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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Kurzzeitpflege
Kurzzeitpflege
Normen
§ 42 SGB XI
Gemeinsames Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des SGB XI vom 21.04.2020
Kurzinfo
In Fällen, in denen weder die häusliche noch die teilstationäre Pflege möglich ist, hat der Anspruchsberechtigte Anspruch auf (stationäre) Kurzzeitpflege. Dieser Anspruch besteht auch dann, wenn bereits bei Aufnahme in die Kurzzeitpflegeeinrichtung feststeht, dass im Anschluss an die Kurzzeitpflege eine vollstationäre Pflege in einer Pflegeeinrichtung erfolgen soll. Der Anspruchsberechtigte wird also für einen begrenzten Zeitraum in eine vollstationäre Pflegeeinrichtung aufgenommen und dort gepflegt.
Information
Inhaltsübersicht
- 1.Voraussetzungen
- 1.1
- 1.2
- 1.3
- 1.4
- 1.5
- 1.6
- 1.7
- 2.
1. Voraussetzungen
In Fällen, in denen weder häusliche Pflege (§§ 36 bis 38 und 39 SGB XI), noch teilstationäre Pflege (§ 41 SGB XI) möglich ist, haben Pflegebedürftige des Pflegegrades 2 bis 5 für die Dauer von bis zu acht Wochen je Kalenderjahr Anspruch auf (stationäre) Kurzzeitpflege. Dieser Anspruch besteht auch dann, wenn bereits bei Aufnahme in die Kurzzeitpflegeeinrichtung feststeht, dass im Anschluss an die Kurzzeitpflege eine vollstationäre Pflege (§ 43 SGB XI) in einer Pflegeeinrichtung erfolgen soll.
1.1 Leistungsvoraussetzungen
Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 können den ihnen zustehenden Entlastungsbetrag nach § 45b Abs. 1 SGB XI i.H.v. 125,00 EUR im Wege der Kostenerstattung für Leistungen der Kurzzeitpflege einsetzen.
1.2 Leistungsinhalt
Inhalt der allgemeinen Pflegeleistungen sind die im Einzelfall erforderlichen Hilfen in dem anerkannten Pflegegrad zur Unterstützung, zur teilweisen oder zur vollständigen Übernahme der Aktivitäten im Ablauf des täglichen Lebens oder zur Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Durchführung von Aktivitäten. Die Hilfen sollen diejenigen Maßnahmen enthalten, die Pflegebedürftigkeit mindern sowie einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit und der Entstehung von Sekundärerkrankungen vorbeugen.
Zu diesen allgemeinen Pflegeleistungen gehören je nach Einzelfall:
- körperbezogene Pflegemaßnahmen,
- pflegerische Betreuungsmaßnahmen,
- medizinische Behandlungspflege.
Darüber hinaus haben Pflegebedürftige (Pflegegrad 1 bis 5) in teil- und vollstationären Einrichtungen einen individuellen Rechtsanspruch auf Maßnahmen der zusätzlichen Betreuung und Aktivierung. Diese Leistung wird über einen gesonderten Zuschlag zur Pflegevergütung nach § 43b SGB XI abgegolten.
1.3 Leistungsumfang
Der Anspruch auf die Kurzzeitpflege ist auf acht Wochen im Kalenderjahr begrenzt, wobei die Aufwendungen der Pflegekasse hierfür bis zu 1.612,00 EUR bis 31.12.2021 und ab 01.01.2022 1.774,00 EUR im Kalenderjahr nicht übersteigen dürfen. Ergänzend hierzu kann der Leistungsbetrag der Verhinderungspflege nach § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB XI für die Kurzzeitpflege verwendet werden, wenn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt werden. Der für die Kurzzeitpflege in Anspruch genommene Erhöhungsbetrag ist auf den Leistungsbetrag für die Verhinderungspflege nach anzurechnen.
Sofern die Leistungen der Verhinderungspflege hinsichtlich der Dauer ausgeschöpft sind, kann ein eventuell noch verbleibender Leistungsbetrag ebenfalls für die Kurzzeitpflege verwendet werden.
Ferner entsteht der Anspruch auf Kurzzeitpflege mit jedem Kalenderjahr neu. Hieraus folgt, dass ein
- am 31.12. eines Jahres bestehender oder an diesem Tag endender,
- vor dem 31.12. eines Jahres abgelaufener
Leistungsanspruch nach § 42 SGB XI - bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen - ab 01.01. des Folgejahres für acht Wochen weiter besteht oder wiederauflebt. Wird eine Sachleistung durch Kurzzeitpflege unterbrochen, können im Monat der Aufnahme und der Entlassung jeweils Sachleistungen bis zur jeweiligen Wertgrenze i.S.d. § 36 SGB XI in Anspruch genommen werden.
Pflegebedürftige können für Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Kurzzeitpflege entstehen, auch den Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI einsetzen.
Fahrkosten werden im Rahmen des § 42 SGB XI nicht erstattet. Für eventuell in diesem Zusammenhang entstehende Fahrkosten kann der Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI verwandt werden.
1.4 Besonderheiten
Für die Dauer der Kurzzeitpflege wird das bisher bezogene Pflegegeld bzw. das bisher bezogene anteilige Pflegegeld (Kombinationsleistung) für bis zu acht Wochen je Kalenderjahr zur Hälfte fortgezahlt.
Ist bei Pflegebedürftigen, die sich während der Woche und an Wochenenden oder in den Ferienzeiten im häuslichen Bereich befinden und die Leistungen nach § 43a SGB XI und der häuslichen Pflege (§ 36 oder § 37 SGB XI) erhalten, im häuslichen Bereich die Pflege (z.B. an den Wochenenden oder in Ferienzeiten) nicht sichergestellt, können die Leistungen der Kurzzeitpflege zur Verfügung gestellt werden. Eine Anrechnung auf die Leistungen nach § 43a SGB XI ist nicht vorzunehmen. Sofern für den Pflegebedürftigen in dieser Zeit, in der keine Pflege im häuslichen Bereich durchgeführt werden kann, die Unterbringung in derselben vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen sichergestellt wird, kann eine Leistungsgewährung einer Kurzzeitpflege nicht erfolgen. Die dadurch entstehenden Aufwendungen sind mit § 43a SGB XI abgegolten.
1.5 Stationäre Hospizbehandlung
Stationäre Hospize sind selbstständige Einrichtungen mit dem eigenständigen Versorgungsauftrag, für Patienten mit unheilbaren Krankheiten in der letzten Lebensphase palliativmedizinische, palliativ-pflegerische, soziale sowie geistig-seelische Versorgung zu erbringen. Mit stationären Hospizen können Versorgungsverträge als stationäre Pflegeeinrichtung nach § 72 Abs. 1 SGB XI geschlossen werden, wenn die Voraussetzungen des § 71 SGB XI erfüllt sind, das Hospiz einen Versorgungsvertrag wünscht und das Einvernehmen nach § 72 Abs. 2 SGB XI hergestellt wird.
Versicherte, die in ihrer letzten Lebensphase zur palliativ-medizinischen Versorgung in ein stationäres Hospiz aufgenommen werden, haben bei Vorliegen der Voraussetzungen Anspruch auf einen Zuschuss nach § 39a Abs. 1 SGB V gegenüber ihrer Krankenkasse. Nach § 39a Abs. 1 Satz 3 SGB V sind diese Zuschüsse allerdings nachrangig gegenüber den Leistungen anderer Sozialleistungsträger. Leistungen anderer Sozialleistungsträger sind insbesondere die Leistungen nach dem SGB XI. Ausgehend von der Zielsetzung, dass Versicherte, die in einem stationären Hospiz aufgenommen werden, einer Krankenhausbehandlung nicht mehr bedürfen bzw. eine Versorgung im Haushalt oder in der Familie kurzfristig nicht realisierbar ist, handelt es sich bei einem Aufenthalt in einem Hospiz - auch wenn das Hospiz als stationäre Pflegeeinrichtung zugelassen ist - immer um eine vorübergehende Maßnahme. Dies ist vergleichbar mit der Zielsetzung der Kurzzeitpflege.
Sofern die leistungsrechtlichen Voraussetzungen der §§ 42 und 43 SGB XI sowie des § 39a Abs. 1 SGB V vorliegen, sind bei Hospizaufenthalten vorrangig die Kurzzeitpflege und die vollstationäre Pflege auszuschöpfen. Dabei kann der Leistungsrahmen der Kurzeitpflege um den nicht in Anspruch genommenen Leistungsbetrag der Verhinderungspflege erhöht werden. Für die Dauer der Kurzzeitpflege besteht ein Anspruch auf Weiterzahlung des hälftigen Pflegegeldes für bis zu acht Wochen. Für den Aufnahme- und Entlassungstag wird das Pflegegeld in voller Höhe gezahlt.
Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgungsind 95 % der zuschussfähigen Kosten zu übernehmen. Die zuschussfähigen Kosten werden von den Vertragspartnern als tagesbezogene Bedarfssätze vereinbart. Zuschussfähig sind maximal die tatsächlich entstandenen Aufwendungen.
1.6 Kurzzeitpflege in Einrichtungen, die stationäre Leistungen zur medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation erbringen
Ist eine gleichzeitige Unterbringung des Pflegebedürftigen in der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung notwendig, in der die Pflegeperson eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation durchführt, besteht ein Anspruch auf Kurzzeitpflege.
Für die Leistungsgewährung müssen mit der Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung keine Zulassung und auch keine vergütungsrechtlichen Vereinbarungen nach dem SGB XI bestehen.
1.7 Zeitlich befristete Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der pflegerischen Versorgung während der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Pandemie
Nach § 42 Abs. 4 Satz 1 besteht ein Anspruch auf Kurzzeitpflege wie unter Punkt 1.6 beschrieben. Um besonderen Belastungen während der Pandemiephase gerecht werden zu können, sollen Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen Kurzzeitpflege auch ohne Erfüllung dieser Voraussetzung erbringen können. Die Aufwendungen werden bis zu einem Gesamtbetrag von 2.418,00 EUR übernommen.
Die Maßnahme/Möglichkeit gilt zunächst vom 28.03.2020 bis zum 30.09.2020 (§ 149 SGB XI).
Hinweis:
Das Bundesministerium für Gesundheit kann nach einer erneuten Risikobeurteilung bei Fortbestehen oder erneutem Risiko für ein Infektionsgeschehen im Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 den Befristungszeitraum der §§ 147 bis 151 SGB XI jeweils durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates um jeweils bis zu einem halben Jahr verlängern (§ 152 SGB XI).
2. Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes
In dem Verfahren, BSG, 18.02.2016 - B 3 P 2/14 R, war zu klären, ob ein Anspruch auf Kurzzeitpflege in Leistungen der ambulanten Verhinderungspflege zur Entlastung der familiären häuslichen Pflegesituation nach dem bis zum 31.12.2014 geltenden Recht umgewandelt werden kann, wenn der Pflegebedürftige nicht außer Haus gepflegt werden kann.
Das verneinte das BSG, weil dieser Anspruch nicht gesetzlich bestimmt ist. Der Anspruch auf Kurzzeitpflege nach dem bis zum 31.12.2014 geltenden Recht besteht nur dann, wenn der Pflegebedürftige außerhalb seiner häuslichen Umgebung voll- oder teilstationär versorgt wird, weil die Pflege zuhause nicht möglich oder unterbrochen wird. Ist die angesprochene Unterbringung nicht möglich, besteht der Anspruch nicht.
Siehe auch