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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Einstrahlung
Einstrahlung
Normen
Kurzinfo
Einstrahlung ist die vorübergehende Entsendung eines Arbeitnehmers aus einem ausländischen Beschäftigungsverhältnis in die Bundesrepublik Deutschland mit der Folge, dass keine deutsche Versicherungspflicht bzw. Versicherungsberechtigung eintritt.
Eine Entsendung i.S.d. Einstrahlung nach § 5 SGB IV liegt vor, wenn die Beschäftigung im Rahmen eines im Ausland (fort-)bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in Deutschland vorübergehend ausgeübt wird und diese im Voraus zeitlich begrenzt ist. Die Einstrahlung ist das Gegenstück zur Ausstrahlung. Die Regelungen für die Einstrahlung i.R.e. Beschäftigung gelten in gleicher Weise für eine zeitlich befristete selbstständige Tätigkeit.
§ 5 SGB IV ist dann nicht maßgebend, wenn durch über- und zwischenstaatliches Recht vorrangig eine Regelung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften getroffen wird. Ist auf die Entsendung teilweise zwischenstaatliches Recht anzuwenden, gilt § 5 SGB IV nur für die nicht vom zwischenstaatlichen Abkommen erfassten Sozialversicherungszweige.
Information
1. Beschäftigungsverhältnis mit einem Arbeitgeber im Ausland
Zur Beurteilung einer Einstrahlung gelten die Ausführungen der "Gemeinsamen Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmer" vom 18.03.2020.
Die "Gemeinsame Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmer" vom 18.03.2020 fasst die gemeinsamen Auffassungen der Spitzenverbände der gesetzlichen Sozialversicherungen sowie zahlreiche Urteile des Bundessozialgerichts zu dieser Thematik zusammen.
Hierin werden z.B. Aussagen dazu getroffen,
welche Indizien auf das Vorliegen eines ausländischen Beschäftigungsverhältnisses hinweisen,
wann eine vertraglich im Voraus zeitlich befristete Beschäftigung nicht mehr vorliegt,
wann eine Entsendung unterbrochen wird und
wann sie ggf. außerplanmäßig endet.
Eine Entsendung i.S.d. Einstrahlung nach § 5 SGB IV liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. u.a. BSG, 07.11.1996 - 12 RK 79/94, - 12 RK 48/96, - 12 RK 50/96 und - 12 RK 52/96) bei verbundenen Unternehmen (z.B. Mutter-/Tochtergesellschaft) insbesondere dann nicht vor, wenn der ausländische Arbeitgeber das Entgelt oder einen Teil des Entgelts an das Beschäftigungsunternehmen in Deutschland weiterbelastet. Fraglich blieb, welcher Umfang weiterbelastet werden darf, ohne, dass dies bei verbundenen Unternehmen der Einstrahlung entgegensteht. Wir gehen hierauf im Folgenden ein.
Konzernentsendungen
In den Fällen einer Konzernentsendung hat das Entsendeunternehmen im Entsendestaat das Entgelt als Betriebsausgabe zu buchen und in der Lohnbuchhaltung so auszuweisen, wie für einen Arbeitnehmer im dortigen Staat. Erfolgt dies nicht, z.B. weil das Entgelt oder ein Teil dessen an das deutsche Unternehmen weiterbelastet wurde, liegt keine Entsendung i.S.d. Einstrahlung vor.
Bei Auslandseinsätzen in verbundenen Unternehmen ist daher insbesondere zu prüfen, ob das entsendende Unternehmen das Arbeitsentgelt des entsandten Arbeitnehmers wirtschaftlich trägt. In der Regel wird das entsendende Unternehmen berechtigt sein das Arbeitsentgelt des entsandten Arbeitnehmers steuerlich im Heimatstaat als Betriebsausgabe geltend zu machen. Selbst jedoch, wenn ein Betriebsausgabenabzug dort nicht in Betracht kommen sollte, (z.B., weil durch die Auslandsbeschäftigung eine sog. steuerliche Betriebsstätte in Deutschland entsteht) schließt dieser Umstand eine Entsendung i.S.d. Einstrahlung nicht aus (vgl. Umkehrschluss aus Pkt. 3.1.1 zu c) arbeitsrechtlicher Entgeltanspruch der "Gemeinsamen Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmer" vom 18.03.2020).
Wird das Arbeitsentgelt als Teil der Personalkosten ganz oder überwiegend an das in Deutschland ansässige verbundene Unternehmen weiterbelastet oder von diesem unmittelbar getragen, liegen die Voraussetzungen einer Einstrahlung i.S.d. § 5 SGB IV grundsätzlich nicht vor. Dies gilt auch, wenn der wirtschaftliche Wert der vom entsandten Arbeitnehmer geleisteten Arbeit dem deutschen verbundenen Unternehmen zugutekommt, die Weiterbelastung der Kosten mit Blick auf die finanzielle Situation des deutschen Unternehmens aber unterbleibt. Sofern die tatsächlichen Personalkosten (Arbeitsentgelt einschließlich Überstundenvergütung, Reisekosten etc.) in Form eines kalkulatorisch ermittelten Pauschalpreises, in dem auch andere Kosten und ein Gewinnaufschlag enthalten sind, angesetzt werden (z.B. im Rahmen der Erfüllung einer Lieferungs- oder Werk-/Dienstleistungsverpflichtung), stellt dies keine unmittelbare Weiterbelastung des Arbeitsentgelts des entsandten Arbeitnehmers dar. Gleiches gilt, wenn die im Zusammenhang mit der Entsendung stehenden Kosten auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen den verbundenen Unternehmen zu Bedingungen abgerechnet werden, wie sie zwischen Fremdfirmen üblich sind.
In der Konsequenz ist das Vorliegen einer Entsendung im Sinne der Einstrahlung dadurch nicht ausgeschlossen.
Bei kurzzeitigen Entsendungen zu in Deutschland ansässigen verbundenen Unternehmen tritt die Bedeutung des wirtschaftlichen Arbeitgebers allerdings in den Hintergrund. Die steuerliche Geltendmachung des Arbeitsentgelts als Betriebsausgabe durch das verbundene Unternehmen, zu dem der Arbeitnehmer entsandt wurde, ist für das Vorliegen einer Entsendung unschädlich, wenn
- der Arbeitnehmer nur für eine kurze Zeit zu dem in Deutschland ansässigen verbundenen Unternehmen entsandt wurde; von kurzzeitiger Dauer ist ein Einsatz, der zwei Monate nicht überschreitet und
- sich der Arbeitsentgeltanspruch des Arbeitnehmers ausschließlich gegen den entsendenden Arbeitgeber im Ausland richtet.
Bei dem erneuten kurzfristigen Einsatz des Arbeitnehmers in Deutschland bei demselben verbundenen Unternehmen handelt es sich nur dann um eine Entsendung im Sinne der Einstrahlung, wenn seit dem Ende der vorherigen vorübergehenden Beschäftigung dort mindestens zwei Monate vergangen sind.
Der für das Vorliegen einer Entsendung im Sinne der Einstrahlung unschädliche kurzzeitige Arbeitseinsatz von längstens zwei Monaten muss nicht zwingend durchgehend verlaufen. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Regelung sind auch dann erfüllt, wenn der Arbeitseinsatz mit Unterbrechungen stattfindet, aber insgesamt der Zeitraum von zwei Monaten (von Beginn des ersten Tages der vorübergehenden Beschäftigung beim verbundenen Unternehmen in Deutschland an) nicht überschritten wird. Insofern wird in diesem Rahmen nach einer Unterbrechung keine zweimonatige Abstandsfrist in Gang gesetzt.
Beispiel:
Sachverhalt:
Maria Martinez wird von ihrem mexikanischen Arbeitgeber vom 01.10. bis 31.10. und danach erneut vom 01.12.–31.12. dieses Jahres in Deutschland eingesetzt. Das Arbeitsentgelt für diese Zeit wird komplett an das Mutterunternehmen in Deutschland weiterbelastet. Der arbeitsrechtliche Entgeltanspruch von Frau Martinez richtet sich auch während des Einsatzes in Deutschland ausschließlich gegen das entsendende Unternehmen in Mexiko.
