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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Arbeitgeberhaftung bei Schäden des Arbeitnehmers
Arbeitgeberhaftung bei Schäden des Arbeitnehmers
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Erleidet ein Arbeitnehmer bei der Arbeit einen Schaden, stellt sich regelmäßig die Frage, ob der Arbeitgeber dafür haften muss. Dies richtet sich danach, ob es sich um einen Personen-, Sach- oder Vermögensschaden handelt.
2. Personenschäden
2.1 Allgemeines
Bei Personenschäden ist die Haftung des Arbeitgebers in der Regel ausgeschlossen, weil bei Arbeitsunfällen die gesetzliche Unfallversicherung eintritt. Nur wenn er den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hat oder es sich um einen (vom Arbeitgeber herbeigeführten) Wegeunfall handelt, muss er dafür eintreten (§ 104 SGB VII). Die Zuständigkeit der Unfallversicherung schließt auch zivilrechtliche Ansprüche aus, die über deren Leistungskatalog hinausgehen (z.B. Schmerzensgeld). Die Haftungsprivilegierung bezieht sich auf alle Haftungsgründe des bürgerlichen Rechts einschließlich der Gefährdungshaftung. Die Regelung stellt also den Unternehmer von zivilrechtlichen Forderungen aufgrund von Schadensereignissen frei und dient auch der Sicherung des Betriebsfriedens.
Vorsatz liegt vor, wenn der Unternehmer den Eintritt des Personenschadens gewollt oder billigend in Kauf genommen hat (vgl. dazu LAG Rheinland-Pfalz, 15.05.2014 – 5 Sa 72/14). Dabei ist ein doppelter Vorsatz erforderlich. Der Vorsatz des Arbeitgebers muss sich sowohl auf die Verletzungshandlung als auch auf den Verletzungserfolg beziehen (BAG, 28.11.2019 – 8 AZR 35/19 u. LAG Köln, 02.11.2021 – 4 Sa 279/21). Beides muss der geschädigte Arbeitnehmer ggf. beweisen (LAG Rheinland-Pfalz, 21.07.2020 – 8 Sa 69/19). Zum Beweis des Zusammenhangs einer Corona-Erkrankung mit der betrieblichen Tätigkeit und einer vorsätzlichen Pflichtverletzung der Pflegeeinrichtung, in der die Arbeitnehmerin arbeitete (siehe ArbG Siegburg, 30.03.2022 – 3 Ca 1848/21).
Viele Betriebe bieten ihren Mitarbeitern in ihren Räumen Grippeschutzimpfungen an. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber haftet, wenn bei einem Beschäftigten ein Impfschaden eintritt. Dies ist in der Regel nicht der Fall, da der Arbeitgeber keine Aufklärungspflicht hat. Es besteht allerdings die Verpflichtung, den mit der Impfung betrauten Arzt sorgfältig auszuwählen. Sinnvoll ist es auch, deutlich zu kommunizieren, dass es sich um ein freiwilliges Angebot handelt und keine Verpflichtung des Arbeitnehmers besteht, daran teilzunehmen.
2.2 Rückgriff des Sozialversicherungsträgers
Der Ausschluss der Haftung nach § 104 SGB VII schützt den Arbeitgeber aber nicht vor Regressansprüchen. Wurde ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit durch den Arbeitgeber grob fahrlässig herbeigeführt, muss dieser den Sozialversicherungsträgern Schadenersatz für die entstandenen Aufwendungen leisten. Der Anspruch der Versicherungsträger ist aber auf den zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch begrenzt (§ 110 Abs. 1 SGB VII). Grobe Fahrlässigkeit i.d.S. liegt z.B. vor bei grobem Verstoß gegen die Unfallverhütungsvorschriften. Deren Einhaltung kann nicht durch eine Warnung vor Gefahrenquellen ersetzt werden (OLG Hamm, 02.09.2016 – I-9 U 75/15; siehe hierzu auch Arbeitsunfall – Haftungsausschluss).
Die Haftung gegenüber den Sozialversicherungsträgern kommt aber nur in Betracht, wenn dem Arbeitgeber bzw. seinem Vertreter i.S.v. § 111 Abs. 1 SGB VII grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorzuwerfen ist. Ist der Unfall eingetreten, weil eine Fremdfirma ihren Verkehrssicherungspflichten nicht nachgekommen ist, können gegenüber dem Arbeitgeber des Verunglückten keine Regressansprüche nach § 110 Abs. 1 S. 1 SGB VII geltend gemacht werden: Eine Zurechnung des Verschuldens sonstiger Personen, die den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht haben kommt im Rahmen des Rückgriffsanspruchs gem. § 110 Abs. 1 SGB VII nicht in Betracht (BGH, 09.12.2021 – VII ZR 170/19).
