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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Telearbeit - Kostenübernahme und -erstattung
Telearbeit - Kostenübernahme und -erstattung
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Hinweis:
Die Verwendung und Definition der Begriffe Telearbeit, mobile Arbeit und Homeoffice ist in der wissenschaftlichen Literatur und betrieblichen Praxis uneinheitlich.
Auch werden in arbeitsrechtlichen Vorschriften unterschiedliche Begriffe verwendet und definiert; sie umfassen zudem unterschiedliche Anwendungsbereiche und sind untereinander nicht kongruent.
Im Wesentlichen anerkannt ist die Definition der Telearbeit als einer Tätigkeit, die regelmäßig (aber nicht notwendig ausschließlich) außerhalb der zentralen Betriebsstätte des Auftraggebers oder des Arbeitgebers erbracht wird, wobei bei der Ausführung dieser Tätigkeit Informations- und Kommunikationstechniken verwandt werden, die die Verbindung mit dem Betrieb des Arbeitgebers oder des Auftraggebers herstellen.
Deshalb wird hier der herkömmliche und ältere Begriff der Telearbeit als Oberbegriff verwendet.
Vgl. zu den unterschiedlichen Begriffen von Telearbeit, mobile Arbeit und Homeoffice und deren Definition und Formen Telearbeit – Allgemeines und Telearbeit – Definition und Formen.
Durch Telearbeit in der eigenen Wohnung des Arbeitnehmers (Homeoffice) entstehen Kosten, die zunächst beim Arbeitnehmer anfallen. Mit dem Telearbeitsplatz stellt er dem Arbeitgeber Wohnraum zur Verfügung, der i.d.R. nicht mehr vom Telearbeiter privat genutzt werden kann, wohl aber von ihm bezahlt wird. Möglicherweise steigen hierdurch auch seine Heiz- und Stromkosten. Auch die Kommunikationskosten gehen zunächst zulasten des Telearbeitnehmers.
Der Arbeitgeber muss gem. § 670 BGB die zur Arbeitsausführung notwendigen Kosten ersetzen, wenn die Einrichtung des Telearbeitsplatzes überwiegend in seinem Interesse erfolgt. Deshalb muss der Arbeitgeber den Telearbeitsplatz vollständig nach den Anforderungen an die Bildschirmarbeit, auch mit dem erforderlichen Mobiliar, ausstatten, sofern der Arbeitnehmer nicht darüber verfügt oder diese nicht bereitstellen möchte.
Wird der Telearbeitsplatz dagegen auschließlich auf Wunsch des Arbeitnehmers eingerichtet, weil dieser beispielsweise seine Fahrzeiten verkürzen möchte, hat er gem. 670 BGB keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Da in der Regel ein eingerichteter Arbeitsplatz im Betrieb für die Beschäftigten zur Ableistung ihrer Arbeit zur Verfügung steht, kann der Arbeitgeber an die Teilnahme der Telearbeit bzw. der Arbeit im Homeoffice Bedingungen knüpfen, z.B. welches Mobiliar er zur Verfügung stellt und welche Aufwendungen des Arbeitnehmers er in welcher Höhe ersetzt.
Möglich bleiben allerdings auch abweichende vertragliche Vereinbarungen mit dem Arbeitnehmer oder kollektivrechtliche Regelungen mit dem Betriebsrat.
2. Möglichkeiten des Aufwendungsersatzes
Gibt es keine vertragliche Regelung darüber wer die Kosten der Telearbeit bzw. der Arbeit im Homeoffice trägt, hat der Arbeitgeber die gesamten Kosten für die Einrichtung, die Ausstattung mit Arbeitsmitteln und für den laufenden Betrieb zu tragen.
Die Kostenerstattung kann aufgrund von Einzelnachweisen des Arbeitnehmers oder einer Pauschale erfolgen. Der Einzelnachweis empfiehlt sich bei eindeutig zurechenbaren Kosten (z.B. Telefonrechnung mit Verbindungsnachweis). Die pauschale Aufwandserstattung bietet sich bei Kosten an, die nicht direkt zugerechnet werden können (z.B. Heiz- oder Stromkosten). Die Aufwandsentschädigung für den häuslichen Arbeitsplatz kann z.B. errechnet werden, indem der Anteil des Telearbeitsplatzes an der gesamten Quadratmeterzahl der Wohnung ermittelt wird. Als Aufwandsentschädigung übernimmt der Arbeitgeber pauschal den entsprechenden Anteil an Kaltmiete und Nebenkosten.
