Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Die Inhalte des Bereichs „Fachwissen SV“ geben Ihnen kostenlos Auskunft zu allen Themen der Sozialversicherung. Sie sind ein exklusives Angebot für eingeloggte Nutzer.
Jetzt einloggen:
Sie sind noch nicht registriert?
Telearbeit - Schadensverursachung und Haftung
Telearbeit - Schadensverursachung und Haftung
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
- 4.
Information
1. Allgemeines
Hinweis:
Die Verwendung und Definition der Begriffe Telearbeit, mobile Arbeit und Homeoffice ist in der wissenschaftlichen Literatur und betrieblichen Praxis uneinheitlich.
Auch werden in arbeitsrechtlichen Vorschriften unterschiedliche Begriffe verwendet und definiert; sie umfassen zudem unterschiedliche Anwendungsbereiche und sind untereinander nicht kongruent.
Im Wesentlichen anerkannt ist die Definition der Telearbeit als einer Tätigkeit, die regelmäßig (aber nicht notwendig ausschließlich) außerhalb der zentralen Betriebsstätte des Auftraggebers oder des Arbeitgebers erbracht wird, wobei bei der Ausführung dieser Tätigkeit Informations- und Kommunikationstechniken verwandt werden, die die Verbindung mit dem Betrieb des Arbeitgebers oder des Auftraggebers herstellen.
Deshalb wird hier der herkömmliche und ältere Begriff der Telearbeit als Oberbegriff verwendet.
Vgl. zu den unterschiedlichen Begriffen von Telearbeit, mobile Arbeit und Homeoffice und deren Definition und Formen Telearbeit – Allgemeines und Telearbeit – Definition und Formen.
Mit der Verlagerung des Arbeitsplatzes in den mobilen (mobile Arbeit) oder auch privaten Bereich (Homeoffice) kann es zu einem erhöhten Schadensrisiko durch Betriebsfremde oder Familienangehörige des Telearbeitnehmers kommen. Insbesondere fehlt es in diesen Fällen oftmals an dem betrieblichen Schutz, z.B. für Hard- und Software. Mögliche Schäden betreffen bei der Telearbeit daher typischerweise den PC, die Anwendungsprogramme oder gar die Datenbestände.
Bei der Klärung der Haftungsfrage für die heimbasierte Telearbeit können drei Schwerpunkte unterschieden werden:
Haftung des Telearbeitnehmers
Haftung von Dritten
Haftung des Arbeitgebers
2. Schadensverursachung durch den Telearbeitnehmer
2.1 Haftung gegenüber dem Arbeitgeber
Verursacht der Telearbeitnehmer selbst, etwa indem er die in seiner Wohnung befindlicheHardwaredes Arbeitgebers beschädigt, einen Schaden am Eigentum des Arbeitgebers, greifen die allgemein zur Arbeitnehmerhaftung entwickelten Grundsätze ein.
Danach kommt es zu einer vollen Haftung des Arbeitnehmers nur bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Handeln. Bei leichter Fahrlässigkeit wird der Schaden dagegen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt, bei leichtester Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer gar nicht.
Abweichungen von diesen Grundsätzen können sich im Bereich der Telearbeit jedoch daraus ergeben, dass es wegen des hohen Standards der technischen Ausstattung des Telearbeitsplatzes deutlich häufiger zu sehr hohen Schäden kommen wird.
Deshalb wird im Rahmen eines Telearbeitsverhältnisses häufiger als bei Verrichtung derselben Tätigkeit innerhalb der Betriebsstätte ein Missverhältnis zwischen Verdienst des Telearbeitnehmers und Schadensrisiko vorliegen, was im Einzelfall dazu führen kann, dass die Haftung des Telearbeitnehmers entweder auf den mehrfachen Monatsverdienst reduziert wird oder nur auf den Fall grober Fahrlässigkeit beschränkt ist.