2.3 Corona-Pandemie
Fraglich ist, ob der Haftungsausschluss auch bei Infektionen mit dem Corona-Virus gilt, die der Arbeitnehmer im Betrieb oder auf dem Weg zur Arbeit bzw. dem Rückweg erlitten hat. Dabei kann es schwierig sein, zu belegen, dass die Infektion im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit erfolgt ist. Davon kann z.B. ausgegangen werden bei direktem, intensivem Kontakt mit einem infizierten Kollegen oder Kunden oder bei einem massiven Ausbruchsgeschehen in dem Betrieb. Weitere Voraussetzung ist in Regelfall, dass die Erkrankung innerhalb von zwei Wochen nach dem Kontakt eingetreten ist. In diesem Fall liegt ein Arbeitsunfall vor und die Haftung des Arbeitgebers ist ausgeschlossen. Die Deutsche gesetzliche Unfallversicherung hat ihre frühere Meinung, dass ein Arbeitsunfall ausgeschlossen ist, weil eine Allgemeingefahr vorliegt, aufgegeben. Eine Corona-Erkrankung kann auch als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Berufstätigkeit einer besonderen Gefahr ausgesetzt war (z.B. in der Kranken- und Altenpflege, dem öffentlichen Gesundheitsdienst oder Mitarbeiter in Laboratorien). Das SG Konstanz gelangte in einem Rechtsstreit zu dem Ergebnis, dass zwar eine Corona-Infektion grundsätzlich als Arbeitsunfall anzuerkennen sein kann. Dem steht nicht entgegen, dass es in Deutschland massenweise zu Infektionen mit dem Corona-Virus kam bzw. kommt und es sich bei einer Infektion um eine allgemeine Gefahr handelt. Denn das Risiko, sich zu infizieren, steigt durch die am Arbeitsplatz auftretenden zusätzlichen Kontakte an. Für die Anerkennung einer Corona-Infektion als Arbeitsunfall muss jedoch nachgewiesen sein, dass sich die Infektion bei der versicherten Tätigkeit und nicht im privaten Bereich ereignet hat (SG Konstanz, 16.09.2022 – S 1 U 452/22).
Auch im Zusammenhang mit Erkrankungen infolge Covid-19 gilt, dass das Haftungsprivileg ausscheidet, wenn der Arbeitgeber den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat. Vorsatz ist in diesem Fall z.B. anzunehmen, wenn der Arbeitgeber die notwendige Anpassung der Gefährdungsbeurteilung sowie die erforderlichen Hygienemaßnahmen unterlassen hat, er die Gefahr erkennen musste und die Infektion seines Mitarbeiters billigend in Kauf genommen hat. Haftungsgrundlagen sind § 618 BGB i.V.m. §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB (siehe auch 3.1). Der Arbeitnehmer muss nachweisen, dass ein ordnungswidriger Zustand vorlag, der geeignet war, die Infektion herbeizuführen. Der Arbeitgeber kann sich entlasten, indem er nachweist, dass ihn kein Verschulden trifft oder die betriebliche Situation nicht ursächlich für die Infektion war.
3. Sach- und Vermögensschäden
3.1 Haftungsgrundlagen
Der Haftungsausschluss gilt nicht für Sach- und Vermögensschäden des Arbeitnehmers. Damit jedoch Ansprüche geltend gemacht werden können, muss der Arbeitgeber haftpflichtig sein.
