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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Mutterschutz - Schutzvorschriften
Mutterschutz - Schutzvorschriften
Inhaltsübersicht
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Information
1. Mutterschutzgesetz
Zum Schutz vor gesundheitlichen Gefährdungen der werdenden und der stillenden Mutter hat der Arbeitgeber die Schutzvorschriften des MuSchG zu beachten.
Zunächst hat der Arbeitgeber die zuständigen Behörden unverzüglich von der Mitteilung über die Schwangerschaft zu unterrichten (§ 27 Abs. 1 MuSchG). Die Behörden sind auch darüber zu informieren, wenn die Frau stillt, es sei denn, es erfolgte bereits eine Information über sie Schwangerschaft. Eine Weitergabe der Schwangerschaftsmitteilung an Dritte darf dagegen nicht erfolgen.
Der Arbeitgeber hat weiterhin nicht nur werdende oder stillende Mütter über mögliche Gesundheitsgefahren zu unterrichten, sondern alle - auch die nicht schwangeren - Arbeitnehmerinnen des Betriebes und auch - falls vorhanden - den Betriebs- bzw. Personalrat. Die Unterrichtung kann formlos erfolgen, z.B. durch einen entsprechenden Aushang am schwarzen Brett. Jedoch muss der Arbeitgeber die allgemeine Kenntnis seiner Mitarbeiterinnen über mögliche Gefährdungen sicherstellen. In größeren Betrieben wird daher oft eine Betriebsversammlung o.ä. erforderlich sein. Zudem sind die gesetzlichen Bestimmungen an geeigneter Stelle auszuhängen. Sprachlichen Verständnisschwierigkeiten hat der Arbeitgeber im Rahmen seiner Möglichkeiten entgegen zu wirken.
1.1 Beschäftigungsverbote
Beschäftigungsverbote sind ein Kernpunkt des Mutterschutzgesetzes. Sie schützen die werdende Mutter sowie das Kind vor den Gefahren ihrer Erwerbstätigkeit. Durch Beschäftigungsverbote sollen Gesundheitsgefährdungen durch die zu leistende Arbeit, sowohl für die Frau als auch für das Kind vermieden werden. Vor Ausspruch eines Beschäftigungsverbots durch den Arbeitgeber muss aber zunächst geprüft werden, ob nicht eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen oder eine Versetzung der Frau auf einen anderen Arbeitsplatz in Betracht kommt. Ein Beschäftigungsverbot soll nach Möglichkeit immer das letzte Mittel zum Schutze von Mutter und Kind sein.
Nach Ausspruch eines arbeitgeberseitigen oder ärztlichen Beschäftigungsverbotes ist der Arbeitnehmerin die Ausübung ihrer Tätigkeit, von Ausnahmen abgesehen, grundsätzlich nicht mehr erlaubt, und zwar auch dann, wenn die Arbeitnehmerin mit weiterarbeiten möchte.
Die Einhaltung der Beschäftigungsverbote wird von den zuständigen Behörden überwacht. Eine Beschäftigung trotz Verbots kann als Ordnungswidrigkeit und ggf. als Straftatbestand des Arbeitgebers geahndet werden. Bei Verstößen sind Geldbußen bis zu 30.000 EUR möglich, § 32 Absatz 1 MuSchG.
1.1.1 Generelle Beschäftigungsverbote
Grundsätzlich dürfen werdende Mütter in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht mehr beschäftigt werden, § 3 Abs. 1 MuSchG. Jedoch kann sich die schwangere Frau auch weiterhin zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklären. Sie kann diese Erklärung aber jederzeit und ohne Angeben von Gründen widerrufen, § 3 Absatz 1 Satz 2 MuSchG. Arbeitsrechtliche Sanktionen dürfen in diesem Fall durch den Arbeitgeber nicht verhängt werden.
Praxistipp:
Der Arbeitgeber sollte sich schriftlich bestätigen lassen, wenn sich eine Frau sich zur Arbeit freiwillig innerhalb der Schutzfristen bereit erklärt.
