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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Kurzarbeit
Kurzarbeit
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
- 4.
- 5.
- 6.
- 7.
- 8.Rechtsprechungs-ABC
- 8.1
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- 8.3
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Information
1. Allgemeines
Der Arbeitgeber kann auf einen wirtschaftlich oder saisonal bedingten Arbeitsausfall mit Kurzarbeit reagieren. Die Einführung von Kurzarbeit bedeutet dann auf Arbeitnehmerseite eine Verringerung von Arbeitszeit. Das wiederum hat zur Folge, dass auch der Anspruch auf Arbeitsentgelt sinkt, weil er sich jetzt nach der verminderten Arbeitszeit richtet. Der Arbeitgeber greift mit der Anordnung von Kurzarbeit direkt in den Arbeitsvertrag, in das Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung, ein - weswegen er sie nicht einseitig anordnen darf (s. dazu Gliederungspunkt 2.). Ist die Einführung von Kurzarbeit rechtmäßig, haben betroffene Mitarbeiter Anspruch auf Kurzarbeitergeld, das von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt wird.
Praxistipp:
Die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld wurde in den letzten Jahren mehrfach geändert. Während sie früher nur über sechs Monate lief, beträgt die Regeldauer nun zwölf Monate (s. dazu § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Der 12-Monats-Zeitraum wurde aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie mit der Zweiten Verordnung über die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld (2. KugBeV vom 12.10.2020) sogar auf 24 Monate ausgedehnt - längstens jedoch bis zum 31.12.2021 (s. dazu die Vierte Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordung vom 23.09.2021 - BGBl. I 2021, S. 4388). Aktuell gelten die "Verordnung zur Verlängerung der Zugangserleichterungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld (Kurzarbeitergeldzugangsverordnung - KugZuV)" vom 23.06.2022 - BGBl. I 2022, S. 985 - sowie die "Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldzugangsverordnung" vom 15.09.2022 - BGBl. I 2022, S. 1507. Für Unternehmer gibt es aktuelle Informationen zur Kurzarbeit und zum Kurzarbeitergeld auf der Netzseite der Bundesagentur für Arbeit. sowie beim Bundeministerium für Arbeit und Soziales.
Ein Arbeitsausfall allein ist kein Grund für die Zahlung von Kurzarbeitergeld. Das SGB III stellt mit den §§ 95 ff. eine Vielzahl von Voraussetzungen auf, die für den Bezug von Kurzarbeitergeld erfüllt sein müssen. So muss der Arbeitsausfall schon erheblich sein (§ 96 SGB III) und Arbeitgeber wie Arbeitnehmer müssen die besonderen betrieblichen (§ 97 SGB III) und persönlichen Voraussetzungen (§ 98 SGB III) erfüllen. Schließlich hat der Arbeitgeber den Arbeitsausfall der zuständigen Arbeitsagentur nach Maßgabe des § 99 SGB III ordnungsgemäß anzuzeigen (dazu mehr in Gliederungspunkt 3.). Die Regelbezugsdauer für das Kurzarbeitergeld beträgt zwölf Monate (s. dazu Gliederungspunkt 4.). Die Höhe des Kurzarbeitergeldes entspricht in der Regel der Höhe des Arbeitslosengeldes (s. Gliederungspunkt 5.). Für bestimmte witterungsabhängige Branchen - wie das Baugewerbe - gibt es in der so genannten Schlechtwetterzeit - 01.12. bis 31.03. - Saison-Kurzarbeitergeld nach Maßgabe der §§ 101 ff. SGB III (s. dazu Gliederungspunkt 6.) Einzelfragen werden im Rechtsprechungs-ABC in Gliederungspunkt 7. beantwortet.
2. Einführung von Kurzarbeit
Arbeitnehmer schulden nach ihrem Arbeitsvertrag eine bestimmte Arbeitszeit. Der Arbeitgeber schuldet ihnen für diese - vereinbarte - Arbeitszeit Arbeitsentgelt. Da der Arbeitsvertrag ein schuldrechtliches Austauschverhältnis - Arbeit gegen Geld - ist, kann der Arbeitgeber nicht einfach einseitig in dieses Austauschverhältnis eingreifen.
Beispiel:
Linda Landser-Rothe arbeitet mit 40 Wochenstunden in einem großen Reisebüro. In den Monaten Januar und Februar ist für sie oft wenig zu tun. Ihr Arbeitgeber kann nun nicht hingehen und Frau Landser-Rothe sagen: "Sie arbeiten in den nächsten Wochen nur noch 20 Stunden und bekommen dafür auch nur das halbe Geld." Das wäre ein unzulässiger, einseitiger Eingriff in das Schuldverhältnis Arbeitsvertrag.
Kurzarbeit ist die vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit, durch die die vereinbarte individuelle Arbeitszeit unterschritten und eine vorübergehende Arbeitseinstellung (Aussetzen der Arbeit, Feierschichten etc.) erreicht wird. Die Einführung von Kurzarbeit wird vielfach in
Tarifverträgen und/oder
Betriebsvereinbarungen
geregelt. Gibt es keine kollektivrechtliche Grundlage, kann der Arbeitgeber Kurzarbeit individualrechtlich nur auf drei Wegen einführen: Er
trifft mit seinen Arbeitnehmern eine entsprechende Vereinbarung,
kündigt die Arbeitsverhältnisse seiner Arbeitnehmer und bietet ihnen gleichzeitig an, mit geänderter Arbeitszeit und geändertem Arbeitsentgelt "kurz" zu arbeiten (= Änderungskündigung),
hat bereits in den Arbeitsverträgen eine Kurzarbeitsklausel vereinbart, die es ihm erlaubt, bei Bedarf einseitig Kurzarbeit anzuordnen.
Während der Kurzarbeit besteht das Arbeitsverhältnis fort. Die wechselseitigen Pflichten zur Arbeitsleistung und zur Entgeltzahlung sind zeitweise eingeschränkt. Was der Arbeitgeber jedoch nicht darf: Kurzarbeit ohne Rechtsgrundlage einseitig anordnen.
Die Einführung von Kurzarbeit ist in BetrVG-Betrieben mitbestimmungspflichtig. Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG - soweit keine
gesetzliche oder
tarifliche
Regelung besteht - bei einer vorübergehenden Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitzubestimmen.
Praxistipp:
Das übliche Instrument zur Regelung von Kurzarbeit in BetrVG-Betrieben ist eine Betriebsvereinbarung. Sie kann zwar jederzeit geschlossen werden - wird bei nicht planbaren Arbeitsausfällen aber von einem gewissen Zeitdruck begleitet. Daher empfiehlt es sich, in betroffenen Branchen und Betrieben vorsorglich Betriebs- oder Rahmenbetriebsvereinbarungen zu schließen, die vom jeweiligen Anlass der Kurzarbeit unabhängig Bestand haben und im Fall X problemlos durchgeführt werden können.
Für anzeigepflichtige Massenentlassungen bestimmen § 19 Abs. 1 und Abs. 2 KSchG:
"(1) Ist der Arbeitgeber nicht in der Lage, die Arbeitnehmer bis zu dem in § 18 Abs. 1 und 2 bezeichneten Zeitpunkt voll zu beschäftigen, so kann die Bundesagentur für Arbeit zulassen, dass der Arbeitgeber für die Zwischenzeit Kurzarbeit einführt."
"(2) Der Arbeitgeber ist im Falle der Kurzarbeit berechtigt, Lohn oder Gehalt der mit verkürzter Arbeitszeit beschäftigten Arbeitnehmer entsprechend zu kürzen; die Kürzung des Arbeitsentgelts wird jedoch erst von dem Zeitpunkt an wirksam, an dem das Arbeitsverhältnis nach den allgemeinen gesetzlichen oder vereinbarten Bestimmungen enden würde."
Die Regelung in § 19 Abs. 1 und Abs. 2 KSchG wird durch tarifvertragliche Bestimmungen über die Einführung, das Ausmaß und die Bezahlung von Kurzarbeit nicht berührt (§ 19 Abs. 3 KSchG).
3. Voraussetzungen
Arbeitnehmern wird bei Einführung von Kurzarbeit nach den §§ 95 ff. SGB III Kurzarbeitergeld gewährt. Die angesprochenen SGB III-Bestimmungen dienen der Verfolgung arbeitsmarktpolitischer Ziele. Sie führen dazu, "dass dem Arbeitgeber das Entgeltrisiko in besonderen Fallgestaltungen durch die Bundesagentur für Arbeit abgenommen wird" (BAG, 30.11.2021 - 9 AZR 225/21 - mit Hinweis auf BAG, 22.12.1980 - 1 ABR 2/79 und BAG, 11.07.1990 - 5 AZR 557/89).
