Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Die Inhalte des Bereichs „Fachwissen SV“ geben Ihnen kostenlos Auskunft zu allen Themen der Sozialversicherung. Sie sind ein exklusives Angebot für eingeloggte Nutzer.
Jetzt einloggen:
Sie sind noch nicht registriert?
Aushilfskräfte - Beschäftigungsmöglichkeiten
Aushilfskräfte - Beschäftigungsmöglichkeiten
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
- 4.
- 5.
Information
1. Allgemeines
Der kurzfristige Beschäftigungsbedarf ist das prägende Kennzeichen von Aushilfsarbeitsverträgen. Er ist, wenn es um die Ausgestaltung der konkreten Beschäftigung geht, die tragende Komponente. Wie der Aushilfsarbeitsvertrag dann in die Praxis umgesetzt wird, bleibt den Vertragsparteien überlassen. Folgende Beschäftigungsmöglichkeiten haben sich etabliert:
2. Vollzeit- und Teilzeitarbeitsverhältnisse
Die Beschäftigung als Aushilfskraft kann in Voll- oder Teilzeitarbeit erfolgen. Vollzeitarbeitnehmer ist, wer die tarifliche oder betriebliche Regelarbeitszeit leistet. Teilzeitarbeitnehmer ist, wer weniger als die tarifliche oder betriebliche Regelarbeitszeit leistet (vgl. dazu die Definitionen in § 2 TzBfG).
Beispiel:
Das "Schwarze Rössl", ein beliebtes Ausflugslokal am Wolfmannssee, stellt einige Kellner für die Hauptsaison in den Monaten Juni bis September ein. Diese "Aushilfskellner" arbeiten in der Woche die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit von 48 Stunden. Sie werden wegen des Ausflugsbetriebs sowohl samstags als auch an Sonntagen eingesetzt. Ihre arbeitsfreien Tage sind im Wechsel Montag, Dienstag oder Mittwoch. Sie arbeiten im "Schwarzen Rössl" damit als Vollzeit-Aushilfen.
Zwei Verkäuferinnen aus der benachbarten "Rössl-Boutique" werden nur nachmittags und während der Spätöffnung eingesetzt. Auch sie haben nur einen Saisonvertrag von Juni bis September. Beide arbeiten an fünf Tagen in der Woche jeweils fünf Stunden, d.h. 25 Stunden in der Woche. Sie sind bei einer tariflichen Regelarbeitszeit von 37,5 Wochenstunden Teilzeit-Aushilfen.
Entscheidend ist die konkrete Ausgestaltung der Beschäftigung. Voll- oder Teilzeit ist keine Frage des Aushilfsbedarfs. Die Annahme, es müsse sich bei Aushilfskräften stets um Teilzeitarbeitnehmer handeln, ist falsch.
3. Befristete und unbefristete Arbeitsverhältnisse
Der kurzfristige Beschäftigungsbedarf legt es nahe, Aushilfsarbeitsverhältnisse mit einer Befristung zu vereinbaren. Der kurzfristige Bedarf ist dann regelmäßig der für befristete Arbeitsverhältnisse notwendige sachliche Grund i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG, wenn die Befristung nicht als Neueinstellung i.S.d. § 14 Abs. 2 TzBfG erfolgt).
Beispiel:
Der befristete Einsatz zweier Aushilfsverkäuferinnen für die Zeit des Sommerschlussverkaufs ist ein sachlicher Grund. Der Spediteur, der einen Aushilfsfahrer für die Dauer der Erkrankung eines zum Stammpersonal gehörenden Truckers einstellt, hat für diese Befristung ebenfalls einen sachlichen Grund. Schließlich liegt auch ein sachlicher Grund vor, wenn ein Student auf die Sommermonate befristet als Surflehrer engagiert wird.
Die befristete Einstellung von Aushilfskräften ist aber nicht zwingend. Selbstverständlich können Aushilfskräfte auch unbefristet beschäftigt werden.
Beispiel:
Die CrimeTime TV GmbH dreht im Sommer wieder einen der beliebten Wallswerck-Krimis in Münster. Das Wetter in der Westfalen-Metropole ist oft launisch und man kann zu Beginn der Dreharbeiten nicht abschätzen, wie lange sie dauern. Der Geschäftsführer der CrimeTime TV GmbH entschließt sich daher, unbefristet eine zusätzliche Regieassistentin mit einer kurzen Kündigungsfrist als Aushilfe einzustellen.
Auch bei der Frage befristete oder unbefristete Einstellung entscheidet der konkrete Beschäftigungsbedarf.
Praxistipp:
Mit dem ersten Tag des siebten Monats der Betriebszugehörigkeit beginnt in Betrieben mit mehr als fünf bzw. zehn Arbeitnehmern der Kündigungsschutz. Wer Aushilfsarbeitsverhältnisse nicht befristet, sollte sorgfältig darauf achten, dass die Entscheidung Fortsetzung des Aushilfsarbeitsverhältnisses oder dessen Beendigung unbedingt vor Ablauf des sechsten Monats der Betriebszugehörigkeit erfolgen sollte.
Zudem sind bei Abschluss eines Aushilfsarbeitsverhältnisse die Vorschriften des Mutterschutzes zu beachten. Ein befristeter Arbeitsvertrag läuft auch dann aus, wenn die Mitarbeiterin nach Aufnahme der Tätigkeit schwanger wird. Ein unbefristeter Arbeitsvertrag müsste bei Wegfall des Aushilfsbedürfnisses erst gekündigt werden, was im Falle einer schwangeren Mitarbeiterin nach § 17 MuSchG grundsätzlich nicht möglich ist.
