Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Arbeitskampf - Arbeitsverhältnis
Arbeitskampf - Arbeitsverhältnis
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.Konkrete Auswirkungen
- 3.1
- 3.2
- 3.3
- 3.4
- 3.5
- 3.6
- 3.7
- 3.8
- 3.9
- 3.10
- 3.11
- 3.12
- 3.13
- 3.14
- 3.15
- 3.16
- 3.17
- 3.18
- 3.19
- 3.20
- 3.21
- 3.22
- 3.23
- 3.24
- 3.25
- 3.26
Information
Der Arbeitskampf ist ein Mittel, den Arbeitsfrieden zu stören. Die nachteiligen Folgen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind teilweise gewollt, teilweise zwangsläufige Begleiterscheinung. Das Arsenal arbeitskampfrechtlicher Maßnahmen wirkt sich vor allem auf den Austausch von Arbeit gegen Geld aus. Hier ist es Sache des Arbeitskampfrechts, einen gerechten Interessenausgleich zu finden.
1. Gesetzliche Regelungen
Art. 9 Abs. 3 GG verankert das Arbeitskampfrecht im Grundgesetz. Er sagt aber nichts zu den Folgen. Das überlässt er anderen. Der Gesetzgeber hält sich ebenfalls zurück. Er hat nur einige Eckpunkte gesetzt:
Ausschluss des Kündigungsschutzes für Kündigungen im Arbeitskampf (§ 25 KSchG)
Leistungsverweigerungsrecht für Leiharbeitnehmer, die in einem Betrieb eingesetzt werden sollen, der sich an einem Arbeitskampf beteiligt (§ 11 Abs. 5 AÜG)
Neutralität der Bundesagentur für Arbeit (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB III)
Verbot von betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitskampfmaßnahmen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber (§ 74 Abs. 2 Satz 1 BetrVG)
Verbot staatlicher Zwangsmaßnahmen gegen Arbeitskämpfe (Art. 9 Abs. 3 Satz 3)
Salopp gesagt, hält sich der Gesetzgeber weitestgehend aus der Materie Arbeitskampfrecht heraus. Das muss er auch und das ist richtig so. Es ist nicht seine Aufgabe, in die Kampfparität von privaten Arbeitgebern, Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften einzugreifen. Der Gesetzgeber ist hier zur Neutralität verpflichtet. Die Rechtsfolgen von Arbeitskämpfen lassen sich über das allgemeine Arbeitsrecht und mithilfe der Rechtsprechung lösen.
2. Grundsatz
Während eines Arbeitskampfs, und dabei ist es gleichgültig, ob es sich um eine Kampfmaßnahme von
Arbeitgeberseite (z.B. eine Aussperrung) oder
Arbeitnehmerseite (z.B. ein Warnstreik)
handelt, sind die gegenseitigen (Haupt-)Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis suspendiert (BAG, 22.03.1994 - 1 AZR 622/93). Sie ruhen.
Beispiel:
Die Gewerkschaft ver.di ruft in der Entsorgungsbranche zum Arbeitskampf auf. Die Mitarbeiter der MüllEx GmbH & Co. KG folgen dem Streikaufruf. Sie legen ihre Arbeit nieder. 10 Kollegen werden verpflichtet, Not- und Erhaltungsmaßnahmen in der Müllverbrennungsanlage durchzuführen, weil ein Abschalten der Einrichtung wirtschaftlich und ökologisch zu erheblichen Schäden führen würden. Die Arbeitsverhältnisse dieser Mitarbeiter werden vom Streik nicht erfasst und bleiben aktiv. Die Arbeitsverhältnisse der Streikenden ruhen.
Die Teilnahme an einem rechtmäßigen Arbeitskampf ist keine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten. Das Arbeitsverhältnis bleibt grundsätzlich trotz Streikteilnahme bestehen. Es werden lediglich die gegenseitigen Pflichten auf Eis gelegt (wobei das in dieser Absolutheit nicht zwingend ist).