Voraussetzung für die Gewährung von Kurzarbeitergeld ist gem. §§ 95 ff. SGB III, dass
ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt (§ 95 Satz 1 Nr. 1 SGB III mit § 96 SGB III),
die betrieblichen Voraussetzungen bejaht werden können (§ 95 Satz 1 Nr. 2 SGB III mit § 97 SGB III),
der Arbeitnehmer die persönlichen Voraussetzungen erfüllt (§ 95 Satz 1 Nr. 3 SGB III mit § 98 SGB III) und
der Arbeitsausfall mit Entgeltausfall der Arbeitsagentur angezeigt wird (§ 95 Satz 1 SGB III mit § 99 SGB III).
Arbeitnehmer in Betrieben nach § 101 Abs. 1 Nr. 1 SGB III - das heißt in einem Betrieb, der dem Baugewerbe oder einem Wirtschaftszweig angehört, der von saisonbedingtem Arbeitsausfall betroffen ist - haben in der Schlechtwetterzeit - das ist der Zeitraum vom 01.12. bis zum 31.03. - Anspruch auf Kurzarbeitergeld in Form von Saison-Kurzarbeitergeld (§ 101 SGB III - s. dazu auch Gliederungspunkt 7.).
Die Bundesregierung wurde infolge der Corona-Pandemie vom Gesetzgeber mit dem "Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld" vom 13.03.2020 (BGBl. I 2020, 493) und nachfolgenden Regelungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung
den Anteil der vom Entgeltausfall betroffenen Mitarbeiter abweichend von § 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III auf bis zu zehn Prozent herabzusetzen,
auf den Einsatz negativer Arbeitszeitsalden zur Vermeidung von Kurzarbeit vollständig oder teilweise zu verzichten und
eine vollständige oder teilweise Erstattung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung einzuführen (s. dazu § 109 SGB III).
Zu beachten sind:
Die Verordnung über die Erleichterung der Kurzarbeit - Kurzarbeitergeldverordnung, KugV - vom 25.03.2020, BGBl. I 2020, 59
Die Verordnung über die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld - KugBeV - vom 16.04.2020, BGBl. I 2020, 801
Die Zweite Verordnung über die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld - 2. KugBeV - vom 12.10.2020, BGBl. I 2020, 2165
Die erste Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung vom 21.10.2020, BGBl. I 2020, 2259
Die zweite Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung vom 25.03.2021, BGBl. I 2021, 381
Die dritte Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung vom 17.06.2021, BGBl. I 2021, 1821
Die vierte Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung vom 23.09.2021, BGBl. I 2021, 4388
Die Verordnung über die Bezugsdauer und Verlängerung der Erleichterungen der Kurzarbeit (Kurzarbeitergeldverlängerungsverordnung - KugverlV) vom 30.11.2021, BGBl I 2021, 5042
Das Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie vom 10.12.2021, BGBl. I 2021, 5162
Das Gesetz zur Verlängerung von Sonderregelungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie beim Kurzarbeitergeld und anderer Leistungen vom 23.03.2022, BGBl I 2022, 482
Die Verordnung zur Verlängerung der Zugangserleichterungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld (Kurzarbeitergeldzugangsverordnung - KugZuV) vom 23.06.2022, BGBl. I 2022, 985
Das Gesetz zur Anpassung der Verordnungsermächtigungen beim Kurzarbeitergeld und anderer Regelungen vom 19.10.2022, BGBl. I 2022, 1790
Aktuelle Entwicklungen zum Kurzarbeitergeld werden zeitnah auf der Startseite der Personalpraxis24 und in der Rubrik Aktuelles vorgestellt.
3.1 Erheblicher Arbeitsausfall
Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn er
auf wirtschaftlichen Gründen oder auf einem unabwendbaren Ereignis beruht (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III mit § 96 Abs. 2 u. Abs. 3 SGB III ),
vorübergehend (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III) und
nicht vermeidbar ist (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III mit § 96 Abs. 4 SGB III) und
im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mindestens ein Drittel der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen ist - der Entgeltausfall kann auch jeweils 100 Prozent des monatlichen Bruttoentgelts betragen. Bei den Berechnungen nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III sind Auszubildende nicht mitzuzählen (§ 96 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
Ein Arbeitsausfall ist nicht vermeidbar, wenn in einem Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern (§ 96 Abs. 4 Satz 1 SGB III).
Als vermeidbar gilt nach § 96 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB III insbesondere ein Arbeitsausfall, der
überwiegend branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt ist oder ausschließlich auf betriebsorganisatorischen Gründen beruht (Nr. 1),
bei Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ganz oder teilweise vermieden werden kann, soweit vorrangige Urlaubswünsche der Arbeitnehmer der Urlaubsgewährung nicht entgegenstehen (Nr. 2), oder
bei der Nutzung von im Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen ganz oder teilweise vermieden werden kann (Nr. 3).
Es ist natürlich sinnvoll, zur Vermeidung von Kurzarbeit vorrangig Arbeitszeitkonten aufzulösen. Da Arbeitnehmer ihr Arbeitszeitkonto aber in der Regel in dem Vertrauen, darüber selbstbestimmt verfügen zu können, angespart haben, sieht § 96 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 bis Nr. 5 SGB III vor, dass die Auflösung eines Arbeitszeitguthabens vom Arbeitnehmer nicht verlangt werden kann, soweit es
vertraglich ausschließlich zur Überbrückung von Arbeitsausfällen außerhalb der Schlechtwetterzeit (s. dazu § 101 Abs. 1 SGB III und Gliederungspunkt 7. unten - Saison-Kurzarbeitergeld) bestimmt ist und 50 Stunden nicht übersteigt (Nr. 1),
ausschließlich für die in § 7c Abs. 1 SGB IV genannten Zwecke bestimmt ist (Nr. 2),
zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld angespart worden ist und den Umfang von 150 Stunden nicht übersteigt (Nr. 3 - s. dazu auch Gliederungspunkt 4. unten),
den Umfang von zehn Prozent der ohne Mehrarbeit geschuldeten Jahresarbeitszeit eines Arbeitnehmers übersteigt (Nr. 4) oder
länger als ein Jahr unverändert bestanden hat (Nr. 5).
In einem Betrieb, in dem eine Vereinbarung über Arbeitszeitschwankungen gilt, nach der mindestens zehn Prozent der ohne Mehrarbeit geschuldeten Jahresarbeitszeit für einen unterschiedlichen Arbeitsanfall eingesetzt werden, gilt ein Arbeitsausfall, der im Rahmen dieser Arbeitszeitschwankungen nicht mehr ausgeglichen werden kann, als nicht vermeidbar (§ 96 Abs. 4 Satz 4 SGB III).
Wichtiger Hinweis: Kurzarbeitergeld wird bis zum 31.12.2021 für Betriebe, die bis zum 31.03.2021 Kurzarbeit eingeführt haben, mit folgender Maßgabe geleistet:
Anteil der betroffenen Mitarbeiter i.S.d. § 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III: mindestens zehn Prozent,
§ 96 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 SGB III gilt nicht für den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden (so: § 1 KuGV in der geänderten Fassung vom 21.10.2020).
Hinweis: Anlässlich der Corona-Pandemie sind immer die im maßgeblichen Zeitraum anzuwendenden Kug-Verordnungen etc. zu beachten, die möglicherweise abweichende Regelungen vorsehen.
3.2 Betriebliche und persönliche Voraussetzungen
Die betrieblichen Voraussetzungen sind dann erfüllt, wenn in einem Betrieb oder in einer Betriebsabteilung mindestens ein Arbeitnehmer beschäftigt ist (§ 97 SGB III).
Die persönlichen Voraussetzungen sind nach § 98 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB III erfüllt, wenn
der Arbeitnehmer nach Beginn des Arbeitsausfalls eine versicherungspflichtige Beschäftigung
fortsetzt,
aus zwingenden Gründen aufnimmt oder
im Anschluss an die Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses aufnimmt (Nr. 1 lit. a) bis c)),
das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst ist (Nr. 2) und
der Arbeitnehmer nicht vom Kurzarbeitergeldbezug ausgeschlossen ist (Nr. 3).
Die persönlichen Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn der Arbeitnehmer während des Bezugs von Kurzarbeitergeld arbeitsunfähig wird, solange Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht oder ohne den Arbeitsausfall bestehen würde (§ 98 Abs. 2 SGB III).
