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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Zu § 34 SGB XI Tit. 2.2 RdSchr. vom 20.12.2022, Leistungen bei häuslicher Pflege, teilstationärer Pflege und Kurzzeitpflege
Zu § 34 SGB XI Tit. 2.2 RdSchr. vom 20.12.2022
Gemeinsames Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des SGB XI
Zu § 34 SGB XI – Ruhen der Leistungsansprüche → Zu § 34 SGB XI Tit. 2 – Bezug von Entschädigungsleistungen
Zu § 34 SGB XI Tit. 2.2 RdSchr. vom 20.12.2022 – Leistungen bei häuslicher Pflege, teilstationärer Pflege und Kurzzeitpflege
In § 35 BVG sind die Leistungen bei Verhinderung der Pflegeperson (§ 39 SGB XI), teilstationärer Pflege (§ 41 SGB XI) oder Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) nicht ausdrücklich genannt. Allerdings bestimmt § 35 Abs. 2 Satz 4 BVG, dass die Pflegezulage für jeweils höchstens sechs Wochen entsprechend zu erhöhen ist, wenn vorübergehend Kosten für fremde Hilfe entstehen. Hierbei wird eine Begrenzung auf die Höchstdauer der Kostenübernahme bei Verhinderung der Pflegeperson vorgenommen, und nicht auf eine Mindestdauer (z. B. stunden- oder tageweise) abgestellt. § 35 Abs. 2 Satz 4 BVG nennt die Krankheit nur "insbesondere" als konkreten Grund für die vorübergehende Verhinderung der Pflegeperson. Die nicht ausdrücklich genannten Gründe wie Urlaub oder andere vergleichbare Gründe sind in ihrer rechtlichen Wirkung der Krankheit jedoch gleichzustellen. Dies kann auch im Einzelfall für eine stundenweise Abwesenheit der Pflegeperson (z. B. für einen Arztbesuch) gelten. Die Versorgungsämter übernehmen die anfallenden Kosten in voller Höhe nach § 35 Abs. 2 Satz 4 BVG. Eine Leistungsgewährung durch die Pflegekasse kommt nur in Betracht, wenn die laufenden monatlichen Leistungen nach den §§ 36 bis 38 SGB XI bzw. § 41 SGB XI plus die einmalige jährliche Leistung nach § 39 SGB XI und/oder § 42 SGB XI höher sind als die Pflegeleistungen nach § 35 BVG. Wird der Leistungsrahmen der Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI) bereits bei einer einmaligen Inanspruchnahme (fiktiv) ausgeschöpft, ist ein Vergleichszeitraum zugrunde zu legen.
Beispiel 1
Pflegegeld in Höhe des Pflegegrades 3 und Pflegezulage nach § 35 BVG nach der Stufe III (Stand: 01.07.2021) in Höhe von 832,00 EUR
In dem Zeitraum vom 19.05.2022 bis 12.06.2022 (25 Kalendertage) wird in einer stationären Pflegeeinrichtung Verhinderungspflege erbracht. Hierfür stellt die stationäre Pflegeeinrichtung für 25 Tage Verhinderungspflege (= pflegebedingte Aufwendungen) einen Betrag in Höhe von 1.566,75 EUR in Rechnung.
Ergebnis:
Ein Anspruch auf Pflegegeld besteht vom 01.05.2022 bis 19.05.2022 (19 Tage) und vom 12.06.2022 bis 30.06.2022 (19 Tage) in Höhe von 690,33 EUR (545,00 EUR x 19 : 30 x 2). In der Zeit vom 20.05.2022 bis 11.06.2022 (23 Kalendertage) besteht während der Verhinderungspflege ein Anspruch auf hälftiges Pflegegeld in Höhe von 208,92 EUR (50 v. H. von 545,00 EUR = 272,50 EUR x 23 : 30).
Das Pflegegeld in Höhe von insgesamt 899,25 EUR (690,33 EUR + 208,92 EUR) plus der Anspruch auf die Verhinderungspflege in Höhe von 1.566,75 EUR (= 2.502,34 EUR) sind der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 4 BVG für den Zeitraum vom 01.05.2022 bis 30.06.2022 in Höhe von 3.230,75 EUR (832,00 EUR x 2 + 1.566,75 EUR) gegenüber zu stellen. Da die Pflegezulage nach § 35 BVG höher ist als nach dem SGB XI, kann der Pflegebedürftige keine Leistungen gegenüber seiner Pflegekasse beanspruchen.
Der Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI wurde nicht in Anspruch genommen.
Sofern die Pflege längerfristig in einer teilstationären Einrichtung (§ 41 SGB XI) sichergestellt werden kann, ist in einem solchen Fall die Regelung des § 35 Abs. 2 Satz 1 BVG anzuwenden, da diese Vorschrift keineswegs nur auf häusliche Pflege abstellt.
Beispiel 2
Ein Pflegebedürftiger des Pflegegrades 2 nimmt im Jahr 2022 die Leistungen der Tages- und Nachtpflege nach § 41 SGB XI und Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI jeweils monatlich in gleicher Höhe in Anspruch. Pflegezulage nach § 35 BVG nach der Stufe IV (Stand 01.07.2021) in Höhe von 1.068,00 EUR.
in Anspruch genommene Sachleistung | 724,00 EUR x 12 = 8.688,00 EUR |
in Anspruch genommene Tages- und Nachtpflege | 689,00 EUR x 12 = 8.268,00 EUR |
Gesamte Leistung nach dem SGB XI | 16.956,00 EUR |
Pflegezulage nach § 35 BVG nach der Stufe IV (Stand 01.07.2021) in Höhe von | 1.068,00 EUR x 12 =12.816,00 EUR |
Ergebnis:
Die Pflegesachleistung sowie die Leistungen der Tages- und Nachtpflege (16.956,00 EUR) sind der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 und 2 Satz 4 BVG (12.816,00 EUR) für den Zeitraum vom 01.01.2022 bis 31.12.2022 gegenüber zustellen. Da die Leistungen nach dem SGB XI höher sind als die Pflegezulage nach § 35 BVG, kann der Pflegebedürftige die Differenz in Höhe von 4.140,00 EUR (16.956,00 EUR - 12.816,00 EUR) von seiner Pflegekasse beanspruchen.
Der Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI wurde nicht in Anspruch genommen.
Da die Pflegezulage nach § 35 BVG auch die Betreuung des Pflegebedürftigen umfasst, ruhen grundsätzlich die Leistungen nach § 45b SGB XI. Eine Leistungsgewährung durch die Pflegekasse kommt nur in Betracht, soweit die laufenden monatlichen Leistungen nach den §§ 36 bis 38 SGB XI bzw. § 41 SGB XI plus die Leistung nach § 45b SGB XI im Kalenderjahr höher sind als die Pflegeleistungen nach § 35 BVG (vgl. auch Ziffer 5 zu § 13 SGB XI). Dies bedeutet, sofern die gesamten Leistungen nach dem SGB XI der Höhe nach über dem anzurechnenden Betrag der Pflegezulage nach § 35 BVG liegen, kann die Differenz ausgezahlt werden.
Beispiel 3
Ein Pflegebedürftiger des Pflegegrades 3 nimmt im Jahr 2022 die Sachleistungen nach § 36 SGB XI und § 45b SGB XI in Anspruch.
Pflegesachleistung | 1.363,00 EUR x 12 = 16.356,00 EUR |
Entlastungsbetrag | 125,00 EUR x 12 = 1.500,00 EUR |
Gesamte Leistung nach dem SGB XI | 17.856,00 EUR |
Pflegezulage nach § 35 BVG nach der Stufe IV (Stand: 01.07.2021) in Höhe von | 1.068,00 EUR x 12 = 12.816,00 EUR |
Ergebnis:
Da die Leistungen nach dem SGB XI höher sind als die Pflegezulage nach § 35 BVG kann der Pflegebedürftige die Differenz in Höhe von 5.040,00 EUR (17.856,00 EUR - 12.816,00 EUR) von seiner Pflegekasse beanspruchen.
Ändert sich die Höhe der gewährten Entschädigungsleistungen, z. B. aufgrund einer Anpassung der Pflegezulage (Dynamisierung oder der Zuordnung des Pflegebedürftigen zu einer anderen Pflegestufe nach § 35 BVG), ist der Vergleich der Leistungen nach dem SGB XI mit der Pflegezulage nach § 35 BVG neu zu berechnen. Dies gilt sinngemäß auch im Falle einer Änderung der Leistungsansprüche des Pflegebedürftigen nach dem SGB XI. Bei der Neuberechnung wird auf das gesamte Kalenderjahr abgestellt.
Vom Ruhen ausgenommen bleibt in solchen Fällen regelmäßig der Anspruch der Pflegeperson auf die Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen RV und zur Arbeitsförderung nach § 44 SGB XI, da entsprechende Beitragsleistungen an die RV und die Bundesagentur für Arbeit im Entschädigungsrecht nicht vorgesehen sind. Sollte der Pflegekasse bekannt werden, dass Pflegegeld nach § 44 SGB VII gezahlt wird bzw. sich die Pflegeperson an die Pflegekasse wendet, so ist dies wie ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB XI zu werten. Die Pflegekasse hat somit zur Feststellung des Pflegegrades und zur Überprüfung des Pflegeaufwandes der Pflegeperson den MD oder den von ihr beauftragten Gutachter einzuschalten. Unberührt bleibt auch der Anspruch auf die Leistungen nach § 45 SGB XI.