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BAG, 06.01.1998 - 5 AS 30/97 - Kündigung ; Voraussetzungen ; Kündigung außerordentlich ; Arbeitsverhältnis ; Klage
Bundesarbeitsgericht
Beschl. v. 06.01.1998, Az.: 5 AS 30/97
Kündigung ; Voraussetzungen ; Kündigung außerordentlich ; Arbeitsverhältnis ; Klage
Verfahrensgang:
vorgehend:
ArbG Düsseldorf - 27.08.1997 - AZ: 10 Ca 2810/97
Rechtsgrundlagen:
§ 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG
BAG, 06.01.1998 - 5 AS 30/97
Orientierungssatz:
Bindung an Verweisungsbeschluß
In Sachen
hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgericht am 6. Januar 1998 beschlossen:
Tenor:
Als zuständiges Gericht wird das Arbeitsgericht Essen bestimmt.
Tatbestand:
1
I. Die Parteien streiten derzeit noch um die Herausgabe eines Schlüssels für die Firmenräume sowie die Zahlung eines Kaufpreises gegen Übereignung eines Pkw. Der jetzige Beklagte, damals in Düsseldorf wohnhaft, war bei der jetzigen Klägerin als kaufmännischer Angestellter an deren Firmensitz in Essen tätig. Ihm stand ein Firmenfahrzeug zur Verfügung. In einem Zusatzvertrag zum Arbeitsvertrag verpflichtete sich der Beklagte, bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses während der Laufzeit des von der Klägerin auf drei Jahre abgeschlossenen Leasing-Vertrages über das Firmenfahrzeug dieses zum Schätzpreis der Leasing-Firma zu übernehmen. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31. August 1996; die Klägerin kündigte ihrerseits fristlos mit Schreiben vom 8. August 1996 wegen eigenmächtiger Urlaubsnahme.
2
Mit seiner beim Arbeitsgericht Essen erhobenen Klage (- 2 Ca 3160/96 - Akte lag dem Senat vor) wandte sich der jetzige Beklagte gegen die außerordentliche Kündigung mit dem Antrag festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 8. August 1996 nicht beendet worden ist, sondern bis zum 31. August 1996 fortbesteht. Am 27. September 1996 schlossen die Parteien einen Vergleich.
3
Die dortige Beklagte und hiesige Klägerin erhob Widerklage. Der Widerklageschriftsatz ging beim Arbeitsgericht Essen am 10. September 1996 ein und wurde dem - am 16. September 1996 nach Konstanz umgezogenen - damaligen Kläger und hiesigen Beklagten am 12. Oktober 1996 zugestellt.
4
Bereits durch Beschluß vom 17. September 1996 trennte das Arbeitsgericht Essen die Widerklage ab. Nach Gewährung rechtlichen Gehörs erklärte es sich für soweit örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Düsseldorf. Mit Beschluß vom 27. August 1997 hat sich das Arbeitsgericht Düsseldorf ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit dem Bundesarbeitsgericht zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts vorgelegt.
Gründe
5
II. Zuständig ist das Arbeitsgericht Essen. Dessen Verweisungsbeschluß ist nicht bindend.
6
Die Voraussetzungen für die Durchführung des Bestimmungsverfahrens nach § 36 Nr. 6 ZPO sind erfüllt. Die Arbeitsgerichte Essen und Düsseldorf haben sich rechtskräftig für unzuständig erklärt.
7
1. Rechtskräftige Verweisungsbeschlüsse sind für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, bindend. Dies ergibt sich aus § 48 Abs. 1 ArbGG n.F., § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG. Die bindende Wirkung ist auch im Bestimmungsverfahren nach § 36 Nr. 6 ZPO zu beachten. Nur so kann der Zweck des § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG erreicht werden, unnötige und zu Lasten der Parteien gehende Zuständigkeitsstreitigkeiten zu vermeiden.
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Auch fehlerhafte Verweisungsbeschlüsse sind grundsätzlich bindend. Lediglich eine offensichtlich gesetzwidrige Verweisung kann diese Bindungswirkung nicht entfalten. Offensichtlich gesetzwidrig ist ein Verweisungsbeschluß dann, wenn er jeder Rechtsgrundlage entbehrt, willkürlich gefaßt ist oder auf der Versagung rechtlichen Gehörs gegenüber den Verfahrensbeteiligten oder einem von ihnen beruht.
9
2. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.
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Allerdings ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Essen nicht schon aus § 33 ZPO. Als die Widerklage erhoben wurde, war der Hauptprozeß nicht mehr anhängig. Die Widerklage wurde nicht schon durch Einreichung des Widerklageschriftsatzes am 10. September 1996, sondern erst durch Zustellung dieses Schriftsatzes am 12. Oktober 1996 erhoben und damit rechtshängig (§ 261 Abs. 2, § 253 Abs. 1, 2 ZPO). Aus demselben Grund war auch der vor Zustellung dieses Schriftsatzes ergangene Trennungsbeschluß nach § 145 ZPO fehlerhaft.
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Das Arbeitsgericht Essen hat aber verkannt, daß es für die Widerklage bereits nach § 29 ZPO zuständig ist. Eine etwaige Verpflichtung, den Generalschlüssel für die Firmenräume herauszugeben, ist am Arbeitsort zu erfüllen. Dasselbe gilt für die etwaige Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises für das Firmenfahrzeug Zug um Zug gegen Übereignung dieses Fahrzeuges. Das Arbeitsgericht Essen hat keinerlei Begründung dafür gegeben, warum beide Verpflichtungen am Wohnsitz des hiesigen Beklagten zu erfüllen sein sollen. Im übrigen hätte das Arbeitsgericht Essen in einem solchen Fall den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Konstanz verweisen müssen, da der Beklagte seinen Wohnsitz bereits vor Zustellung des Widerklageschriftsatzes dorthin verlegt hatte.
12
Da der Verweisungsbeschluß des Arbeitsgerichts Essen nicht bindend ist, war dies als zuständiges Gericht zu bestimmen.
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