Vom Kurzarbeitergeld ausgeschlossen sind Arbeitnehmer
während der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme mit Bezug von Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung oder Übergangsgeld, wenn diese Leistung nicht für eine neben der Beschäftigung durchgeführte Teilzeitmaßnahme gezahlt wird, sowie während des Bezugs von Krankengeld (§ 98 Abs. 3 Nr. 1 u. Nr. 2 SGB III);
wenn ein Fall des § 98 Abs. 3 Nr. 3 SGB III vorliegt, u.a. beim Bezug von Leistungen privater Krankenversicherer;
wenn und solange sie bei einer Vermittlung nicht in der von der Agentur für Arbeit verlangten und gebotenen Weise mitwirken (§ 98 Abs. 4 Satz 1 SGB III).
Arbeitnehmer, die von einem erheblichen Arbeitsausfall mit Entgeltausfall betroffen sind, sind in die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit einzubeziehen (§ 98 Abs. 4 Satz 2 SGB III). Hat der Arbeitnehmer trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Tätigkeit angebotene zumutbare Beschäftigung nicht angenommen oder nicht angetreten, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben, sind die Vorschriften über die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld entsprechen anzuwenden (§ 98 Abs. 4 Satz 3 SGB III).
Bei Arbeitskämpfen ist die Zahlung von Kurzarbeitergeld nach Maßgabe des § 100 SGB III ausgeschlossen. Die Versichertengemeinschaft soll nicht durch Zahlung von Kurzarbeitergeld den Ausgang von tarifpolitischen Kampfmaßnahmen der Koalitionen beeinflussen (s. dazu auch das Stichwort Arbeitskampf - Arbeitslosengeld mit weiteren Informationen).
Hinweis: Anlässlich der Corona-Pandemie sind immer die im maßgeblichen Zeitraum anzuwendenden Kug-Verordnungen etc. zu beachten, die möglicherweise abweichende Regelungen vorsehen.
3.3 Anzeige
Der Arbeitsausfall ist der Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der Betrieb liegt, schriftlich oder elektronisch anzuzeigen (§ 99 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Die Anzeige kann nur vom Arbeitgeber oder der Betriebsvertretung erstattet werden (§ 99 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der Anzeige des Arbeitgebers ist eine Stellungnahme der Betriebsvertretung beizufügen (§ 99 Abs. 1 Satz 3 SGB III). Zusammen mit der Anzeige sind
das Vorliegen eines erheblichen Arbeitsausfalls und
das Vorliegen der betrieblichen Voraussetzungen
für das Kurzarbeitergeld glaubhaft zu machen (§ 99 Abs. 1 Satz 4 SGB III).
Das Kurzarbeitergeld wird frühestens von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist (§ 99 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Beruht der Arbeitsausfall auf einem unabwendbaren Ereignis, gilt die Anzeige für den entsprechenden Kalendermonat als erstattet, wenn sie unverzüglich abgegeben worden ist (§ 99 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Die Arbeitsagentur hat dem Anzeigenden unverzüglich einen schriftlichen Bescheid darüber zu erteilen, ob aufgrund der vorgetragenen und glaubhaft gemachten Tatsachen ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt und die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind (§ 99 Abs. 3 SGB III).
4. Dauer
Das Kurzarbeitergeld wird von der Bundesagentur regelmäßig
für den Arbeitsausfall und
eine Dauer von zwölf Monaten
gezahlt (§ 104 Abs. 1 Satz 1 SGB III).
Die Bezugsdauer gilt einheitlich für alle in einem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer (§ 104 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Sie
beginnt mit dem ersten Kalendermonat, für den in einem Betrieb Kurzarbeitergeld gezahlt wird,
und endet spätestens nach zwölf Monaten (§ 104 Abs. 1 Satz 3 SGB III).
Wichtiger Hinweis: Infolge der Corona-Pandemie beträgt die maximale Bezugsdauer des Kurzarbeitergelds für Arbeitnehmer, deren Anspruch bis zum 31.12.2020 entstanden ist, über die in § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB III vorgesehene Regeldauer hinaus 24 Monate, jedoch nicht länger als bis zum 31.12.2021 (§ 1 2. KugBeV).
Wird innerhalb der Bezugsfrist für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens einem Monat kein Kurzarbeitergeld gezahlt, verlängert sich die Bezugsfrist um diesen Zeitraum (§ 104 Abs. 2 SGB III). Sind seit dem letzten Kalendermonat, für den Kurzarbeitergeld geleistet worden ist,
drei Monate vergangen und
liegen die Anspruchsvoraussetzungen erneut vor,
beginnt eine neue Bezugsdauer (§ 104 Abs. 3 SGB III).
Anders beim Saison-Kurzarbeitergeld:Saison-Kurzarbeitergeld wird abweichend von den Absätzen 1 bis 3 für die Dauer des Arbeitsausfalls während der Schlechtwetterzeit gezahlt (§ 104 Abs. 4 Satz 1 SGB III). Bezieht ein Arbeitnehmer Saison-Kurzarbeitergeld, wird diese Zeit nicht auf die Bezugsfrist für das Kurzarbeitergeld angerechnet (§ 104 Abs. 4 Satz 2 SGB III). Sie gilt nicht als Unterbrechungszeit i.S.d. § 104 Abs. 3 SGB III (so: § 104 Abs. 4 Satz 3 SGB III).
Hinweis: Anlässlich der Corona-Pandemie sind immer die im maßgeblichen Zeitraum anzuwendenden Kug-Verordnungen etc. zu beachten, die möglicherweise abweichende Regelungen vorsehen.
5. Höhe des Kurzarbeitergelds
Das reguläre Kurzarbeitergeld beträgt
für Arbeitnehmer, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen würden, 67 Prozent,
für die übrigen Arbeitnehmer 60 Prozent
der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum (§ 105 SGB III).
Die Nettoentgeltdifferenz entspricht dem Unterschiedsbetrag zwischen
dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Soll-Entgelt und
dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Ist-Entgelt (§ 106 Abs. 1 Satz 1 SGB III).
Dabei ist
Soll-Entgelt das Bruttoarbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall und vermindert um Entgelt für Mehrarbeit im Anspruchszeitraum erzielt hätte (§ 106 Abs. 1 Satz 2 SGB III);
Ist-Entgelt das in dem Anspruchszeitraum tatsächlich erzielte Bruttoarbeitsentgelt des Arbeitnehmers zuzüglich aller ihm zustehenden Entgeltanteile (§ 106 Abs. 1 Satz 3 SGB III).
Für weitergehende Informationen wird auf die umfangreichen Regelungen des § 106 SGB III verwiesen. Die Höhe des pauschalierten Nettoentgelts ergibt sich aus der Anlage 1 zur Verordnung über die pauschalierten Nettoentgelte für das Kurzarbeitergeld 2020 (BGBl. I, 2019, S. 2820 ff.).
Wichtiger Hinweis: Wegen der Corona-Pandemie beträgt das Kurzarbeitergeld abweichend von § 105 SGB III bis zum 31.12.2021
für Arbeitnehmer, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen würden, ab dem vierten Bezugsmonat 77 Prozent und ab dem siebten Bezugsmonat 87 Prozent,
für die übrigen Arbeitnehmer ab dem vierten Bezugsmonat 70 Prozent und ab dem siebten Bezugsmonat 80 Prozent
der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum, wenn die Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt im jeweiligen Bezugsmonat mindestens 50 Prozent beträgt (§ 421a Abs. 2 Satz 1 SGB III).
Hinweis: Anlässlich der Corona-Pandemie sind immer die im maßgeblichen Zeitraum anzuwendenden Kug-Verordnungen etc. zu beachten, die möglicherweise abweichende Regelungen vorsehen.
6. Saison-Kurzarbeitergeld
Seit dem 01.04.2006 haben Arbeitnehmer nach § 101 SGB III (früher: § 175 a.F. SGB III) in der Zeit vom 01.12. bis zum 31.03. (Schlechtwetterzeit) Anspruch auf Saison-Kurzarbeitergeld, wenn
sie in einem Betrieb beschäftigt sind, der dem Baugewerbe oder einem Wirtschaftszweig angehört, der von saisonbedingtem Arbeitsausfall betroffen ist (§ 101 Abs. 1 Nr. 1 SGB III),
der Arbeitsausfall nach § 101 Abs. 5 SGB III erheblich ist (§ 101 Abs. 1 Nr. 2 SGB III),
die betrieblichen Voraussetzungen des § 97 SGB III sowie die persönlichen Voraussetzungen des § 98 SGB III erfüllt sind (§ 101 Abs. 1 Nr. 3 SGB III) und
der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit nach § 99 SGB III angezeigt worden ist (§ 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB III).
