, an dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Darunter ist die sichere und möglichst vollständige Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen zu verstehen. Eine Vertraulichkeitsvereinbarung in einer Betriebsvereinbarung vermag die Kenntnis des zur Kündigung Berechtigten i.S.v. § 626 Abs. 2 BGB nicht zeitlich zu verlagern (LAG Mecklenburg-Vorpommern, 16.10.2018 – 5 TaBV 7/18). Bei unerwünschter Zusendung pornografischer Videos über einen Messenger-Dienst kann vor der außerordentlichen Kündigung eine Abmahnung entbehrlich sein (LAG Mecklenburg-Vorpommern, 05.03.2020 – 5 TaBV 9/19).
Vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung sollte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu den Vorwürfen anhören. Dies muss dies innerhalb einer kurzen Frist erfolgen. Sie darf im Allgemeinen nicht mehr als eine Woche nach Bekanntwerden von Anhaltspunkten für den Kündigungssachverhalt betragen und nur bei Vorliegen besonderer Umstände überschritten werden. Solche besonderen Umstände können sich daraus ergeben, dass ein den maßgeblichen Sachverhalt mitteilender Arbeitnehmer aus berechtigtem Interesse den Arbeitgeber darum bittet, zunächst keine Anhörung des Kündigungsgegners durchzuführen und der Arbeitgeber mit dem Abwarten seine Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gegenüber diesem Arbeitnehmer erfüllt. In diesem Fall muss der Arbeitgeber, der sich die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung erhalten will, den Hinweisgeber auffordern, innerhalb einer angemessen kurzen Frist zu erklären, ob er auf die Vertraulichkeit der Mitteilung verzichtet. Von einer solchen Fristsetzung kann nur ausnahmsweise abgesehen werden (BAG, 27.06.2019 - 2 ABR 2/19). Sind insbesondere, konkrete Gefährdungen anderer Arbeitnehmer zu befürchten, kann der Arbeitgeber sich über die Bitte der Vertraulichkeit hinwegsetzen.
Bei sog. Dauerverfehlungen, so z.B. Attacken, die systematisch und absichtsvoll im Sinne eines zermürbenden Handlungsablaufs gegenüber dem "gemobbten" Arbeitnehmer erfolgen, ist die Zwei-Wochenkündigungsfrist nur eingehalten, wenn während der letzten zwei Wochen vor der Kündigung einschlägige Vorkommnisse bekannt geworden sind. Kommt es zu einem Kündigungsschutzverfahren, ist der Arbeitgeber für die Mobbinghandlungen des Gekündigten beweispflichtig.
Ein Anspruch des sich gemobbt fühlenden Arbeitnehmers auf Kündigung seines Vorgesetzten besteht nicht, da es grundsätzlich dem Arbeitgeber überlassen bleibt, durch welche geeigneten Maßnahmen er auf eine betriebliche Konfliktsituation reagieren will (LAG Hamm, 06.03.2006 – 16 Sa 76/05).
Fortgesetzte sexuelle Belästigungen einer bzw. mehrerer Praktikantinnen können die fristlose Kündigung eines langjährig beschäftigten Arbeitnehmers auch dann rechtfertigen, wenn eine einschlägige Abmahnung nicht vorausgegangen ist. Das Gewicht der entsprechenden Pflichtverletzung wird dadurch erheblich erhöht, dass der Belästiger durch Hinweise auf seine bessere Verankerung im Betrieb und seine Kompetenz, das Zeugnis der Praktikantinnen zu schreiben, die Duldung der von ihm ausgehenden Übergriffe zu erzwingen versucht (LAG Niedersachsen, 20.06.2022 - 12 Sa 434/21). Eine verbale und handgreifliche sexuelle Belästigung einer Kollegin rechtfertigt die sofortige Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe, das eine Straftat nach § 184i Abs. 1 StGB vorliegt (OVG Nordrhein-Westfalen, 04.03.2022 1 B 174/22).