Der Beginn dieser sogenannten Schutzfrist errechnet sich entweder nach der dem Arbeitgeber vorliegenden ärztlichen Bescheinigung, dem Zeugnis einer Hebamme als auch nach dem der Krankenkasse zur Beantragung des Mutterschaftsgeldes eingereichten Zeugnis. Entbindet die Frau nicht am voraussichtlichen Tag, verkürzt oder verlängert sich die Schutzfrist entsprechend.
Darüber hinaus gibt es für werdende Mütter weitere generelle Beschäftigungsverbote bzw. teilweise Beschäftigungsverbote, die auf bestimmte Tätigkeiten abzielen, § 11,12 MuSchG. Hierzu zählen u.a.
schwere körperliche Tätigkeiten,
Arbeiten mit schädlichen Stoffen (z.B. Gase, Staub, Dämpfe),
Arbeiten, bei denen durch gesteigertes Arbeitstempo ein höheres Arbeitsentgelt erzielt werden kann (z.B. Akkordarbeit) oder auch
Tätigkeiten mit erhöhten Unfallgefahren bzw. Risiken, an einer Berufskrankheit zu erkranken.
Praxistipp:
Arbeitgeber müssen zudem grundsätzlich vor Beschäftigungsaufnahme einer schwangeren Mitarbeiterin prüfen, ob ihr im Fall einer Alleinarbeit besondere Gefahren drohen. Dabei reicht die Prüfung der Arbeitsumstände für sich nicht aus – das Prüfungsergebnis ist schriftlich und im Voraus zu dokumentieren.
1.1.2 Verbot der Mehrarbeit
§ 4 MuSchG regelt das Verbot von Mehrarbeit für schwangere und stillende Frauen. Die Regelung dient dem Gesundheitsschutz der werdenden Mutter sowie ihres Kindes. Generell sollen arbeitszeitbedingte Überlastungen, zum Schutze der Gesundheit der Frau oder des Kindes so weit wie möglich vermieden werden.
Mehrarbeit ist danach für Frauen, die mindestens 18 Jahre alt sind, in folgendem Rahmen zulässig:
Maximal 8,5 Stunden täglich und 90 Stunden in der Doppelwoche, Sonntage werden in der Doppelwoche mitgerechnet.
Für unter 18-jährige Frauen gilt eine Obergrenze von 8 Stunden täglich bzw. 80 Stunden in der Doppelwoche.
Ausnahmen hängen nicht mehr allein von der Bereitschaft der Arbeitnehmerin ab, sondern bedürfen grundsätzlich einer behördlichen Genehmigung, sind aber nach § 29 Abs. 3 MuSchG nur noch in besonders begründeten Einzelfällen erlaubt.
Der Antrag muss vom Arbeitgeber vor Durchführung der Mehrarbeit bei der zuständigen Behörde gestellt werden und begründet werden. Voraussetzung für eine Ausnahmegenehmigung ist immer, dass
die Frau ausdrücklich ihr Einverständnis erklärt, was sie jederzeit zurücknehmen kann,
eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung zeitlich vor der Mehrarbeitserbringung vorliegt,
die Frau keiner unverantwortlichen Gefährdung durch Alleinarbeit ausgesetzt ist und
kein behördliches Verbot der Mehrarbeit besteht.
Zu beachten ist aber, dass einer schwangeren oder stillenden Frau bei Mehrarbeit arbeitstäglich immer und ohne Ausnahme eine mindestens 11stündige Ruhepause zu gewähren ist, § 4 Abs. 2 MuSchG. Die Ausnahmeregelungen nach dem ArbZG gelten für schwangere und stillende Frauen in diesem Zusammenhang nicht.
Praxistipp:
Arbeitgeber müssen bei der Beschäftigung schwangerer Frauen, unabhängig von deren Alter, weiterhin beachten, dass eigentlich zulässige Mehrarbeit für schwangere und stillende Frauen nicht dazu führen darf, dass die wöchentlich vereinbarte individuelle Arbeitszeit der Frau im Monatsdurchschnitt überschritten wird. Sobald die Frau, auch mit ihrem Einverständnis, im Durchschnitt mehr arbeiten würde, als es ihr Arbeitsvertrag vorsieht, besteht automatisch ein Beschäftigungsverbot. Bei mehreren Arbeitgebern werden die Beschäftigungszeiten zusammengerechnet.
