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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Saisonbeschäftigung - Ausländische Beschäftigte und Steuern
Saisonbeschäftigung - Ausländische Beschäftigte und Steuern
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
In vielen Branchen, wie in der Landwirtschaft, Gaststätten, Hotels und Touristikunternehmen fällt die Arbeit saisonal an. Ohne Arbeitskräfte, die für die Saison eingestellt werden, wären die Aufgaben nicht zu bewältigen. Da in Deutschland geeignete Kräfte in dem erforderlichen Umfang nicht zur Verfügung stehen, werden Arbeitskräfte im Ausland – insbesondere in Osteuropa – angeworben. Was hinsichtlich der Sozialversicherung zu beachten ist, können Sie unter dem Stichwort Saisonbeschäftigung – Ausländische Beschäftigte und Sozialversicherung nachlesen. Dieser Beitrag informiert Sie darüber, welche Besonderheiten bei der Steuer zu beachten sind.
2. Beschränkte Steuerpflicht
Ausländische Saisonarbeitnehmer sind in Deutschland beschränkt steuerpflichtig, wenn sie
keinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben;
sich nicht ständig hier aufhalten und
eine nichtselbstständige Tätigkeit in der Bundesrepublik ausüben.
Den Wohnsitz i.d.S. hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 8 AO).
Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen (§ 9 AO).
Da Saisonarbeitnehmer in der Regel weder in der Bundesrepublik Deutschland einen Wohnsitz begründen noch sich hier gewöhnlich aufhalten und darüber hinaus eine nichtselbstständige Tätigkeit ausüben, sind sie beschränkt steuerpflichtig. Dies gilt zumindest, wenn – wie in der Regel – der Aufenthalt hier nicht länger als sechs Monate dauert.
3. Besonderheiten der beschränkten Steuerpflicht
3.1 Allgemeines
Bei den danach beschränkt steuerpflichtigen Saisonarbeitnehmern ist der Arbeitslohn, den sie in der Bundesrepublik Deutschland erzielen, hier zu versteuern. Der Arbeitgeber muss die Steuerabzüge ermitteln und an das Finanzamt zahlen. Bemessungsgrundlage ist die erzielte Bruttovergütung. Die Steuermerkmale sind seit 01.01.2020 über das ELStAM-Verfahren vom Arbeitgeber abzurufen. Soweit ein Freibetrag, die Begrenzung des Steuerabzugs oder eine Steuerbefreiung beantragt werden soll, ist ein Antrag auf die Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer beim Finanzamt zu stellen. Für diesen Antrag muss ein besonderer Vordruck verwandt werden (Anforderung beim Finanzamt oder unter www.formulare-bfinv.de/ffw/form/display.do?%24context=93283713E5F5A973D211). Siehe hierzu auch das BMF-Schreiben vom 07.11.2019 – IV C 5 S 2363/19/10007:001.
Wird aufgrund des Antrages ein Freibetrag auf der Bescheinigung eingetragen und beträgt der Arbeitslohn für das Kalenderjahr 2021 mehr als 12.250,00 EUR (2022: 12.550 EUR), ist der Arbeitnehmer verpflichtet, nach Ablauf des Kalenderjahres eine Einkommensteuererklärung beim Betriebsstättenfinanzamt (= Finanzamt am Sitz des Betriebes) abzugeben.
Die beschränkte Steuerpflicht bewirkt, dass der Arbeitnehmer zahlreiche persönliche und familienbezogene Vergünstigungen nicht in Anspruch nehmen kann.
3.2 Bemessungsgrundlage der Steuer
Grundlage für die Ermittlung der Lohnsteuer ist, wie bei anderen Arbeitnehmern auch, der Bruttoarbeitslohn des jeweiligen Abrechnungszeitraums. Die Lohnsteuer ist also in der entsprechenden Tabelle (Tages-, Wochen- oder Monatslohntabelle) abzulesen und einzubehalten.
Für Saisonarbeitnehmer ist aber zu berücksichtigen, dass sie in der Regel freie Unterkunft und Verpflegung erhalten. Im Hinblick darauf, dass die Mitarbeiter aber in der Regel an einem weit entfernten Ort wohnen, können zumindest während der ersten drei Monate die Verpflegungspauschalen steuerfrei belassen werden; sie sind bei unentgeltlicher Verpflegung auf null zu kürzen. Außerdem kann in Anwendung der Grundsätze der doppelten Haushaltsführung auch die Unterkunft steuerfrei belassen werden.
Praxistipp:
Für die Steuerfreiheit von Kost und Logis muss der Saisonarbeitnehmer eine Bestätigung für den Nachweis der doppelten Haushaltsführung von seiner Heimatgemeinde vorlegen. Vordrucke gibt es im Internet. Ggf. kann der Nachweis aber auch auf andere Weise erbracht werden. Aber dann sollte die Steuerfreiheit mit dem Finanzamt abgeklärt werden.
Wird den Saisonarbeitnehmern arbeitstäglich ein kostenloses Mittagsessen, das auf dem Hof des Arbeitgebers eingenommen wird, zur Verfügung gestellt, liegt steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Maßgebend für die Bewertung sind die amtlichen Sachbezüge nach der SvEV. Sofern die Voraussetzungen vorliegen, kann die Steuerfreiheit im Rahmen doppelter Haushaltsführung geltend gemacht werden (FG Köln, 27.11.2019 – 13 K 927/16). Die in dem Urteil aufgestellten Grundsätze gelten auch für die Gestellung einer kostenfreien Unterkunft. In dem entschiedenen Fall war aber kein geldwerter Vorteil feststellbar, da der Wert des in der Unterkunft bestehenden Sachbezugs, den hierfür seitens des Klägers von den Arbeitnehmern einbehaltenen Betrag von 1,55 EUR pro Tag nicht überschritt.
3.3 Unbeschränkte Steuerpflicht auf Antrag
Viele Saisonarbeitskräfte erzielen ihr Einkommen fast ausschließlich hier. Für sie gilt eine Sonderregel: Beziehen sie ihre Einkünfte zu mindestens 90 Prozent in der Bundesrepublik Deutschland, können sie beim Finanzamt beantragen, als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt zu werden. Das Gleiche gilt, wenn die im Heimatland erzielten Einkünfte den Grundfreibetrag (Wert 2021 von 9.744,00 EUR, 2022 von 10.347,00 EUR, 2023 10.908 EUR – ggf. nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates gemindert) nicht übersteigen.
Staatsangehörigen eines EU/EWR – Staates, die von ihrem Ehegatten bzw. Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, kann in diesem Fall die Steuerklasse III auf der Bescheinigung eingetragen werden. Voraussetzung ist, dass die ausländischen Einkünfte beider Ehepartner zusammen den doppelten Grundfreibetrag nicht übersteigen.
Die unbeschränkte Steuerpflicht hat den Vorteil, dass personenbezogene Vergünstigungen für die Dauer der Saisonarbeit gewährt werden können, wie z.B. das Kindergeld.
4. Pauschalversteuerung
4.1 Kurzfristige Beschäftigung
Handelt es sich bei der Saisonarbeit um eine kurzfristige Beschäftigung, kann eine Pauschalversteuerung mit 25 % erfolgen. Hinzu kommt ggf. die Kirchensteuer. Kurzfristigkeit i.d.S. liegt vor, wenn eine Dauer von 18 zusammenhängenden Arbeitstagen nicht überschritten wird und
entweder der Arbeitslohn während der Beschäftigungsdauer durchschnittlich 150 EUR je Arbeitstag und 19 EUR pro Arbeitsstunde nicht übersteigt oder
die Beschäftigung zu einem unvorhersehbaren Zeitpunkt sofort erforderlich wird.
Aus den Entgeltunterlagen sollte sich für evtl. Betriebsprüfungen nachvollziehen lassen, dass diese Voraussetzungen vorliegen.
4.2 Beschäftigung in der Land- und Forstwirtschaft
Bei Beschäftigung in der Land- und Forstwirtschaft kann der Arbeitslohn auch pauschal mit einem Steuersatz von fünf Prozent versteuert werden (§ 40a Abs. 3 EStG). Allerdings gibt es dafür bestimmte Voraussetzungen:
Die Aushilfskraft muss in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb tätig sein.
Es müssen ausschließlich land- und forstwirtschaftliche Tätigkeiten ausgeübt werden (dabei ist eine Beschäftigung mit anderen Arbeiten bis zu 25 % der Gesamtbeschäftigungsdauer unschädlich).
Es darf sich nicht um eine land- oder forstwirtschaftliche Fachkraft handeln und sie darf nicht mehr als 180 Tage im Kalenderjahr für den Arbeitgeber tätig sein.
Die Kraft darf nur Arbeiten ausführen, die nicht ganzjährig anfallen.
Der Stundenlohn darf 19 EUR nicht übersteigen.
Zusätzlich ist ggf. die Kirchensteuer an das Finanzamt zu zahlen.
Praxistipp:
Die umfangreichen Voraussetzungen für die Pauschalbesteuerung sollten sich zweifelsfrei aufgrund der Aufzeichnungen in den Entgeltunterlagen nachvollziehen lassen.
4.3 Tragung der Pauschalsteuer
Die Pauschalsteuer ist in der Regel vom Arbeitgeber zu tragen.
Praxistipp:
Die Steuer kann aber auch auf den Mitarbeiter abgewälzt werden (§ 40 Abs. 3 EStG). Dies sollte schriftlich vereinbart werden.