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BFH, 30.08.1967 - VI B 63/67 - Streitwertfestsetzung bei beiderseitiger Erklärung der Hauptsache für erledigt
Bundesfinanzhof
Beschl. v. 30.08.1967, Az.: VI B 63/67
Streitwertfestsetzung bei beiderseitiger Erklärung der Hauptsache für erledigt
Fundstellen:
BFHE 90, 95 - 97
DB 1967, 2146 (amtl. Leitsatz)
BFH, 30.08.1967 - VI B 63/67
Amtlicher Leitsatz:
Haben die Beteiligten bei einer Untätigkeitsklage übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt und hat das FG die Streitsache mit der Kostenentscheidung abgeschlossen, so ist der Streitwert auf 10 v. H. des Streitwerts des Einspruchs zu bemessen, wenn das Finanzamt nach dem Klageantrag lediglich zum Erlaß der noch ausstehenden Einspruchsentscheidung verpflichtet werden sollte.
Zusammenfassung:
Haben die Beteiligten bei einer Untätigkeitsklageübereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt und hat das FG die Streitsache mit der Kostenentscheidung abgeschlossen, so ist der Streitwert auf 10 v. H. des Streitwerts des Einspruchs zu bemessen, wenn das Finanzamt nach dem Klageantrag lediglich zum Erlaß der noch ausstehenden Einspruchsentscheidung verpflichtet werden sollte.
Tatbestand
1
Die Beschwerdegegnerin (Steuerpflichtige - Stpfl. -) hatte gegen die Gewerbesteuermeßbescheide für die Jahre 1961 bis 1963 Einspruch eingelegt. Nachdem das Finanzamt (FA) innerhalb längerer Zeit über die Einsprüche nicht entschieden hatte, erhob die Stpfl. beim Finanzgericht (FG) Klage gemäß § 46 FGO und beantragte, das FA zu verurteilen, über die Einsprüche unverzüglich zu entscheiden. Daraufhin erließ das FA die noch ausstehenden Einspruchsentscheidungen und entsprach in diesen dem Begehren der Stpfl. Die Stpfl. und das FA erklärten nunmehr dem FG, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei. Das FG legte die Kosten der Klage dem FA zur Last. Auf gesonderten Antrag der Stpfl. setzte das FG durch Beschluß den Streitwert der Klage betreffend die Gewerbesteuermeßbeträge 1961 bis 1963 auf 5 205 DM fest. Dieser Streitwertfestsetzung legte es die sich aus den Einsprüchen ergebenden beantragten Steuerminderungen in voller Höhe zugrunde.
2
Gegen diese Streitwertfestsetzung des FG erhob das FA Beschwerde und beantragte, den Streitwert nur mit 10 v. H. des vollen Streitwerts festzusetzen. Es macht geltend, daß das Ziel der von der Stpfl. erhobenen Untätigkeitsklage nicht auf eine Sachentscheidung durch das FG gerichtet gewesen sei. Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
3
Die Beschwerde ist begründet.
4
Bei einer Untätigkeitsklage im Sinne des § 46 FGO kommt als Streitwert grundsätzlich nur der volle Steuerbetrag bzw. im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren ein Satz von 25 bis 50 v. H. des streitigen Betrages in Betracht. Nach der Fassung des § 46 Abs. 1 FGO ist einem Steuerpflichtigen das Recht eingeräumt, im Wege der Klage Änderung der angefochtenen Steuerbescheide unmittelbar durch das FG zu verlangen, wenn das FA über einen Einspruch nicht innerhalb angemessener Zeit entschieden hat. Eine Untätigkeitsklage dahin, daß das FG das FA anweist, über einen bisher nicht erledigten Einspruch zu entscheiden, kennt die FGO nicht.
5
Im vorliegenden Streitfall hatte die Stpfl. nicht beantragt, die angefochtenen Bescheide auf ihre Klage hin zu ändern. Ihre Anträge waren vielmehr ausschließlich dahin gegangen, das FA zu verurteilen, daß es nunmehr über die eingelegten Einsprüche unverzüglich zu entscheiden habe. Es kann dahingestellt bleiben, ob Klagen mit einem derart beschränkten Antrag nach § 46 Abs. 1 FGO zulässig sind. Jedenfalls ist für die Höhe des Streitwerts, um den es im vorliegenden Verfahren geht, von dem tatsächlich gestellten Antrag auszugehen (§ 140 Abs. 3 FGO).
6
Der Rechtsstreit ist hier vom FG mit dem Erlaß der Kostenentscheidung abgeschlossen worden, ohne daß die Stpfl. einen Antrag im Sinne des § 46 Abs. 1 FGO auf Änderung der angefochtenen Bescheide gestellt hat. Dann muß aber für den Streitwert von den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) IV 70/59 S vom 15. November 1962 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 76 S. 741 - BFH 76, 741 -, BStBl III 1963, 270) ausgegangen werden, wonach wie bei einem Rechtsstreit um Steuerstundung (vgl. das Urteil des Senats VI 163/55 S vom 17. Januar 1958, BFH 66, 314, BStBl III 1958, 121) der Streitwert auf 10 v. H. des vollen Werts anzusetzen ist, wenn mit dem. Klageantrag nur das Tätigwerden der beklagten Verwaltungsbehörde erstrebt wurde. Dabei kann es nicht darauf ankommen, daß die in § 46 Abs. 1 FGO zugelassene Untätigkeitsklage nicht in vollem Umfang die aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland entwickelten Grundsätze des BFH-Urteils I 76/57 S vom 3. März 1959 (BFH 68, 661, BStBl III 1959, 251) übernommen hat. Der Streitwert war hier demgemäß auf 520 DM festzusetzen.