Beispiel:
Es gilt eine arbeitsvertragliche wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden. Eine regelmäßige Beschäftigung innerhalb eines Monats, beispielsweise als Urlaubsvertretung, von täglich 8 Stunden läge zwar grundsätzlich im erlaubten Rahmen des § 4 MuSchG, wäre aber dennoch unzulässig, weil die vertragliche wöchentliche Arbeitszeit im Monatsdurchschnitt überschritten würde.
Zu beachten ist weiterhin, dass betriebliche Erfordernisse grundsätzlich keine Erhöhung des Gefährdungspotentials zu Lasten schwangerer oder stillender Mitarbeiterinnen begründen dürfen. Deshalb hat der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen und Tätigkeiten daraufhin zu überprüfen, ob sie für die schwangere oder stillende Frau sowie für ihr Kind verantwortbar sind, § 9 Abs. 2 MuSchG. Die Beurteilung ist zu dokumentieren. Arbeitgeber müssen deshalb regelmäßig ihre Einsatzpläne prüfen und ggf. anpassen.
Unabhängig vom MuSchG sind in diesem Zusammenhang die allgemeinen Regelungen des Arbeitszeitrechts sowie die speziellen Regelungen des Arbeitsschutzes sowie des Jugendarbeitsschutzgesetzes zu beachten.
Praxistipp:
Die Anordnung von Mehrarbeit einer schwangeren Frau bedarf zudem immer der Zustimmung des Betriebsrates, der auch ein Kontrollrecht hat, ob die Grenzen der erlaubten Mehrarbeit nicht überschritten werden.
1.1.3 Verbot der Nachtarbeit
Das Verbot der Beschäftigung schwangerer und stillender Frauen in der Nacht wurde durch die Reform des MuSchG im Kern nicht verändert. Jedoch wurden einige beachtenswerte und praxisrelevante Neuerungen eingefügt. Der Umgang mit den gesetzlichen Bestimmungen ist allerdings ein wenig erschwert worden, indem die vom Arbeitgeber zu beachtenden Vorgaben sowohl in § 5 wie auch in §§ 28, 29 MuSchG aufgeführt sind. Somit ist bei eventuell erforderlicher Nachtarbeit eine sorgfältige Einarbeitung in die gesetzlichen Vorschriften erforderlich.
Grundsätzlich gilt:
Eine schwangere oder stillende Frau darf zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr nicht beschäftigt werden, § 5 Abs. 1 MuSchG,
Eine Beschäftigung bis 22:00 Uhr ist zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 28 MuSchG erfüllt sind. Dazu müssen eine Einwilligungserklärung der Arbeitnehmerin, eine ärztliche Bescheinigung der Unbedenklichkeit und eine behördliche Genehmigung vorliegen. Zudem muss eine Alleinarbeit der Frau ausgeschlossen sein und die Einhaltung der Arbeitsschutzvorgaben muss gesichert sein.
Für Zeiten nach 22:00 Uhr gibt es in Einzelfällen Ausnahmeregelungen, die auch für Auszubildende gelten.
Praxistipp:
Die Einwilligungserklärung der Mitarbeiterin sowie das ärztliche Attest zur Unbedenklichkeit sind vom Arbeitgeber zu den Unterlagen zu nehmen.
Nach Beendigung ihrer Tätigkeit muss schwangeren und stillenden Frauen in jedem Fall eine 11-stündige Ruhezeit gewährt werden, § 4 Abs. 2 MuschG.
Unverändert gilt, dass jede Frau ihr Einverständnis, trotz Schwangerschaft bzw. Stillzeit in der Nacht arbeiten zu wollen, jederzeit und ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen zurücknehmen kann. Eine Abmahnung oder gar Kündigung darf in diesen Fällen nicht ausgesprochen werden.
Praxistipp:
Branchenbezogene Ausnahmetatbestände zur Nachtarbeit schwangerer Frauen existieren nicht mehr. Es gelten einheitliche Bestimmungen für alle Branchen.
