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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Mutterschutz
Mutterschutz
Normen
Mutterschutzgesetz - MuSchG
Gemeinsames Rundschreiben zu den Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft der Krankenkassen-Spitzenverbände vom 06./07.12.2017 in der Fassung vom 23.03.2022 (vgl. Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes 337/2022 vom 31.05.2022)
Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung ("Mutterschafts-Richtlinien") in der Fassung vom 10.12.1985 (BAnz. Nr. 60a vom 27.03.1986), zuletzt geändert am 16.09.2021 (BAnz AT 26.11.2021 B4), in Kraft getreten am 01.01.2022
Information
Ziel des u.a. im Mutterschutzgesetz geregelten Mutterschutzrechts ist es, den bestmöglichen Gesundheitsschutz für schwangere und stillende Frauen zu gewährleisten. Frauen sollen durch Schwangerschaft und Stillzeit keine Nachteile im Berufsleben erleiden. Außerdem soll die selbstbestimmte Entscheidung einer Frau über ihre Erwerbstätigkeit nicht eingeschränkt werden. Damit sollen die Chancen der Frauen verbessert und ihre Rechte gestärkt werden ihrem Beruf während Schwangerschaft und Stillzeit ohne Beeinträchtigung ihrer Gesundheit und der ihres Kindes weiter nachzugehen. Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) gilt für alle (werdenden) Mütter, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, das heißt auch für Heimarbeiterinnen, Hausangestellte, geringfügig Beschäftige, weibliche Auszubildende und unter bestimmten Voraussetzungen auch für Schülerinnen und Studentinnen.
Die werdende Mutter soll ihrem Arbeitgeber die Schwangerschaft und den voraussichtlichen Entbindungstermin mitteilen und auf Verlangen darüber eine Bescheinigung des Arztes oder der Hebamme auf Kosten des Arbeitgebers vorlegen. Der Arbeitgeber hat die Schwangerschaft der Aufsichtsbehörde (z.B. dem Gewerbeaufsichtsamt) zu melden, jedoch darf er sie nicht anderen Personen unberechtigt bekannt geben (§ 5 MuSchG).
1. Änderungen im Mutterschutzrecht seit 2018
Zum 01.01.2018 sind einige Änderungen des Mutterschutzrechts in Kraft getreten. Es wurden unter anderem Schülerinnen und Studentinnen in den Anwendungsbereich des MuSchG einbezogen, soweit die Ausbildungsstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstaltung verpflichtend vorgibt.
Die Regelungen zum Verbot der Nacht- und Sonntagsarbeit wurden branchenunabhängig gefasst, die Regelungen zum Verbot der Mehrarbeit wurden um eine besondere Regelung zur höchstens zulässigen Mehrarbeit in Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen ergänzt. Für die Arbeit nach 20 Uhr bis 22 Uhr wurde ein behördliches Genehmigungsverfahren eingeführt. Unter anderem muss die Frau sich ausdrücklich bereit erklären, nach 20 Uhr zu arbeiten. Während die Behörde den vollständigen Antrag prüft, kann der Arbeitgeber die Frau grundsätzlich weiterbeschäftigen. Lehnt die Behörde den Antrag nicht innerhalb von sechs Wochen ab, gilt er als genehmigt.
Damit der Arbeitgeber die Mutterschutzbestimmungen einhalten kann, sollen Frauen dem Unternehmen ihre Schwangerschaft und den voraussichtlichen Tag der Entbindung mitteilen, sobald ihnen diese Tatsachen bekannt sind (§ 15 MuSchG).
2. Mutterschutzfristen
Werdende Mütter dürfen in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigt werden, soweit sie sich nicht ausdrücklich zur Arbeitsleistung bereit erklären. Die Schwangere kann diese Erklärung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Nach der Entbindung gilt ein absolutes Beschäftigungsverbot von acht Wochen beziehungsweise zwölf Wochen bei Früh- und Mehrlingsgeburten. Bei medizinischen Frühgeburten und bei sonstigen vorzeitigen Entbindungen verlängert sich die Mutterschutzfrist nach der Geburt um die Tage, die vor der Entbindung nicht in Anspruch genommen werden konnten. Wird bei dem Kind innerhalb von acht Wochen nach der Entbindung eine Behinderung festgestellt, kann die Mutter eine Verlängerung der Schutzfrist von acht auf zwölf Wochen beantragen (§ 3 Abs. 1 und 2 MuSchG).
