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BAG, 25.09.2003 - 8 AZR 446/02 - Zulässigkeit einer Zwischenfeststellungsklage trotz zwischenzeitlicher wirksamer Kündigung eines Arbeitsverhältnisses; Voraussetzungen für einen Betriebsübergang und einem damit einhergehenden Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Erwerber bei Übernahme lediglich eines Betriebsteils bzw. eines eigenständigen Bereichs und nicht des gesamten Betriebes; Anspruch eines Arbeitnehmers auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung i.R. eines Übergang des Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Erwerber nach Betriebsübergang
Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 25.09.2003, Az.: 8 AZR 446/02
Zulässigkeit einer Zwischenfeststellungsklage trotz zwischenzeitlicher wirksamer Kündigung eines Arbeitsverhältnisses; Voraussetzungen für einen Betriebsübergang und einem damit einhergehenden Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Erwerber bei Übernahme lediglich eines Betriebsteils bzw. eines eigenständigen Bereichs und nicht des gesamten Betriebes; Anspruch eines Arbeitnehmers auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung i.R. eines Übergang des Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Erwerber nach Betriebsübergang
Verfahrensgang:
vorgehend:
ArbG Ulm - 06.04.2001 - AZ: 7 Ca 388/00
LAG Baden-Württemberg - 26.04.2002 - AZ: 20 Sa 30/01
nachgehend:
Fundstellen:
ArbRB 2003, 321 (Volltext mit amtl. LS)
ARST 2003, 288 (Pressemitteilung)
DStR 2003, XIV Heft 43 (Kurzinformation)
DZWIR 2004, 113-115
EzA-SD 25/2003, 7
EzA-SD 20/2003, 5-6 (Pressemitteilung)
FA 2003, 376-377
FAr 2003, 376-377
GmbHR 2003, R 413-R 415 (Kurzinformation)
GmbH-Report 2003, R 413-R 415 (Kurzinformation)
GuS 2003, 58
JuS 2003, XX Heft 11 (Pressemitteilung)
NWB 2003, 3275
NZA 2003, VII Heft 20 (Kurzinformation)
NZA 2004, 1406 (red. Leitsatz)
NZI (Beilage) 2004, 50 (amtl. Leitsatz)
schnellbrief 2004, 3-4 (Pressemitteilung)
ZInsO 2004, 55 (Kurzinformation)
ZIP 2003, VIII Heft 42 (Kurzinformation)
ZMV 2003, 302-303 (Pressemitteilung)
BAG, 25.09.2003 - 8 AZR 446/02
Redaktioneller Leitsatz:
Sofern nicht der gesamte Betrieb, sondern nur ein Betriebsteil oder eigenständiger Bereich übernommen wird, kommt es entscheidend darauf an, dass der Arbeitnehmer dem übertragenen Betriebsteil oder Bereich angehört, damit sein Arbeitsverhältnis gem. § 613a BGB auf den Erwerber übergeht. Bei einem Betriebsteil muss es sich um eine selbstständige, abtrennbare organisatorische Einheit handeln, die innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks einen Teilzweck erfüllt. Das Merkmal des Teilzwecks dient dabei zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit. Der Schutzzweck des § 613a BGB gebietet nicht den Übergang von Arbeitsverhältnissen, die dem übergegangenen Bereich nicht zugeordnet sind, weil sie infolge eines Widerspruchs oder eines rein rechtlichen Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses ohne neue Tätigkeitszuweisung beim früheren Betriebsteil, dem sie zugeordnet waren, verbleiben.
In dem Rechtsstreitverfahren hat
der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25. September 2003
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Hauck,
den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Wittek, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Laux sowie
die ehrenamtliche Richterin Morsch und den ehrenamtlichen Richter Hennecke
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 26. April 2002 - 20 Sa 30/01 -wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um den Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf die Beklagte sowie die Zahlung von Annahmeverzugsvergütung für die Zeit von November 1998 bis Juni 2000 in unstreitiger Höhe.