Daneben gibt es noch die Möglichkeit der Arbeit auf Abruf (§ 12 TzBfG).
4. Versicherungspflichtige und versicherungsfreie Beschäftigungsverhältnisse
Wenn Beschäftigung Sinn machen soll, muss sie die Steuer- und Sozialkassen füllen. Aushilfsarbeitsverhältnisse können daher wie ganz normale Arbeitsverhältnisse abgerechnet werden. Sie sind in der Regel sozialversicherungs- und steuerpflichtig.
Viele Aushilfsarbeitsverhältnisse werden aber auch als geringfügige Beschäftigungen ausgeübt (zur weiteren Erläuterung s. das Stichwort Geringfügige Beschäftigung - Allgemeines). Eine geringfügige Beschäftigung liegt vor, wenn
das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig die Geringfügigkeitsgrenze (bis 30.09.2022: 450 EUR, ab dem 01.10.2022 520 EUR) nicht übersteigt (geringfügig entlohnte Beschäftigung, § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV), oder
die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt die Geringfügigkeitsgrenze (bis 30.09.2022: 450 EUR, ab dem 01.10.2022: 520 EUR im Monat) übersteigt (geringfügig kurzfristige Beschäftigung, § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV).
Klassische Aushilfskräfte sind Hausfrauen, Pensionäre, Rentner, Schüler und Studenten. Weitere Informationen zur geringfügigen Beschäftigung enthalten die Stichwörter Geringfügige Beschäftigung- Allgemeines ff.
Der gesetzliche Mindestlohn für alle Arbeitnehmer - und damit auch für die Aushilfen - beträgt
ab dem 01.01.2021 9,50 EUR,
ab dem 01.07.2021 9,60 EUR,
ab dem 01.01.2022 9,82 EUR,
ab dem 01.07.2022 10,45 EUR und
ab dem 01.10.2022 12,00 EUR
5. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einige der interessantesten Entscheidungen zum Thema Beschäftigungsmöglichkeiten von Aushilfskräften in alphabetischer Reihenfolgen nach Stichwörtern geordnet vorgestellt:
5.1 "Corona"-Risiko
Müssen Arbeitgeber ihrer Betriebe vorübergehend wegen eines staatlich verfügten allgemeinen "Lockdowns" zur Bekämpfung der SARS-CoV-2-Pandemie schließen, führt das nicht dazu, dass sie nun das Risiko des Arbeitsausfalls tragen und ihren Mitarbeitern nach den Grundsätzen des Annahmeverzugs das Arbeitsentgelt weiterzahlen müssen. Dass die Arbeitsleistung wegen des "Lockdowns" unmöglich ist, ist nicht die Folge eines im Arbeitgeberbetrieb angelegten Betriebsrisikos. Hier führt ein hoheitlicher Eingriff zur Bekämpfung einer die Gesellschaft als Ganzes betreffenden Gefahrenlage zum Arbeitsausfall. Und da ist es Sache des Staates, die finanziellen Folgen zu mildern, etwa durch den erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld. Dass geringfügig Beschäftigte keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben, ist eine Lücke im Regelungssystem der Sozialversicherung. Diese Lücke rechtfertigt es allerdings nicht, hier als Ersatz eine Zahlungspflicht des Arbeitgebers vorzusehen (BAG, 13.10.2021 – 5 AZR 211/21).
5.2 "Crowdworker"
Auch so genannte Crowdworker können als Aushilfen – oder doch eher als Selbstständige? – beschäftigt werden. Ihre Eigenschaft als "Arbeitnehmer" hängt gem. § 611a BGB allerdings davon ab, dass sie sich "im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet" haben. Ihre Bezeichnung im Vertrag ist unerheblich. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung spricht alles für ein Arbeitsverhältnis, wenn der Auftraggeber die Zusammenarbeit über die von ihm betriebene Online-Plattform so steuert, dass seine Auftragnehmer ihre Tätigkeit nach Ort, Zeit und Inhalt überhaupt nicht mehr frei gestalten können. Selbst wenn ein Crowdworker im Einzelfall nicht zur Übernahme von Aufträgen verpflichtet ist, spricht die Organisationsstruktur des Auftraggebers über dessen Online-Plattform für ein Arbeitsverhältnis, wenn sie darauf ausgerichtet ist, dass die über einen Account angemeldeten und eingearbeiteten Nutzer kontinuierlich Bündel einfacher, Schritt für Schritt vertraglich vorgegebener Kleinstaufträge annehmen, um diese persönlich zu erledigen (BAG, 01.12.2020 – 9 AZR 102/20).
5.3 Zeitgeringfügigkeitsgrenze
Da hatten die Vertragspartner einen auf "maximal 50 Arbeitstage" angelegten Rahmenvertrag über eine kurzfristige Beschäftigung geschlossen. An 49 Tagen war der Arbeitnehmer dann in einer 5-Tage-Woche tatsächlich tätig und bekam dafür insgesamt 7.000 EUR netto. "Grenzüberschreitung!", rief die Rentenversicherung und stellte eine Beitragsnachzahlung von 2.726,50 EUR fest. Zu Unrecht: "Eine nur gelegentlich und nicht berufsmäßig ausgeübte Beschäftigung, die vertraglich im Voraus auf längstens die im Gesetz genannte Anzahl von Arbeitstagen innerhalb eines Kalenderjahres begrenzt ist, erfüllt die Voraussetzungen der Zeitgeringfügigkeit ohne Rücksicht auf die Verteilung der Arbeitstage" (BSG, 24.11.2020 – B 12 KR 34/19 R – Leitsatz – mit dem Ergebnis, dass die Revisionsklägerin keine Beitragsnachzahlung schuldete).