Hinsichtlich des behördlichen Verfahrens gilt:
Für Beschäftigungszeiträume zwischen 20:00 Uhr und 22:00 Uhr trifft die zuständige Behörde eine reine Ermessensentscheidung. Der Arbeitgeber muss dazu nur einen Antrag stellen, ohne dass er weitere als die oben genannten Voraussetzungen erfüllen muss, §§ 5, 28 MuSchG. Dem Antrag ist jedoch die vorgenommene Beurteilung der Arbeitsbedingen gem. § 14 MuSchG beizufügen. Von hoher praktischer Bedeutung ist, dass der Arbeitgeber die schwangere oder stillende Frau nach Antragstellung, aber schon vor einer behördlichen Entscheidung beschäftigen darf, sofern die drei Grundvoraussetzungen des § 28 MuSchG erfüllt sind:
ausdrückliches Einverständnis der Frau
ärztliche Zeugnis der Unbedenklichkeit
keine unverantwortliche Gefährdung durch Alleinarbeit
und keine sofortige oder vorläufige Ablehnung durch die Behörde
Vor Antragsstellung wäre eine Beschäftigung in diesem Zeitrahmen nicht erlaubt.
Sofern die zuständige Behörde den Antrag nicht innerhalb von sechs Wochen ablehnt, gilt die Genehmigung als erteilt. Dies gilt insbesondere, wenn die Behörde gar nicht reagiert, wobei der Arbeitgeber im Streitfall den Zugang seines Antrags nachweisen muss.
Für die Zeit zwischen 22.00 Uhr und 06:00 Uhr darf die zuständige Behörde nur in besonderen Ausnahmefällen, die vom Gesetz nicht genannt sind, Ausnahmegenehmigungen zur Beschäftigung schwangerer und stillender Frauen erteilen, § 29 Abs. 3 MuSchG.
1.1.4 Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit
Die Beschäftigung schwangerer und stillender Frauen an Sonn- und Feiertagen ist im Prinzip unter den gleichen Voraussetzungen gestattet wie eine Beschäftigung in der Nacht, nur dass keine behördliche Genehmigung erforderlich ist, § 6 MuSchG. Zu beachten ist aber, dass eine Beschäftigung an diesen Tagen nur erlaubt ist, wenn
die Frau ausdrücklich einverstanden ist, was sie jederzeit widerrufen kann,
eine Sonntagsbeschäftigung nach den Vorschriften des ArbZG überhaupt zulässig ist,
im Anschluss in jeder Woche mindestens 11 Stunden Nachtruhezeit und ein Ersatzruhetag bewilligt wird, und
keine unverantwortliche Gefährdung der Mitarbeiterin durch Alleinarbeit vorliegt.
Gleiche Regelungen gelten für schwangere und stillende Auszubildende, die sonn- und feiertags nicht im Rahmen ihrer schulischen Ausbildung und im Betrieb an diesen Tagen nur im Ausnahmefall beschäftigt werden dürfen.
Der Arbeitgeber hat die zuständige Aufsichtsbehörde unverzüglich über die beabsichtigte Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen zu unterrichten, ohne das er dazu den konkreten Einsatz benennen muss. Die Unterrichtung der Behörden kann zusammen mit der Mitteilung über Schwangerschaft der Mitarbeiterin erfolgen, § 27 Abs.2 MuSchG.
1.1.5 Unzulässige Arbeitsbedingungen
Grundsätzlich darf ein Arbeitgeber eine schwangere Frau gem. § 11 MuSchG keine Tätigkeiten ausüben lassen und sie keinen Arbeitsbedingungen aussetzen, bei denen sie in einem Maß Gefahrstoffen ausgesetzt ist oder sein kann, dass dies für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt. Die Liste der Gefahrstoffe, denen die Mitarbeiterin unter keinen Umständen ausgesetzt werden darf, ist umfangreich, gesetzlich genau vorgegeben und bezieht sich auf europäische Schutznormen.
