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BFH, 27.07.1990 - VI R 20/89 - Normaler Lohnsteuerabzug; Betriebliche Ruhegelder; Pauschalierung der Lohnsteuer; Aushilfstätigkeit
Bundesfinanzhof
Urt. v. 27.07.1990, Az.: VI R 20/89
Normaler Lohnsteuerabzug; Betriebliche Ruhegelder; Pauschalierung der Lohnsteuer; Aushilfstätigkeit
Verfahrensgang:
vorgehend:
FG Nürnberg (EFG 1989, 313)
Rechtsgrundlage:
Fundstellen:
BFHE 161, 149 - 152
BB 1990, 1968 (amtl. Leitsatz)
BB 1991, 119-120 (Volltext mit amtl. LS)
BFH/NV 1990, 76
BStBl II 1990, 931-933 (Volltext mit amtl. LS)
DB 1990, 2150 (Volltext mit amtl. LS)
DStR 1991, 82 (amtl. Leitsatz)
HFR 1991, 29-30 (Volltext mit amtl. LS)
BFH, 27.07.1990 - VI R 20/89
Amtlicher Leitsatz:
Der dem normalen Lohnsteuerabzug unterliegende Bezug von betrieblichen Ruhegeldern steht der Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 a EStG des von demselben Arbeitgeber erhaltenen Lohns für eine tatsächlich ausgeübte Aushilfstätigkeit nicht entgegen.
Tatbestand:
1
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war bis Februar 1982 bei einer GmbH als Angestellter beschäftigt. Aus diesem Arbeitsverhältnis erhält er seit März 1982 von der GmbH betriebliche Ruhegelder in Form von Versorgungsbezügen i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Daneben bezieht er noch eine Rente aus der Sozialversicherung. Seit Juni 1982 wurde der Kläger von der GmbH mit Aushilfstätigkeiten betraut. Den dafür gezahlten Lohn von monatlich weniger als 390 DM unterwarf die GmbH dem pauschalen Steuersatz des § 40 a EStG in Höhe von 10 v. H.
2
Im Anschluß an eine bei der GmbH durchgeführte Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, die Pauschalierung sei zu Unrecht erfolgt, da ein Arbeitnehmer zu einem Arbeitgeber nur in einem einheitlich zu beurteilenden Arbeitsverhältnis stehen könne und daher eine Aufteilung in zwei Arbeitsverhältnisse, nämlich als Betriebsrentner und als Teilzeitbeschäftigter, nicht möglich sei. Er erließ gegen die Kläger und Revisionskläger (Kläger) unter Einbeziehung der Teilzeitvergütung in die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1982.
3
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der die Kläger die Aufhebung des Einkommensteuer-Änderungsbescheids 1982 begehren, hatte mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1989, 313 veröffentlichten Gründen Erfolg.
4
Mit seiner Revision begehrt das FA die Aufhebung der Vorentscheidung und die Abweisung der Klage. Zur Begründung führt es im wesentlichen aus: Eine Pauschalierung der Lohnsteuer für eine Teilzeitbeschäftigung neben einer Vollzeitbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber scheide aus. Der Gesetzgeber gehe bei der Gewährung des niedrigen Pauschsteuersatzes davon aus, daß sich die Vergütungen des Arbeitnehmers ausschließlich in denen für die Teilzeitbeschäftigung erschöpften. Dieses folge aus den niedrigen Lohngrenzen und der Beschränkung der Arbeitsdauer. Daß ungerechtfertigte Steuervorteile bei der Beschäftigung eines Arbeitnehmers bei mehreren Arbeitgebern nicht wirksam auszuschließen seien, liege am Prinzip der arbeitgeberbezogenen Besteuerung. Flössen einem Arbeitnehmer aber Lohneinkünfte ausschließlich von einem Arbeitgeber zu, so sei das Dienstverhältnis zu dem einen Arbeitgeber eine einheitliche Quelle aller Einnahmen, deren Besteuerung nur einheitlich erfolgen könne. Allein dies entspreche der Systematik des Lohnsteuerabzugs. Daher sei eine Aufteilung des Arbeitslohns unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten ebenso nicht statthaft, wie man den Kläger auch nicht einem Arbeitnehmer gleichstellen könne, der seine Nebentätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber erbringe. In diese Richtung gehe auch das Urteil des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg vom 23. Oktober 1984 I 391/82 (EFG 1985, 364), wonach bei einer Vielzahl arbeitsrechtlicher Beziehungen unter denselben Vertragspartnern für die Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 a EStG die Bezüge des Arbeitnehmers von dem Arbeitgeber zusammenzurechnen seien.
5
Die Kläger treten der Revision entgegen. Zur Begründung tragen sie im wesentlichen vor: § 40 a EStG erfasse nur diejenigen Entgelte, die ein aktiver Arbeitnehmer erziele. Andere Einkünfte i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG aus einer früheren Tätigkeit könnten von § 40 a EStG nicht erfaßt werden. Auch die Gehaltsgrenzen des § 40 a EStG bezögen sich eindeutig nur auf die Vergütung, die als Gegenleistung für die Aushilfstätigkeit gezahlt werde. Vergütungen für ein früheres Arbeitsverhältnis könnten nicht in § 40 a EStG einbezogen werden. Das FA verkenne, daß es vorliegend nicht um die Beurteilung einer Teilzeitbeschäftigung neben einer Vollzeitbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber gehe. Im Streitfall seien die Beschäftigungen zeitlich nacheinander angeordnet. Daher lasse sich auch nichts aus dem Urteil des FG Baden-Württemberg ableiten, welches nur den Fall mehrerer gleichzeitiger aktiver Arbeitsverhältnisse betroffen habe.
Entscheidungsgründe
6
Der Arbeitgeber des Klägers hat, da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt waren, zutreffend den Aushilfslohn des Klägers der pauschalen Steuer des § 40 a Abs. 1 EStG unterworfen. Daher war der pauschal besteuerte Aushilfslohn bei der Veranlagung außer Ansatz zu lassen (§ 40 a Abs. 4 - ab 1990 Abs. 5 - i. V. m. § 40 Abs. 3 EStG). Der Einkommensteuer-Änderungsbescheid 1982 ist daher vom FG zu Recht aufgehoben worden.
7
§ 40 a Abs. 1 EStG läßt die pauschale Besteuerung des aus einer Aushilfstätigkeit bezogenen Lohnes "unter Verzicht auf die Vorlage einer Lohnsteuerkarte" zu. Entgegen der Auffassung des FA folgt aus dieser Formulierung nicht zwingend, daß eine Pauschalierung des Lohns aus einer Teilzeitbeschäftigung allein deshalb ausgeschlossen ist, weil der Arbeitgeber bereits andere als Lohn zu behandelnde Zuwendungen an den Arbeitnehmer unter Zugrundelegund der Lohnsteuerkarte zu versteuern hat (in diesem Sinne aber Oeftering/Görbing, Das gesamte Lohnsteuerrecht, § 40 a EStG Rdnr. 14). Nach Ansicht des Senats besagt diese Formulierung nur, daß bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen der Lohn aus einer Teilzeitbeschäftigung ohne die auf der Lohnsteuerkarte vermerkten persönlichen Merkmale des Arbeitnehmers, also außerhalb des normalen Lohnsteuerabzugsverfahrens der §§ 38 a f. EStG, pauschal besteuert werden kann.
8
Zutreffend geht das FA im Grundsatz davon aus, daß das Beschäftigungsverhältnis eines Arbeitnehmers zu einem Arbeitgeber nicht in ein Pauschalierungsarbeitsverhältnis einerseits und ein dem normalen Lohnsteuerabzug zu unterwerfendes Arbeitsverhältnis andererseits aufgespaltet werden kann. Der Lohn aus einem Beschäftigungsverhältnis ist grundsätzlich einheitlich entweder dem normalen Lohnsteuerabzug oder der pauschalen Besteuerung zu unterwerfen. Dies folgt schon aus den Lohngrenzen und der eingeschränkten Beschäftigungsdauer des § 40 a Abs. 1 EStG, die nicht durch eine Aufteilung des Beschäftigungsverhältnisses umgangen werden dürfen (vgl. auch Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort: Pauschalierung der Lohnsteuer, C I; Thomas in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 40 a EStG Rdnr. 13; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 9. Aufl., § 40 a Anm. 1; Altehoefer in Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 40 a Anm. 7). Auf dieser Linie liegt auch das Urteil des Senats vom 13. Januar 1989 VI R 66/87 (BFHE 156, 412, BStBl II 1989, 1030), wonach Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers i. S. des § 40 b EStG in die Prüfung einzubeziehen sind, ob die Pauschalierungsgrenzen des § 40 a EStG eingehalten worden sind oder nicht.
9
Im Streitfall sind die Versorgungsbezüge und der Lohn aus der Teilzeitbeschäftigung dem Kläger nicht aus einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis zugeflossen. Die Versorgungsbezüge i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 EStG erhielt der Kläger von seinem Arbeitgeber für eine frühere, also nicht mehr tatsächlich ausgeübte Beschäftigung; der pauschal besteuerte Lohn floß dem Kläger hingegen aus der gegenwärtigen Teilzeitbeschäftigung zu. § 40 a EStG knüpft für die pauschale Besteuerung nur an eine tatsächlich ausgeübte Beschäftigung an. Diese tatsächlich ausgeübte Beschäftigung darf eine bestimmte Dauer nicht übersteigen; der Lohn muß sich innerhalb von bestimmten Tages- und Stundendurchschnittssätzen halten (vgl. § 40 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a und Abs. 3 EStG). Die Versorgungsbezüge könnten, da sie nicht für eine tatsächliche Beschäftigung gezahlt worden sind, bei der Ermittlung der Beschäftigungszeiten und der Durchschnittslöhne nicht zugeordnet werden. Dann ist es auch nicht geboten, im Streitfall von einem einheitlichen, die Anwendung des § 40 a EStG ausschließenden Beschäftigungsverhältnis auszugehen (gleicher Ansicht Thomas, a. a. O., Rdnr. 14).