Beispiel:
Die Chemielaborantin Erika Hellow-Wiehn arbeitet mit Rezepturen, die der Konkurrenz nicht bekannt werden dürfen. Sie hat mit ihrem Arbeitgeber, der ChemDich AG, eine vertragliche Geheimhaltungspflicht vereinbart. Diese Geheimhaltungspflicht besteht selbstverständlich auch während des Arbeitkampfs fort. Erika darf eine Aussperrung oder einen Streik nicht dazu nutzen, ihr Wissen nun an die nicht kämpfende oder bekämpfte Konkurrenz zu verkaufen.
In der Regel ist es so, dass eher die beiden Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis
Arbeitsleistung und
Entgeltzahlung
suspendiert sind, bestimmte Nebenpflichten im Einzelfall jedoch bestehen bleiben.
3. Konkrete Auswirkungen
Die Möglichkeiten, wie ein Arbeitsverhältnis durch Arbeitskampfmaßnahmen beeinflusst werden kann, sind vielfältig. Der nachfolgende Überblick soll thematisch in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet zeigen, wo die Ansatzpunkte sind.
Zur weiteren Erläuterung: In Rechtsprechung und Literatur wird häufig der Fehler gemacht, die Auswirkungen von Arbeitskampfmaßnahmen zu einseitig zu beleuchten: Streik oder Aussperrung. Natürlich sind immer ganz konkrete Fälle zu entscheiden und zu besprechen. Unterm Strich ist es jedoch so, dass die Auswirkungen in beiden Fällen überwiegend gleich sind. So wird hier nur neutral von "Arbeitskampf" oder "Arbeitskampfmaßnahmen" gesprochen. Damit soll verdeutlicht werden, dass bestimmte Folgen für das Arbeitsverhältnis sowohl bei einem Streik als auch bei einer Aussperrung eintreten. Dort, wo eine Differenzierung angezeigt ist, wird sie dargestellt.
3.1 Abmahnung
Die Beteiligung von Arbeitnehmern an rechtmäßigen Arbeitskampfmaßnahmen ist keine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten. Wer allerdings an einem rechtswidrigen Streik teilnimmt, darf deswegen abgemahnt werden.
3.2 Annahmeverzug
Beschäftigt der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter nicht, kommt er in Annahmeverzug. Für die Zeit des Annahmeverzugs muss er dem Arbeitnehmer in der Regel das vertraglich geschuldete Arbeitsentgelt zahlen. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter fristlos kündigt und der Arbeitnehmer den anschließenden Kündigungsrechtsstreit gewinnt. Hat der Mitarbeiter sich allerdings in dem Zeitraum zwischen Kündigung und Prozessgewinn an einem Streik beteiligt, steht ihm für diese Zeit kein Annahmeverzugslohn zu. Das der Kündigungsschutzklage stattgebende Urteil bestätigt zwar, dass zwischen den Parteien während der Dauer des Arbeitskampfs noch ein Arbeitsverhältnis bestand. "Doch war ... [der Arbeitnehmer] wegen .. [seiner] Streikteilnahme leistungsunwillig iSd. § 297 BGB" - und das schließt einen Verzugslohnanspruch nach § 615 BGB aus (BAG, 17.07.2012 - 1 AZR 563/11).
3.3 Anwesenheitsprämien
Soweit rechtmäßig vereinbart, können sogenannte Anwesenheitsprämien für die durch einen Arbeitskampf bedingten Ausfallzeiten gekürzt werden (grundlegend: BAG, 31.10.1995 - 1 AZR 217/95).
3.4 Arbeitsentgelt
Die wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis ruhen während des Arbeitskampfs. Arbeitnehmer, die ausgesperrt werden oder ihre Arbeit niederlegen, haben keine Vergütungsansprüche. Sie tragen insoweit das Arbeitskampfrisiko. Die Höhe der Entgelteinbuße orientiert sich an der Dauer des arbeitskampfbedingten Arbeitsausfalls.
3.5 Arbeitsunfähigkeit
Arbeitnehmer haben bei Arbeitsunfähigkeit Ansprüche auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EFZG. Entsteht die Arbeitsunfähigkeit während eines Arbeitskampfs, an dem sich der erkrankte Arbeitnehmer beteiligt hat oder von dem er betroffen ist, gibt es keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Die Arbeitsunfähigkeit muss alleinige Ursache für den Arbeitsausfall sein. Hier wäre der Arbeitskampf die (Haupt-)Ursache.