2
Der Kläger war ab 1. Oktober 1984 bei der Firma A & E GmbH (künftig: A & E) im Lager und Versand beschäftigt. Die Firma A & E hatte ihren Sitz in l. Sie war als Vertriebsgesellschaft (Großhandel) der slowenischen Sportartikelhersteller A (Skischuhe) und E GmbH (Skier) tätig, kaufte die Ware unmittelbar bei diesen Herstellerfirmen ein, lagerte sie und veräußerte sie sodann an deutsche Sportgeschäfte weiter.
3
Am 28./29. April 1998 kündigte die A & E sämtlichen Mitarbeitern im Lager in l wegen der beabsichtigten Auflösung des Lagers. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Klägers war in zwei Instanzen erfolgreich.
4
Im Juni 1998 schloss die A & E ihr Lager und ihren Versand und übertrug Lagerung, Kommissionierung und Auslieferung der Ware unter Anmietung von Lagerräumen durch einen Werkvertrag auf die Firma D; Betriebsmittel wurden nicht übertragen. Ihren Betriebssitz einschließlich Büro und Verwaltung mit insgesamt fünf Mitarbeitern verlegte die A & E nach M.
5
Der Kläger wurde nach dem 31. Oktober 1998, dh. nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, nicht weiterbeschäftigt und erhielt auch keine Zahlungen mehr.
6
Auf Grund von Auseinandersetzungen zwischen den Firmen A und E beschloss die Firma A & E am 27. August 1999 ihre Liquidation. Am 27. September 1999 berief sie ihren Geschäftsführer W ab, kündigte ihm und schloss mit ihm per 31. Oktober 1999 einen Aufhebungsvertrag. An Stelle der Abfindungszahlung wurde das gesamte Büroinventar an den Geschäftsführer W übereignet.
7
Mit Gesellschaftsvertrag vom 15. Oktober 1999 gründete der ehemalige Geschäftsführer der A & E, W, die Beklagte, die am 26. Oktober 1999 in das Handelsregister eingetragen wurde. Zur Geschäftsführerin wurde zunächst eine ehemalige Verkaufsmitarbeiterin der Firma A & E, S, bestellt. Die Beklagte nahm am 1. November 1999 ihre Geschäfte in den Betriebsräumen der Firma A & E in M auf. Das Vertragsverhältnis zwischen der A & E und der Firma D, das am 30. April 1999 geendet hatte, wurde von den Herstellerfirmen weitergeführt.
8
Die Beklagte nutzte das gesamte Büroinventar, die Telefon- und Faxanlage mit derselben Telefonnummer wie zuvor, die gesamte EDV-Anlage einschließlich der Kunden- und Artikeldaten- und -bezeichnungen, eines von ursprünglich zwei Geschäftsfahrzeugen und übernahm - neben der Geschäftsführerin - eine weitere Mitarbeiterin von zuletzt fünf Arbeitnehmern der Firma A & E. In zweiter Instanz ist unstreitig geworden, dass E-Sportartikel auch im eigenen Namen der Beklagten veräußert worden sind.
9
Die Beklagte hat ein etwa mit dem Kläger bestehendes Arbeitsverhältnis unter dem 15. November 2000 gekündigt. Diese Kündigung hat der Kläger nicht angegriffen.
10
Am 30. Juli 2002 wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten mangels Masse vom Amtsgericht zurückgewiesen. Am 17. Juni 2003 war die Beklagte wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Handelsregister gelöscht worden.
11
Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte verfüge nach wie vor über Vermögen, zum Beispiel habe der Geschäftsführer W unzulässigerweise einen Warenbestand im Wert von 100.000,00 DM an die Firma E zurückgegeben. Die Beklagte sei deshalb noch parteifähig. Er hat gemeint, die Beklagte habe den Betrieb der Firma A & E zum 1. November 1999 übernommen, selbst wenn sie kein Handelsunternehmen, sondern eine reine Handelsvertretung betrieben habe. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er sei dem veräußernden Betrieb zuzuordnen, denn der Restbetrieb sei insgesamt übergegangen. Dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses stehe die Verlegung des Betriebs nach M nicht entgegen.