5.2 Kündigung des (vermeintlich) Gemobbten
Ein unberechtigter Mobbingvorwurf gegenüber dem Arbeitgeber bzw. eines Vorgesetzten kann einen Kündigungsgrund darstellen. Erforderlich ist insoweit, dass der Arbeitnehmer konkrete (ihm vorgesetzte) Personen unberechtigt des Mobbings bezichtigt (LAG Hamm, 28.02.2013 – 15 Sa 1275/12). Einen Kündigungsgrund sieht das ArbG Freiburg nur dann als gegeben, wenn der Vorwurf des Mobbings durch einen Vorgesetzten als Schmähkritik oder wissentlich bzw. leichtfertig falsch und ehrenrührig einzuordnen sind (ArbG Freiburg, 19.11.2020 – 2 Ca 167/20). Eine Beschwerde beim Vorgesetzten des (vermeintlichen) Mobbers sowie die Einschaltung der Staatanwaltschaft sind als Meinungsäußerung des (vermeintlich) Gemobbten und zur Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte im Grundsatz zulässig. Ein Mitarbeiter, der wegen behaupteten Mobbinghandlungen von Vorgesetzten Drohungen gegen den Arbeitgeber ausspricht und diesen schmäht sowie die Vorgesetzten herabwürdigt, kann ordentlich verhaltensbedingt gekündigt werden (LAG Nürnberg, 11.01.2019 – 4 Sa 131/16). Die Kündigung gegenüber einer langjährigen Mitarbeiterin wegen des von ihr erhobenen Vorwurfs von "Stasi-Methoden und Mobbings" ist nicht zulässig, wenn durch die Aussagen keine Vorgesetzten in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt wurden (LAG Rheinland-Pfalz, 06.04.2022 – 7 Sa 181/21).
Die bloße Unliebsamkeit eines Arbeitnehmers für den Arbeitgeber oder einen Vorgesetzten ist jedoch kein Kündigungsgrund. Weder seine bloße Unliebsamkeit noch ein sachlich berechtigter Grund für die Trennung von einem Arbeitnehmer können Mobbingmethoden als einen "Akt der Befreiung" rechtfertigen (LAG Thüringen, 28.06.2005 – 5 Sa 63/04).
6. Schadenersatz
Soweit dem Arbeitgeber durch Mobbing ein Schaden entstanden ist, kann er diesen auf der Grundlage von § 280 Abs. 1 BGB gegenüber dem Mobber geltend machen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der betroffene Arbeitnehmer durch Mobbing ausfällt und darüber hinaus auch Entgeltfortzahlung zu leisten ist. Eine Verletzung der vertraglichen Pflichten liegt regelmäßig vor, da der Arbeitnehmer aufgrund seiner Treuepflicht gehalten ist, Schäden des Betriebes zu vermeiden. Allerdings muss dem Schädiger das Mobbing selbst und schuldhaftes Handeln gegenüber dem Arbeitgeber nachgewiesen werden. Vorsatz oder Fahrlässigkeit müssen sich dabei also nicht auf das Mobbing beziehen, sondern auf die Schädigung des Arbeitgebers. Es dürfte oft schwierig sein, zu belegen, dass der Mobber bei seinem Handeln wusste oder hätte wissen müssen, dass der Arbeitgeber dadurch einen Schaden erleidet.
Schadenersatz kann auch geltend gemacht werden für Aufwendungen, die dem Betrieb durch Ansprüche des Mobbingopfers auf Schadenersatz und Schmerzensgeld entstanden sind. § 7 Abs. 3 AGG stellt in diesem Zusammenhang klar, dass eine Diskriminierung durch Beschäftigte eine Verletzung vertraglicher Pflichten darstellt. Im Rahmen seiner Nebenpflichten darf der Arbeitnehmer das Interesse des Arbeitgebers an einem störungsfreien Arbeitsklima nicht beeinträchtigen. Mobbing führt zu Störungen der Betriebsabläufe und ist daher auf Seiten des Mobbers eine Verletzung des Vertrages mit dem Arbeitgeber.
Tritt als Folge des Mobbings eine psychische Erkrankung ein, liegt keine nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung anzuerkennende Berufskrankheit vor (LSG Bayern, 12.05.2021 – L 3 U 11/20).
7. Überwachung
Nach § 75 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber wie auch der Betriebsrat darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. Der Arbeitgeber ist nicht nur gehalten, an ihn herangetragene Hinweise usw. entgegenzunehmen, sondern er hat im Rahmen seiner Fürsorgepflicht darüber zu wachen, dass auch die Arbeitnehmer untereinander die Grundsätze von Recht und Billigkeit untereinander einhalten (Kontrollpflicht). Siehe hierzu auch Mobbing – Gegenmaßnahmen der Arbeitnehmer, Abschn. 7.