War ein Arbeitnehmer bereits vor dem Arbeitskampf arbeitsunfähig, gilt nach BAG: "Ein Arbeitnehmer, der vor Beginn eines Arbeitskampfes für einen festliegenden Zeitraum von seiner Arbeitspflicht unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts befreit war, verliert seinen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nicht allein dadurch, dass während dieser Zeit der Betrieb bestreikt wird. Unerheblich ist, ob der Arbeitnehmer sich am Streik beteiligt hätte, wenn er für diese Zeit nicht von seiner Arbeitspflicht befreit gewesen wäre, solange er nicht seine Teilnahme am Streik trotz der Arbeitsbefreiung erklärt oder sich tatsächlich am Streikgeschehen beteiligt" (15.01.1991 - 1 AZR 178/90 - Grundsatz, hier zur Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung für Betriebsräte).
Auch bereits arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer können ausgesperrt werden. In diesem Fall ist ihr Anspruch auf Entgeltfortzahlung ausgeschlossen. Nach dem Lohnausfallprinzip ist die Arbeitsunfähigkeit dann nicht mehr alleinige Ursache für den Arbeitsausfall (BAG, 07.06.1988 - 1 AZR 597/86).
3.6 Arbeitswillige
Grundsätzlich haben alle Arbeitnehmer - egal ob organisiert oder nicht organisiert - das Recht, sich an einem gewerkschaftlichen Arbeitskampf zu beteiligen. Auf der anderen Seite kann jeder Arbeitnehmer - ebenfalls gleichgültig ob organisiert oder nicht organisiert - von einer Aussperrung betroffen sein. Kein Arbeitgeber ist verpflichtet, seinen Betrieb während eines Arbeitskampfs aufrecht zu halten. Ein Arbeitskampf betrifft insoweit auch die arbeitswilligen Mitarbeiter. Sie verlieren wegen des Arbeitskampfs ihre Vergütungsansprüche (BAG, 22.03.1994 - 1 AZR 622/93).
3.7 Arbeitszeitkonto
Arbeits- und Vergütungspflicht sind während des Arbeitskampfs suspendiert. Die Dauer des Arbeitskampfs ist insoweit arbeitszeitmäßig neutral. Weder wirkt sich die Zeit der Streikteilnahme oder Aussperrung als Minusstunden negativ auf dem Arbeitszeitkonto aus noch kann durch den Arbeitgeber während des Arbeitskampfs einseitig das Abfeiern von Plusstunden angeordnet werden. Dasselbe gilt für ein Gleitzeitkonto (BAG, 30.08.1994 - 1 AZR 765/93). Unter Umständen ist es für einen Arbeitnehmer allerdings günstiger, die Verrechnung mit Plusstunden oder einem Gleitzeitguthaben zu verlangen, als ohne Streikgeld der Gewerkschaft auf Entgelt verzichten zu müssen.
3.8 Betriebliche Altersversorgung
Betriebliche Versorgungsleistungen knüpfen an den Bestand des Arbeitsverhältnisses an, verlangen eine bestimmte Wartezeit oder sehen sonst eine gewisse Mindestdauer der Betriebszugehörigkeit vor. Das alles wird durch einen rechtmäßigen Arbeitskampf nicht berührt. Die Zeit des Arbeitskampfs - Dauer der Aussperrung/Dauer der Streikteilnahme - wird nicht heruntergerechnet.
3.9 Betriebsrat
Bestimmte betriebsverfassungsrechtliche Rechte und Pflichten sind selbstverständlich auch während eines Arbeitskampfs sinnvoll und strikt zu beachten. Es gibt aber Konstellationen, wo die Mitbestimmung Einfluss auf den Arbeitskampf nehmen und das Kräfteverhältnis aus dem Gleichgewicht bringen könnte. In diesen Fällen sind Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats manchmal eingeschränkt oder ganz ausgeschlossen. Mehr dazu steht im Stichwort Arbeitskampf - Mitbestimmung.