Ein Betrieb des Baugewerbes ist ein Betrieb, der gewerblich überwiegend Bauleistungen auf dem Baumarkt erbringt (§ 101 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (§ 101 Abs. 2 Satz 2 SGB III).
Kein Baubetrieb i.S.d. § 101 Abs. 2 Satz 1 SGB III sind Betriebe, die
überwiegend Bauvorrichtungen, Baumaschinen, Baugeräte oder sonstige Baubetriebsmittel ohne Personal Betrieben des Baugewerbes gewerblich zur Verfügung stellen;
überwiegend Baustoffe oder Bauteile für den Markt herstellen;
die Betonentladegeräte gewerblich zur Verfügung stellen (§ 101 Abs. 2 Satz 3 SGB III).
Ein Wirtschaftszweig ist von saisonbedingtem Arbeitsausfall betroffen, wenn der Arbeitsausfall regelmäßig in der Schlechtwetterzeit aufgrund witterungsbedingter oder wirtschaftlicher Ursachen eintritt (§ 101 Abs. 4 SGB III).
Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen oder witterungsbedingten Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, vorübergehend und nicht vermeidbar ist (§ 101 Abs. 5 Satz 1 SGB III). Als nicht vermeidbar gilt nach § 101 Abs. 5 Satz 2 SGB III auch ein Arbeitsausfall, der
überwiegend branchenüblich,
betriebsüblich oder
saisonbedingt
ist. "Wurden seit der letzten Schlechtwetterzeit Arbeitszeitguthaben, die nicht mindestens ein Jahr bestanden haben, zu anderen Zwecken als zum Ausgleich für einen verstetigten Monatslohn, bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall oder der Freistellung zum Zweck der Qualifizierung aufgelöst, gelten im Umfang der aufgelösten Arbeitszeitguthaben Arbeitsausfälle als vermeidbar" (§ 101 Abs. 5 Satz 3 SGB III).
Ein witterungsbedingter Arbeitsausfall liegt vor, wenn
er ausschließlich durch zwingende Witterungsgründe verursacht ist (§ 101 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 SGB III) und
an einem Arbeitstag mindestens eine Stunde der regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit ausfällt - Ausfalltag (§ 101 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 SGB III).
Zwingende Witterungsgründe i.S.d. § 101 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 SGB III liegen nur vor, wenn atmosphärische Einwirkungen (insbesondere Regen, Schnee, Frost) oder deren Folgewirkungen die Fortführung der Arbeiten technisch unmöglich, wirtschaftlich unvertretbar oder für die Arbeitnehmer unzumutbar machen (§ 101 Abs. 6 Satz 2 SGB III). Der Arbeitsausfall ist nicht ausschließlich durch zwingende Witterungsgründe verursacht, wenn er durch Beachtung der besonderen arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen an witterungsabhängige Arbeitsplätze vermieden werden kann (§ 101 Abs. 6 Satz 3 SGB III).
Eine Anzeige nach § 99 SGB III ist nicht erforderlich, wenn der Arbeitsausfall ausschließlich auf unmittelbar witterungsbedingten Gründen beruht (§ 101 Abs. 7 SGB III). Nach § 101 Abs. 8 SGB III finden auf das Saison-Kurzarbeitergeld die Vorschriften über das Kurzarbeitergeld Anwendung. Ergänzende Leistungen (Zuschuss- und Mehraufwands-Wintergeld für Arbeitnehmer, Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen an Arbeitgeber) regelt § 102 SGB III.
"Saison-Kurzarbeitergeld ist nicht für einen im Ausland eingetretenen Arbeitsausfall zu erbringen" (BSG, 07.05.2019 - B 11 AL 11/18 R - Leitsatz).
Wichtger Hinweis: Bedingt durch die Corona-Pandemie gibt es auch beim Saison-Kurzarbeitergeld einige Erleichterungen (s. dazu bspw. die §§ 1 u. 2 der KuGV vom 25.03.2020).
7. Vorübergehende Sonderregelungen im Zusammenhang mit Kurzarbeit
Bis zum Ablauf des 30.06.2022 wird das Entgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV, die während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommen worden ist, abweichend von § 106 Abs. 3 SGB III dem Ist-Entgelt nicht hinzugerechnet (§ 421c Abs. 1 SGB III).
Abweichend von § 105 SGB III beträgt das Kurzarbeitergeld vom 01.01.2022 bis zum 30.06.2022
für Arbeitnehmer, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen würden, ab dem vierten Bezugsmonat 77 % und ab dem siebten Bezugsmonat 87 % (§ 421c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III).
für die übrigen Arbeitnehmer ab dem vierten Bezugsmonat 70 % und ab dem siebten Bezugsmonat 80 % (§ 421c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III)
der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum, wenn die Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt im jeweiligen Bezugsmonat mindestens 50 % beträgt. Für die Berechnung der Bezugsmonate sind die Monate mit Kurzarbeit ab März 2020 zu berücksichtigen (§ 421c Abs. 2 Satz 2 SGB III).
Die Bezugsdauer für des Kurzarbeitergeld wird für Arbeitnehmer, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum Ablauf des 30.06.2021 entstanden ist, über die Bezugsdauer nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB III hinaus auf bis zu 28 Monate, längstens jedoch bis zum Ablauf des 30.06.2022 verlängert (§ 421c Abs. 3 SGB III).
Das Kurzarbeitergeld wird bis zum Ablauf des 30.06.2022 mit den Maßgaben der Sätze 2 und 3 geleistet (§ 421c Abs. 4 Satz 1 SGB III). Abweichend von § 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III wird der Anteil der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, die im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sind, auf mindestens 10 % herabgesetzt (§ 421c Abs. 4 Satz 2 SGB III). § 96 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 SGB III gilt nicht für den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden (§ 421c Abs. 4 Satz 3 SGB III).
Der Anspruch auf eine IfSG-Entschädigung gemäß § 56 IfSG geht nach dessen Absatz 9 Satz 1 insoweit, als dem Entschädigungsberechtigten Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld für die gleiche Zeit zu gewähren ist, auf die Bundesagentur für Arbeit über. Im neuen Satz 2 des § 56 Abs. 9 IfSG heißt es seit dem 17.09.2022: "Die bei der Gewährung von Kurzarbeitergeld auf die Bundesagentur übergegangenen Entschädigungsansprüche können auf der Grundlage von Vereinbarungen der Bundesagentur für Arbeit mit den Ländern in einem pauschalierten Verfahren geltend gemacht werden."
8. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einige der interessantesten Entscheidungen zum Thema Kurzarbeitergeld in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet vorgestellt:
8.1 Annahmeverzug
Der Arbeitgeber kann auch dann in Annahmeverzug kommen, wenn er widerrechtlich Kurzarbeit anordnet. Arbeitnehmer müssen ihre volle Arbeitsleistung in diesem Fall in der Regel tatsächlich anbieten. Ein wörtliches Angebot reicht dagegen, wenn der Arbeitgeber durch die Anordnung der Kurzarbeit deutlich zu erkennen gibt, dass er in den von der Kurzarbeit erfassten Zeiträumen eine Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers ablehnt. Das bloß widerspruchslose Fernbleiben von der Arbeit ohne tatsächliches oder wörtliches Angebot der Leistung Arbeit reicht für die Annahme eines Arbeitgeberverzugs nicht (BAG, 18.11.2015 - 5 AZR 491/14 - mit dem Hinweis, dass der Arbeitnehmer hier zumindest gegen die angeordnete Kurzarbeit hätte protestieren und so seine Leistung Arbeit wörtlich anbieten müssen).
8.2 Anteilige Urlaubskürzung?
Fährt der Arbeitgeber keine "Kurzarbeit null", ist er nicht berechtigt, den Anspruch seiner Mitarbeiter auf bezahlten Erholungsurlaub anteilig im Verhältnis zu den Arbeitstagen des Jahres zu kürzen. Zum einen setzt der Urlaubsanspruch von Rechts wegen nur das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses und nicht die Leistung von Arbeit voraus. Zum anderen ruht das Arbeitsverhältnis bei Kurzarbeit – anders als bei "Kurzarbeit null" – nicht. Die gegenseitigen Leistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis sind bei "Kurzarbeit über null" nicht – wie beispielsweise bei der Elternzeit – auf eine gewisse Dauer unterbrochen. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber (anders als nach § 17 Abs. 1 BEEG bei der Elternzeit) für den Fall von Kurzarbeit keine Einschränkung des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub vorsieht. Im Gegenteil – hat er doch mit § 11 Satz 3 BUrlG deutlich gemacht, dass Kurzarbeit gerade nicht zu einer Kürzung des Anspruchs auf Urlaubsentgelt führen darf (ArbG Osnabrück, 08.06.2021 – 3 Ca 108/21).