Voraussetzung für die zivilrechtlichen Ansprüche des Arbeitnehmers ist, dass der Arbeitgeber den Schaden durch sein Verhalten (Handeln, Dulden oder Unterlassen) verursacht hat. Darüber hinaus ist Voraussetzung, dass der Arbeitgeber durch sein Verhalten seine arbeitsvertraglichen Pflichten (Neben- oder Fürsorgepflichten - § 241 Abs. 2 BGB) verletzt hat. Im Rahmen dieser Pflichten muss der Arbeitgeber insbesondere dafür sorgen, dass die in den Betrieb mitgebrachten Sach- und Vermögenswerte nicht beschädigt werden oder verloren gehen. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers schließt aber nicht alle zur Arbeit mitgebrachten Gegenstände ein, sondern nur die persönlich unentbehrlichen Sachen (wie Kleidung oder auch ein angemessener Geldbetrag). Verletzt er diese Schutzpflicht schuldhaft, muss er Schadenersatz leisten (§ 280 Abs. 1 BGB). Bringt der Arbeitnehmer dagegen Dinge zur Arbeit mit, die im Zusammenhang mit der Arbeit nicht notwendig sind, muss der Arbeitgeber bei Verlust oder Beschädigung nicht haften (ArbG Herne, 19.08.2015 – 5 Ca 965/15, LAG Hamm, 21.01.2016 – 18 Sa 1409/15). Ebenso entfällt die Haftung, wenn der Arbeitgeber den Schaden nicht zu vertreten hat, also weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit vorliegen (§ 280 Abs. 1 BGB).
Die Haftung des Arbeitgebers kann sich auch aufgrund einer sog. unerlaubten Handlung ergeben. Sie tritt ein, wenn der Arbeitgeber vorsätzlich oder fahrlässig ein besonders geschütztes Rechtsgut des Arbeitnehmers widerrechtlich verletzt (§ 823 Abs. 1 BGB). Zu diesen Rechtsgütern zählt auch das Eigentum des Mitarbeiters.
Eine Haftung ergibt sich häufig, wenn der Arbeitgeber eine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, ist verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zur Verhinderung von Schäden anderer treffen.
Praxistipp:
Es muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadeneintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr auch unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung des Arbeitnehmers weitgehend abzuwenden. Wie weit diese Pflicht geht, ist im Einzelfall nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der betrieblichen und örtlichen Verhältnisse zu bestimmen (BAG, 25.05.2000 – 8 AZR 518/99).
Nach der Rechtsprechung reicht es aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Arbeitgeber für ausreichend halten darf, um seine Mitarbeiter vor Schäden zu bewahren (BGH, 06.03.2014 – III ZR 352/13; LAG Düsseldorf, 11.09.2017 – 9 Sa 42/17 m.w.N). Voraussetzung für eine Verkehrssicherungspflicht ist, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (BGH, 16.05.2006 - VI ZR 189/05). Die Maßnahmen müssen dem Arbeitgeber den Umständen nach zuzumuten sein; es darf also kein unverhältnismäßiger Aufwand für die Sicherheitsmaßnahmen entstehen. Je höher die Wahrscheinlichkeit und der Umfang eines Schadens einzuschätzen sind, je größer ist der Aufwand, der zumutbar ist. Bei einer Sturmwarnung ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Betriebsgelände auf mögliche Gefahrenquellen zu untersuchen und diese ggf. zu beseitigen.
Die Verkehrssicherungspflicht gilt auch, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern einen Firmenparkplatz zur Verfügung stellt (LAG Düsseldorf, 11.09.2017 – 9 Sa 42/17). Er hat dann für dessen Verkehrssicherheit zu sorgen und die durch die Benutzung des Parkplatzes drohenden Gefahren für die abgestellten Fahrzeuge auf ein zumutbares Mindestmaß zurückzuführen. Besondere Umstände begründen eine gesteigerte Fürsorgepflicht. Sie können in einer das Übliche übersteigenden Gefährdung durch Umgebung oder Nachbarschaft liegen, insbesondere wenn Schädigungen voraussehbar und durch zumutbare Maßnahmen zu vermeiden sind (BAG, 25.05.2000 – 8 AZR 518/99). Besteht aufgrund der Umgebung oder der Nachbarschaft eine erhöhte Gefahr von Diebstahl, kann die Verpflichtung bestehen, besondere Maßnahmen (Umzäunung, Wachpersonal) zu ergreifen (ErfK/Preis, 18. Aufl. 2018, § 611a BGB, Rn. 627).
Es besteht keine allgemeine Pflicht des Arbeitgebers, die Vermögensinteressen seiner Mitarbeiter wahrzunehmen. Erteilt er jedoch Auskünfte, ohne dazu verpflichtet zu sein, müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein. Andernfalls haftet der Arbeitgeber für Schäden, die Arbeitnehmer aufgrund der fehlerhaften Auskunft erleiden (BAG, 18.02.2020 – 3 AZR 206/18).