Weiterhin darf eine Beschäftigung nicht erfolgen, wenn
sich die schwangere Frau bei Ausübung ihrer Tätigkeit häufig strecken, beugen, hocken oder gebückt halten muss,
die Frau auf Beförderungsmitteln mit besonderem Gefahrenpotential für die Mutter oder das Kind eingesetzt wird,
Unfälle durch Fallen, Ausgleiten oder Stürzen zu befürchten sind,
Arbeiten erledigt werden müssen, bei denen eine Erhöhung des Drucks im Bauchraum zu befürchten ist, insbesondere bei besonderer Fußbeanspruchung oder
Schutzausrüstung getragen werden muss.
Zudem treffen den Arbeitgeber umfangreiche Verpflichtungen zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen sowie Dokumentationspflichten treffen.
1.1.6 Beschäftigungsverbote nach der Entbindung
Ein Beschäftigungsverbot gilt:
acht Wochen nach der Entbindung, § 8 Abs. 2 MuschG.
Diese Frist verlängert sich bei Früh- und Mehrlingsgeburten auf zwölf Wochen.
Bei Frühgeburten und sonstigen vorzeitigen Entbindungen verlängert sich die Schutzfrist nochmals um den Zeitraum der Sechs-Wochen- Frist, den die Frau infolge der Frühgeburt vor ihrer Entbindung nicht mit der Arbeit ausgesetzt hat.
Als Frühgeburt ist jede Entbindung zu verstehen, bei der ein Kind ein Geburtsgewicht von unter 2.500 Gramm hat oder die medizinisch festgelegten Reifezeichen nicht vorliegen. Sonstige vorzeitige Entbindungen sind Frühgeburten gleichgestellt. Auf diese Weise wird in jedem Fall eine Dauer des Beschäftigungsverbotes von 14 Wochen sichergestellt.
Mütter, bei deren Kindern vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung eine Behinderung i.S.d. SGB IX festgestellt wird, dürfen 12 Wochen nach der Geburt nicht beschäftigt werden. Der Mutterschutz wird in diesen Fällen also um vier Wochen verlängert.
Eine Weiterarbeit während des Zeitraums vor der Entbindung ist nur möglich, wenn die Arbeitnehmerin ausdrücklich darin einwilligt. Diese Einverständniserklärung kann sie aber jederzeit ohne nachteilige Konsequenzen widerrufen. Mit jederzeit widerrufbaren Einverständnis und bei Vorliegen einer ärztlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung kann darf eine Beschäftigung zwei Wochen nach dem Tod eines Kindes aufgenommen werden.
Während der gesamten Stillzeit dürfen Frauen keinen Gefährdungen am Arbeitsplatz ausgesetzt werden, § 12 MuSchG, insbesondere nicht durch gefährliche Stoffe. Zudem ist jede gefährdende Arbeitsbelastung zu vermeiden. Während der Stillzeit dürfen zudem folgender Arbeiten nicht ausgeführt werden:
Akkordarbeit oder sonstige Arbeiten, bei denen durch ein gesteigertes Arbeitstempo ein höheres Entgelt erzielt werden kann,
Fließarbeit oder
getaktete Arbeit mit vorgeschriebenem Arbeitstempo, wenn die Art der Arbeit oder das Arbeitstempo für die stillende Frau oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt.
1.1.7 Gefährdungsbeurteilung und Versetzung
Grundsätzlich ist jeder Arbeitgeber, der Frauen beschäftigt, zu einer besonderen Gefährdungsbeurteilung gem. § 10 MuSchG verpflichtet. In Ergänzung zu § 5 ASiG muss im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung dann immer auch geprüft werden, ob es mögliche Gefährdungen für Schwangere oder stillende Mütter gibt. Diese Verpflichtung gilt anlassunabhängig und für jeden Arbeitsplatz, ohne dass es darauf ankommt, ob er aktuell von einer Frau oder einem Mann besetzt ist oder ob er jemals von einer Frau besetzt werden soll. Der Betrieb soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers jederzeit in der Lage sein, rechtzeitig auf mögliche Veränderungen zu reagieren und Frauen schon vor einer Schwangerschaft über Risiken am Arbeitsplatz und Schutzmaßnahmen informieren. Jeder Arbeitgeber muss, vereinfacht gesagt, eine den Anforderungen des § 10 MuSchG genügende Gefährdungsbeurteilung für den konkreten Arbeitsplatz aus der Schublade ziehen können, sobald eine Mitarbeiterin ihre Schwangerschaft anzeigt. Es reicht nicht aus, die spezielle Gefährdungsbeurteilung erst nach der Schwangerschaftsmitteilung zu erstellen. Nur Betriebe, in denen keine Frauen beschäftigt werden, sind von dieser Verpflichtung befreit.