Fahrtkosten vom Homeoffice zum Betrieb muss der Arbeitgeber nur dann erstatten, wenn abweichende vertragliche Regelungen fehlen und das Homeoffice der einzige vertraglich vereinbarte Arbeitsort ist oder wenn eine vorübergehende Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb dienstlich angeordnet worden ist.. Wenn der Arbeitnehmer jedoch an verschiedenen Tagen abwechselnd im Homeoffice und im Betrieb arbeitet, gibt es mehrere Arbeitsorte, an denen der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung zu erfüllen hat. In diesem Fall muss Arbeitnehmer die Fahrtkosten zum Betrieb selbst dann tragen, wenn keine abweichende vertragliche Regelung gibt. Denn die Fahrtkosten für den Weg von Zuhause zum Betrieb und zurück hat der Arbeitnehmer regelmäßig auch im Normal-Arbeitsverhältnis zu tragen.
3. Gesetzlicher Anspruch auf Aufwendungsersatz
Die Rechtslage und die Konsequenzen, wenn keine vertraglichen Regelungen bestehen, ergeben sich aus folgender Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 14.10.2003 - 9 AZR 657/02).
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die klagende Arbeitnehmerin war als Verkaufsrepräsentantin beschäftigt. Sie arbeitete im Rahmen ihrer Außendiensttätigkeit ausschließlich in einem Raum in ihrem Wohnhaus, das in ihrem Miteigentum steht. Der dort eingerichtete Arbeitsplatz (ca. 8 qm) bildete den Mittelpunkt ihrer beruflichen Betätigung. Die erforderlichen Kommunikationsmittel wie PC, Telefax, Kopierer und ISDN-Anschluss wurden von der Arbeitgeberin kostenfrei gestellt und unterhalten. Über ein Büro am Stammsitz des Unternehmens verfügte die Arbeitnehmerin nicht. Bislang hatte die Arbeitgeberin auf freiwilliger Basis eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 150 DM brutto gezahlt. Die Arbeitnehmerin verlangte dagegen eine Nutzungsentschädigung in Höhe der ortsüblichen Raummiete einschließlich Mietnebenkosten.
Anders als die Vorinstanzen hat das BAG der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Als Anspruchsgrundlage sieht das BAG den im Arbeitsrecht allgemein anerkannten Aufwendungsersatzanspruch entsprechend § 670 BGB. Danach kann der Arbeitnehmer Ersatz derjenigen Aufwendungen verlangen, die er im Interesse des Arbeitgebers gemacht hat und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte.
Nach Auffassung des BAG kann ein ersatzfähiges Vermögensopfer schon darin bestehen, dass der Arbeitnehmer zur Erfüllung seiner Arbeitsaufgaben auf die Möglichkeit der Nutzung eigener Räumlichkeiten (teilweise) verzichtet. Hierfür sei nicht erforderlich, dass sich das Vermögen des Arbeitnehmers rechnerisch mindere. Entscheidend sei vielmehr, dass eine wesentliche Einschränkung der privaten Nutzungsmöglichkeit im Interesse des Arbeitgebers vorliege. Nur was noch zur "selbstverständlichen Einstandspflicht" des Arbeitnehmers gehöre, sei bereits mit der regelmäßigen Vergütung abgegolten. Deshalb könne der Arbeitnehmer Aufwendungsersatz in Höhe der ortsüblichen Miete abzüglich des kalkulatorischen Gewinns des Vermieters und pauschaler Erhaltungsaufwendungen verlangen.
