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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Telefonbenutzung - Betriebsrat
Telefonbenutzung - Betriebsrat
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Der Arbeitgeber trägt nach § 40 Abs. 2 BetrVG den Sachaufwand des Betriebsrats. Die Sachmittel, für die er aufkommen muss, umfassen auch "Informations- und Kommunikationstechnik". Das heißt: Der Betriebsrat braucht sich nicht auf das "Schwarze Brett" verweisen zu lassen, sondern kann vom Arbeitgeber verlangen, ihm moderne Informations- und Kommunikationsmittel an die Hand zu geben - wozu ganz selbstverständlich auch ein Telefonanschluss gehört.
Praxistipp:
Der Betriebsrat entscheidet zunächst nach eigenem Ermessen, welche Informations- und Kommunikationstechnik er für erforderlich hält. Der Arbeitgeber ist jedoch nicht verpflichtet, seine Wunschliste Punkt für Punkt abzuarbeiten - z.B. iPads oder Smartphones mit unbegrenzter Internetflatrate. Wenn er die Wünsche seines Betriebspartners für überzogen hält, kann er ihre Erfüllung verweigern. Dann muss in einem arbeitsrechtlichen Beschlussverfahren geklärt werden, worauf der Betriebsrat einen Anspruch hat.
Der Arbeitgeber braucht nicht jeden Unfug mitzumachen. Der Einsatz gewünschter Informations- und Kommunikationstechnik muss erforderlich sein. Maßstab sind zum einen die Betriebsüblichkeit, zum anderen die vom Betriebsrat wahrzunehmenden Aufgaben. Insoweit kann man durchaus davon ausgehen, dass der Betriebsrat die gleichen Mittel haben muss, über die auch der Arbeitgeber verfügt und die er für seine Kommunikation nutzt. Ein Mobiltelefon gehört neben einem Festnetzanschluss in der Regel nicht zur erforderlichen Ausstattung.
2. Gesetzliche Grundlage
Der Arbeitgeber trägt die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten, § 40 Abs. 1 BetrVG. Nach § 40 Abs. 2 BetrVG gilt:
"Für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung hat der Arbeitgeber in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Information- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen."
Zur Informations- und Kommunikationstechnik gehören unter anderem
Anrufbeantworter
E-Mail
Festnetztelefon
Internetzugang
Intranetzugang
PC mit Software und Peripheriegeräten
Telefax
Vom Grundsatz her hat der Betriebsrat Anspruch auf die gleichen Informations- und Kommunikationsmittel, die auch der Arbeitgeber nutzt.
Wichtig: § 40 Abs. 2 BetrVG knüpft das Zurverfügungstellen an die Erforderlichkeit an. Diese Erforderlichkeit bewertet der Betriebsrat zunächst selbst. Dabei hat er einen gewissen Beurteilungsspielraum - wobei er die Entscheidung nicht allein nach seinem subjektiven Bedürfnis ausrichten darf:
"Die arbeitsgerichtliche Kontrolle seiner Entscheidung ist darauf beschränkt, ob das Sachmittel der Erledigung seiner gesetzlichen Aufgaben dient und ob die Interessen der Belegschaft und des Arbeitgebers angemessen berücksichtigt sind" (LAG Hamm, 14.05.2010 - 10 TaBV 97/09).
Die Überlassung eines Handys kann der Betriebsrat neben einem Festnetzanschluss nur dann verlangen, wenn das für die sachgerechte Erledigung seiner Aufgaben erforderlich ist (LAG Hamm, 20.05.2011 - 10 TaBV 81/10).
Die Einrichtung von Telefonen zur Kommunikation mit dem Betriebsrat in Betriebsstätten, in denen keine Mitglieder des Betriebsrats beschäftigt sind, kann der Betriebsrat nicht verlangen. Telefone, die den Mitarbeitern zur Verfügung stehen, sind keine Sachmittel des Betriebsrats im Sinn des § 40 Abs. 2 BetrVG.
3. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einige der interessantesten Entscheidungen zum Thema Betriebsrat und Telefonbenutzung in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet hinterlegt:
3.1 Betriebsratslose Betriebsstätten
Gibt es in einigen Betrieben des Arbeitgebers keinen Betriebsrat, kann der Gesamtbetriebsrat nach § 51 Abs. 1 BetrVG in Verbindung mit § 40 Abs. 2 BetrVG vom Arbeitgeber verlangen, die in seinem Büro und in den betriebsratslosen Betriebsstätten vorhandenen Telefone zum Zweck der wechselseitigen Erreichbarkeit freizuschalten. Zur Nutzbarkeit gehört eine Art und Weise, die dem Betriebsrat die Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben ermöglicht, "und dieser deshalb die technischen Veränderungen an der Anlage verlangen kann, die zu deren Nutzbarkeit erforderlich sind" (BAG, 09.12.2009 - 7 ABR 46/08).
3.2 Betriebsüblichkeit
"Das Verlangen auf Zurverfügungstellung einer bestimmten Technik bewegt sich im Rahmen des Beurteilungsermessens des Betriebsrats, wenn diese Technik seitens des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Erfüllung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben üblicherweise eingesetzt wird. Für die Annahme der Betriebsüblichkeit einer Technik genügt es, wenn sie der Arbeitgeber bei der Wahrnehmung einzelner betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben zur Anwendung bringt" (Leitsatz 4). Aber auch wenn der Betriebsrat ein Beurteilungsermessen hat: Er muss bei seiner Entscheidung die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigen (LAG Nürnberg, 24.08.2009 - 5 TaBV 32/06 - zu einem PC mit Peripheriegeräten).
3.3 Eigener Zugang?
Der Betriebsrat hat grundsätzlich kein Recht, von seinem Arbeitgeber einen Telefonanschluss oder eine Anbindung ans Internet zu verlangen, die vom bereits installierten Arbeitgebernetzwerk unabhängig ist. Der Arbeitgeber hat nach § 40 Abs. 2 BetrVG die erforderliche Infrastruktur zur Verfügung zu stellen - also braucht er seinem Betriebsrat in der Regelung nur die Möglichkeit zu eröffnen, seine Telekommunikationseinrichtung nutzen zu dürfen. Die bloß abstrakte Gefahr missbräuchlicher Ausnutzung technischer Kontrollmöglichkeiten rechtfertigt keine andere Bewertung der Rechtslage (BAG, 20.04.2016 - 7 ABR 50/14).
3.4 Erforderlichkeit
Da der Arbeitgeber seinem Betriebsrat nach § 40 Abs. 2 BetrVGInformations- und Kommunikationstechnik"in erforderlichem Umfang" zur Verfügung stellen muss, muss das Merkmal Erforderlichkeit auch bei der Nutzung dieser Technik durch den Betriebsrat beachtet werden. Informations- und Kommunikationstechnik stehen in § 40 Abs. 2 BetrVG gleichrangig neben den anderen Sachmitteln. Der Gesetzgeber will mit Beschränkung des Sachmittelanspruchs auf den erforderlichen Umfang vermeiden, dass eine übermäßige finanzielle Belastung des Arbeitgebers eintritt. "Damit ließe sich nicht in Einklang bringen, gerade in dem kostenintensiven Bereich moderner Bürotechnik ... auf die Prüfung der Erforderlichkeit zu verzichten" (BAG, 17.02.2010 - 7 ABR 54/09).
3.5 Einzelne Betriebsstätten
"Der Betriebsrat hat gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG einen Anspruch darauf, dass in den Verkaufsstellen, in denen Mitarbeiter tätig sind, Telefone nicht nur zur Verfügung stehen, sondern die Mitarbeiter eingehende Gespräche des Betriebsrats auch tatsächlich entgegennehmen können. Das setzt eine entsprechende technische Einrichtung der Telefonapparate voraus, die den Besonderheiten der Organisation der Verkaufsstelle gerecht werden" (LAG Niedersachsen, 21.09.2009 - 9 TaBV 98/08 - Leitsatz).