8.3 Beschäftigungsrisiko
Müssen Arbeitgeber ihrer Betriebe vorübergehend wegen eines staatlich verfügten allgemeinen "Lockdowns" zur Bekämpfung der SARS-CoV-2-Pandemie schließen, führt das nicht dazu, dass sie nun das Risiko des Arbeitsausfalls tragen und ihren Mitarbeitern nach den Grundsätzen des Annahmeverzugs das Arbeitsentgelt weiterzahlen müssen. Dass die Arbeitsleistung wegen des "Lockdowns" unmöglich ist, ist nicht die Folge eines im Arbeitgeberbetrieb angelegten Betriebsrisikos. Hier führt ein hoheitlicher Eingriff zur Bekämpfung einer die Gesellschaft als Ganzes betreffenden Gefahrenlage zum Arbeitsausfall. Und da ist es Sache des Staates, die finanziellen Folgen zu mildern, etwa durch den erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld. Dass geringfügig Beschäftigte keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben, ist eine Lücke im Regelungssystem der Sozialversicherung. Diese Lücke rechtfertigt es allerdings nicht, hier als Ersatz eine Zahlungspflicht des Arbeitgebers vorzusehen (BAG, 13.10.2021 – 5 AZR 211/21).
8.4 Beschäftigungsverbot
Arbeitgeber dürfen schwangere Mitarbeiterinnen gemäß § 16 Abs. 1 MuSchG nicht beschäftigen, "soweit nach einem ärztlichen Zeugnis ihre Gesundheit oder die ihres Kindes bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist." Wer als Schwangere nicht beschäftigt werden darf, hat nach Maßgabe des § 18 MuSchG Anspruch auf Mutterschutzlohn. Irgendwie müssen Zeit und Verdienstausfall ja überbrückt werden. Aber was ist, wenn dann plötzlich wegen der SARS-COV-2-Pandemie Kurzarbeit gefahren wird? Wie in diesem Fall bei einem Firmen- und Event-Caterer, der coronabedingt nichts mehr zu tun hatte? Dann gilt: "Entfällt in der Coronakrise die Beschäftigung, endet für die Schwangere das Beschäftigungsverbot. Es gelten die allgemeinen Regeln zur Kurzarbeit und zum Annahmeverzug" (LAG Köln, 29.03.2021 – 2 Sa 1230/20 – Leitsatz).
8.5 Betriebssitz im Ausland
Die Gewährung von Kurzarbeitergeld durch die Bundesagentur für Arbeit knüpft an das Vorhandensein eines Betriebs oder einer Betriebsabteilung im Inland an. Überlässt ein im EU-Ausland ansässiges Leiharbeitsunternehmen befristet beschäftigtes Flugpersonal an inländische Fluggesellschaften, ohne im Inland über gefestigte betriebliche Strukturen zu verfügen, fehlt die nach dem Gesetz erforderliche betriebliche Voraussetzung für die Gewährung von Kurzarbeitergeld (s. dazu auch § 97 SGB III, "Betrieb", "Betriebsabteilung"). Das ausländische Unternehmen muss in der Bundesrepublik zumindest eine Niederlassung haben. Nur fiktive Betriebsstätten reichen nicht (LSG Bayern, 04.06.2020 – L 9 AL 61/20 B ER; s. dazu auch LSG Nordrhein-Westfalen, 17.09.2020 - L 20 AL 109/20 B ER).
8.6 Betriebsvereinbarung - 1
"Für die wirksame Vereinbarung von Kurzarbeit ist es erforderlich, dass in einer Betriebsvereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit, die normative Wirkung für die betroffenen Arbeitsverhältnisse entfalten soll, Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Lage und Verteilung der Arbeitszeit, die Auswahl der von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer oder die Abteilung sowie die Zeiträume, in denen die Arbeit ganz ausfallen soll, festgelegt werden, um dem für Rechtsnormen geltenden Bestimmtheitsgrundsatz zu genügen [im Anschluss an LAG Baden-Württemberg, 25.11.2005 - 20 Sa 112/04; LAG Sachsen, 31.07.2002 - 2 Sa 910/01 u.a.]" (LAG Hamm, 01.08.2012 - 5 Sa 27/12).
8.7 Betriebsvereinbarung - 2
Kommt der Arbeitgeber in Annahmeverzug, weil der die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit nicht abruft, muss er seinem Mitarbeiter nach § 615 Satz 1 BGB trotzdem das für die zu leistende Arbeitszeit vereinbarte Arbeitsentgelt zahlen. In Fällen zulässiger Kurzarbeit kann die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers möglicherweise eingeschränkt sein. Erfolgt die Anordnung von Kurzarbeit auf Grundlage einer Betriebsvereinbarung, gilt: "Eine Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit muss die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten so deutlich regeln, dass diese für die Arbeitnehmer zuverlässig zu erkennen sind. Erforderlich sind mindestens die Bestimmung von Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Regelung der Lage und Verteilung der Arbeitszeit sowie die Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer" (BAG, 18.11.2015 - 5 AZR 491/14 - Leitsatz).
8.8 Betriebsvereinbarung - 3
"Eine Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit muss die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten so deutlich regeln, dass diese für die Arbeitnehmer zuverlässig zu erkennen sind. Erforderlich sind mindestens die Bestimmung von Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Regelung der Lage und Verteilung der Arbeitszeit sowie die Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer" (BAG, 18.11.2015 - 5 AZR 491/14 - Leitsätze).
8.9 Corona als Kündigungsgrund?
Eine Kündigung wegen dringender betrieblicher Erfordernisse allein mit "Corona" zu begründen, reicht nicht – ebenso wenig der Hinweis auf einen pandemiebedingten Umsatzrückgang. Der Arbeitgeber muss schon anhand seiner Auftrags- und Personalplanung konkret darlegen, warum keine kurzfristige Auftragsschwankung, sondern ein dauerhafter Rückgang der Aufträge zu erwarten ist. Hat er für seinen Betrieb Kurzarbeit angeordnet, spricht das gegen einen mehr als kurzfristigen Rückgang. Da reicht es dann nicht aus, einfach zu behaupten, es habe infolge der Corona-Pandemie einen starken Umsatzrückgang gegeben, auf den man nicht anders reagieren konnte (ArbG Berlin, 05.11.2020 – 38 Ca 4569/20).
8.10 Direktionsrecht?
Kurzarbeit, das ist eine "vorübergehende Kürzung des Volumens der regelmäßig geschuldeten Arbeitszeit bei anschließender Rückkehr zum vereinbarten Zeitumfang." Hinzu kommt, dass der Arbeitgeber für die Zeit, in der verkürzt gearbeitet wird, auch nur eine "verkürzte" Vergütung zahlt. Einseitig via Direktionsrecht darf ein Arbeitgeber jedoch keine Kurzarbeit anordnen. Er greift damit in den Arbeitsvertrag ein. Um wirksam Kurzarbeit zu fahren, braucht der Arbeitgeber immer eine besondere einzel- oder kollektivvertragliche Grundlage, mit der er die vertraglichen Arbeits- und Vergütungsansprüche seiner Mitarbeiter einschränken kann (BAG, 30.11.2021 - 9 AZR 225/21 - mit Hinweis auf BAG, 18.11.2015 - 5 AZR 491/14 - und BAG, 16.12.2008 - 9 AZR 164/08).
8.11 Kündigungsgrund - 1
Ursache für die Einführung von Kurzarbeit ist ein vorübergehender Arbeitsausfall. Ein Anlass, der eigentlich keine betriebsbedingte Beendigungskündigung zu rechtfertigen vermag. Der Arbeitgeber kann dieses Indiz jedoch damit entkräften, dass er die Kündigung damit begründet, dass eine Beschäftigungsmöglichkeit für einige seiner Kurzarbeiter auf Dauer weggefallen ist (BAG, 26.06.1997 - 2 AZR 494/96).
8.12 Kündigungsgrund - 2
Will der Arbeitgeber ein reduziertes Arbeitsvolumen darlegen, muss er "möglicherweise nur kurzfristige Produktions- und Auftragsschwankungen" ausschließen. Die vom Arbeitgeber zu treffende Prognose muss auch berücksichtigen, "ob die Kündigung im zeitlichen Zusammenhang mit einer vereinbarten oder prognostizierten Kurzarbeit erfolgt. Wird Kurzarbeit geleistet, so spricht dies dafür, dass die Betriebsparteien nur von einem vorübergehenden Arbeitsmangel und nicht von einem dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf ausgehen" (BAG, 23.02.2012 - 2 AZR 548/10 - mit dem Hinweis, dass ein nur vorübergehender Arbeitsmangel keine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen kann).
8.13 Kurzarbeitergeld und Kur
Der vereinfachte Fall: Arbeitgeber A hatte für seine Mitarbeiter Kurzarbeitergeld beantragt - auch für Mitarbeiter M, der eine nicht aus einer Arbeitsunfähigkeit heraus angetretene Kur machte. Die Bundesagentur weigerte sich, für M Kurzarbeitergeld zu zahlen. Er erfülle nicht die persönlichen Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld nach § 172 Abs. 1a SGB III a.F. (= § 98 Abs. 2 SGB III n.F.).
§ 172 SGB III a.F./§ 98 Abs. 2 SGB III n.F. sah/sieht vor, dass die persönlichen Voraussetzungen für den KuG-Bezug auch dann erfüllt sind, wenn ein Arbeitnehmer "während des Bezugs von Kurzarbeitergeld arbeitsunfähig wird, solange Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall besteht oder ohne den Arbeitsausfall bestehen würde." Das Gesetz stellt eindeutig auf das Merkmal Arbeitsunfähigkeit ab - und das liegt nicht vor, wenn ein Arbeitnehmer eine Kur antritt, ohne dabei gleichzeitig arbeitsunfähig zu sein. Die Gleichstellung von Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation in § 9 EFZG führt nicht zu einer Gleichstellung von Kur und Arbeitsunfähigkeit bei § 172 SGB III a.F./§ 98 Abs. 2 SGB III n.F. (LSG Sachsen, 15.03.2012 - L 3 AL 234/09 - mit dem Ergebnis, dass bei einem Kuraufenthalt wie in diesem Fall kein Kurzarbeitergeldanspruch entsteht).
8.14 Kürzung von Urlaubsentgelt
"1. Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, nach der in Tarifverträgen bestimmt werden kann, dass Verdienstkürzungen, die im Referenzzeitraum dadurch eintreten, dass an bestimmten Tagen aufgrund von Kurzarbeit keine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht wird, bei der Berechnung der Urlaubsvergütung berücksichtigt werden, was zur Folge hat, dass der Arbeitnehmer für die Dauer des ihm nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 zustehenden Mindestjahresurlaubs eine Urlaubsvergütung erhält, die geringer ist als das gewöhnliche Arbeitsentgelt, das er in Arbeitszeiträumen erhält."
Und weiter im 1. Leitsatz: "Es obliegt dem vorlegenden Gericht, die nationale Regelung so weit wie möglich nach Wortlaut und Zweck der Richtlinie 2003/88 auszulegen, so dass die den Arbeitnehmern für den in Art. 7 Abs. 1 dieser Richtlinie vorgesehenen Mindesturlaub gezahlte Urlaubsvergütung nicht geringer ausfällt als der Durchschnitt des gewöhnlichen Arbeitsentgelts, das die Arbeitnehmer in Zeiträumen tatsächlicher Arbeitsleistung erhalten." "2. Die zeitlichen Wirkungen des vorliegenden Urteils sind nicht zu beschränken, und das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass es die nationalen Gerichte daran hindert, auf der Grundlage des nationalen Rechts das berechtigte Vertrauen der Arbeitgeber auf den Fortbestand der nationalen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu schützen, die die Rechtmäßigkeit der Regelungen des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe über den bezahlten Urlaub bestätigt hat" (EuGH, 13.12.2018 - C-385/17 - Leitsätze - Deutschland).
8.15 Leiharbeitnehmer
Ist ein Arbeitsausfall branchenüblich und damit vermeidbar, gibt es kein Kurzarbeitergeld. Das ist der Fall, wenn Leiharbeitnehmer beschäftigt werden. Leiharbeitnehmer haben auch bei Nichtbeschäftigung einen Vergütungsanspruch gegen ihren Arbeitgeber. Der trägt damit zwar ein erhöhtes Beschäftigungsrisiko. Dieses erhöhte Beschäftigungsrisiko rechtfertigt es aber nicht, das Entgeltrisiko auf die Leiharbeitnehmer oder die Allgemeinheit zu verlagern. Das gilt auch, wenn die Nichtbeschäftigung auf einer mittelbaren Streikfolge beruht (LSG Hessen, 18.03.2011 - L 7 AL 21/08).
8.16 Nicht ohne Rechtsgrundlage
Ein Arbeitgeber darf Kurzarbeit nicht einfach so anordnen. Er braucht dafür eine Rechtsgrundlage. Das kann eine Tarif- oder Betriebsvereinbarung sein, aber auch ein Individualvertrag mit dem in Frage kommenden Mitarbeiter. Weist ein Arbeitgeber ohne belastbare Rechtsgrundlage Kurzarbeit an, haben die angewiesenen Mitarbeiter keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Stattdessen bleibt ihnen ihr voller Vergütungsanspruch gegen den Arbeitgeber erhalten. Zahlt der Arbeitgeber in diesem Fall nur das reduzierte Arbeitsentgelt, können betroffene Mitarbeiter – auch wenn das geminderte Arbeitsentgelt in der Lohn-/Gehaltsabrechnung als "Kurzarbeitergeld" bezeichnet wird – den Differenzbetrag einfordern (ArbG Siegburg, 11.11.2020 – 4 Ca 1240/20).
8.17 Personalrat
Der Personalrat bestimmt nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage mit. Auf die Einführung von Kurzarbeit erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG nicht. Bei der Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang Kurzarbeit eingeführt werden soll, geht es um die Dauer der geschuldeten Arbeitszeit - und diese Entscheidung ist mitbestimmungsfrei (BAG, 10.10.2006 - 1 AZR 811/05).
8.18 Reha-Maßnahme
Arbeitnehmer haben nach Maßgabe des § 101 SGB III in der Zeit vom 01.12. bis zum 31.03. (= Schlechtwetterzeit) Anspruch auf Saison-Kurzarbeitergeld. Nun kann es immer wieder mal passieren, dass ein Arbeitnehmer vor oder nach der Gewährung von Saison-Kurzarbeitergeld arbeitsunfähig krank wird oder sich einer Reha-Maßnahme unterziehen muss. Der Anspruch auf Krankengeld ist gegen die Krankenkasse gerichtet und setzt Arbeitsunfähigkeit voraus. Besteht während einer Reha-Maßnahme keine Arbeitsunfähigkeit, kommt ein Krankengeldanspruch nicht in Betracht - aber auch kein Anspruch auf Saison-Kurzarbeitergeld: "Die persönlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Kurzarbeitergeld sind bei Arbeitnehmern im Zeitraum der Teilnahme an einer durch den Rentenversicherungsträger bereits vor Beginn des Arbeitsausfalls bewilligten Maßnahme der medizinischen Rehabilitation nicht erfüllt, wenn Arbeitsunfähigkeit nicht besteht" (BSG, 17.12.2013 - B 11 AL 11/12 R - Leitsatz - mit dem Hinweis, dass Entgeltausfall nicht wegen einer Reha-Maßnahme, sondern wegen der saisonal bedingten Kurzarbeit eintreten muss).
8.19 Saison-Kurzarbeitergeld - 1
Der Lohnanspruch von Beschäftigten des Baugewerbes entfällt nach § 4 Nr. 6.1 des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe, wenn die Arbeitsleistung entweder aus zwingenden Witterungsgründen oder in der gesetzlichen Schlechtwetterzeit aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich wird. Kann der Lohnausfall in der gesetzlichen Schlechtwetterzeit nicht durch Auflösung von Arbeitszeitguthaben ausgeglichen werden, muss der Arbeitgeber mit der nächsten Lohnabrechnung das Saison-Kurzarbeitergeld in der gesetzlichen Höhe zahlen. Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob die persönlichen Bewilligungsvoraussetzungen für das Kurzarbeitergeld nach den §§ 169, 172 a.F. SGB III (heute: §§ 95, 98 SGB III) erfüllt sind (BAG, 22.04.2009 - 5 AZR 310/08).
8.20 Saison-Kurzarbeitergeld - 2
§ 4 Nr. 6.1 BRTV-Bau modifiziert die Regelung in § 615 BGB über den Annahmeverzug des Arbeitgebers. In Fällen, in denen die Arbeitsleistung entweder aus zwingenden Witterungsgründen oder in der gesetzlichen Schlechtwetterzeit - das heißt vom 01.12. bis zum 31.03. - aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich, entfällt der Lohnanspruch. "Bei einer rechtmäßig und wirksam eingeführten Kurzarbeit entfällt die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers ganz oder teilweise und Annahmeverzug tritt insoweit nicht ein. Der Arbeitgeber trägt dann nicht mehr das volle Risiko des Arbeitsausfalls i.S.v. § 615 Satz 3 BGB. Allerdings behält der Arbeitnehmer den Lohnanspruch in Höhe des Kurzarbeitergelds" (BAG, 25.01.2012 - 5 AZR 671/10).
8.21 Transferkurzarbeitergeld
§ 106 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB III sagen: "Erzielt die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer aus anderen als wirtschaftlichen Gründen kein Arbeitsentgelt, ist das Ist-Entgelt um den Betrag zu erhöhen, um den das Arbeitsentgelt aus diesen Gründen gemindert ist. Arbeitsentgelt, das unter Anrechnung des Kurzarbeitergeldes gezahlt wird, bleibt bei der Berechnung des Ist-Entgelts außer Betracht." Das bedeutet für die Höhe des Entgelts in einem Transferarbeitsverhältnis: "Verpflichtet sich die Transfergesellschaft, an die Arbeitnehmer zur Aufstockung des Transferkurzarbeitergelds Entgelt i.S.V. § 106 Abs. 2 Satz 2 SGB III zu zahlen, ist aufgrund der gleichgerichteten Funktion von Transferkurzarbeitergeld und Aufstockungsleistung regelmäßig von einem Zuschuss zum Nettoentgelt auszugehen" (BAG, 16.12.2015 - 5 AZR 567/14).
8.22 UG-Geschäftsführer
Nach § 95 SGB III haben "Arbeitnehmer" Anspruch auf Kurzarbeitergeld – also keine Unternehmer. Deren Aufgabe ist es ja, neue Kunden zu suchen und Kurzarbeit zu vermeiden. Aber: Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass ein UG-Geschäftsführer eines Tourismus- und Sportunternehmens, das infolge der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht ist, in einem die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis steht, kann sein Antrag auf Zahlung von Kurzarbeitergeld schon erfolgreich sein. Würde kein Kurzarbeitergeld gezahlt, ist zu befürchten, dass das Arbeitsverhältnis mit dem UG-Geschäftsführer aufgelöst wird und damit Arbeitslosigkeit eintritt (SG Speyer, 30.07.2020 – S 1 AL 134/20 ER – in einem Eilverfahren).
8.23 Unklare Betriebsvereinbarung
Da hatte Arbeitgeber A mit seinem Betriebsrat eine "Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit" geschlossen. Über den Umfang der Kurzarbeit sollte für jeden Monat eine mit arabischen Ziffern fortlaufend nummerierte besondere Anlage vereinbart werden. Umfang und Verteilung der Kurzarbeit sollten "in der Anlage B zu dieser Vereinbarung definiert" werden – die aber "aus Gründen des Datenschutzes nicht unternehmensweit veröffentlicht" wurde. A wollte den Urlaubsanspruch von Mitarbeiter M wegen Kurzarbeit reduzieren – der wehrte sich dagegen. Mit Erfolg. Die Kurzarbeit war nicht wirksam eingeführt. Ohne Veröffentlichung der Anlage B ist die Betriebsvereinbarung nicht ordentlich bekanntgemacht und damit keine taugliche Rechtsgrundlage für die Einführung von Kurzarbeit. Den Arbeitnehmern war aus der normativen Regelung nicht zuverlässig selbst zu erkennen, wer von ihnen in welchem Umfang wann von Kurzarbeit betroffen ist (ArbG Kiel, 30.03.2021 – 3 Ca 1779 e/20).
8.24 Urlaubskürzung - 1
"Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (...) über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten - wie etwa in einem von einem Unternehmen und seinem Betriebsrat vereinbarten Sozialplan -, nach denen der Anspruch eines Kurzarbeiters auf bezahlten Jahresurlaub pro rata temporis berechnet wird, nicht entgegenstehen" (EuGH, 08.11.2012 - C-229/11 u. C-230/11 - Leitsatz).
8.25 Urlaubskürzung - 2
Das LAG Düsseldorf ist seit Jahren für seine eigenwillige Rechtsprechung zum Urlaubsrecht bekannt - oft zu Lasten der Arbeitgeber. In puncto Urlaub und Kurzarbeit vertritt das Gericht nun mal einen sehr arbeitgeberfreundlichen Standpunkt: Urlaub darf bei Kurzarbeit Null anteilig gekürzt werden: "Dies entspricht dem Europäischen Recht, weil nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs während Kurzarbeit Null der europäische Mindesturlaubsanspruch aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EGnicht entsteht. Das deutsche Recht enthält dazu keine günstigere Regelung. Weder existiert diesbezüglich eine spezielle Regelung für Kurzarbeit noch ergibt sich etwas anderes aus den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes. Insbesondere ist Kurzarbeit Null nicht mit Arbeitsunfähigkeit zu vergleichen. An alledem hat der Umstand, dass die Kurzarbeit der Klägerin durch die Corona-Pandemie veranlasst ist, nichts geändert" (LAG Düsseldorf, 12.03.2021 - 6 Sa 824/20 - Pressemitteilung vom 12.03.2021).
8.26 Urlaubskürzung - 3
"1. Jedenfalls eine vertragliche Vereinbarung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer über 'Kurzarbeit Null' führt zu einer quotalen Reduzierung des Jahresurlaubsanspruchs des Arbeitnehmers nach den Berechnungsregeln im Urteil BAG vom 19. März 2019 (9 AZR 315/17). 2. Eine vertragliche Vereinbarung in diesem Sinne ist auch eine wirksame Betriebsvereinbarung über die Einführung von 'Kurzarbeit Null'" (LAG Baden-Württemberg, 03.05.2021 – 9 Sa 1/21 – Leitsätze).
8.27 Urlaubskürzung - 4
Das Bundesarbeitsgericht hat die vorstehenden Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte (LAG Düsseldorf, 12.03.2021 – 6 Sa 824/20 u. LAG Baden-Württemberg, 03.05.2021 – 9 Sa 1/21) bestätigt. Anlass der Kurzarbeitsvereinbarung war die "Corona"-Pandemie, die über Phasen zu einer 'Kurzarbeit Null', zur vollständigen Befreiung von der Arbeitspflicht, führte. Wenn die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nach dem Arbeitsvertrag auf weniger (oder mehr) als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt ist, so muss die Anzahl der Urlaubstage grundsätzlich unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus berechnet werden, damit für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer gewährleistet ist. Formel: "24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage". Das Gleiche gilt für den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Vertragspartner keine von § 3 Abs. 1 BUrlG abweichende Regelung getroffen haben (BAG, 30.11.2021 – 9 AZR 225/21 u. BAG, 30.11.2021 – 9 AZR 234/21 – mit dem Hinweis, dass wegen vertraglich vereinbarter Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage weder nach nationalem noch nach EU-Recht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen sind).
8.28 Urlaubskürzung - 5
Fallen ganze Arbeitstage wegen Kurzarbeit aus, führt das zu einer Neuverteiung der Arbeitszeit. Das Erholungsbedürfnis eines Arbeitnehmers, das in Arbeitstage Urlaub ausgedrückt wird, steht in einem Zusammenhang mit der nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Arbeitsleistung. Es verringert sich, wenn Arbeitstage infolge Kurzarbeit ausfallen. Aufgrund von Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage mit Bezug von Kurzarbeitergeld und sozialversicherungsrechtlichen Mitwirkungspflichten gegenüber der Bundesagentur für Arbeit gelten nicht als Zeiten mit Arbeitspflicht. Daher: "Arbeitstage, die aufgrund der kurzarbeitsbedingten Neuverteilung der Arbeitszeit ausfallen, sind bei einer unterjährigen Neuberechnung des Jahresurlaubs nicht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen" (BAG, 30.11.2021 - 9 AZR 225/21 - Leitsatz; s. dazu auch BAG, 30.11.2021 - 9 AZR 234/21).