Außerhalb der allgemeinen Schutzfristen sieht das Mutterschutzgesetz zum Schutz der werdenden Mutter und ihres Kindes generelle Beschäftigungsverbote (z.B. Akkord-, Fließband-, Mehr-, Sonntags- oder Nachtarbeit, vgl. §§ 4 - 6 MuSchG) und individuelle Beschäftigungsverbote aufgrund eines ärztlichen Attestes (§ 16 MuSchG) vor. Für die Arbeit nach 20 Uhr bis 22 Uhr wurde ein behördliches Genehmigungsverfahren eingeführt.
3. Individuelle und generelle Beschäftigungsverbote
3.1 Individuelles Beschäftigungsverbot?
Im Rahmen einer Schwangerschaft sind werdende Mütter durch das Mutterschutzgesetz (MuSchG) besonders geschützt. So soll sichergestellt werden, dass am Arbeitsplatz entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, damit die Schwangere und das ungeborene Kind keinen Schaden nehmen. Während der Schwangerschaft sollten werdende Mütter besonders auf sich achten, damit der Fötus sich gut entwickelt. Dazu gehört neben einer gesunden Ernährung auch, dass sie nicht schwer heben, nicht dauerhaft stehen und sich keiner Gefahr durch gesundheitsgefährdende Stoffe aussetzen.
Besteht eine dieser Gefahren am Arbeitsplatz und kann durch den Arbeitgeber nicht behoben werden, erhalten Schwangere ein generelles Beschäftigungsverbot. Neben diesem existiert auch ein individuelles Beschäftigungsverbot, welches u.a. aus gesundheitlichen Gründen ausgesprochen werden kann. Ein individuelles Beschäftigungsverbot bezieht sich vor allem auf den Einzelfall nach § 16 MuSchG und wird ausschließlich vom Arzt ausgesprochen. Das Beschäftigungsverbot kann individuell ausgestellt werden, wenn der Arzt ein Risiko für die werdende Mutter und das Kind vermutet.
Durch ein individuelles Beschäftigungsverbot muss die werdende Mutter ihre Tätigkeit bis zur Geburt oder ggf. für einen bestimmten Zeitraum niederlegen. Das Beschäftigungsverbot kann auch nur für eine bestimmte Stundenzahl oder bestimmte Tätigkeiten gelten.
3.2 Gründe für ein individuelles Beschäftigungsverbot
Für ein individuelles Beschäftigungsverbot können die Gründe vielseitig sein. Grundsätzlich muss der behandelnde Arzt abschätzen, inwiefern ein gesundheitliches Risiko für die Schwangere und ihr Kind im Mutterleib besteht. Bei einer einfachen Erkältung wird in der Regel kein Beschäftigungsverbot, sondern eine Krankschreibung ausgestellt. Sollten die Beschwerden in der Schwangerschaft allerdings wochenlang andauern und die Schwangere quält sich mit starken Rückenschmerzen, Erbrechen oder Übelkeit, sollte der Arzt in Erwägung ziehen, ein individuelles Beschäftigungsverbot auszusprechen. Dementsprechend kann ein individuelles Beschäftigungsverbot auch bei Stress ausgestellt werden.
Außerdem kann der Arzt ein individuelles Beschäftigungsverbot aussprechen, wenn es sich um eine Risikoschwangerschaft handelt. Dies ist meistens bei der Gefahr einer Frühgeburt, einer Mehrlingsgeburt oder einer Muttermundschwäche der Fall.
Ein individuelles Beschäftigungsverbot wegen Mobbing kann ebenfalls ausgestellt werden. Beim Mobbing am Arbeitsplatz kann es sich um eine besondere Stressbelastung der Schwangeren handeln, welche sich auf die Gesundheit der Arbeitnehmerin und des Babys im Mutterleib auswirken kann.
3.3 Was ist ein generelles Beschäftigungsverbot?
Neben einem individuellen Beschäftigungsverbot durch den Arzt ist auch vom Arbeitgeber ein generelles Beschäftigungsverbot auszusprechen. Dabei handelt es sich nicht um gesundheitliche Probleme, durch die eine Schwangere die Tätigkeit nicht ausüben kann, sondern um Bestimmungen, die in § 11 MuSchG verankert sind.