Praxistipp:
Arbeitgeber, die keine schwangerschaftsspezifische und anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung vorlegen können, riskieren ein Bußgeld zwischen 5.000 und 30.000 EUR.
Teilt eine Frau ihrem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft mit, sind die in der Gefährdungsbeurteilung festgeschriebenen Schutzmaßnahmen unverzüglich umzusetzen. Zudem ist der Arbeitgeber verpflichtet, der schwangeren Frau ein Gespräch über mögliche Anpassungen ihrer Arbeitsbedingungen anzubieten, § 10 Abs. 2 MuSchG.
Im Gefährdungsfall ist der Arbeitgeber verpflichtet, schwangeren und stillenden Frauen einen alternativen Arbeitsplatz anzubieten, um die Ausfallzeiten so gering wie möglich zu halten und Beschäftigungsverbote zu vermeiden.
Der Arbeitgeber muss zukünftig gem. § 13 MuSchG bei problematischen gesundheitsgefährdenden Tätigkeiten zusammengefasst folgende Vorgaben in einer 3-Stufen-Prüfung erfüllen:
Zuerst soll eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes vorgenommen werden.
Wenn dies nachweisbar nicht möglich oder nicht zumutbar ist, soll die Frau auf einem anderen, geeigneten Arbeitsplatz eingesetzt werden.
Nur wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder eine Versetzung für die Frau unzumutbar wäre, darf der Arbeitgeber die schwangere oder stillende Frau nicht weiter beschäftigen.
Individuell ist damit jede Arbeitstätigkeit unzulässig, durch die die Leistungsfähigkeit der Schwangeren überschritten wird oder die auf andere Weise eine Gefährdung der Gesundheit bedeutet. Zur Vermeidung dessen kann auf Verordnung des Arztes ein Beschäftigungsverbot einsetzen. Dies bedeutet, dass die Schwangere Arbeiten einer bestimmten Art oder Dauer nicht mehr ausführen darf oder ihr die Fortsetzung der Arbeit während der Dauer der Schwangerschaft überhaupt nicht mehr zugemutet werden kann.
Generell sind für eine Frau nach dem Gesetz solche Tätigkeiten unzumutbar, die ihre eigene Gesundheit oder die des Kindes gefährden. Dabei ist nicht entscheidend, ob die Gesundheitsgefahr direkt vom konkreten Arbeitsplatz oder von der zu verrichtenden Tätigkeit ausgeht. Ein Beschäftigungsverbot kann auch dann ausgesprochen werden, wenn der individuelle körperliche Zustand der schwangeren Frau (z.B. aufgrund von Komplikationen während der Schwangerschaft) unabhängig vom Arbeitsplatz überhaupt keine Tätigkeit zulässt, ohne dass ihre Gesundheit oder die des Kindes gefährdet wird (BAG, 12.03.1997 - 5 AZR 766/95).
Fraglich und nicht geklärt ist, ob eine Versetzung einer schwangeren Mitarbeiterin auf einen anderen Arbeitsplatz für die Dauer von mehr als vier Wochen der Zustimmung des Betriebsrats bedarf. Zumindest besteht ein Informationsanspruch des Gremiums, das auch darüber zu informieren ist, ob anderen Mitarbeitern durch die Versetzung Nachteile drohen.
