Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Zu § 14 SGB XI Tit. 3 RdSchr. vom 21.04.2020, Gesundheitliche Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder Fähigkeiten
Zu § 14 SGB XI Tit. 3 RdSchr. vom 21.04.2020
Gemeinsames Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des SGB XI
§ 14 SGB XI – Begriff der Pflegebedürftigkeit
Zu § 14 SGB XI Tit. 3 RdSchr. vom 21.04.2020 – Gesundheitliche Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder Fähigkeiten
Maßgeblich für das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit sind gesundheitliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten in den in § 14 Abs. 2 SGB XI genannten sechs Bereichen. Diese Bereiche umfassen jeweils eine Gruppe artverwandter Kriterien oder einen Lebensbereich. Sie stellen einen abschließenden Katalog der zu berücksichtigenden Kriterien dar, anhand derer Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten festgestellt werden sollen. Die einzelnen Kriterien sind in den Begutachtungs-Richtlinien nach § 17 SGB XI in der Fassung ab dem 01.01.2017 durch den GKV-Spitzenverband pflegefachlich konkretisiert. Insbesondere sind in den Begutachtungs-Richtlinien die fachlichen Hintergründe und Inhalte der Kriterien hinterlegt, an die die Gutachter des MDK und die von der Pflegekasse beauftragten Gutachter bei der Begutachtung bundesweit gebunden sind. Es handelt sich um die nachfolgenden sechs Bereiche:
Bereich 1: Mobilität
Maßgeblich ist, ob der Antragsteller in der Lage ist, ohne personelle Unterstützung eine Körperhaltung einzunehmen/ zu wechseln und sich fortzubewegen. Es werden lediglich Aspekte wie Körperkraft, Balance, Bewegungskoordination etc. beurteilt und nicht die zielgerichtete Fortbewegung. Es werden nicht die Folgen kognitiver Beeinträchtigungen berücksichtigt. Der Bereich beinhaltet die folgenden Kriterien:
Positionswechsel im Bett
Halten einer stabilen Sitzposition
Umsetzen
Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs
Treppensteigen
Bereich 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
In diesem Bereich werden ausschließlich kognitive und kommunikative Fähigkeiten und Aktivitäten betrachtet. Maßgeblich sind Aspekte des Erkennens, Entscheidens oder des Steuerns von Aktivitäten und nicht deren motorische Umsetzung. Es ist unerheblich, ob ein zuvor selbständiger Erwachsener eine Fähigkeit verloren hat oder nie ausgebildet hat. Der Bereich beinhaltet die folgenden Kriterien:
Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld
Örtliche Orientierung
Zeitliche Orientierung
Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen
Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben
Verstehen von Sachverhalten und Informationen
Erkennen von Risiken und Gefahren
Mitteilen von elementaren Bedürfnissen
Verstehen von Aufforderungen
Beteiligen an einem Gespräch
Bereich 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
In diesem Bereich werden Verhaltensweisen und psychische Problemlagen als Folge von Gesundheitsproblemen betrachtet, die immer wieder auftreten und personelle Unterstützung erforderlich machen. Im Mittelpunkt steht die Frage, inwieweit der Antragsteller sein Verhalten ohne personelle Unterstützung steuern kann. Von fehlender "Selbststeuerung" ist auch dann auszugehen, wenn ein Verhalten zwar nach Aufforderung abgestellt wird, aber danach immer wieder aufs Neue auftritt, weil das Verbot nicht verstanden wird oder die Person sich nicht erinnern kann.
Motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten
Nächtliche Unruhe
Selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten
Beschädigen von Gegenständen
Psychisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen
Verbale Aggression
Andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten
Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen
Wahnvorstellungen
Ängste
Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage
Sozial inadäquate Verhaltensweisen
Sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen
Bereich 4: Selbstversorgung
In diesem Bereich ist maßgeblich, ob die Aktivitäten in den nachfolgend genannten Kriterien praktisch durchgeführt werden können. Es ist unerheblich, ob die Beeinträchtigungen der Selbständigkeit aufgrund von Schädigungen somatischer oder mentaler Funktionen bestehen. Die Kriterien sind wie folgt:
Waschen des vorderen Oberkörpers
Körperpflege im Bereich des Kopfes
Waschen des Intimbereichs
Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare
An- und Auskleiden des Oberkörpers
An- und Auskleiden des Unterkörpers
Mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken
Essen
Trinken
Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls
Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma
Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma
Ernährung parenteral oder über Sonde,
Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern im Alter von bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen.
Bereich 5: Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
In diesem Bereich geht es um die Durchführung ärztlich verordneter Maßnahmen, die gezielt auf eine bestehende Erkrankung ausgerichtet und für voraussichtlich mindestens sechs Monate erforderlich sind. Maßgeblich ist, ob der Antragsteller die jeweilige Aktivität praktisch durchführen kann. Es ist unerheblich, ob die Beeinträchtigungen der Selbständigkeit aufgrund von Schädigungen somatischer oder mentaler Funktionen bestehen. Ist dies nicht der Fall, wird die Häufigkeit der Hilfe durch andere Personen dokumentiert (oftmals identisch mit der ärztlich angeordneten Häufigkeit).
Medikation
Injektionen
Versorgung intravenöser Zugänge (Port)
Absaugen und Sauerstoffgabe
Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen
Messung und Deutung von Körperzuständen
Körpernahe Hilfsmittel
Verbandwechsel und Wundversorgung
Versorgung mit Stoma
Regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden
Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung
Zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung
Arztbesuche
Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen (bis zu 3. Std.)
Zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen (länger als 3 Std.)
Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften
Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern
Bereich 6: Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Maßgeblich ist, ob der Antragsteller die Aktivität in den nachfolgend genannten Kriterien praktisch durchführen kann. Es ist unerheblich, ob die Beeinträchtigungen der Selbständigkeit aufgrund von Schädigungen somatischer oder mentaler Funktionen bestehen. Die Kriterien im Einzelnen sind wie folgt:
Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen
Ruhen und Schlafen
Sich beschäftigen
Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen
Interaktion mit Personen im direkten Kontakt
Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds
Besondere Bedarfskonstellation
Zusätzlich wird erfasst, ob eine besondere Bedarfskonstellation vorliegt. Besondere Bedarfskonstellationen betreffen Antragsteller mit schwersten Beeinträchtigungen und einem außergewöhnlich hohen bzw. intensiven Hilfebedarf, der besondere Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweist. Das Vorliegen einer besonderen Bedarfskonstellation ist in den Begutachtungs-Richtlinien definiert (vgl. Ziffer 2 zu § 15 SGB XI). Hier wird das Kriterium Gebrauchsunfähigkeit beider Arme und Beine berücksichtigt.
Red. Hinweis zur Geltungsdauer
Außer Kraft am 1. Januar 2022 durch das Gemeinsame Rundschreiben vom 1. Dezember 2021