Erteilt ein Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages, der die Zahlung einer Abfindung vorsieht, überobligatorisch eine falsche oder unvollständige Auskunft auf eine Frage des Arbeitnehmers zu steuerrechtlichen Aspekten der Abfindungszahlung, haftet er nach § 280 Abs. 1 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB für den durch die schuldhaft erteilte fehlerhafte Auskunft entstandenen Schaden. Hinsichtlich der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast. Der Grundsatz, dass eine richtig informierte Partei sich interessengerecht verhält (Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens), greift zugunsten des Arbeitnehmers nicht ein, wenn es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab. Soweit der Bundesgerichtshof die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens bei der Verletzung von Aufklärungspflichten bei Kapitalanlagen auch dann anwendet, wenn mehr als eine Handlungsalternative bestanden hat, ist diese Rechtsprechung auf von Arbeitgebern erteilte Auskünfte zu steuerrechtlichen Fragen nicht zu übertragen (LAG Baden-Württemberg, 05.11.2020 - 17 Sa 12/20).
Der Arbeitgeber haftet auch für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB), also für Vorsatz oder Fahrlässigkeit seiner beauftragten Mitarbeiter, die zu Sach- oder Vermögensschäden bei anderen Arbeitnehmern führen. Erfüllungsgehilfen i.d.S. sind Personen, deren sich der Arbeitgeber zur Erfüllung seiner Fürsorgepflicht bedient. Werkunternehmer, die auf dem Betriebsgelände Arbeiten ausführen und nur aufgrund besonderer Umstände mit dem Eigentum des Arbeitnehmers in Berührung kommen, sind regelmäßig keine Erfüllungsgehilfen des Arbeitgebers (BAG, 25.05.2000 – 8 AZR 518/99).
Sehr oft werden die beschriebenen Haftungsgrundlagen kumulativ anwendbar sein.
3.2 Beweislast
Ganz entscheidend ist im Streitfall, dass der Geschädigte den ursächlichen Zusammenhang sowohl zwischen dem Verhalten des Arbeitgebers und der Verletzung des Rechtsgutes (wie z.B. des Eigentums des Arbeitnehmers) wie auch zwischen der Rechtsgutverletzung und dem (materiellen) Schaden beweisen muss. Der Arbeitgeber muss ggf. beweisen, dass er die Verletzung seiner Pflichten nicht zu vertreten hat, also weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit vorliegt (§ 280 Abs. 1 BGB). Diese Beweislastverteilung entspricht dem Grundsatz, dass jede Partei die Voraussetzungen für die sie begünstigende Rechtsnorm beweisen muss (BAG, 24.04.2008 – 8 AZR 347/07).
Praxistipp:
Für den Anspruch des Arbeitnehmers muss also zunächst eine Pflicht des Arbeitgebers zu einem bestimmten Verhalten bestehen. Diese Pflicht muss der Arbeitgeber verletzt haben und es muss dadurch zu dem Schaden gekommen sein.
Beispiel:
Der Arbeitgeber hat für die Privatkleidung und die Wertsachen in einem allgemein zugänglichen Raum Spinde aufgestellt und per Anweisung alle Arbeitnehmer verpflichtet, diese zu benutzen. Dort sollen auch Schlösser eingebaut werden; es wurde allerdings versäumt, den Auftrag dafür zu vergeben. Der Arbeitnehmer A. nutzt, wie angewiesen, den Spind. An den Arbeitsplätzen besteht keine Möglichkeit, diese Sachen sicher aufzubewahren. Nach einigen Tagen wird ihm seine Lederjacke aus dem Spind gestohlen.
Ein Verschulden (Fahrlässigkeit) liegt vor, weil der Arbeitgeber es unterlassen hat, geeignete Schlösser einbauen zu lassen. Dadurch wurde der Diebstahl ermöglicht und der Schaden am Eigentum des Mitarbeiters verursacht. Zur evtl. Mitschuld des A. siehe 3.4.
3.3 Umfang des Schadenersatzes
Der Schadenersatz umfasst alle direkten und indirekten Nachteile, die sich durch den Schaden ergeben. Der Arbeitnehmer muss also so gestellt werden, wie er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte (§ 249 Abs. 1 BGB). Es gilt aber das sog. Bereicherungsverbot – durch den Schadenersatz darf sich der Arbeitnehmer nicht besserstellen als ohne den Schaden.
Beispiel:
Der Anspruch des Herrn A. richtet sich daher grundsätzlich auf die Beschaffung einer Lederjacke in gleicher Art, Qualität und Wert. Stattdessen kann A. aber auch Ersatz in Geld verlangen (§ 249 Abs. 2 BGB); dies entspricht auch der Praxis.