12
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte übergegangen ist und mit dieser zu ungeänderten Arbeitsbedingungen - wie sie im Oktober 1999 gegolten haben -ab 1. November 1999 jedenfalls bis zum Ausspruch der Kündigung der Beklagten vom 15. November 2000 fortbestanden hat. Im Übrigen hat der Kläger bezifferte Zahlungsanträge gestellt.
13
Die Beklagte hat die
Klageabweisung
14
beantragt. Sie hat dargelegt, auf Grund ihrer vorrangigen Agenturtätigkeit im Bereich der E-Artikel habe sie nicht nur eine neue Organisationseinheit mit eigener Identität geschaffen. Sie verfolge darüber hinaus einen anders gearteten arbeitstechnischen Zweck als die Firma A & E. Schließlich sei der Kläger nur dem Lager zuzuordnen und nicht der allenfalls übergegangenen Verwaltung. Im Übrigen sei die Revision auf Grund der Löschung der Beklagten im Handelsregister ohnehin bereits unzulässig.
15
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
16
Die Revision ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist nicht auf die Beklagte übergegangen, sodass er auch keinen Anspruch auf Leistung von Annahmeverzugsvergütung gegen die Beklagte hat.
17
I.
Das Landesarbeitsgericht hat ein Feststellungsinteresse für den Antrag zu 1 bejaht, da dem Kläger mögliche weitere Vergütungsansprüche zustehen. Es hat den Feststellungsantrag und damit auch die auf Annahmeverzug gestützten Zahlungsansprüche aber für unbegründet gehalten. Die Beklagte habe zwar den Betrieb der Firma A & E durch Rechtsgeschäft zum 1. November 1999 übernommen. Der Kläger habe diesem Betrieb jedoch nicht angehört, sondern dem nicht nach M verlagerten und im Juni 1998 stillgelegten Betriebsteil Lager und Vertrieb.
18
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung im Wesentlichen stand.
19
1.
Die Feststellungsklage ist zum überwiegenden Teil zulässig.
20
a)
Das besondere Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ist als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen (BAG 24. September 1997 - 4 AZR 429/95 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Reichsbund Nr. 1 = EzA ZPO § 256 Nr. 48).
21
aa)
Die Feststellungsklage ist unzulässig, soweit der Kläger beantragt hat, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte übergegangen ist. Zwar können einzelne Rechte, Pflichten oder Folgen eines Rechtsverhältnisses zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage sein (sog. Elementenfeststellungsklage), dies gilt jedoch grundsätzlich nicht auch für bloße Vorfragen oder einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses (vgl. Zöller/Greger ZPO 23. Aufl. § 256 Rn. 3). Der Achte Senat hat demgemäß einen entsprechenden Antrag in dem Sinn ausgelegt, dass der Fortbestand des ursprünglich mit dem Veräußerer begründeten Arbeitsverhältnisses zum Übernehmer geklärt werden soll(10. Oktober 1996 - 8 AZR 778/94 -).Angesichts des Umstandes, dass der Kläger diese Feststellung zusätzlich mit dem Antrag zu 1 beantragt, ist eine solche Auslegung hier aber nicht möglich.
22
bb)
Soweit der Kläger weiter auf Feststellung des Bestandes des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten klagt, ist der Antrag dagegen zulässig.
23
Für diesen Antrag ist ein besonderes Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO nicht erforderlich. Denn es handelt sich um eine Zwischenfeststellungsklage im Sinne des § 256 Abs. 2 ZPO. Nach dieser Bestimmung kann die Klagepartei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, durch Erweiterung des Klageantrags beantragen, dass ein Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt wird. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die Rechtskraftwirkung bei der Leistungsklage nur auf die Entscheidung über den prozessualen Anspruch bezieht, nicht aber auf die den Leistungsbefehl tragenden Feststellungen. § 256 Abs. 2 ZPO ermöglicht die Ausdehnung der Rechtskraft auch auf das der Leistungsklage vorgreifliche Rechtsverhältnis und die tragenden Entscheidungsgründe. Voraussetzung für die Zwischenfeststellungsklage ist, dass ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien streitig ist, von dem die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängig ist und das über den Streitgegenstand hinaus von Bedeutung sein kann (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 4. Aufl. § 46 Rn. 59, 60).
24
Die Vorgreiflichkeit ersetzt das ansonsten für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse (BAG 29. März 2001 - 6 AZR 652/99 - ZTR 2002, 77;11. Oktober 2000 - 5 AZR 240/99 - BAGE 96, 34 = AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 13 = EzA MuSchG § 14 Nr. 15). Wenn die Klage insoweit erweitert werden kann, kann sie auch von Anfang an erhoben werden.
25
Der Kläger hat sein Feststellungsinteresse für die im August 2000 erhobene Klage, mit der er gleichzeitig die Zahlungsansprüche bis Juni 2000 geltend gemacht hatte, darauf gestützt, dass wegen der zukünftigen Vergütungsansprüche und eventueller noch nicht bezifferbarer Gehaltserhöhungsansprüche die Feststellung des Übergangs des Bestandes des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten geboten sei. Das war zunächst zulässig, da die Ansprüche noch nicht bezifferbar waren.
26
Die Beklagte hat dieses eventuell entstandene Arbeitsverhältnis allerdings am 15. November 2000, dh. während des erstinstanzlichen Verfahrens, gekündigt. Diese Kündigung hat der Kläger nicht angegriffen. Dies führt jedoch nunmehr nicht wegen des Vorrangs der Leistungsklage dazu, dass die Zwischenfeststellungsklage unzulässig wird. Denn wenn eine Leistungsklage nachträglich wegen eingetretener Bezifferbarkeit möglich wird, entfällt nach hM grds. nicht das Feststellungsinteresse der bereits anhängigen Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO. Der Kläger muss nicht zur Leistungsklage übergehen (RG 10. April 1923 - VII 105/22- RGZ 108, 201, 202; BGH 15. November 1977 - VI ZR 101/76 - BGHZ 70, 39; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 61. Aufl. § 256 Rn. 83).
27
Nichts anderes kann im Rahmen des § 256 Abs. 2 ZPO gelten, für die ohnehin kein besonderes Feststellungsinteresse nötig ist.
28
b)
Die Beklagte ist trotz ihrer Löschung im Handelsregister nach § 50 Abs. 1 ZPO parteifähig. Nach § 50 Abs. 1 ZPO ist parteifähig, wer rechtsfähig ist. Eine GmbH entsteht als juristische Person und wird rechtsfähig nach § 11 Abs. 1 GmbHG mit der Eintragung; sie erlischt mit Eintritt der Vollbeendigung, wobei diese die Vermögenslosigkeit und die Eintragung der Löschung voraussetzt. Mit dem Wegfall der Rechtsfähigkeit erlischt grundsätzlich auch die Parteifähigkeit der juristischen Person (BAG 4. Juni 2003 - 10 AZR 448/02 - GmbHR 2003, 1009, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen m.w.N.). Gleichwohl wird eine Gesellschaft auch im Passivprozess in einer Reihe von Konstellationen als parteifähig behandelt, wenn sie wegen Vermögenslosigkeit oder nach vollzogener Liquidation im Handelsregister gelöscht worden ist. Werden z.B. mit der Klage vermögensrechtliche Ansprüche verfolgt, reicht grundsätzlich die substantiierte Behauptung des Klägers aus, die GmbH habe noch Aktivvermögen (BAG 7. Februar 1990 - 8 AZR 469/88 -; BGH 2. Juni 1999 - VIII ZR 112/98 - BGHR ZPO § 398 Abs. 1 Ermessen Nr. 31;6. Februar 1991 - VIII ZR 26/90 - BGHR BGB § 675 Bautreuhandvertrag Nr. 7). Vermögen in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn die GmbH noch Ersatzansprüche gegen den Liquidator hat. Der Kläger hat vorgetragen, dass der Geschäftsführer der Beklagten ein Warenlager ohne Gegenleistung im Zeitpunkt der Liquidation an die Firma A zurückübertragen hat. Dies hat die Beklagte auch nicht im Einzelnen in Abrede gestellt. Es ist somit nicht auszuschließen, dass der Beklagten noch Regressansprüche gegen den ehemaligen Geschäftsführer zustehen.
29
c)
Die Beklagte ist auch prozessfähig. Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, Prozesshandlungen selbst oder durch selbstbestellte Vertreter wirksam vor- oder entgegenzunehmen. Eine GmbH ist als juristische Person als solche nicht fähig, Prozesshandlungen selbst vorzunehmen. Sie wird nach § 35 Abs. 1 GmbHG durch ihre Geschäftsführer und im Fall der Liquidation nach § 66 Abs. 1 GmbHG durch die Liquidatoren gesetzlich vertreten (vgl. Scholz/Karsten Schmidt GmbHG 9. Aufl. § 66 Rn. 2). Zwar hat der vormalige Geschäftsführer und spätere Liquidator der Beklagten mit der Löschung der Gesellschaft im Handelsregister seine Stellung als gesetzlicher Vertreter der Beklagten verloren. Es entspricht aber ständiger Rechtsprechung der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass der Wegfall der Prozessfähigkeit dann ohne Bedeutung ist, wenn dem Prozessbevollmächtigten wirksam Prozessvollmacht erteilt worden ist, weil die Vollmacht nach § 86 ZPO weiter wirkt (vgl. BAG 4. Juni 2003 - 10 AZR 448/02 -GmbHR2003, 1009, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen m.w.N.). Dass dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten wirksam Prozessvollmacht zu einem Zeitpunkt erteilt worden ist, als die Beklagte noch gesetzlich vertreten war, ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Die Beklagte ist deshalb nach wie vor als prozessfähig zu behandeln.
30
2.
Die Klage ist aber nicht begründet, denn das Arbeitsverhältnis des Klägers ist nicht auf die Beklagte übergegangen.
31
Es kann dahinstehen, ob der nach der Stilllegung des Lagers verbleibende Restbetrieb in M von der Firma A & E auf die Beklagte übergegangen ist. Denn das Arbeitsverhältnis des Klägers ist schon deshalb nicht auf die Beklagte übergegangen, weil der Kläger - wie das Landesarbeitsgericht zu Recht festgestellt hat - diesem Restbetrieb nicht angehörte.
32
a)
Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass dann, wenn nicht der gesamte Betrieb, sondern nur ein Betriebsteil oder eigenständiger Bereich übernommen wird, es entscheidend darauf ankommt, dass der Arbeitnehmer dem übertragenen Betriebsteil oder Bereich angehört, damit sein Arbeitsverhältnis gem. § 613a BGB auf den Erwerber übergeht (BAG 13. Februar 2003 - 8 AZR 102/02 - AP BGB § 613a Nr. 245 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 6;13. November 1997 - 8 AZR 375/96 -BAGE 87, 120 = AP BGB § 613a Nr. 170 = EzA BGB § 613a Nr. 156;21. Januar 1999 - 8 AZR 298/98 -; EuGH 7. Februar 1985 - Rs 186/83 - Slg. 1985, 519, 528 Nr. 16 (Bolzen); Annuß BB 1998, 1582, 1586).