3.6 Entfernt liegende Betriebsstätten
Liegen die Betriebsstätten des Arbeitgebers zum Teil weit voneinander entfernt, hat der Betriebsrat - immer nach den Umständen des Einzelfalls - einen Anspruch gegen den Arbeitgeber, die vorhandene Telefonanlage so einrichten zu lassen, dass "jedes einzelne Betriebsratsmitglied an seinem Arbeitsplatz von den Arbeitnehmern des Betriebs angerufen werden kann". Die Telefonbenutzung zum Austausch von Informationen zwischen Betriebsrat und Mitarbeitern gehört zur Erfüllung der gesetzlichen Betriebsratsaufgaben. Eine sachgerechte Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte ist ohne Meinungs- und Informationsaustausch nicht möglich (BAG, 27.11.2002 - 7 ABR 33/01, s. auch BAG 27.11.2002 - 7 ABR 45/01).
3.7 Mehrere Amtsleitungen
"Die besonderen betrieblichen Verhältnisse können es erforderlich machen, dass für einen 5köpfigen Betriebsrat 4 Amtsleitungen freigeschaltet werden. Solche besonderen Verhältnisse sind gegeben, wenn der Betriebsrat für 21 Filialen im Umkreis von 70 km zuständig ist und in diesen Filialen eine große Zahl von Teilzeitarbeitnehmern bzw. Arbeitnehmern, deren Arbeitszeit nicht parallel zur Arbeitszeit der in anderen Filialen tätigen Betriebsratsmitglieder liegt, eingesetzt werden. Hierdurch steigt das Bedürfnis, das Betriebsratsmitglied des persönlichen Vertrauens auch von außerhalb erreichen zu können" (LAG Köln, 09.02.2004 - 2 (13) TaBV 65/03).
3.8 Gesamtbetriebsrat
"Der Gesamtbetriebsrat hat gemäß §§ 51 Abs. 1, 40 Abs. 2 BetrVG einen Anspruch auf Freischaltung der in den einzelnen Verkaufsstellen vorhandenen Telefonapparate zur Erfüllung von gesetzlichen Aufgaben, soweit ein örtlicher Betriebsrat nicht gebildet ist" (Leitsatz). Der Arbeitgeber hat auch dem Gesamtbetriebsrat nämlich für dessen laufende Geschäftsführung im erforderlichen Umfang Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen. Dienen die Mittel der modernen Information- und Kommunikationstechnik nämlich der Erfüllung seiner Aufgaben, hat auch der Gesamtbetriebsrat einen Anspruch darauf. "Der betriebsübliche Standard steht auch dem Betriebsrat zu" (LAG Baden-Württemberg, 30.04.2008 - 2 TaBV 7/07).
3.9 Streikaufruf per E-Mail
Stellt der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern einen personalisierten E-Mail-Account - vorname.name@arbeitgeber.de - zur Verfügung, berechtigt das Arbeitnehmer (hier: Betriebsratsvorsitzender und ver.di-Mitglied) nicht, über diesen Account betriebsintern via Intranet einen gewerkschaftlichen Streikaufruf zu verbreiten. Auch wenn § 74 Abs. 2 Satz 1 BetrVG - Grundsätze der Zusammenarbeit, Unzulässigkeit von Arbeitskampfmaßnahmen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat - dem Arbeitgeber keinen Unterlassungsanspruch gewährt: Dieser Anspruch folgt aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach kann der Eigentümer einer Sache vom Störer die Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen verlangen (BAG, 15.10.2013 - 1 ABR 31/12 - mit dem Hinweis, dass es unerheblich ist, ob der Arbeitgeber den E-Mail-Account seinem Mitarbeiter in seiner Funktion als Mandatsträger oder unabhängig davon zur Verfügung gestellt hat).
Siehe auch
Telefonbenutzung - AllgemeinesTelefonbenutzung - ArbeitnehmerTelefonbenutzung - DatenschutzTelefonbenutzung - MitbestimmungTelefonbenutzung - vermeidbare Fehler