2.2 Haftung gegenüber Dritten
Die eben beschriebene Haftungsbeschränkung des Telearbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber wirkt nicht im Verhältnis zu Dritten. Das bedeutet, dass der Telearbeitnehmer und (nach § 278 BGB auch) sein Arbeitgeber dem Dritten unbeschränkt als Gesamtschuldner haften. Allerdings steht dem Telearbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber ein Freistellungsanspruch zu. Zur Höhe des Freistellungsanspruchs siehe vertiefend (Freistellungsanspruch - Arbeitnehmerhaftung).
3. Schadensverursachung durch Dritte
Die Gefahr, dass dem Arbeitgeber durch den unbefugten Zugriff von außenstehenden Dritten auf Arbeitsmittel, insbesondere aber auch auf Daten und Systeme des Arbeitgebers, ein Schaden entsteht, bestand vor Beginn der Etablierung von Telearbeit hauptsächlich im Bereich der "klassischen" Außendiensttätigkeit. Dieselben Risiken bestehen nun auch in den Fällen alternierender sowie mobiler Telearbeit und insbesondere bei der Arbeit im Homeoffice, weshalb auch haftungsrechtlich kein Unterschied zu machen ist.
Zu berücksichtigen ist jedoch auch hier, dass der Schaden, der dem Arbeitgeber auf diese Weise entstehen kann, heute sehr viel höher ausfallen kann als im Falle der "klassischen" Außendiensttätigkeit, da beispielsweise ein Laptop eine sehr viel größere Menge an Daten enthält als die früheren Möglichkeiten der Datenfixierung in Form von Akten. Jedoch kann der Arbeitgeber dieses Risiko durch Verschlüsselungssoftware, Passwortsicherungen, laufende Datensicherung und andere Mittel minimieren.
3.1 Häusliche Telearbeit - Homeoffice
Neue Probleme stellen sich indes im Bereich der (alternierenden) häuslichen Telearbeit (Homeoffice). Durch das Ineinandergreifen von Berufs- und Arbeitsleben kann es leicht zu einer Beschädigung von Arbeitsmitteln des Arbeitgebers durch Familienangehörige oder Freunde und Bekannte des Telearbeiters kommen. Das Schadensrisiko vergrößert sich durch die Einführung von Telearbeit somit nicht nur hinsichtlich der Höhe des zu erwartenden Schadens, sondern, weil zumindest mittelbar ein größerer Personenkreis mit Arbeitsmitteln des Telearbeiters in Kontakt kommen kann, auch bezogen auf die Häufigkeit von Schadensfällen.
Insoweit wird vielfach gefordert, die im Rahmen des Arbeitsverhältnisses geltende Haftungsbeschränkung auf Dritte auszudehnen, soweit sich diese berechtigt in der Wohnung des Telearbeiters aufhalten. Durch die Verlegung des Arbeitsplatzes in den häuslichen Bereich schaffe der Arbeitgeber auch für diesen Personenkreis gleichermaßen ein Schadensrisiko, weshalb es naheliegend erscheine, ihn in den Schutzbereich des Arbeitsvertrages einzubeziehen.
Eine solche Ausdehnung der arbeitsvertraglichen Haftungsbeschränkung erscheint auch aus praktischen Erwägungen sinnvoll. Beließe man es dabei, dass diese allein dem Arbeitnehmer selbst zugute kommt, wäre, wenn der Arbeitgeber einen Schadensersatzanspruch geltend machen will, für die Höhe der Einstandspflicht die Frage erheblich, von wem der Schaden am Telearbeitsplatz verursacht wurde.
Im Streitfall müsste dann, unabhängig von der Schwierigkeit, den richtigen Beklagten zu bestimmen, auch hierüber Beweis geführt werden. Dies ist jedoch praktisch schwer möglich, denn es wird sich in aller Regel schwer feststellen lassen, ob ein Schaden, der innerhalb der Wohnung des Telearbeiters entsteht, von ihm selbst oder einem Dritten verursacht wurde und wie die Art seines Verschuldens daran ist.