33
b)
Diese Voraussetzung ist nicht gegeben. Die Beklagte hat allenfalls die Verwaltung und das "Büro" der Firma A & E übernommen. Die Verwaltung und das "Büro" stellt aber gegenüber dem Lager und dem Versand einen selbständigen Betriebsteil dar. Bei einem Betriebsteil muss es sich um eine selbstständige, abtrennbare organisatorische Einheit handeln, die innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks einen Teilzweck erfüllt. Das Merkmal des Teilzwecks dient dabei zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit (zuletzt BAG 17. April 2003 -8 AZR 253/02- m.w.N.;14. Dezember 2000 - 8 AZR 220/00 -;11. September 1997 -8 AZR 555/95 - BAGE 86, 271, 277 f. [BAG 11.09.1997 - 8 AZR 555/95] = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 16 = EzA BGB § 613a Nr. 153). Sowohl das Lager als auch der Versand stellten im Zeitpunkt der Stilllegung des Lagers eine jeweils selbstständige organisatorische Einheit dar. Das folgt u.a. schon daraus, dass die Firma A & E das Lager stillgelegt sowie dessen Aufgaben fremdvergeben und die gesamte Verwaltung nach M verlagert hat. Übergegangen auf die Beklagte ist damit allenfalls der Betriebsteil Verwaltung und Büro.
34
Diesem Bereich war aber das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht zugeordnet. Der Kläger war fest im Bereich Lager und Versand tätig und diesem nach objektiven Kriterien zugeordnet. Er wurde auch nicht dem übergegangenen Betriebsteil Büro und Verwaltung zugeordnet, nachdem die betriebsbedingte Kündigung der Firma A & E fehlgeschlagen war. Eine solche Zuordnung hätte einer ausdrücklichen oder doch konkludenten Zuordnungsentscheidung bedurft, die ggf. durch Zuweisung von Tätigkeiten aus dem Bereich Verwaltung hätte erfolgen können. Zu einer solchen Tätigkeitsübertragung ist es jedoch nicht gekommen, denn der Kläger wurde nicht weiterbeschäftigt. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, fallen die Arbeitsverhältnisse eines stillgelegten Betriebsteils nicht "automatisch" in den vom Arbeitgeber evtl. weitergeführten und einem späteren Betriebsübergang zugänglichen Bereich. Bereitsmit Urteil vom 13. Februar 2003 (- 8 AZR 102/02 - AP BGB § 613a Nr. 245 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 6) hat der Senat entschieden, dass es einer neuen Zuordnung zu einem anderen Betriebsteil gegenüber einem Arbeitnehmer bedarf, der einem Teilbetriebsübergang widersprochen hat, wenn jener von einem weiteren Teilbetriebsübergang erfasst werden soll. Erfolgt diese Zuordnung nicht, bleibt der Arbeitnehmer bei dem früheren Betriebsinhaber. Entsprechendes gilt im Streitfall, in dem der Betriebsteil, dem der Arbeitnehmer angehört, nicht veräußert, sondern stillgelegt wird und das Arbeitsverhältnis nur in rechtlicher Hinsicht weiter besteht, ohne dass der Arbeitnehmer faktisch für den Restbetrieb tätig wird. Die ursprüngliche Zuordnung bleibt auch in dem Fall weiter aufrechterhalten, in dem die betriebsbedingte Kündigung, die wegen der Stilllegung eines Betriebsteils ausgesprochen wird, fehlschlägt. Der Schutzzweck des § 613a BGB gebietet nicht den Übergang von Arbeitsverhältnissen, die dem übergegangenen Bereich nicht zugeordnet sind, weil sie infolge eines Widerspruchs oder eines rein rechtlichen Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses ohne neue Tätigkeitszuweisung beim früheren Betriebsteil, dem sie zugeordnet waren, verbleiben.
35
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Hauck, Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht Hauck
Dr. Wittek, Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Wittek
Laux, Richterin am Bundesarbeitsgericht
Morsch, ehrenamtliche Richterin
Hennecke, ehrenamtlicher Richter Hennecke
Parallelsachen:
BAG - 25.09.2003 - 8 AZR 464/02
BAG - 25.09.2003 - 8 AZR 470/02
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