Beurteilung:
Sowohl der erste als auch der zweite Einsatz in Deutschland erfüllen die o.g. Voraussetzungen eines kurzzeitigen Einsatzes im verbundenen Unternehmen. Da der Einsatz nicht zusammenhängend verlaufen muss, bleibt die zwischen den Einsätzen liegende Unterbrechungsdauer, obwohl diese nicht mehr als zwei Monate umfasst, unberücksichtigt. Es liegen damit die Voraussetzungen einer Einstrahlung im o.g. Sinne für beide Einsätze in Deutschland vor.
Rumpfarbeitsverhältnisse
Besteht mit dem Entsendeunternehmen im Entsendestaat nur noch ein sog. Rumpfarbeitsverhältnis (bei dem die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit dem entsendenden Unternehmen für die Dauer der Entsendung ruhen), kann eine Entsendung i.S.d. Einstrahlung nach § 5 SGB IV ebenfalls nicht vorliegen.
Hiervon abweichend steht der Abschluss eines zusätzlichen lokalen Arbeitsvertrages (z.B. um ein Arbeitsvisum zu erhalten) einer Entsendung innerhalb verbundener Unternehmen dann nicht entgegen, wenn die üblichen wechselseitigen Hauptpflichten aus dem lokalen Arbeitsvertrag faktisch suspendiert sind, das heißt, die Ausgestaltung der Weisungsverhältnisse weiterhin allein bei dem entsendenden Unternehmen liegt und allein das entsendende Unternehmen das Arbeitsentgelt wirtschaftlich trägt.
Entsendungen ohne vorherige Beschäftigung bei dem Unternehmen im Entsendestaat
Eine Entsendung im Sinne der Einstrahlung kann auch dann vorliegen, wenn eine Person, die zuvor nicht bei dem im Entsendestaat ansässigen Arbeitgeber beschäftigt war, im Hinblick auf eine Entsendung eingestellt und direkt mit Beschäftigungsbeginn vorübergehend nach Deutschland entsandt wird, wenn eine anschließende Weiterbeschäftigung bei dem entsendenden Unternehmen im Entsendestaat vorgesehen ist. Der Arbeitnehmer muss aber vor der Entsendung entweder im Entsendestaat beschäftigt gewesen sein oder wenigstens dort seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben (vgl. BSG, 27.05.1986 – 2 RU 12/85). Dementsprechend können selbst Personen, die unmittelbar vor der vorübergehenden Beschäftigung in Deutschland im Entsendestaat gelebt, aber noch nicht im Erwerbsleben gestanden haben (z.B. Schüler, Studenten, Erwerbslose) im Sinne der Vorschriften über die Einstrahlung entsandt werden (vgl. reziprok: Beispiel 6.4 – Arbeitnehmer G und Beispiel 6.6 – Arbeitnehmer J und K der "Gemeinsamen Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmer" vom 18.03.2020).
Wird dagegen eine ohne vorhergehende Beschäftigung im Entsendestaat und außerhalb des Entsendestaates wohnende Person von einem im Entsendestaat ansässigen Unternehmen eingestellt und unmittelbar nach Deutschland entsandt, so handelt es sich nicht um eine Entsendung im Sinne des § 5 Abs. 1 SGB IV. Das heißt, die betreffende Person unterliegt grundsätzlich nicht den Rechtsvorschriften des Entsendestaates, sondern deutschen Rechtsvorschriften. Eine andere Beurteilung kann sich im Ausnahmefall dann ergeben, wenn der Arbeitnehmer (mit Wohnsitz außerhalb des Entsendestaates) unmittelbar vor der Einstellung zur Entsendung nach Deutschland den Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit des Entsendestaates unterlag. Gleiches gilt, falls der Arbeitnehmer nicht unmittelbar zuvor den Rechtsvorschriften des Entsendestaates unterlag, wenn er bereits eine hinreichende Beziehung zur dortigen Sozialversicherung (z. B. durch den Nachweis über rentenrechtliche Zeiten im Versicherungsverlauf der Rentenversicherung) nachweisen kann (vgl. reziprokes Beispiel 6.7 der "Gemeinsamen Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmer" vom 18.03.2020).