Praxistipp:
Gesetzliche oder individuelle Beschäftigungsverbote führen nicht dazu, dass der zuvor mit dem Arbeitgeber vereinbarte und abgestimmte Urlaub einer schwangeren Frau verfällt, wenn dieser aufgrund eines Beschäftigungsverbots nicht mehr genommen werden kann. Das Risiko eines Beschäftigungsverbotes während des zuvor festgelegten Urlaubs trägt der Arbeitgeber (BAG, 09.08.2016 – 9 AZR 575/15). Bei einem Ende des Beschäftigungsverhältnisses besteht, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen, konsequenterweise ein Abgeltungsanspruch für die Urlaubstage, die wegen des Beschäftigungsverbotes nicht mehr genommen werden konnten.
Schon nach der früheren Rechtslage konnte der Arbeitgeber bei einem teilweisen Beschäftigungsverbot der Arbeitnehmerin vorübergehend eine andere Tätigkeit zuweisen, sofern diese in etwa dem bisherigen Tätigkeitsniveau entspricht. Voraussetzung dafür ist vor allem, dass die Ausübung der Ersatztätigkeit für die schwangere Frau zumutbar ist (BAG, 22.04.1998 - 5 AZR 478/97). Der Arbeitgeber muss eine Ermessensentscheidung nach § 315 BGB treffen und dabei eine umfassende Interessenabwägung vornehmen. Die Zuweisung muss die Ersatztätigkeit so konkretisieren, dass beurteilt werden kann, ob billiges Ermessen gewahrt ist.
Hierzu ist eine Anweisung erforderlich, die der Arbeitnehmerin für die Zeit des Beschäftigungsverbotes eine bestimmte Tätigkeit in einem bestimmten Umfang zu einer bestimmten Zeit zuweist (BAG a.a.O.). Die zugewiesene Ersatztätigkeit, die mutterschutzrechtlich erlaubt sein muss, darf weder maßregelnd noch kränkend sein oder finanzielle Nachteile mit sich bringen und muss in jedem Fall die besonderen Bedürfnisse der schwangeren Frau berücksichtigen - auch außerhalb des Arbeitsverhältnisses. Entscheidend sind jeweils die speziellen Umstände des Einzelfalls, woran sich durch die Gesetzesreform kaum etwas geändert haben dürfte.
Eine schwangere Mitarbeiterin hat aufgrund ihrer Treuepflichten daran mitzuwirken, die Kosten für den Arbeitgeber während eines gesetzlichen Beschäftigungsverbots möglichst gering zu halten. Daher kann von ihr - sofern die oben genannten Voraussetzungen vorliegen - auch die vorübergehende Ausübung einer Tätigkeit verlangt werden, die ihr anderenfalls nicht zugewiesen werden könnte.
Weigert sich eine schwangere Arbeitnehmerin, eine mutterschutzrechtlich erlaubte Tätigkeit auszuüben, obwohl ihr dies zumutbar ist, besteht kein Anspruch auf Arbeitsentgelt während eines Beschäftigungsverbotes. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall für Zeiten, in denen die Frau ihrer Tätigkeit nicht nachkommt, nicht zur Entgeltzahlung verpflichtet.
Das BAG hat in einer viel beachteten Entscheidung genau differenziert zwischen dem Direktionsrecht des Arbeitgebers vor und nach einem Beschäftigungsverbot (BAG, 21.04.1999 - 5 AZR 174/98). Im konkreten Fall wurde eine in München wohnende schwangere Flugbegleiterin von ihrer Arbeitgeberin angewiesen, nach Ablauf des 2. Schwangerschaftsmonats in der Niederlassung der Fluggesellschaft in Berlin-Tegel Büroarbeiten zu erledigen, da sie nach Ablauf des dritten Schwangerschaftsmonats gem. § 4 Abs. 2 Nr. 7 MuschG (a.F.) nicht mehr auf Beförderungsmitteln eingesetzt werden durfte. Die Unterbringungs- und Fahrtkosten wollte die Arbeitgeberin übernehmen. Die Flugbegleiterin lehnte die Ersatztätigkeit wegen ihrer Schwangerschaft als unzumutbar ab und erhielt daraufhin keine Vergütung mehr. Das BAG war der Auffassung, dass die Ersatztätigkeit bis zum Ende des 5. Schwangerschaftsmonats durchaus zumutbar war, allerdings erst für die Zeit nach dem mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbot, also nach dem 3. Schwangerschaftsmonat. Für die Zeit davor konnte die Flugbegleiterin im Rahmen des vertraglichen Direktionsrechts nicht nach Berlin-Tegel versetzt werden. Für diesen Zeitraum erhielt sie die Vergütung aus Annahmeverzug.