3.10 Elternzeit
Während der Elternzeit ruht das Arbeitsverhältnis. Wer trotz oder während seiner Elternzeit an einem Streik teilnimmt, tut das in der Regel aus Gründen der Solidarität. Da während der Elternzeit keine Arbeitspflicht besteht, kann streikbedingt keine Arbeitspflicht mehr suspendiert werden. Eine Aussperrung hat für Arbeitnehmer in der Elternzeit ohnehin keine Bedeutung. Sie sind nicht im Betrieb. Etwas anderes gilt natürlich für Elternzeiter, die während dieser Zeit bei ihrem oder einem anderen Arbeitgeber Teilzeit arbeiten.
3.11 Feiertage
Der Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 2 Abs. 1 EFZG verlangt, dass die Arbeit ausschließlich wegen des Feiertags ausfällt. Wirken Arbeitskampfmaßnahmen über einen Feiertag hinaus, sind sie der Grund für den Arbeitsausfall. Insoweit gibt es für betroffene Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Feiertagsvergütung.
Erklärt eine Gewerkschaft den Streik am letzten Arbeitstag vor einem Feiertag für beendet, nehmen die Arbeitnehmer ihre Arbeit am Tag nach dem Feiertag wieder auf, ist die Arbeit am Feiertag wegen des Feiertags ausgefallen (BAG, 11.05.1993 - 1 AZR 649/92). Aber: Setzt eine Gewerkschaft ihren Arbeitskampf bloß für den Feiertag aus, ist das keine Streikunterbrechung (BAG, 01.03.1995 - 1 AZR 786/94). In diesem Fall besteht kein Anspruch auf Zahlung von Feiertagslohn. Hier ist anzunehmen, dass die Streikunterbrechung nur gemacht wurde, um für den Feiertag Geld zu bekommen.
3.12 Freistellung
Nach der zitierten BAG-Entscheidung vom 15.01.1991 - 1 AZR 178/90 sieht es so aus, dass ein Arbeitnehmer weder seinen Vergütungs- noch seinen Freistellungsanspruch verliert, wenn er bereits vor Beginn des Arbeitskampfs für einen festliegenden Zeitraum von seiner Arbeitspflicht befreit war.
Der Vergütungsanspruch entfällt nach den BAG-Grundsätzen nur dann, wenn der betroffene Arbeitnehmer seine Teilnahme an dem Streik - sei es ausdrücklich, sei es konkludent - erklärt (BAG, 15.01.1991 - 1 AZR 178/90). Der für den Freistellungszeitraum begründete Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts wird durch einen Streik im Betrieb solange nicht berührt, als nicht der Arbeitnehmer auch für diese Zeit seine Teilnahme am Arbeitskampf erklärt. Das Gleiche gilt für eine Aussperrung: Wäre der Arbeitnehmer von ihr betroffen, entfiele sein Vergütungsanspruch.
3.13 Kündigung
Arbeitsverhältnisse können auch während eines Arbeitskampfs ganz "normal" gekündigt werden. Dafür gelten die maßgeblichen Bestimmungen des Kündigungsschutzrechts (z.B. § 18 BEEG, § 1 KSchG, § 9 MuSchG und § 85 SGB IX).
Für Kündigungen aus Anlass eines Arbeitskampfs sieht § 25 KSchG vor: "Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung auf Kündigungen und Entlassungen, die lediglich als Maßnahmen in wirtschaftlichen Kämpfen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorgenommen werden."§ 25 KSchG verlangt aber, dass die Kündigung als Arbeitskampfmittel eingesetzt wird.
Die Teilnahme an einem rechtmäßigen Arbeitskampf ist kein Grund, der eine Kündigung rechtfertigt. Bei Teilnahme an einem rechtswidrigen Streik sieht das anders aus. Ob eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung das richtige Mittel ist, ob eine Kündigung erst nach einer voraufgehenden Abmahnung ausgesprochen werden kann, das sind Fragen, die nur im jeweiligen Einzelfall beantwortet werden können. Der Arbeitgeber kann sich in jeder Situation überlegen, ob er statt zu kündigen nicht mit einer Aussperrung reagiert.