8.29 Urlaubskürzung - 6
Ändert sich infolge der Einführung von Kurzarbeit die Zahl der Arbeitstage mit Arbeitspflicht, muss der gesetzliche Urlaubsanspruch "unter Berücksichtigung der einzelnen Zeiträume der Beschäftigung und der auf sie entfallenden Wochentage mit Arbeitspflicht" umgerechnet werden. Die zeitabschnittsbezogene Berechnung anhand der nach dem Arbeitsvertrag zu leistenden Arbeit hat zum einen in § 3 Abs. 1 BUrlG ihren Ausdruck gefunden, zum anderen wird sie durch § 208 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SGB IX bestätigt (s. dazu BAG, 19.03.2019 - 9 AZR 406/17). Die vorzunehmende Umrechnung erfolgt dann in der Weise. dass die von § 3 Abs. 1 BUrlG vorgegebenen 24 Werktage durch die Zahl der Arbeitstage im Jahr bei einer 6-Tage-Woche geteilt und anschließend mit der Zahl der für den Mitarbeiter maßgeblichen Arbeitstage des Jahres multipliziert werden (BAG, 30.11.2021 - 9 AZR 234/21 - mit Hinweis auf BAG, 19.03.2019 - 9 AZR 406/17).
8.30 Urlaubskürzung - 7
Die vom Bundesarbeitsgericht im vorausgehenden Gliederungspunkt angenommene Berechnungsmethode lässt sich auf folgende Kurzformel bringen: 24 Werktage x Zahl der Tage mit Arbeitsspflicht : 312 Werktage (s. dazu auch BAG, 19.03.2019 - 9 AZR 406/17). Je nach Fallgestaltung kommt man nicht mit einer Umrechnung aus, sondern muss die Urlaubsdauer im Kalenderjahr mehrfach berechnen (dazu ebenfalls BAG, 19.03.2019 - 9 AZR 406/17). Zudem kann durch andere gesetzliche Bestimmungen – z.B. § 17 BEEG, § 24 Satz 1 MuSchG – oder durch nach § 13 BUrlG zugelassene individual- oder kollektivvertragliche Vereinbarungen eine von der oben dargestellten Formel abweichende Berechnung veranlasst sein. "Nach Einführung von Kurzarbeit 'Null' kann der mit der Festlegung des Urlaubs bezweckte Leistungserfolg, die bezahlte Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht, nicht mehr eintreten" (BAG, 30.11.2021 - 9 AZR 234/21 - mit Hinweis auf BAG, 16.12.2008 - 9 AZR 164/08).
8.31 Urlaubsentgelt
"1. In §§ 5 und 6 der Urlaubsregelung für die gewerblichen Arbeitnehmer im Baugewerbe in Bayern vom 21. November 1983 idF vom 19. Mai 2006 ist bestimmt, dass sich das Urlaubsentgelt aufgrund von Arbeitsausfällen durch Saison-Kurzarbeit in der Zeit von Dezember bis März verringert. Die Auslegungsfrage, ob Art. 7 Abs. 1 der sog. Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG gewährleistet, dass in diesen Fällen das ungeminderte Entgelt fortzuzahlen ist, begründet keine Pflicht, den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft anzurufen. 2. Eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 234 EG (künftig Art. 267 AEUV) bedarf es nicht, wenn das deutsche Recht eine Richtlinie zwar möglicherweise unzureichend oder fehlerhaft umsetzt, das nationale Recht im Privatrechtsverkehr aber nicht richtlinienkonform ausgelegt oder fortgebildet werden kann" (BAG, 17.11.2009 - 9 AZR 844/08 - mit dem Ergebnis, dass die vom Arbeitgeber nach dem Tarifvertrag vorgenommene Berechnung des verringerten Urlaubsentgelts nicht beanstandet wurde).
8.32 Urlaubsgewährung
"Eine Betriebsvereinbarung über Kurzarbeit, die die Arbeitszeit auf Null verringert, befreit den Arbeitnehmer auch dann von seiner Arbeitspflicht, wenn der Arbeitgeber vor Einführung der Kurzarbeit für die Zeit der Kurzarbeit Urlaub gewährt hat. Deshalb kann der mit der Festsetzung des Urlaubs bezweckte Leistungserfolg, die Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht für die Dauer des Urlaubs, nicht eintreten - nachträgliche Unmöglichkeit, § 275 Abs. 1 BGB" (BAG, 16.12.2008 - 9 AZR 164/08 - Leitsatz 1. - mit dem Hinweis, dass der Arbeitnehmer nach den §§ 283 Satz 1, 280 Abs. 1, 275 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatzurlaub als Schadensersatz hat).
8.33 Voraussetzungen
Vom BAG zusammengefasst: "Kurzarbeit ist die vorübergehende Kürzung des Volumens der regelmäßig geschuldeten Arbeitszeit bei anschließender Rückkehr zum vereinbarten Zeitumfang." Will der Arbeitgeber Kurzarbeit einführen, braucht er dafür eine besondere normative oder einzelvertragliche Grundlage. Sein Direktionsrecht allein hilft ihm nicht weiter, die ohne Kurzarbeit fortbestehende arbeitsvertragliche Vergütungspflicht einzuschränken (s. dazu BAG, 16.12.2008 - 9 AZR 164/08). Helfen kann dagegen eine unmittelbar und zwingend geltende Betriebsvereinbarung nach §§ 87 Abs. 1 Nr. 3, 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG. Mit ihr kann der Arbeitgeber verbindlich Kurzarbeit einführen (so schon: BAG, 11.07.1990 - 5 AZR 557/89 u. danach BAG, 16.12.2008 - 9 AZR 164/08). Hat der Arbeitgeber für die Anordnung der Kurzarbeit eine wirksame Grundlage, schränkt das die Arbeitspflicht der von Kurzarbeit betroffenen Mitarbeiter ein (BAG, 18.11.2015 - 5 AZR 491/14).
8.34 Zuschuss - 1
"1. § 5 Abs. 5 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten der Metallindustrie in den Ländern Hamburg, Schleswig-Holstein sowie in den Landkreisen Harburg und Stade vom 18. Mai 1990, wonach Angestellte, nicht aber gewerbliche Arbeitnehmer, einen Anspruch auf Zuschuss zum Kurzarbeitergeld haben, ist wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nichtig. Weder Angestellte noch Arbeiter haben einen tarifvertraglichen Anspruch auf den Zuschuss zum Kurzarbeitergeld.
2. Die gewerblichen Arbeitnehmer haben für zurückliegende Zeiträume, in denen der Arbeitgeber den Zuschuss an die Angestellten gezahlt hat, jedenfalls dann einen Anspruch auf entsprechende Leistungen, wenn dem Arbeitgeber bei der Auszahlung oder zu einem Zeitpunkt, in dem er das Geleistete noch zurückfordern konnte, bewusst war, dass die Zuschussregelung möglicherweise insgesamt unwirksam ist, er gleichwohl nicht sicherstellte, dass seine Rückforderungsansprüche gegen die Angestellten nicht verfallen, und dann die Rückforderungsansprüche wegen Ablaufs der tariflichen Ausschlussfristen erloschen sind" (BAG, 28.05.1996 - 3 AZR 752/95 - Leitsätze).
8.35 Zuschuss - 2
Die Vereinbarung eines tariflichen Lohnzuschusses kann dazu führen, dass dieser Zuschuss für jeden Tag der Kurzarbeit und nicht auf der monatlichen Vergütungsgrundlage zu berechnen ist. Der Lohnzuschuss wird zwar auf die Nettobeträge berechnet, ist selbst jedoch brutto zu zahlen (BAG, 21.06.2000 - 4 AZR 403/99 - hier: Lohnzuschuss nach § 4 Nr. 4 II MTV für gewerbliche Arbeitnehmer der Textilindustrie in den Ländern Niedersachsen und Bremen für die Zeit bis zum 31.12.1997).
8.36 Zuzahlungen
Das Kurzarbeitergeld ist nach § 3 Nr. 2 EStG steuerfrei. Das Gleiche galt bis zum 31.12.2005 nach § 3 Nr. 9 EStG für Abfindungen. Leistet der Arbeitgeber allerdings Zuzahlungen zum Kurzarbeitergeld, gilt: "Sind monatliche Zahlungen nach der Betriebsvereinbarung (Sozialplan) unter Berücksichtigung der maßgebenden Auslegungsgrundsätze zum Ausgleich der durch Kurzarbeit entstehenden Nachteile und für die Dauer der Kurzarbeit erbracht, stellen die gezahlten Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld keine steuerfreie (ratierliche) Abfindung, sondern steuerpflichtigen Arbeitslohn dar" (BFH, 20.07.2010 - IX R 23/09 - Leitsatz - für Zuzahlungen, die der Arbeitgeber hier für den Zeitraum 01.05.1998 bis 30.04.1999 geleistet hatte).