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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Wehrdienst
Wehrdienst
Normen
§ 23 Abs. 1 Satz 2 und 4 SGB IV
§ 28f Abs. 3 Satz 5 SGB IV
Kurzinfo
Der verpflichtende Wehrdienst ist seit dem 01.07.2011 ausgesetzt. An seine Stelle trat die Möglichkeit eines freiwilligen Wehrdienstes. Der freiwillige Wehrdienst kann für eine Dauer von bis zu 23 Monaten erbracht werden; dabei gelten die ersten sechs Monate als Probezeit.
Nachstehend werden die für die gesetzliche Krankenversicherung relevanten Besonderheiten des Wehrdienstes dargestellt.
Information
1. Allgemeines
Mit dem Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2011 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 - WehrRÄndG 2011) vom 26.04.2011 (BGBl. I, S. 678) und der davon erfassten Änderung des Wehrpflichtgesetzes (WPflG) wurde zum 01.07.2011 die Aussetzung der Wehrpflicht unter Fortentwicklung des freiwilligen Wehrdienstes realisiert. Darüber hinaus wird das (Wehr-)Übungsrecht einheitlich im Soldatengesetz (SG) geregelt. Der bisher auf Männer beschränkte freiwillige Wehrdienst steht in seiner neuen Form auch Frauen offen. Gesetzliche Grundlage für die Aussetzung der Wehrpflicht ist § 2 WPflG in seiner seit dem 01.07.2011 geltenden Fassung; danach gilt der verpflichtende Wehrdienst nur noch im Spannungs- oder Verteidigungsfall.
2. Fortbestehen des Beschäftigungsverhältnisses und der Mitgliedschaft
Bei versicherungspflichtig Beschäftigten, denen nach § 1 Abs. 2 Arbeitsplatzschutzgesetz Entgelt weiterzugewähren ist (Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst für die Zeit einer Wehrübung), gilt das Beschäftigungsverhältnis (§ 193 Abs. 1 SGB V) als durch den Wehrdienst nach § 4 Abs. 1 WPflG nicht unterbrochen. In diesen Fällen bleibt sowohl das entgeltliche Beschäftigungsverhältnis in allen Zweigen der Sozialversicherung als auch die Mitgliedschaft bei der Krankenkasse erhalten. Die Regelungen gelten sowohl für Übungen von bisher Wehrdienstleistenden als auch für Personen, die den freiwilligen Wehrdienst geleistet haben.
Bei anderen Versicherungspflichtigen und bei freiwilligen Mitgliedern bleibt die Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse während eines Wehrdienstes bestehen (§ 193 Abs. 2 SGB V). Dies gilt gleichermaßen für die Personen, die sich in dem freiwilligen Wehrdienst befinden; dies ergibt sich bereits unmittelbar aus der Generalklausel des § 56 WPflG.
3. Versicherungsrechtliche Beurteilung
Der freiwillige Wehrdienst hat in Bezug auf den Beschäftigungscharakter und die wirtschaftliche Bedeutung für die betreffende Person eine andere Qualität als die bisherige Wehrpflicht, die als Pflichtdienst kein Beschäftigungsverhältnis begründete. Der im Status eines freiwillig Wehrdienstleistenden ausgeübte Dienst stellt sich daher dem Grunde nach als Beschäftigungsverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dar. Allerdings gelten aufgrund der in § 56 WPflG vorgesehenen Anknüpfung an die bislang für Wehrdienstleistende geltenden Regelungen einige Besonderheiten, die im Ergebnis nicht zur Arbeitnehmer-Versicherungspflicht führen.
Teilnehmer am freiwilligen Wehrdienst sind im Übrigen in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht den Teilnehmern an anderen freiwilligen Diensten (freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr, Bundesfreiwilligendienst) gleichgestellt. Diese Gleichstellung schließt auch die Beurteilung zur Geringfügigkeit einer im Zusammenhang mit dem freiwilligen Wehrdienst ausgeübten geringfügigen Beschäftigung ein. Das bedeutet, dass kurzfristige Beschäftigungen zwischen Ende der Schulausbildung und Teilnahme am freiwilligen Wehdienst als berufsmäßig anzusehen sind; dies gilt selbst dann, wenn nach dem Dienst ein Studium beabsichtigt ist. Bei einer neben dem freiwilligen Wehrdienst ausgeübten kurzfristigen Beschäftigung wird dagegen angenommen, dass sie für die in Betracht kommende Person von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Berufsmäßigkeit liegt in diesem Fall daher nicht vor, weil der freiwillige Wehrdienst quasi als (Haupt-)Beschäftigung angesehen wird.
4. Ermäßigter Beitrag und Beitragszahlung durch den Bund
Nach § 244 SGB V werden die Beiträge für Wehr- und Zivildienstleistende, je nach dem, ob die Person unter § 193 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB V fällt, auf 1/3 oder 1/10 des zuletzt zu entrichtenden Beitrags ermäßigt. Auf der Grundlage von § 244 Abs. 2 und Abs. 3 SGB V regelt die KV-/PV-Pauschalbeitragsverordnung eine pauschale Beitragsberechnung für die von § 193 Abs. 2 SGB V erfassten Personen.
Dies bedeutet, dass auch für die Personen, die den freiwilligen Wehrdienst leisten, pauschale ermäßigte Beiträge an den Gesundheitsfonds bzw. an den Spitzenverband der landwirtschaftlichen Krankenversicherung zu zahlen sind. Diese Beiträge zahlt - wie für die bisher Wehrdienstleistenden - der Bund (hier: das Bundesamt für Wehrverwaltung).
5. Zusatzbeitrag
Von ihren Mitgliedern hat eine Krankenkasse nach § 242 SGB V grundsätzlich einen Zusatzbeitrag zu erheben, sofern der Finanzbedarf durch die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht gedeckt ist. Für Mitglieder, deren Mitgliedschaft bei einem Wehrdienst nach § 193 Abs. 2 bis 5 SGB V oder nach § 8 Eignungsübungsgesetz fortbesteht, ist allerdings seit dem 01.01.2015 der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz zu berücksichtigen; er beträgt im Kalenderjahr 2023 1,6 %.
6. Aufwendungsausgleichsgesetz
Wehrdienstleistende werden auch weiterhin bei der Berechnung der Gesamtzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer und der damit verbundenen Frage, ob ein Betrieb der Umlagepflicht nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) unterliegt (bis maximal 30 Arbeitnehmer im U1-Verfahren), nicht berücksichtigt.