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BSG, 27.03.1958 - 5 RKn 17/57 - Unzulässigkeit einer Berufung wegen Nichteinhaltung der Berufungsfrist; Wirksamkeit der Ersatzzustellung eines Urteils bei einer Schreibkraft einer Gewerkschaft; Analoge Anwendung der Zustellungsregeln auf Verbandsvertreter (Gewerkschafssekretär); Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Bundessozialgericht
Urt. v. 27.03.1958, Az.: 5 RKn 17/57
Unzulässigkeit einer Berufung wegen Nichteinhaltung der Berufungsfrist; Wirksamkeit der Ersatzzustellung eines Urteils bei einer Schreibkraft einer Gewerkschaft; Analoge Anwendung der Zustellungsregeln auf Verbandsvertreter (Gewerkschafssekretär); Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Fundstellen:
BSGE 7, 98 - 102
DB (Beilage) 1958, 7 (Volltext)
DB-Beilage 1958, 7 (Volltext)
BSG, 27.03.1958 - 5 RKn 17/57
In dem Rechtsstreit
hat der 5. Senat des Bundessozialgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 27. März 1958
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Februar 1957 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
1
Der Ehemann der Klägerin zu 1) sowie Vater der Kläger zu 2) und 3) war auf der Zeche Concordia 4/5 in Oberhausen beschäftigt. Am 19. September 1953 verunglückte er auf der Heimfahrt von der Zeche tödlich. Die von den Klägern erhobenen Hinterbliebenenansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 24. Juni 1954 ab, weil der Versicherte anläßlich des Heimwegs für längere Zeit ein Gasthaus aufgesucht und dort in erheblichem Umfang Alkohol zu sich genommen habe, wodurch der Zusammenhang mit dem Betriebe gelöst worden sei, so daß der weitere Heimweg nicht mehr unter Versicherungsschutz gestanden habe.
2
Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage wies das Sozialgericht durch Urteil vom 14. Dezember 1955 ab; es bestätigte die Rechtsauffassung der Beklagten. Das Urteil wurde laut Postzustellungsurkunde am 25. Januar 1956 zugestellt. Da der Postbote den Prozeßbevollmächtigten der Kläger erster Instanz, den Gewerkschaftssekretär Josef L. im Haus der Industrie-Gewerkschaft Bergbau in Duisburg-Hamborn, in welchem sich dessen Büro befindet, nicht antraf, stellte er den Brief ersatzweise der Schreibkraft der Industrie-Gewerkschaft Bergbau, Frau C. zu, welche beauftragt war, bei Abwesenheit des Gewerkschaftssekretärs I. die für diesen bestimmten Postsendungen in Empfang zu nehmen und an ihn weiterzuleite. Die zugestellte Urteilsausfertigung trägt den Eingangsstempel der Industrie-Gewerkschaft Bergbau vom 26. Januar 1956.
3
Mit Schreiben vom 24. Februar 1956, das am Abend dieses Tages zur Post gegeben, von der Post in Mülheim-Ruhr am 25. Februar 1956 bearbeitet wurde und den Eingangsstempel des Landessozialgerichts in Essen vom 27. Februar 1956 trägt, legten die Kläger, vertreten durch ihren Prozeßbevollmächtigten zweiter Instanz, Rechtsanwalt C. Berufung ein und beantragten - hilfsweise - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
4
Das Landessozialgericht verwarf die Berufung als unzulässig, weil sie verspätet eingelegt worden sei. Das Urteil des Sozialgerichts sei am 25. Januar 1956 ordnungsgemäß dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger zugestellt worden. Dieser sei bei der Zustellung zwar nicht anwesend gewesen, es sei aber ordnungsgemäß in entsprechender Anwendung des § 183 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) im Wege der Ersatzzustellung an die Schreibkraft Cramer zugestellt worden. Den von den Klägern gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lehnte das Landessozialgericht ab, weil der Prozeßbevollmächtigte der Kläger den die Berufung enthaltenden Brief erst am 24. Februar 1956 so spät zur Post gegeben habe, daß er mit einer Zustellung am nächsten Tag nicht mehr habe rechnen können. Das Landessozialgericht hat die Revision zugelassen.
5
Die Kläger haben gegen das ihnen am 12. April 1957 zugestellte Urteil durch ihren Prozeßbevollmächtigten zweiter Instanz, Rechtsanwalt S. Mülheim-Buhr, durch Schriftsatz vom 29. April 1957 am 2. Mai 1957 Revision eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Sie sind der Auffassung, daß das Landessozialgericht zu Unrecht die Berufung als unzulässig verworfen habe; § 183 Abs. 2 ZPO könne nur auf Rechtsanwälte angewandt werden, so daß die Ersatzzustellung am 25. Januar 1956 unwirksam gewesen sei und die Zustellung erst als am 26. Januar 1956 erfolgt angesehen werden müsse, weil der damalige Prozeßbevollmächtigte das Urteil erst an diesem Tage erhalten habe, wie aus dem Eingangsstempel der Gewerkschaft zu entnehmen sei. Im übrigen sei aber auch das Schreiben tatsächlich schon am 25. Februar 1956 beim Landessozialgericht eingegangen, nur sei der Eingangsstempel erst am Montag, dem 27. Februar 1957, angebracht worden. Außerdem sei zu Unrecht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verweigert worden; sie hätten damit rechnen dürfen, daß das Berufungsschreiben noch am 25. Februar 1956 bei dem Landessozialgericht eingehen würde, weil sie es bereits am 24. Februar 1956 in Mülheim zur Post gegeben hätten.
6
Sie beantragen,
das angefochtene Urteil abzuändern und nach ihren in der Schlußverhandlung vor dem Landessozialgericht in Essen gestellten Anträgen zu erkennen.
7
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
8
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Gründe
9
Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist auch statthaft. Es mußte ihr jedoch der Erfolg versagt werden.
10
Wie das Landessozialgericht zu Recht angenommen hat, ist das Urteil des Sozialgerichts wirksam am 25. Januar 1956 zugestellt worden. Da der damalige Prozeßbevollmächtigte der Kläger, der Gewerkschaftssekretär L. im Gewerkschaftshaus der Industrie-Gewerkschaft Bergbau, in welchem sich sein Büro befindet, nicht angetroffen wurde, konnte der Postbote das Urteil, wie das Berufungsgericht zu Recht entschieden hat 9 ersatzweise an die Angestellte C. zustellen. Gemäß § 63 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) wird nach §§ 2 bis 15 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) vom 3. Juli 1952 (BGBl. I S. 379) zugestellt. Da hier das Sozialgericht die Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde gewählt hat, gelten nach § 3 Abs. 3 VwZG die §§ 180 bis 186 und 195 Abs. 2 ZPO. Weder § 183 Abs. 1 noch Abs. 2 ZPO sind hier ihrem Wortlaut nach anwendbar, da ein Gewerkschaftssekretär weder Gewerbetreibender noch Rechtsanwalt oder Notar ist. Bei der Anwendung dieser Vorschriften sind aber die Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens entsprechend zu berücksichtigen. Es handelt sich zwar bei den Zustellungsvorschriften um Formvorschriften, die eine strenge Auslegung erfordern. Es darf aber nicht übersehen werden, daß es sich hier wie bei jeder Anwendung von Vorschriften auf fremde Rechtsgebiete nur um eine entsprechende, d. h. eine dem fremden Rechtsgebiet gemäße Anwendung handeln kann. Der Unterschied des sozialgerichtlichen Verfahrens zum Zivilprozeß liegt in der hier maßgebenden Hinsicht darin, daß im sozialgerichtlichen Verfahren entgegen dem Zivilprozeß die Prozeßvertretungen in entscheidendem Umfang nicht von Anwälten oder Prozeßagenten, deren Verhältnisse die ZPO allein im Auge hat, sondern von Verbandsvertretern durchgeführt werden. Während der Gesetzgeber der ZPO wegen der geringen Zahl derartiger Prozeßvertretungen überhaupt nicht an die Regelung dieser Fälle zu denken brauchte, erfordert das sozial-gerichtliche Verfahren eine Regelung dieser Frage. Bei der großen Zahl der von diesem Personenkreis durchgeführten Verfahren und dem Umstand, daß sie wegen ihrer Vertretungstätigkeit vor Gericht häufig in ihrem Büro nicht anwesend sind, würde es nicht vertretbar sein, wenn die Postsendungen nicht nach § 183 ZPO ersatzweise an das Büropersonal zugestellt werden könnten, da dann praktisch nur eine Ersatzzustellung nach § 181 ZPO an die Hausgenossen in der Privatwohnung erfolgen könnte. Dies Ergebnis aber wäre nicht tragbar. Es liegt hier also eine Gesetzeslücke vor, die dadurch auszufüllen ist, daß § 183 Abs. 2 ZPO auf Verbandsvertreter entsprechend angewandt wird (vgl. dazu auch Tesmer, Die Ortskrankenkasse, 1957, So 245 ff.). Das Landessozialgericht hat daher zu Recht § 183 Abs. 2 ZPO entsprechend auf die in § 73 Abs. 6 Satz 3 SGG und § 166 Abs. 2 SGG besonders hervorgehobenen Verbandsvertreter angewandt. Diese Verbandsvertreter sind zwar keine Rechtsanwälte, haben aber im sozialgerichtlichen Verfahren eine den Rechtsanwälten weitgehend vergleichbare prozessuale Stellung, sind insbesondere ebenso wie die Rechtsanwälte zur Vertretung vor dem Bundessozialgericht zugelassen. Das Reichsarbeitsgericht hat zwar von einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift auf das - damalige - arbeitsgerichtliche Verfahren abgesehen (vgl. RAG 3, 291; JW. 1929 S. 1326; Volkmar, ArbGG 4. Aufl., § 11 Anm. 9 a E). Später ist diese Frage allerdings gesetzlich in dem hier angegebenen Sinn geregelt worden (vgl. VO. zur Vereinfachung von Zustellungen v. 17.6.1933; § 50 ArbGG). Volkmar (vgl. 4. Aufl., a.a.O.) hat entgegen dem Reichsarbeitsgericht von vornherein, also bereits ohne diese gesetzliche Regelung, den Standpunkt vertreten, daß eine entsprechende Anwendung auch für das arbeitsgerichtliche Verfahren zu diesem Ergebnis führen müsse. Diesem Gedanken ist für das sozial-gerichtliche Verfahren zuzustimmen. Dem Standpunkt des Reichsarbeitsgerichts kann nicht beigepflichtet werden, weil es nicht entscheidend darauf ankommt, ob das Büropersonal in einem Arbeitsvertrag zu den Prozeßvertreter steht; es genügt vielmehr, daß der Verbandsvertreter kraft eines Überordnungsverhältnisses in der Lage ist, das betreffende Büropersonal zu beaufsichtigen, insbesondere also durch Anweisungen und Überprüfungen sicherzustellen, daß die zugestellten Postsendungen an ihn abgeliefert werden. Ein solches Überordnungsverhältnis liegt nicht nur dann vor, wenn die Hilfskraft dem Prozeßbevollmächtigten in vollem Umfang, sondern auch, wenn sie ihm nur teilweise zugeteilt ist, und es ist auch als ausreichend anzusehen, wenn sie ihm lediglich zu dem Zwecke zugeteilt ist, in seiner Abwesenheit die für ihn bestimmten Postsendungen in Empfang zu nehmen und an ihn weiterzuleiten. Die Feststellungen des Landessozialgerichts lassen zwar nicht mit genügender Deutlichkeit erkennen, ob Frau C. als Schreibkraft ganz oder teilweise dem Gewerkschaftssekretär I. zugeteilt ist, immerhin aber ist aus den Urteilsgründen in Verbindung mit der dieses Urteil betreffenden Postzustellungsurkunde und der die Terminsladung betreffenden Postzustellungsurkunde mit genügender Deutlichkeit zu entnehmen, daß Frau C. zumindest beauftragt war, die für den Gewerkschaftssekretär I. bestimmten Postsendungen bei dessen Abwesenheit entgegenzunehmen und an ihn weiterzuleiten.
11
Es bestehen somit keine Bedenken, insoweit die Voraussetzungen des § 183 Abs. 2 ZPO als erfüllt anzusehen. Nach § 183 Abs. 2 ZPO muß die Ersatzzustellung allerdings an einen in den Geschäftsräumen des Rechtsanwalts anwesenden Gehilfen oder Schreiber zugestellt werden. Die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift kann nicht dazu führen, eine Ersatzzustellung nur in dem Büro des Prozeßbevollmächtigten selbst als wirksam anzusehen; denn wenn ihm auch vielfach ein besonderer Raum zur Verfügung gestellt sein wird, steht ihm doch auch die übrige Büroorganisation der betreffenden Verbandsgeschäftsstelle zur Erledigung seiner Arbeiten zur Verfügung. Sinnvoll kann man daher diese Vorschrift nur dahin entsprechend anwenden, daß es genügt, wenn ebenso wie an ihn, so auch nach § 183 Abs. 2 ZPO an die Hilfskraft in den Räumen der Verbandsgeschäftsstelle zugestellt wird, in denen der Prozeßbevollmächtigte beschäftigt ist. Tesmer (a.a.O. S. 246) meint darüber hinaus, auch die Ersatzzustellung an die dem Prozeßbevollmächtigten gleichgeordneten oder übergeordneten, in derselben Verbandsgeschäftsstelle beschäftigten Angehörigen des Verbandes müsse als wirksam angesehen werden. Ob dieser weitergehenden Auffassung gefolgt werden kann, bedurfte keiner Entscheidung, da hier jedenfalls, wenn auch nur beschränkt auf die besondere Aufgabe der Entgegennahme und Weiterleitung von Postsendungen, ein solches Überordnungsverhältnis bestand.
12
Da somit das Urteil des Sozialgerichts am 25. Januar 1955 zugestellt ist, lief die Berufungsfrist nach § 151 in Verbindung mit § 64 SGG am 25. Februar 1956 ab. Eingegangen ist die Berufung nach dem Eingangsstempel des Landessozialgerichts aber erst am 27. Februar 1956, also verspätet. Der Eingangsstempel des Landessozialgerichts ist nach § 418 ZPO maßgebend. Er bezeugt, daß die Berufungsschrift erst am 27. Februar 1956 bei dem Landessozialgericht eingegangen ist. Die Kläger behaupten zwar, sie sei schon am 25. Februar 1956 beim Landessozialgericht eingegangen, nur sei, weil dies ein Sonnabend gewesen sei, der Eingangsstempel erst am Montag, dem 27. Februar 1956, angebracht worden. Sie haben jedoch weder einen Beweis dafür antreten können, daß das Schreiben bereits am 25. Februar 1956 beim Landessozialgericht eingegangen ist, noch sind auch sonst Umstände ersichtlich, aus weichen geschlossen werden könnte, daß die Berufungsschrift entgegen dem durch den Eingangsstempel angegebenen Tag schon früher beim Landessozialgericht eingegangen wäre. Insbesondere ist die Annahme der Klüger, nach allgemeiner Erfahrung müsse angenommen werden, daß Briefe, welche noch am Vormittag in Mülheim bei der Post gelegen haben, so rechtzeitig beim Postamt in Essen eingingen, daß sie noch mit der zweiten Postzustellung am Samstag ausgetragen und damit dem Landessozialgericht zugehen würden, unrichtig; einen allgemeinen Erfahrungssatz dieses Inhalts gibt es nicht, wie das Landessozialgericht zu Recht angenommen hat. Trotz der verhältnismäßig geringen Entfernung und der guten Zugverbindungen ist es durchaus möglich, daß Postsendungen erst so spät beim Postamt in Essen eingehen, daß sie nicht mehr an demselben Tage mit der zweiten Postzustellung ausgetragen werden.
13
Ein Wiedereinsetzungsgrund ist nicht gegeben. Nach dem Urteil des 3. Senats des Bundessozialgerichts vom 23. September 1955 (BSG. 1, 227) ist die Versäumung einer Rechtsmittelfrist nicht verschuldet im Sinne des § 67 SGG, wenn die Rechtsmittelschrift so zeitig zur Beförderung bei der Post aufgegeben worden ist, daß das Schreiben bei normalem Postgang rechtzeitig bei der für die Erledigung des Rechtsmittels zuständigen Stelle eingehen mußte. Dieser Ansicht schließt sich der erkennende Senat an. Wie danach zu entscheiden wäre, wenn die Kläger den Brief am 24. Februar 1956 noch so rechtzeitig zur Post gegeben hätten, daß er noch an diesem Tage von der Post in Mülheim-Ruhr bearbeitet worden wäre, bedarf keiner Prüfung. Aus dem Umstand aber daß der Brief erst am nächsten Tage von der Post in Mülheim-Ruhr bearbeitet worden ist, muß mangels jeglicher entgegenstehender Beweise geschlossen werden, daß die Kläger den Brief am 24. Februar 1956 erst abends nach der letzten Leerung in einen normalen Briefkasten, also nicht bei der Post selbst oder in einen Nachtbriefkasten, abgeworfen haben. Praktisch ist dieser Fall also so zu beurteilen, als ob der Brief erst am 25. Februar 1956 früh morgens der Post zur Beförderung übergeben worden wäre. Dann aber durften die Kläger sich nicht darauf verlassen, daß der Brief noch so rechtzeitig vor der zweiten Postzustellung beim Postamt in Essen einging, daß er noch ausgetragen werden konnte. Wenn auch bei der geringen Entfernung beider Städte und der guten Zugverbindung die Möglichkeit bestand, daß der Brief noch rechtzeitig in Essen ankam, so mußten die Kläger doch auch damit rechnen, daß die Beförderung einmal nicht in der schnellstmöglichen Zeit erfolgen, sondern etwas länger als gewöhnlich dauern würde, ohne daß gerade außerordentliche Vorgänge (Betriebsstörungen, Zugunglücke, Liegenlassen des Briefes infolge Versehens eines Postbeamten etc.) Veranlassung dazu gegeben hätten. Da die Kläger somit nicht ohne Verschulden die Verfahrensfrist versäumt haben, ist ein Wiedereinsetzungsgrund nicht gegeben. Eine Wiedereinsetzung ist auch nicht etwa deshalb möglich, weil der Prozeßbevollmächtigte erster Instanz den Klägern - wie sie behaupten - nicht mitgeteilt hat, wann die Zustellung erfolgt ist, oder etwa weil der Prozeßbevollmächtigte zweiter Instanz sich nicht durch Akteneinsicht bei Gericht vergewissert hat, wann die Zustellung erfolgt ist. Ob darin ein Verschulden zu erblicken ist, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn dies der Fall wäre, fallen doch dessen Folgen den Klägern zur Last.
14
Nach alledem war die Revision unbegründet. Sie mußte daher zurückgewiesen werden.
15
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Von Rechts wegen.