Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Fahrgemeinschaft - Haftungsrechtliche Fragen
Fahrgemeinschaft - Haftungsrechtliche Fragen
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Problematisch wird die Fahrgemeinschaft, wenn sie sich zur "Gefahren"-Gemeinschaft entwickelt hat und Regressfragen im Raum stehen.
Vertragliche Ansprüche auf Schadensersatz nach dem BGB dürften in aller Regel ausscheiden, wenn ein Mitglied der Fahrgemeinschaft als Fahrer nicht kommt, als Fahrgast nicht abgeholt oder im Rahmen eines Verkehrsunfalls geschädigt wird, da die Mitglieder einer Fahrgemeinschaft in aller Regel keinen vertraglichen Bindungswillen haben. Denkbar wären bestenfalls Ersatzansprüche nach dem Deliktsrecht oder dem Straßenverkehrsrecht. Dies dürfte im Einzelfall aber schon am fehlenden Tatbestandsmerkmal der "entgeltlichen, geschäftsmäßigen Personenbeförderung" scheitern (§ 8a StVG).
Überdies besteht auch die Möglichkeit, eine wie auch immer geartete Haftung durch Vereinbarung zu beschränken.
2. Rechtsfragen der gesetzlichen Unfallversicherung
Im Hinblick auf den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung für eine solche Fahrgemeinschaft ergeben sich eine ganze Reihe tatsächlicher und rechtlicher Fragen:
Es gilt der Grundsatz, dass der Unfallversicherungsschutz auch dann gewährleistet ist, wenn der Versicherte (Arbeitnehmer) von dem unmittelbaren Weg zwischen Wohnung und dem Ort der Tätigkeit abweicht, weil er mit anderen Berufstätigen oder versicherten Personen gemeinsam ein Fahrzeug für den Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit benutzt (§ 8 Abs. 2 Nr. 2b SGB VII).
Ob die berufstätigen und versicherten Personen im gleichen Betrieb beschäftigt sind, spielt ebenso wenig eine Rolle, wie welches Fahrzeug benutzt wird. Versichert sind solche Fahrgemeinschaften auch auf sogenannten Familienheimfahrten, also dann, wenn "der Versicherte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe einer Unterkunft hat" (§ 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII).
Ausländische Arbeitnehmer sind in der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt, auch wenn sie im Sommerurlaub mit dem eigenen Wagen z.B. in ihre türkische oder portugiesische Heimat reisen.
Die Rechtsprechung hat drei Punkte des Weges als rechtlich wesentlich festgelegt:
die Wohnung des Versicherten,
die Arbeitsstätte des Versicherten oder berufstätigen Mitfahrers sowie
das Unternehmen, in dem der Versicherte tätig ist.
Diese Bezugspunkte geben der Fahrgemeinschaft das Gepräge.
Es gibt keine Begrenzung des durch die Fahrgemeinschaft notwendig gewordenen Um- bzw. Abwegs im Verhältnis zum direkten Weg des Versicherten. Es kommt also auch nicht auf das Verhältnis des durch die Mitnahme der Arbeitskollegen bedingten Um- oder Abweges zum direkten Weg des Versicherten an. Auch wenn dieser sich infolge der gemeinsamen Fahrzeugbenutzung um ein Vielfaches des direkten Weges verlängert - bleibt der innere Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz bestehen, solange der Versicherte die Absicht verfolgt, den oder die Mitfahrenden zum Arbeitsplatz zu befördern und dann selbst unmittelbar zum eigenen Beschäftigungsort zu fahren.
Für die Annahme einer Fahrgemeinschaft reicht es also aus, dass der Weg für einen Mitfahrenden der direkte Weg zum Ort der Tätigkeit ist, wobei für die anderen Mitfahrenden durchaus Umwege gefahren werden können. Da der Versicherungsschutz nur geknüpft ist an die Mitnahme von "berufstätigen oder versicherten Personen", besteht eine Fahrgemeinschaft auch dann, wenn Personen mitgenommen werden, die zwar nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, trotzdem aber versichert sind - beispielsweise Kindergartenkinder, Schüler und Studierende oder etwa ein freiwillig versicherter Unternehmer.
Da der Versicherungsschutz davon abhängig gemacht wird, dass gemeinsam ein Fahrzeug für den Weg nach und vom Ort der Tätigkeit benutzt wird, ist ein Unfall auf einer privaten, nicht betriebsbedingten "Transportfahrt" unversichert, auch wenn dabei ein Kollege des Verunglückten mitgefahren ist.
Auch beim notwendigen Warten auf eine Fahrgemeinschaft besteht Unfallversicherungsschutz, allerdings nur dann, wenn diese Wartezeit von der Absicht geprägt ist, den Weg zur Arbeitsstätte oder nach Hause mit eben dieser Fahrgemeinschaft zurückzulegen.
3. Weitergehende Regressansprüche
Verunglückt eine Fahrgemeinschaft auf dem Weg zur Arbeit, unterstehen alle Verunglückten einerseits dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, sodass die Berufsgenossenschaft leistungspflichtig ist. Andererseits haftet auch der Autoversicherer des Fahrers der Fahrgemeinschaft zivilrechtlich den Mitgliedern der Fahrgemeinschaft als Insassen des Fahrzeugs. Der schuldige Fahrer des Fahrzeugs ist seinen Arbeitskollegen gegenüber nicht von der Haftung freigestellt. Nach Durchfahren des Werktores dagegen auf Betriebs- oder Arbeitswegen, womit Wege in Ausführung der versicherten Tätigkeit bzw. auf Anordnung des Arbeitgebers gemeint sind, ist dagegen die Haftungsfreistellung wirksam, und die verletzten Mitinsassen werden ausschließlich auf die Leistungen der Unfallversicherung verwiesen.
Siehe auch
Fahrgemeinschaft - Allgemeines
Fahrgemeinschaft - Pendlerpauschale