Ohne eine der Auslandsbeschäftigung unmittelbar vorhergehende Beschäftigungszeit des Arbeitnehmers bei dem entsendenden Unternehmen im Entsendestaat liegt eine Entsendung im Rahmen eines im Entsendestaat bestehenden Beschäftigungsverhältnisses allerdings nur vor, wenn eine Vereinbarung über oder eine hinreichend verlässliche Perspektive für eine anschließende Weiterbeschäftigung des entsandten Arbeitnehmers bei dem entsendenden Unternehmen im Entsendestaat besteht. Von einer Weiterbeschäftigung beim entsendenden Arbeitgeber im Entsendestaat ist dann auszugehen, wenn nach dem Ende der Auslandsbeschäftigung weiterhin Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis im Entsendestaat erbracht werden sollen. Tätigkeiten, die lediglich zur Abwicklung des vorübergehend in Deutschland ausgeübten Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind (z.B. Herausgabe von Unterlagen oder Anfertigung von Berichten), stellen üblicherweise keine Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis dar (vgl. BSG, 19.12.2013 – B 2 U 14/12 R). In derartigen Fällen ist mithin nicht von einer Weiterbeschäftigung im Entsendestaat auszugehen und die Beschäftigung in Deutschland damit nicht als Entsendung im Sinne der Einstrahlung anzusehen.
Zeitgrenze der Entsendung
Für die zeitliche Befristung von Entsendungen ist im § 5 SGB IV keine Höchstgrenze festgelegt. Dennoch ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, dass eine Entsendung i.S.d. § 5 SGB IV bei einer fehlenden Inlandsintegration im Entsendestaat grundsätzlich nicht mehr vorliegt. Schließlich soll durch § 5 SGB IV nicht die Möglichkeit geschaffen werden, dass ein nur kurze Zeit im Entsendestaat Beschäftigter einen wesentlichen Teil seiner Lebensarbeitszeit in Deutschland bei weitergeltendem ausländischen Sozialversicherungsrecht verbringt. Vielmehr dient § 5 SGB IV dazu, einen grundsätzlich im Entsendestaat bestehenden Sozialversicherungsschutz nicht durch einen befristeten Einsatz in Deutschland zu verlieren bzw. zu unterbrechen. Wann eine Inlandsintegration nicht mehr besteht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Beispiel:
Sachverhalt:
Huan Huying wird von seinem Mutterkonzern in Singapur für ein Jahr nach Deutschland zu dem hier ansässigen Tochterunternehmen entsandt, um neue Technologien im Bereich der galvanischen Verarbeitung zu erlernen. Herr Huying arbeitet bereits seit Jahren beim Mutterkonzern in Singapur. Er erhält für die Zeit seines Einsatzes in Deutschland weiterhin sein Gehalt vom Mutterkonzern in Singapur, dieses wird auch dort als Betriebsausgabe verbucht. Das Recht Singapurs kennt keine Pflege- und Arbeitslosenversicherung.
Beurteilung:
Bei Herrn Huying liegen alle Voraussetzungen einer Entsendung i.S.d. Einstrahlung nach § 5 SGB IV vor. Herr Huying wird daher in Deutschland in keinem Sozialversicherungszweig sozialversicherungspflichtig. Dies gilt auch für die Sozialversicherungszweige, die das Recht Singapurs, im Gegensatz zum deutschen Recht, nicht kennt. In diesen Sozialversicherungszweigen besteht für Herrn Huying auch kein Recht auf freiwilligen Beitritt, sofern das deutsche Recht einen solchen kennt.
Neben dem Zeitablauf oder dem Projektende endet eine Einstrahlung auch, wenn
der inländische Beschäftigungsort derselbe bleibt, aber der ausländische Arbeitgeber gewechselt wird, oder
der Arbeitgeber derselbe bleibt, jedoch der Beschäftigungsort vorübergehend von Deutschland in den Entsendestaat verlegt wird (gilt jedoch nur, wenn die Beschäftigung im Entsendestaat über die Dauer von zwei Monaten hinausgeht), oder
eine befristete Entsendung in eine unbefristete Inlandsbeschäftigung umgewandelt wird oder
der arbeitsrechtliche Entgeltanspruch auf den Arbeitgeber in Deutschland übergeht.
2. Abzug der Sozialversicherungsbeiträge
Liegen die Voraussetzungen einer Einstrahlung vor, besteht in Deutschland in keinem Sozialversicherungszweig eine Versicherungspflicht oder eine Versicherungsberechtigung und damit auch keine Beitragspflicht. Dies bedeutet aber nicht, dass das Beschäftigungsverhältnis sozialversicherungsfrei ist. Vielmehr sind hierauf ausschließlich die Rechtsvorschriften zur sozialen Sicherheit des Entsendestaates anzuwenden.
3. Zeitliche Begrenzung des Beschäftigungsverhältnisses
Eine zeitliche Begrenzung der Entsendung i.S.d. Einstrahlung ist nur dann zu bejahen, wenn diese Begrenzung bereits zu Beginn der Entsendung feststeht. Die Begrenzung im Voraus kann sich aus der Eigenart der Beschäftigung oder aus einem Vertrag ergeben.
Auf feste Zeitgrenzen (etwa zwei Jahre) ist nicht abzustellen. Es ist somit unbedeutend, wenn die Entsendung auf mehrere Jahre befristet ist. Allerdings ist eine Befristung der Entsendung eines z.B. 25-jährigen Arbeitnehmers auf das Rentenalter keine Befristung i.S.d. Einstrahlung. Um spätere Nachzahlungen in das deutsche Sozialversicherungssystem zu vermeiden, empfiehlt es sich daher für das Unternehmen in Deutschland im Zweifel die Einzugsstelle um eine Prüfung des Sachverhalts zu bitten.
Ergibt sich die Begrenzung erst im Laufe der Entsendung, liegt keine Einstrahlung vor.
Eine Begrenzung infolge der Eigenart der Entsendung liegt vor, wenn die Beschäftigung nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht auf Dauer angelegt ist. Dies gilt z.B. für eine Beschäftigung, die mit Projekten u.Ä. im Zusammenhang steht, deren Fertigstellung eine absehbare Zeit in Anspruch nimmt, für Montage- und Einweisungsarbeiten sowie Arbeiten im Zusammenhang mit der Errichtung von Bauwerken und Betriebsanlagen.
Sofern sich die Begrenzung nicht aus der Eigenart der Beschäftigung oder durch vertragliche Abreden ergibt, stellt allein ein Recht des Arbeitgebers, den Beschäftigten jederzeit aus dem Ausland zurückzurufen und ihm einen Arbeitsplatz im Entsendestaat zuzuweisen, für sich betrachtet keine zeitliche Begrenzung der Entsendung im Voraus dar. In diesem Falle steht nicht bereits zu Beginn der Entsendung fest, ob und ggf. wann der Arbeitgeber von seinem Rückrufrecht Gebrauch machen wird.
Dagegen gilt eine zunächst im Voraus vertraglich zeitlich begrenzte Entsendung, die nach dem Vertrag für einen weiteren begrenzten Zeitraum fortgesetzt werden kann, grundsätzlich auch für die Verlängerungszeit als im Voraus zeitlich begrenzt (vgl. Beispiel 6.16 der "Gemeinsamen Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmer" vom 18.03.2020).
Die Einstrahlung ist das Pendant zur Ausstrahlung. Die zur Ausstrahlung gemachten Aussagen gelten daher für die Einstrahlung in gleicher Weise (vgl. Auslandsaufenthalt, Ausstrahlung, Entsendung).
4. Einstrahlung bei Sachverhalten, die teilweise von einem bilateralen Abkommen erfasst werden
Hat Deutschland mit einem Staat ein bilaterales Abkommen über Soziale Sicherheit geschlossen, betrifft dieses in der Regel nur einige Sozialversicherungszweige. Für die nicht vom Abkommen erfassten Sozialversicherungszweige gelten die Regelungen des § 5 SGB IV zur Einstrahlung (vgl. Punkt 2.1 der "Gemeinsamen Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von entsandten Arbeitnehmern" vom 18.03.2020).
Beispiel 1:
Sachverhalt:
Peter Peters wird von seinem australischen Unternehmen für ein Jahr nach Deutschland entsandt. Er erzielt ein Einkommen unterhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze der Krankenversicherung. Die Voraussetzungen einer Entsendung i.S.d. deutsch-australischen Ergänzungsabkommens sind ebenso wie die Voraussetzungen einer Entsendung i.S.d. Einstrahlung nach § 5 SGB IV erfüllt.
Beurteilung:
Für die vom deutsch-australischen Ergänzungsabkommen erfassten Sozialversicherungszweige der Renten- und Arbeitslosenversicherung gilt ausschließlich australisches Recht. Für die übrigen Sozialversicherungszweige gelten ebenfalls nicht die deutschen Rechtsvorschriften, da die Voraussetzungen einer Einstrahlung nach § 5 SGB IV erfüllt sind.
Beispiel 2:
Sachverhalt:
Mustafa Mehir ist in der Türkei gesetzlich sozialversichert. Er wird von seinem türkischen Unternehmen für drei Jahre in Deutschland eingesetzt. In dieser Zeit ruht sein türkisches Arbeitsverhältnis. Seine Familie und sein Lebensmittelpunkt verbleiben in dieser Zeit in der Türkei. Da die Voraussetzungen einer Entsendung i.S.d. deutsch-türkischen Abkommens über Soziale Sicherheit nicht erfüllt sind, wurde in der Türkei eine Ausnahmevereinbarung beantragt. Diese kam, in Absprache mit dem GKV-Spitzenverband, Abteilung Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland, auch zustande. Für Herrn Mehir gelten daher während seines Einsatzes in Deutschland in den vom deutsch-türkischen Abkommen erfassten Sozialversicherungszweigen der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung ausschließlich die türkischen Rechtsvorschriften. Die Pflegeversicherung wird vom Abkommen nicht erfasst. Ihre Beurteilung richtet sich daher nach § 5 SGB IV.
Beurteilung:
Für Herrn Mehir gelten nach dem deutsch-türkischen Abkommen über Soziale Sicherheit in der Krankenversicherung die türkischen Rechtsvorschriften. Die Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 SGB XI ist an das Bestehen einer Versicherungspflicht oder einer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung geknüpft. Da eine solche hier in Deutschland nicht vorliegt, kann auch keine Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung entstehen.
5. Einstrahlung im Falle von Mehrfachbeschäftigungen
Arbeitnehmer, die sowohl für das im Entsendestaat ansässige, entsendende Unternehmen als auch für das in Deutschland ansässige, aufnehmende Unternehmen in Deutschland beschäftigt sind, können in zwei abgrenzbar voneinander zu beurteilenden Beschäftigungsverhältnissen (zum entsendenden Unternehmen einerseits und zum aufnehmenden Unternehmen andererseits) stehen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Arbeitnehmer in beide Unternehmen eingegliedert ist, gegen beide Unternehmen ein Arbeitsentgeltanspruch besteht und beide Unternehmen als wirtschaftlicher Arbeitgeber anzusehen sind. In diesen Fällen gelten die deutschen Vorschriften über die Versicherungspflicht im Rahmen der Einstrahlung nur hinsichtlich der für das ausländische entsendende Unternehmen ausgeübten Beschäftigung nicht. (vgl. reziprokes Beispiel 6.21 der "Gemeinsamen Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmer" vom 18.03.2020).
Stellt das deutsche aufnehmende Unternehmen dem Arbeitnehmer auf eigene Kosten lediglich Sachbezüge (z.B. Wohnung, PKW) zur Verfügung, ohne dass eine arbeitsvertragliche Grundlage hierfür besteht, liegt eine Mehrfachbeschäftigung in der Regel nicht vor (vgl. Beispiel 6.22 der "Gemeinsamen Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmer" vom 18.03.2020). Die Sachbezüge haben für die Beurteilung der Versicherungs- und Beitragspflicht im Rahmen der Entsendung keine Bedeutung.
Beschäftigte aus der Ukraine, die vorübergehend mobil in Deutschland arbeiten
Auch anerkannte Flüchtlinge sind grundsätzlich zur Ausübung einer Beschäftigung in Deutschland berechtigt. So können z.B. die aus der Ukraine Geflüchteten, denen auf der Grundlage eines Ratsbeschlusses der EU vom 04.03.2022 vorübergehender Schutz gewährt wird, entsprechende Aufenthaltserlaubnisse beantragen. Mit diesem Aufenthaltstitel ist der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt grundsätzlich uneingeschränkt möglich. Bei den derzeit in Deutschland beschäftigten Ukrainern liegt daher in der Regel Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V vor (vgl. auch § 3 Nr. 1 SGB IV).
Anders stellt sich dagegen die Situation für diejenigen dar, die im Rahmen eines im Ausland bestehenden Arbeitsverhältnisses vorübergehend in Form mobilen Arbeitens in Deutschland tätig sind. Dies betrifft die Personen aus der Ukraine, die die Möglichkeit haben, für ihren Arbeitgeber in der Ukraine von Deutschland aus Arbeiten zu erbringen, die sich unabhängig von einer festen Arbeitsstätte online durchführen lassen ("Remote Work").
Das nur vorübergehende mobile Arbeiten in Deutschland im Rahmen eines im Ausland bestehenden Arbeitsverhältnisses führt für die betroffenen Arbeitnehmer nicht zur Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses, wenn die Voraussetzungen einer Entsendung im Sinne der Einstrahlung nach § 5 Abs. 1 SGB IV erfüllt sind, das heißt die Arbeitnehmer (weiterhin) in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis zu ihrem im Ausland ansässigen Arbeitgeber stehen und von diesem nach Deutschland entsandt werden, um hier zeitlich begrenzt eine Arbeit beziehungsweise Dienstleistung für dessen Rechnung auszuführen.
In den vorliegenden Fällen des "Remote-Work" ergibt sich die zeitliche Begrenzung zwar nicht aus der Eigenart der Beschäftigung. Der GKV-Spitzenverbandes, die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Bundesagentur für Arbeit haben jedoch in ihrer Besprechung vom 05.05.2022 über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs besprochen, dass "unter Begrenzungen infolge der Eigenart der Beschäftigung zwar typischerweise Beschäftigungen, die mit Projekten im Zusammenhang stehen, fallen, deren Fertigstellung eine absehbare Zeit in Anspruch nimmt, insbesondere für Montage- und Einweisungsarbeiten, Arbeiten im Zusammenhang mit der Errichtung von Bauwerken und Betriebsanlagen. In den vorliegenden Sachverhalten dürfte jedoch in aller Regel eine zeitliche Begrenzung infolge vertraglicher Befristung gegeben sein, indem entweder eine Art Entsendevereinbarung, mit zunächst zeitlicher Befristung, vorliegt oder eine entsprechende mündliche Abrede zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht, wonach die Arbeit vorübergehend außerhalb der festen Arbeitsstätte (im Entsendestaat) in Form mobilen Arbeitens ausgeübt werden soll" (vgl. Rdschr. des GKV-Spitzenverbandes Nr. 2022/319 vom 20.05.2022).
Diese zeitlich befristeten mobilen Beschäftigungen in Deutschland werden daher als Beschäftigungen angesehen, die, wenn die Voraussetzungen des § 5 SGB IV erfüllt sind, in Deutschland zu keiner Sozialversicherungspflicht oder -berechtigung führen.