3.14 Leiharbeitnehmer
Für sie gilt eine Sonderregelung in § 11 Abs. 5 AÜG: "Der Leiharbeitnehmer ist nicht verpflichtet, bei einem Entleiher tätig zu sein, soweit dieser durch einen Arbeitskampf unmittelbar betroffen ist. In den Fällen eines Arbeitskampfes nach Satz 1 hat der Verleiher den Leiharbeitnehmer auf das Recht, die Arbeitsleistung zu verweigern, hinzuweisen." Das führt sogar dazu, dass der Leiharbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch behält, wenn er die Arbeit bei einem kämpfenden Betrieb ablehnt und der Verleiher keine andere Beschäftigung für ihn hat.
3.15 Maßregelung
§ 612a BGB sieht vor: "Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt." Die Teilnahme an einem rechtmäßigen Arbeitskampf ist eine zulässige Rechtsausübung. Arbeitnehmer deswegen zu maßregeln ist nach § 612a BGB verboten (für weitere Informationen wird auf das Stichwort Maßregelungsverbot verwiesen).
3.16 Mütter
Die aktive und passive Beteiligung an Arbeitskämpfen ist für Frauen, die in den Schutzbereich des MuSchG fallen, nicht ausgeschlossen. Sei dürfen auch ausgesperrt werden, da diese Maßnahme keine Kündigung ist. Für die Streik- und Aussperrungszeit entfällt allerdings der Anspruch auf Arbeitgeberzuschüsse zum Mutterschaftsgeld (§ 14 MuSchG). Ist ein Arbeitskampf und kein Beschäftigungsverbot Ursache von Arbeitsausfällen, entfällt auch die Zahlung von Mutterschutzlohn nach § 11 MuSchG (zur Kausalität von Beschäftigungsverbot und anderen Ursachen s. BAG, 05.07.1995 - 5 AZR 135/94).
3.17 Not- und Erhaltungsmaßnahmen
Unter Umständen können Arbeitnehmer zu Not- und Erhaltungsmaßnahmen herangezogen werden. Wegen der Einzelheiten dazu wird auf das Stichwort Arbeitskampf - Notmaßnahmen verwiesen.
3.18 Schwerbehinderte
Schwerbehinderte Arbeitnehmer können sich wie alle anderen Arbeitnehmer an einem Arbeitskampf beteiligen. Sie können auch wie alle anderen ausgesperrt werden (BAG, 07.06.1988 - 1 AZR 597/86).
3.19 Sonderzahlungen
Arbeitskämpfe haben grundsätzlich keinen Einfluss auf Sonderzuwendungen wie Gratifikationen, Sonderzahlungen, Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld. Setzen diese Sonderzahlungen nur den Bestand eines Arbeitsverhältnisses voraus, darf der Arbeitgeber sie wegen des Arbeitskampfes auch nicht kürzen. Haben die Sonderzahlungen Mischcharakter und wollen sie auch eine bestimmte Arbeitsleistung oder Anwesenheit belohnen, kommen - wenn vertraglich vereinbart - Kürzungsmöglichkeiten in Betracht. Entscheidend ist - wie immer - der jeweilige Einzelfall.
3.20 Streikbruchprämien
Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen echten und unechten Streikbruchprämien. Während die echten Streikbruchprämien als Arbeitskampfmittel des Arbeitgebers grundsätzlich zulässig sind, stellen die unechten Streikbruchprämien eine nachträgliche Belohnung der Arbeitnehmer dar, die sich nicht am Arbeitskampf beteiligt haben. Das ist regelmäßig ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot aus § 612a BGB mit dem Ergebnis, dass die gemaßregelten Streikteilnehmer ebenfalls einen Anspruch auf die (unechte) Streikbruchprämie haben (zu den Einzelheiten: Arbeitskampf - Streikbruchprämie).
3.21 Urlaub
Wartezeit, Urlaubsdauer und Urlaubsentgelt werden durch einen Arbeitskampf regelmäßig nicht beeinflusst. Einmal erteilter und angetretener Urlaub wird durch einen Arbeitskampf ebenfalls nicht berührt. Die Freistellung gegen Vergütungsfortzahlung ist vor Beginn des Arbeitskampfs erfolgt. Beschließt der Arbeitnehmer, sich nicht am Streik zu beteiligen, bleibt es beim Urlaub.
Beteiligt sich der beurlaubte Arbeitnehmer jedoch aktiv am Streik oder würde er zu den ausgesperrten Arbeitnehmern gehören, entfällt bzw. entfiele seine Arbeitspflicht. Das wiederum hat zur Folge, dass auch die Realisierung von Urlaubsansprüchen unmöglich wird: Es gibt keine Arbeitsverpflichtung mehr, von der der Arbeitnehmer hätte urlaubsmäßig freigestellt werden müssen. Nimmt der Arbeitnehmer "trotz Urlaub" an einem Streik teil, entfällt die Vergütungspflicht für den Arbeitgeber. Parallel dazu entsteht ein Anspruch auf Gewährung des streikbedingt nicht realisierten Urlaubs.
Der Arbeitgeber kann die Gewährung von Urlaub nach Beginn des Arbeitskampfs und während seiner Fortdauer verweigern. Vorausgesetzt, die Arbeitspflicht ist wegen des Arbeitskampfs suspendiert. In diesem Fall gibt es nämlich keine Arbeitspflicht, von der der Arbeitnehmer durch Urlaubserteilung gegen Vergütungsfortzahlung zu befreien wäre. Außerdem könnte von Arbeitnehmerseite versucht werden, den arbeitskampfbedingten Entgeltausfall durch Urlaubsnahme zu finanzieren. Das hätte den Erfolg, dass der Arbeitgeber die Streikenden indirekt unterstützen und die Streikkassen der Gewerkschaften entlassten würde.
3.22 Vermögenswirksame Leistung
Im Regelfall wirken sich Arbeitskampfmaßnahmen nicht auf vermögenswirksame Leistungen aus. Gehört zu den Anspruchsvoraussetzungen allerdings eine gewisse Dauer der Entgeltzahlung im betreffenden Monat, können sich arbeitskampfbedingte Ausfallzeiten anspruchsmindernd auswirken.
3.23 Weiterbeschäftigung
Nach dem Ende eines Arbeitskampfs soll es mit neuen Arbeitsbedingungen wieder weitergehen. Die arbeitskampfbedingte Suspendierung der (Haupt-)Leistungspflichten wird aufgehoben, das Arbeitsverhältnis wieder aktiviert. Die Arbeitnehmer müssen die Arbeit wieder aufnehmen und ihre Arbeitsleistung anbieten. Der Arbeitgeber muss seine Arbeitsmöglichkeit wieder zur Verfügung stellen und die Arbeitsangebote seiner Mitarbeiter annehmen. Beide Beteiligten können in Verzug kommen, wenn sie nicht richtig reagieren.
3.24 Wettbewerbsverbot
Ein vertragliches Wettbewerbsverbot ist eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis. Es macht nur Sinn, wenn es anlässlich eines Arbeitskampfs nicht suspendiert ist. Dieses vertragliche Wettbewerbsverbot bleibt daher auch dann bestehen, wenn die Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag während des Arbeitskampfs suspendiert sind.
3.25 Wiedereinstellung
Nach einer streikbedingten Kündigung oder einer auflösenden Aussperrung haben betroffene Arbeitnehmer nach den Umständen des Einzelfalls einen Anspruch auf Wiedereinstellung.
3.26 Zulagen
Für Zulagen und Zuschläge, die untrennbar mit der Vergütung verbunden sind, gilt in der Regel das Gleiche wie für das Arbeitsentgelt: Sind die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis durch eine Arbeitskampfmaßnahme suspendiert, gibt es keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt, d.h. auch nicht auf zusätzliche Vergütungsbestandteile.
Siehe auch
Arbeitskampf - AllgemeinesArbeitskampf - ArbeitskampfrisikoArbeitskampf - ArbeitslosengeldArbeitskampf - AussperrungArbeitskampf - FriedenspflichtArbeitskampf - MitbestimmungArbeitskampf - NotmaßnahmenArbeitskampf - RichtlinienArbeitskampf - SozialversicherungArbeitskampf - StreikArbeitskampf - StreikbruchprämieArbeitskampf - UrabstimmungArbeitskampf - WarnstreikArbeitskampf - WellenstreikArbeitskampf - wilder StreikArbeitskampf - Zulässigkeit