Grundsätzlich muss während der Schwangerschaft vermieden werden, dass die werdende Mutter und das ungeborene Kind sich möglichen Gefahren aussetzen. Dies kann in verschiedenen Berufsgruppen durchaus möglich sein. Welche Tätigkeiten verboten sind, regelt § 11 MuSchG.
Besteht ein generelles Beschäftigungsverbot, müssen Schwangere dieses auch einhalten. Arbeiten trotz des Beschäftigungsverbots ist nicht möglich, sofern die Tätigkeit einen negativen Einfluss auf die Gesundheit der Schwangeren und des ungeborenen Kindes hat bzw. haben könnte.
3.4 Gründe für ein generelles Beschäftigungsverbot
Die Gründe für ein generelles Beschäftigungsverbot in der Schwangerschaft können vielseitig sein. Ist die Schwangere Gefahrstoffen ausgesetzt, die schädlich für die Gesundheit der werdenden Mutter und des ungeborenen Kindes sind, hat dies ein generelles Beschäftigungsverbot zur Folge. Dies kann z.B. bei Gärtnerinnen, Chemikerinnen oder Friseurinnen zutreffen. Zudem ist es u.a. nicht gestattet, Schwangere starker Hitze, Kälte, Nässe, Erschütterungen, Vibrationen oder Lärm auszusetzen, die eine unverantwortbare Gefahr für die Schwangere oder das Kind darstellen würde (vgl. § 11 MuSchG).
Auch Erzieherinnen, Krankenschwestern und Altenpflegerinnen müssen in der Regel ab der offiziellen Feststellung der Schwangerschaft durch einen Arzt das generelle Beschäftigungsverbot antreten. Das liegt daran, dass in diesem Berufen ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht.
4. Mutterschutzlohn
Kann eine Frau wegen eines allgemeinen oder individuellen Beschäftigungsverbots ganz oder teilweise vor Beginn und nach Ende der Schutzfrist die Arbeit nicht mehr ausüben, hat sie keine finanziellen Nachteile. Dies gilt auch dann, wenn das Unternehmen die werdende Mutter auf einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz umsetzt und sie ihre Tätigkeit wechseln muss. Sie behält mindestens ihren bisherigen Durchschnittsverdienst als Mutterschutzlohn.
Der Mutterschutzlohn stellt steuer- und beitragspflichtiges Arbeitsentgelt dar.
Beispiel:
Sachverhalt:
Frau A. arbeitet ab 01. März jeweils montags von 8.00 bis 17.00 Uhr sowie freitags und samstags von 20.00 bis 23.00 Uhr als Bedienung in einem Hotelrestaurant. Neben einem Fixum von monatlich 1.200,00 EUR wird ein Zuschlag, unter Berücksichtigung der Anzahl der Gäste, ausgezahlt. Das Gesamtentgelt beträgt für den Monat Mai2023 insgesamt 1.350,00 EUR, 1.420,00 EUR im April 2023 und 1.370,00 EUR im März 2023. Seit Juni 2023 ist Frau A. schwanger. Es kommen weder eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen noch eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz in Betracht. Daher besteht ab 01.09.2023 ein Beschäftigungsverbot.
Beurteilung:
Frau A. hat Anspruch auf Entgeltzahlung i.H.d. Durchschnittsverdiensts der letzten drei Monate: 1.350,00 EUR + 1.220,00 EUR + 1.370,00 EUR = 4.140,00 EUR; davon 1/3 = 1.380,00 EUR. Frau A. hat ab 01.09.2023 bis zum Beginn der Schutzfrist einen Anspruch auf eine monatliche Bruttolohnzahlung von 1.380,00 EUR; dieser Betrag ist beitrags- und steuerpflichtig.
5. Kündigungsschutz
Die Kündigung gegenüber einer Frau ist unzulässig
- während ihrer Schwangerschaft,
- bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche und
- bis zum Ende ihrer Schutzfrist nach der Entbindung, mindestens jedoch bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung,
wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft, die Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche oder die Entbindung bekannt ist oder, wenn sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.
Das Überschreiten dieser Frist ist unschädlich, wenn die Überschreitung auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird.