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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Zu § 100 SGB X Rdnr. 5 bis 22 RdSchr. 07s, Zu Absatz 1 - Voraussetzungen der Auskunftspflicht
Zu § 100 SGB X Rdnr. 5 bis 22 RdSchr. 07s
Gemeinsames Rundschreiben zum Sozialdatenschutzrecht im SGB I und SGB X
Zu § 100 SGB X
Zu § 100 SGB X Rdnr. 5 bis 22 RdSchr. 07s – Zu Absatz 1 - Voraussetzungen der Auskunftspflicht
Auskunftspflichtige Personen
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(1) Der auskunftspflichtige Personenkreis umfasst Ärzte und Angehörige eines anderen Heilberufs.
(2) Die Auskunftspflicht des Arztes besteht unabhängig davon, ob er als Vertragsarzt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt (siehe dazu § 95 SGB V) oder an einer Gesundheitseinrichtung tätig ist, die in Vertragsbeziehungen zu dem anfragenden Leistungsträger (siehe dazu § 12 SGB I) steht. Die Vorschrift soll dem Leistungsträger gerade Zugang zu solchen Informationen ermöglichen, die ihm ansonsten nicht zur Verfügung ständen.
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Sofern die Auskunft nicht von einem Arzt, sondern von einem anderen Angehörigen eines Heilberufes eingeholt werden soll, ist ferner zu prüfen, ob für den Angehörigen dieses Heilberufes § 203 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) gilt. Nur bei den dort genannten Berufen kann eine Auskunft unter Berufung auf § 100 SGB X eingeholt werden. Neben den akademischen Heilberufen Arzt, Apotheker, Diplompsychologe, Tierarzt und Zahnarzt gehören dem auskunftspflichtigen Personenkreis damit weiterhin Angehörige von Heilhilfsberufen an, soweit für die Berufsausbildung oder die Führung einer Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erforderlich ist (z.B. Ergotherapeuten, Hebammen, Krankengymnasten, Krankenschwestern und -pfleger, Logopäden, Masseure, medizinische Bademeister, medizinisch-technische Assistenten, Orthoptisten, pharmazeutisch-technische Assistenten, Rettungsassistenten, nicht aber Heilpraktiker). Hilfsberufe wie z.B. Arzthelfer oder Zahntechniker zählen dagegen nicht zu Heil(hilfs-)berufen, die nach § 100 Abs. 1 SGB X auskunftspflichtig sind. Psychologen fallen dann nicht unter die Vorschrift, wenn sich ihre Tätigkeit nur auf Analyse und Begutachtung, nicht aber eine Behandlung mit dem Ziel der Verbesserung des Gesundheitszustandes bezieht.
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Auch ehemalige Ärzte oder Angehörige eines anderen Heilberufs können auskunftspflichtig nach § 100 Abs. 1 SGB X sein, denn es ist nicht erforderlich, dass der Arzt oder Angehörige eines anderen Heilberufs im Zeitpunkt des Auskunftsverlangens die betreffende Tätigkeit noch ausübt oder zu ihrer Ausübung noch berechtigt ist. Vielmehr müssen diese Voraussetzungen lediglich in dem Zeitpunkt vorgelegen haben, auf den sich die Auskunft beziehen soll.
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100 Abs. 1 Satz 3 SGB X erweitert die Auskunftspflicht auf Krankenhäuser sowie Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen und damit auf Institutionen, denen im sozialen Leistungsrecht, an das § 100 SGB X sachlich und begrifflich anknüpft, eine wesentliche Funktion zukommt (siehe z. B. §§ 23, 39, 40, 107 SGB V, § 13 SGB VI). Weil nur Menschen, nicht aber Einrichtungen Auskünfte erteilen können, kann sich die Auskunftspflicht nach § 100 Abs. 1 Satz 3 SGB X nur auf solche Personen beziehen, die die dort genannten Einrichtungen nach außen vertreten. Dagegen sind Ärzte und Angehörige anderer Heilberufe (mit dem Erfordernis einer staatlichen Ausbildung), die in Krankenhäusern oder Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen tätig sind, bereits selbst nach § 100 Abs. 1 Satz 1 SGB X zur Auskunft verpflichtet.
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Ärzte oder Angehörige eines anderen Heilberufs, die im Dienst des Leistungsträgers stehen, werden von § 100 SGB X nicht erfasst. In diesem Fall besteht bereits aufgrund des Dienstverhältnisses die Verpflichtung zur Weitergabe von Untersuchungsergebnissen.
Zur Durchführung von Aufgaben nach dem SGB erforderlich:
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Die erbetene Auskunft muss benötigt werden, um eine Aufgabe nach dem SGB (und nicht nur dem SGB X) erledigen zu können. Aufgaben nach dem SGB sind auch solche, die sich aus einer Verordnung ergeben, deren Ermächtigungsgrundlage sich im SGB findet.
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Die Auskunft muss für den Leistungsträger für die Durchführung seiner Aufgaben aus dem SGB erforderlich sein. Der Leistungsträger darf die Informationen nicht auch anderweitig erlangen können, etwa durch Einsicht in eigene Akten oder Befragung des Leistungsberechtigten.
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Die Festlegung, was als Auskunft erforderlich ist, fällt in den Verantwortungsbereich der um Auskunft ersuchenden Stelle, die ihr Auskunftsbegehren grundsätzlich kurz begründen sollte. Der Umfang der Auskunftspflicht beschränkt sich auf Informationen über die Gesundheitsverhältnisse und ihre Bewertung und umfasst damit auch solche Daten, die im Austausch mit anderen Leistungsträgern erhoben oder gesammelt worden sind. Nicht erfasst werden dagegen Befundberichte anderer Ärzte, weil diese gesondert auskunftspflichtig sind.
Im Einzelfall auf Verlangen
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Der Leistungsträger muss die Auskunft vom Auskunftspflichtigen verlangen. Ohne entsprechendes Ersuchen darf der Auskunftspflichtige nicht von sich aus tätig werden.
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Die Auskunftspflicht besteht nur im Einzelfall, d.h. dass sich das Auskunftsersuchen des Leistungsträgers auf einen bestimmten Sachverhalt und Betroffenen beziehen muss. Die Auskunft nach § 100 Abs. 1 SGB X darf nicht erteilt werden, wenn sie nur für allgemeine Erhebungen, die Anfertigung von Statistiken oder ähnliche Zwecke benötigt wird.
Gesetzliche Zulassung oder Einwilligung des Betroffenen
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Die Auskunftspflicht setzt im Übrigen voraus, dass eine gesetzliche Erlaubnis zur Auskunftserteilung eingreift oder eine entsprechende Einwilligung des Betroffenen im Einzelfall vorliegt. Zu beachten ist, dass eine von den Anforderungen her erfüllte gesetzliche Auskunftspflicht auch dann besteht, wenn der Betroffene widerspricht.
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Mit gesetzlicher Erlaubnis sind nur Gesetze im formellen Sinne gemeint, so dass eine Verordnung oder eine Satzung ausscheidet. Beispiele entsprechender gesetzlicher Erlaubnisnormen sind sowohl die Regelungen über die vertragsärztliche Versorgung gemäß §§ 72 bis 106 SGB V (siehe außerdem auch §§ 294 ff. SGB V) sowie § 203 SGB VII im Verhältnis der Ärzte und Zahnärzte zu den Trägern der Unfallversicherung. Weiterhin ist § 8 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) zu nennen.
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Ist die Auskunftserteilung nicht gesetzlich zugelassen, muss die Einwilligung des Betroffenen vorliegen. Die Einwilligung muss vor dem Stellen des Auskunftsersuchens vorliegen. Sie darf nicht allgemein gehalten sein, sondern muss erkennen lassen, dass sie nur für den Einzelfall gilt. Darunter ist der Leistungsfall zu verstehen, zu dessen Erledigung auch mehrere Auskünfte in gewissen zeitlichen Abständen gehören können. Die Schriftform ist vorgeschrieben. Auf sie kann nur dann verzichtet werden, wenn wegen besonderer Umstände die Einwilligung in einer anderen Form eingeholt wird, z. B. in Eilfällen und bei Auslandsaufenthalten. Ferner kommt die mündliche Erweiterung einer bereits erteilten schriftlichen Einwilligung durch den Betroffenen um ergänzende Auskünfte in Betracht.
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Im Hinblick auf die Einwilligung nach § 100 Abs. 1 SGB X ist zu beachten, dass es insoweit - anders als nach § 67b Abs. 2 Satz 3 SGB X - nicht erforderlich ist, dass der Betroffene schriftlich besonders darauf hinzuweisen ist, wenn die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen erteilt wird.
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In Fällen, in denen Zweifel bestehen, ob eine gesetzlich zugelassene Auskunftserteilung angenommen werden kann, empfiehlt sich die vorsorgliche Einholung der Einwilligung des Betroffenen im konkreten Einzelfall.
Konkurrenz zu anderen Vorschriften
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Soweit in den gesetzlichen Erlaubnisnormen zusätzliche Regelungen für die Auskünfte der in § 100 Abs. 1 SGB X genannten Personen und Institutionen (Krankenhäuser sowie Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen) enthalten sind, sind diese gegenüber § 100 SGB X vorrangig. Solche Mitteilungspflichten bestehen insbesondere für Vertragsärzte, Krankenhäuser und andere Leistungserbringer gegenüber den Krankenkassen bzw. dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (siehe §§ 275a Abs. 3, 276 Abs. 2 Satz 1, 295 Abs. 1 und 2a, 299, 300 Abs. 1 Nr. 2, 301 Abs. 1 und 4, 301a, 302 SGB V). Als Anwendungsfälle von § 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X sind im Bereich der Krankenversicherung § 73 Abs. 2 Nr. 9 SGB V i.V.m. § 36 Bundesmantelvertrag - Ärzte und § 18 Arzt-/Ersatzkassen-Vertrag über die gesetzlich zulässige Auskunftserteilung durch Vertragsärzte an Krankenkassen und den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung sowie § 276a Abs. 2a SGB V für die gesetzlich zulässige Übermittlung von Daten zwischen dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung und einem von ihm beauftragten Gutachter zu nennen.
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Insgesamt wird deutlich, dass sowohl das SGB VII als auch insbesondere das SGB V eine datenschutzrechtliche Durchnormierung der Datenflüsse enthalten und dies zur Folge hat, dass die Vorschrift des § 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X insoweit an Bedeutung verloren hat.
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Soweit im Rahmen der genannten Vorschriften Auskünfte möglich oder gar geboten sind, ist die Einwilligung des Betroffenen nicht notwendig. Bei allen anderen Fällen sind Auskünfte auf der Grundlage von § 100 SGB X nur mit Einwilligung des Betroffenen zulässig. Dies gilt insbesondere für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung, wo spezielle Regelungen fehlen.