Der Kostenerstattungsanspruch nach § 670 BGB ist allerdings begrenzt auf die notwendigen Kosten. Wenn also für die Einrichtung eines Telearbeitsplatzes ein Raum mit einer Fläche von 10 m² ausreichend ist und auch zur Verfügung steht, kann der Arbeitnehmer auf gesetzlicher Grundlage nicht die Erstattung der Kosten für einen größeren Raum verlangen
4. Vertragliche Regelungen empfehlenswert
Das Urteil hat enorme Bedeutung für die Gestaltung von Außendienstverträgen und anderen Home Office basierten Arbeitsmodellen. Auch wenn Beschäftigte nicht wegen jeder erdenklichen Nutzung ihres privaten Wohnraums Aufwendungsersatz beanspruchen können, sind vertragliche Regelungen für eine Kostenerstattung aller möglichen Aufwendungspositionen oder aber ein Ausschluss einzelner Positionen unbedingt empfehlenswert.
Mit der Möglichkeit, die Vorschrift des § 670 BGB vertraglich (ggf. auch durch Betriebsvereinbarung) auszuschließen oder einzuengen, steht Arbeitgebern dabei ein wirksames Instrumentarium zur Verfügung, zusätzliche Kosten bei der Einrichtung von Heimarbeitsplätzen zu vermeiden. Ob der genutzte Wohnraum im Eigentum des Arbeitnehmers steht oder nur angemietet ist, macht im Ergebnis keinen Unterschied. Denn auch im Falle einer Mietwohnung entgeht dem Arbeitnehmer bei der beruflichen Nutzung seiner Räumlichkeiten ein privater Vorteil. Offengelassen hat das BAG jedoch, wann die Schwelle der für den Arbeitgeber kostenlosen "selbstverständlichen Einsatzpflicht" des Arbeitnehmers überschritten ist.
5. Praxistipps für vertragliche Regelungen zum Aufwendungsersatz
Praxistipp:
Will der Arbeitgeber pauschal Aufwendungen für die Raumnutzung der Wohnung des Telearbeiters ersetzen, könnte wie folgt formuliert werden: "Als Entschädigung für die berufliche Nutzung der Wohnung wird ein Betrag von ... EUR monatlich vereinbart. Damit sind alle Kosten für Miete, Strom, Heizung sowie sämtliche weitere Nebenkosten abgegolten."
Praxistipp:
Soll keine pauschale Erstattung der Kosten für die Raumnutzung der Wohnung des Telearbeiters gewährt werden, könnte wie folgt formuliert werden: "Der Beschäftigte stellt den Arbeitsraum und trägt sämtliche in diesem Zusammenhang anfallenden Miet-, Strom-, Heizungs- und sonstigen Nebenkosten sowie Kosten für die Telefonanlage und für einen internetfähigen Telefonanschluss, der von ihm bei einem Telefonanbieter zu beantragen ist.Das Unternehmen trägt die Kosten für Installation, Betrieb und Reparaturen, für Deinstallation und Abtransport der bereitgestellten Komponenten nach Beendigung der Telearbeit sowie eine halbe Grundgebühr für eine Internetverbindung und die laufenden monatlichen Gebühren für die dienstliche Nutzung des Internet-Anschlusses. Zum Nachweis der Kosten stellt der Beschäftigte den Einzelverbindungsnachweis des Telefonanbieters zur Verfügung."
6. Werbungskosten für vermietetes Homeoffice
Vermietet der Steuerpflichtige eine Einliegerwohnung als Homeoffice an seinen Arbeitgeber für dessen betriebliche Zwecke, kann er Werbungskosten nur geltend machen, wenn eine objektbezogene Prognose die erforderliche Überschusserzielungsabsicht belegt. Nach der BFH-Rechtsprechung (BFH, 17.04.2018 - IX R 9/17) wird bei der Vermietung zu gewerblichen Zwecken die Absicht des Steuerpflichtigen, auf Dauer einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben erzielen zu wollen, nicht vermutet.
Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies die Sache zurück. Aufgrund der im Mietvertrag vereinbarten Nutzung handele es sich nicht um die Vermietung von Wohnraum, sondern (zweckentfremdet) um die Vermietung zu gewerblichen Zwecken, da die Räume dem Arbeitgeber zur ausschließlichen Erfüllung von dessen betrieblichen Zwecken überlassen wurden und der Kläger hinsichtlich der Nutzung dem Weisungsrecht seines Arbeitgebers unterlag.