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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Arbeitskampf - Richtlinien
Arbeitskampf - Richtlinien
Inhaltsübersicht
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Information
Der erste Eindruck eines Arbeitskampfes ist meistens chaotisch. Die Beteiligten scheinen oft überzureagieren. Das Ritual läuft allerdings in vielen Fällen nach festen Regeln ab. Es gibt in den meisten Bereichen Arbeitskampfrichtlinien, mit denen sich die Sozialpartner ihre Grenzen selbst gesteckt haben.
1. Sinn und Zweck von Arbeitskampfrichtlinien
Der Arbeitskampf ist nach dem Ultima-Ratio-Prinzip das letzte Mittel, zu dem die Tarifparteien zur Durchsetzung ihrer Ziele greifen dürfen. Die Beurteilung der Zulässigkeit von Kampfmaßnahmen folgt in erster durch die Rechtsprechung. Das praktische Schema haben die Sozialpartner intern für sich oder miteinander festgelegt. Ihre Arbeitskampfrichtlinien sollen den Ablauf der Kampfmaßnahmen regeln.
Arbeitskampfrichtlinien gehören zum sogenannten "Innenrecht" der beteiligten Organisationen. Sie können als Satzung festgelegt oder als Tarifvertrag vereinbart werden. Soweit die Regelungen nicht zwischen den Sozialpartnern abgemacht wurden, haben sie lediglich verbandsinterne Wirkung. Ein Verstoß gegen Richtlinien, die nur Innenwirkung haben, macht einen Arbeitskampf allein nicht rechtswidrig (s. dazu Arbeitskampf - Urabstimmung). Dieser Verstoß kann aber durchaus eine Indizwirkung haben.
2. Inhalt von Arbeitskampfrichtlinien
Der Deutsche Gewerkschaftsbund - DGB - hat unter dem 05.07.1974 Arbeitskampfrichtlinien herausgebracht. Gleichzeitig hat er den ihm angeschlossenen Einzelgewerkschaften eine Übernahme dieser Richtlinien empfohlen. Das ist vielfach geschehen. Die Arbeitskampfrichtlinien des DGB sind aber nicht zwingend. Die Einzelgewerkschaften haben daher auch eigene Regelwerke verabschiedet. Insgesamt gibt es eine Fülle unterschiedlicher Bestimmungen.
Die verschiedenen Arbeitskampfrichtlinien oder Arbeitskampfregeln der Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern oder deren Spitzenverbänden enthalten insbesondere Regelungen über:
das Scheitern der Verhandlungen
die Information der Mitglieder und Organe/Geschäftsführungen der Gewerkschaften, Vereinigungen und Spitzenverbänden
die Erklärung des Scheiterns der Verhandlungen
die Durchführung von Urabstimmungen (s. dazu Arbeitskampf - Urabstimmung)
die erforderliche Mehrheit der Mitglieder für die Beschlussfassung
die Herbeiführung des Beschlusses, Kampfmaßnahmen zu ergreifen
die Vorbereitung von Kampfmaßnahmen
die Einleitung von Kampfmaßnahmen
die Durchführung von Kampfmaßnahmen
die Einleitung von Gegenmaßnahmen
die Streikleitung und ihre Kompetenzen
die Organisation von Streikposten
die Abgabe von Meldungen und Berichten an die örtlichen Geschäftsstellen der Vereinigungen und an die Spitzenorganisationen
den Umgang mit den Medien
die erforderlichen Erhaltungs- und Notmaßnahmen sowie die zugunsten der Allgemeinheit zu treffenden Vorkehrungen (s. dazu Arbeitskampf- Notmaßnahmen)
die Art und den Umfang der anzuwendenden Kampfmittel
den Umgang mit Arbeitswilligen/Streikbrechern
die Auswirkung des Arbeitskampfs auf die unmittelbar Betroffenen
die Verhaltensweisen, die während eines Arbeitskampfes absolut unerwünscht sind (z.B. Betriebsblockaden, Sabotage, Zerstörung von Betriebsmitteln etc.)
die Schlichtung
die Beendigung des Arbeitskampfes
das Verbot, Teilnehmer des Arbeitskampfes zu maßregeln
Arbeitskampfrichtlinien gibt es sowohl bei den Gewerkschaften als auch bei den Arbeitgeberverbänden.
3. Verstöße gegen Arbeitskampfrichtlinien
Arbeitskampfrichtlinien können sowohl reines Innenrecht der Tarifpartner sein als auch eine verbindliche Vereinbarung zwischen den Sozialpartnern.
Beispiele:
- (1)
Die Arbeitskampfrichtlinien einer Gewerkschaft sehen vor, dass vor der Einleitung von Arbeitskampfmaßnahmen zunächst eine Urabstimmung unter den Mitgliedern in den Betrieben stattzufinden hat.
- (2)
In den Richtlinien einer Industriegewerkschaft heißt es, dass Arbeitswillige nicht behindert und die Zugänge zu den bestreikten Unternehmen nicht blockiert werden dürfen.
- (3)
Eine andere Gewerkschaft hat mit dem Arbeitgeberverband eine Schlichtungsvereinbarung mit dem Inhalt getroffen, dass Arbeitskampfmaßnahmen erst nach dem Scheitern eines für jeden Fall vorgesehenen Schlichtungsverfahrens durchgeführt werden dürfen.
Arbeitskampfrichtlinien haben nach ihrer maßgeblichen Zielrichtung möglicherweise folgende Funktion:
sie sind ausschließlich Innenrecht der Gewerkschaft oder des Verbandes und tragen keine Wirkung nach außen, s. Beispiele (1)
sie haben einen Mischcharakter und von Sinn und Zweck her eine Wirkung auf Dritte, s. Beispiele (2)
sie sind mit dem jeweiligen Vertragspartner vereinbartes Außenrecht, das beide Kampfparteien strikt zu beachten haben (s. Beispiele (3)
Beispiele:
- (1)
Wenn die Arbeitskampfrichtlinien einer Gewerkschaft für den Streik eine Urabstimmung verlangen, heißt das nicht, dass ein ohne Urabstimmung eingeleiteter Arbeitskampf allein deswegen rechtswidrig ist.
- (2)
Sieht die Arbeitskampfrichtlinie einer Gewerkschaft vor, dass Arbeitswillige nicht behindert und die Zugänge zu den bestreikten Unternehmen nicht blockiert werden dürfen, macht so eine Regelung nur Sinn, wenn man die betroffenen Dritten in ihren Schutzbereich einbezieht.
- (3)
Haben die Sozialpartner eine zwingende Schlichtungsvereinbarung getroffen, führt ein Verstoß gegen diese Schlichtungsvereinbarung zur Rechtswidrigkeit einer gleichwohl durchgeführten Kampfmaßnahme.
Das ArbG Düsseldorf hat bereits im Jahr 1972 zur fehlenden Urabstimmung entschieden: "Der von einer Gewerkschaft angeordnete und durchgeführte Angriffsstreik ist nicht schon deshalb rechtswidrig und sozialinadäquat, weil ihm keine Urabstimmung vorausgegangen ist" (ArbG Düsseldorf, 21.08.1972 - 7 Ca 1995/71 - vgl. auch: Arbeitskampf - Urabstimmung).
Siehe auch
Arbeitskampf - Arbeitskampfrisiko
Arbeitskampf - Arbeitslosengeld
Arbeitskampf - Arbeitsverhältnis
Arbeitskampf - Friedenspflicht
Arbeitskampf - Sozialversicherung