3.4 Mitverschulden
Trägt der Arbeitnehmer am Entstehen des Schadens eine Mitschuld, kann sich sein Anspruch auf Entschädigung vermindern. Inwieweit dies der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles sowie davon ab, in welchem Umfang die Mitschuld besteht (§ 254 BGB). Entscheidend ist dabei, dass der Geschädigte die Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die ein verständiger Mensch im eigenen Interesse aufwendet, um sich vor Schaden zu bewahren (BGH, 01.12.2005 - I ZR 31/04, jurionRS 2005, 31574). Ein Mitverschulden kann also vorliegen, wenn der Mitarbeiter für sein Eigentum eine vermeidbare Gefahrenquelle geschaffen, eine vorhandene Gefahrenquelle nicht abgestellt bzw. daraufhin überwacht hat, ob sie sich konkretisiert, oder wenn er Hinweise auf das Vorhandensein einer Gefahr nicht beachtet hat (LAG Düsseldorf, 11.09.2017 – 9 Sa 42/17).
Beispiel:
Ob das Einbringen der Jacke in den unverschlossenen Spind im Fall des Arbeitnehmers A. eine Mitschuld nach sich zieht, ist zweifelhaft, da er keine andere Möglichkeit zur Aufbewahrung hatte. Wären jedoch Schließeinrichtungen vorhanden gewesen und hätte nur an seinem Spind seit einigen Tagen ein Defekt an dem Schloss bestanden, könnte eine Mitschuld gegeben sein. A. wäre in diesem Fall verpflichtet gewesen, dies dem Arbeitgeber anzuzeigen und ggf. nach einer anderen Möglichkeit zu suchen, seine Habe bis zur Reparatur sicher unterzubringen.
4. Datenschutz - Grundverordnung
Nach Art. 15 der DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen (z.B. seinem Arbeitgeber) eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden. Falls dies zutrifft, können Auskünfte über in der Vorschrift konkret benannte personenbezogene Daten verlangt werden. Es besteht Anspruch auf Aushändigung einer Kopie der Daten. Die Vorschrift gilt auch für den Beschäftigtendatenschutz i.S.v. § 26 BDSG. Einem solchen Auskunftsverlangen ist innerhalb von einem, bei Vorliegen besonderer Gründe innerhalb von drei Monaten Rechnung zu tragen (Art. 12 Abs. 3 DSGVO). Der Informationsanspruch des Art. 15 Abs. 1 2. Halbs. DSGVO ist hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Antragsteller konkret mitteilt, welche Informationen er im Rahmen der Norm für welche Kategorie von personenbezogenen Daten begehrt. Dasselbe gilt für den Anspruch auf Zurverfügungstellung von Kopien personenbezogener Daten gem. § 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO. Eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses für die Geltendmachung von Ansprüchen nach Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 DSGVO bedarf es nicht. Es genügt grundsätzlich die Behauptung des Antragstellers, die Verantwortlichen für die Verarbeitung würden personenbezogene Daten seiner Person verarbeiten (LAG Baden-Württemberg, 17.03.2021 - 21 Sa 43/20).
Kommt der Arbeitgeber einem solchen Ersuchen seines (früheren) Arbeitnehmers nicht (rechtzeitig) nach, hat dieser aufgrund Art. 82 DSGVO einen Anspruch auf Ersatz des materiellen und des immateriellen Schadens (siehe auch ArbG Düsseldorf, 05.03.2020 – 9 Ca 6557/18 – Berufung beim LAG Düsseldorf unter dem Az.: 14 Sa 294/20 anhängig). Der Arbeitgeber kann sich entlasten, wenn er nachweist, dass er in keinerlei Hinsicht für den Umstand, durch den der Schaden eingetreten ist, verantwortlich ist (Art. 82 Abs. 3 DSGVO). Der Umfang des Schadenersatzes kann ggf. nach dem Ermessen des Gerichts nach § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO festgelegt werden (BAG, 05.05.2022 – 2 AZR 363/21). Offen gelassen wurde, ob eine nicht vollständige Erfüllung der Auskunftspflicht für sich genommen einen Anspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO begründet.
5. Betriebshaftpflichtversicherung
Die meisten Betriebe haben für die Absicherung von Haftpflichtrisiken eine Betriebshaftpflichtversicherung. Diese deckt in der Regel auch die beschriebene Arbeitgeberhaftung einschließlich der Abwehr unberechtigter Forderungen ab.
Siehe auch