2. Kündigungsschutz
Generell dürfen Frauen während der Schwangerschaft und bis zu vier Wochen nach der Geburt nicht gekündigt werden, sofern nicht die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vorliegen, § 17 MuSchG.
Dieser Kündigungsschutz gilt auch für Frauen, die nach der 12. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden.
Der Kündigungsschutz beginnt ab dem Zeitpunkt der Schwangerschaft, aber selbst bei einer nur vermuteten möglichen Schwangerschaft soll die Schutzwirkung des § 17 MuSchG bereits greifen, (LAG Berlin-Brandenburg - 15.03.2018 - 10 Sa 1509/17).
3. Betriebsverfassungsrecht
Nach einem aktuellen, aber noch nicht rechtskräftigen Urteil des LAG München muss der Arbeitgeber den Betriebsrat grundsätzlich über jede Schwangerschaft informieren. Rechtsgrundlage für den den Informationsanspruch des Betriebsrats sei § 80 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. mit Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Nach Ansicht des LAG müsse der Betriebsrat über jede Schwangerschaft informiert werden, um seine zwingenden Überwachungsaufgaben im Rahmen der Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften vornehmen zu können, (LAG München, 27.09.2017 - 11 TaBV 36/17).
Ob die schwangere Mitarbeiterin mit der Information der Mitarbeitervertretung einverstanden ist, soll dagegen unerheblich sein. Der Betriebsrat ist nach Ansicht des LAG sogar zu informieren, wenn die Mitarbeiterin der Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft ausdrücklich widerspricht. Das Recht der Schwangeren auf informationelle Selbstbestimmung bestehe nur in Grenzen anderer, ebenso wichtiger Interessen, wie etwa Gesundheit und Aufgabenerfüllung des Betriebsrats. Auch das Bundesdatenschutzgesetz stehe dem nicht entgegen. Nach diesen Bestimmungen ist es zwar unzulässig, persönliche Daten an Dritte weiterzugeben – jedoch ist der Betriebsrat nicht Dritter i.S.d. Datenschutzes, sondern nach Ansicht des LAG ein Teil des Unternehmens. Diese Auffassung scheint im Kern auch das BAG zu vertreten, das den Rechtsstreit an das LAG zurückverwiesen hat (BAG, 09.04.2019, 1 ABR 51/17). Das BAG hat jedoch bemängelt, dass der konkrete Aufgaben- und Überwachungsbereich des Betriebsrats im Streitfall nicht ausreichend dargelegt worden sei, weshalb in der Sache noch keine endgültige Entscheidung gefallen ist.
Praxistipp:
In jedem Fall muss die Mitarbeiterin vom Arbeitgeber schriftlich belehrt werden, wenn der Betriebsrat über ihre Schwangerschaft informiert wird.
Bis eine abschließende Entscheidung vorliegt, müssen Arbeitgeber damit rechnen, dass ein Betriebsrat versuchen könnte, einen Informationsanspruch gerichtlich durchzusetzen. Über eine Betriebsvereinbarung könnten jedoch der Umfang der Unterrichtungspflicht bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung betriebsintern geregelt werden.
4. Sonstige Regelungen
Für werdende Mütter muss eine Gelegenheit vorhanden sein, während der Pausen, erforderlichenfalls auch während der Arbeitszeit, liegend ausruhen zu können, § 9 MuSchG.
Für notwendige Untersuchungen im Rahmen der Schwangerschaft und während der Mutterschaft hat der Arbeitgeber gem. § 16 MuSchG jede Mitarbeiterin für die Zeit freizustellen, die zur Durchführung der Untersuchungen notwendig ist. Dies gilt auch für Arbeitnehmerinnen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. Ein Entgeltausfall darf hierdurch nicht eintreten.