Praxistipp:
Wegen der Risikoerhöhung, die mit der Einführung insbesondere von häuslicher Telearbeit einhergeht, ist dem Arbeitgeber in jedem Fall anzuraten, Versicherungen abzuschließen, die auch diese zusätzlichen Risiken abdecken. Darüber hinaus kann mit dem Arbeitnehmer ausdrücklich ein Verbot vereinbart werden, Dritten Zugriff auf Arbeitsmittel des Arbeitgebers zu gestatten. Wegen der Rechtsunsicherheit, die sich im Bereich häuslicher Telearbeit bezogen auf den Haftungsmaßstab ergibt, ist es darüber hinaus empfehlenswert, im Rahmen einer Betriebsvereinbarung oder einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und einzelnem Arbeitnehmer festzulegen, wie im Falle einer Beschädigung von Arbeitsmitteln zu verfahren ist.
4. Haftung des Arbeitgebers
Wenn ein Telearbeiter bei der Ausübung seiner Tätigkeiten im Rahmen der Telearbeit einen Personenschaden erleidet, gelten die bei einem Arbeitsunfall anzuwendenden Regelungen. Bei einem Sachschaden tritt die (Gesetzliche Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) nicht ein. Es kann aber für den Telearbeitnehmer problematisch sein, bei Bedenken der Berufsgenossenschaft einen Arbeitsunfall in der eigenen Wohnung nachzuweisen und von der privaten Tätigkeit abzugrenzen.
Wenn allerdings ein Personen- oder Sachschaden außerhalb der Telearbeit eintritt, finden die zivilrechtlichen Regelungen (nach den §§ 823 ff. BGB) Anwendung. Voraussetzung für eine Haftung des Arbeitgebers ist jedoch, dass ihn auch tatsächlich ein Verschulden trifft.
Auch bei einer etwaigen Schädigung von Dritten muss der Arbeitgeber nach den §§ 823 ff. BGB haften, sofern ihn ein Verschulden trifft.
Den Arbeitgeber kann aber auch ein Mitverschulden treffen für Schäden, die an den Arbeitsmitteln des Telearbeitsplatzes (an seinem Eigentum) entstehen.
Probleme für den Arbeitgeber können auftreten, z.B. wenn
das von ihm zu vertretende Konzept zur Datensicherung am Telearbeitsplatz nicht dem gebotenen Standard entspricht,
dem Telearbeitnehmer keine verschließbaren Schränke gestellt werden,
keine für die Telearbeit notwendigen Sicherheitsvorkehrungen (z.B. Passwörter, Kryptographie) getroffen werden,
eine notwendige Einweisung oder Schulung der Telearbeitnehmer unterbleibt oder
spezielle Versicherungen nicht abgeschlossen werden, die einen möglichen Schaden minimieren.
Der Arbeitgeber sollte die Gewährleistung der Schutzvorschriften sicherstellen, um Haftungsansprüche auszuschließen. Das Risiko eines Schadens im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der Telearbeit sollte z.B. durch eine ausreichende Dokumentation der Programme und die Erstellung von Sicherungskopien minimiert werden. Bei wichtigen Arbeitsinhalten ist eine regelmäßige Datensicherung selbstverständlich (vgl. vertiefend Telearbeit - Datenschutz).
Praxistipp:
Für den Bereich der Privatwirtschaft gibt es Formulierungsvorschläge zum Thema Haftung wie z.B.:
"Der Mitarbeiter und die in seinem Haushalt lebenden Familienangehörigen sowie berechtigte Besucher haften der Firma für vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführte Schäden. Eingetretene Schadensfälle werden in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Betriebsrat geregelt."
oder
"Im Falle der Beschädigung oder des Diebstahls der betriebseigenen Arbeitsmittel haften der Beschäftigte und seine Haushaltsangehörigen nur, wenn die Beschädigung vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde."