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BAG, 14.06.1989 - 5 AZR 330/88 - Voraussetzungen für die Einordnung einer in der Bundesrepublik Deutschland nicht rechtsfähigen Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR); Haftung der Organe einer im Inland nicht rechtsfähigen juristischen Person; Kriterien für die Auslegung eines Arbeitsvertrages
Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 14.06.1989, Az.: 5 AZR 330/88
Voraussetzungen für die Einordnung einer in der Bundesrepublik Deutschland nicht rechtsfähigen Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR); Haftung der Organe einer im Inland nicht rechtsfähigen juristischen Person; Kriterien für die Auslegung eines Arbeitsvertrages
Verfahrensgang:
vorgehend:
ArbG Düsseldorf - 26.02.1987 - AZ: 7 Ca 6418/86
LAG Düsseldorf - 15.12.1987 - AZ: 3 Sa 404/87
BAG, 14.06.1989 - 5 AZR 330/88
Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 1989
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Thomas,
die Richter Dr. Gehring und Dr. Olderog sowie
die ehrenamtlichen Richter Prof. Dr. Krems und Arntzen
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Auf die Revision des Beklagten zu 2) wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 15. Dezember 1987 - 3 Sa 404/87 - aufgehoben.
- 2.
Auf die Berufung des Beklagten zu 2) wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. Februar 1987 - 7 Ca 6418/86 - abgeändert, soweit der Beklagte zu 2) zur Zahlung von 11.680,- DM brutto und von 578,40 DM netto jeweils nebst 4 % Zinsen sowie zum Ausfüllen und zur Herausgabe der Arbeitsbescheinigung nach § 133 AFG und zum Ausfüllen der Lohnsteuerkarte und des Versicherungsnachweisheftes verurteilt wurde:
Insoweit wird die Klage abgewiesen.
- 3.
Im übrigen wird die Berufung des Beklagten zu 2) gegen das vorbezeichnete Teilurteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf zurückgewiesen.
- 4.
Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten 12.892,81 DM nebst 4 % Zinsen seit 9. September 1987 zu zahlen.
- 5.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
1
Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Beklagte zu 2) für die Ansprüche des Klägers aus seinem Arbeitsvertrag einzustehen hat. In diesem Zusammenhang sind die Parteien unterschiedlicher Auffassung darüber, ob der Beklagte zu 1) sein Architekturbüro in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft mit dem Beklagten zu 2) betrieben hat und deswegen beide Vertragspartner des Klägers gewesen sind.
2
Der Kläger und der Beklagte zu 1) haben mit Datum vom 1. Juni 1986 einen Arbeitsvertrag unterzeichnet, in dem einleitend als Vertragspartner des Klägers "A., E." genannt wird. Der Kläger hat vom 1. Juni bis zum 13. November 1986 im Büro des Beklagten zu 1) als Architekt gearbeitet.
3
Im Handelsregister des Bezirksgerichts von und zu Luxemburg war seit dem 7. Dezember 1984 eine Aktiengesellschaft mit der Firmenbezeichnung "A. S. A." eingetragen. Der Beklagte zu 2) ist ein in D. ansässiger Rechtsanwalt. Er war, zusammen mit zwei ausländischen juristischen Personen, Mitglied des Verwaltungsrates dieser Gesellschaft. Der Beklagte zu 1) war Direktor zusammen mit dem Diplomingenieur S.. Laut Handelsregisterauszug waren der Beklagte zu 1) und Herr S. beide berechtigt, die Gesellschaft gemeinsam mit einem Mitglied des Verwaltungsrates zu vertreten. Die Gesellschaft unterhielt in Luxemburg keinen eigenen Bürobetrieb und beschäftigte dort keine Arbeitnehmer.
4
Das Nettogehalt des Klägers für den Monat Juni 1986 hat der Beklagte zu 2) mit einem auf sein Konto ausgestellten Scheck bezahlt und den Kläger ab 1. Juni 1986 über die Betriebsnummer seiner Rechtsanwaltspraxis zur Sozialversicherung angemeldet sowie für den Monat Juni 1986 die Sozialversicherungsbeiträge für ihn abgeführt. Später hat er den Kläger ab 1. Juli 1986 bei der Sozialversicherung wieder abgemeldet. Das Gehalt für Juli 1986 und für August 1986 hat der Beklagte zu 1) Anfang September 1986 mit zwei Schecks bezahlt. Danach hat der Kläger das vereinbarte Bruttogehalt von 4.800,- DM nicht mehr erhalten.
5
Der Kläger fordert in diesem Rechtsstreit - soweit revisionsrechtlich noch von Interesse - vom Beklagten zu 2) das Gehalt für die Zeit vom 1. September bis zum 13. November 1986 sowie Auslagenersatz (195,60 DM Fahrtkosten und 382,80 DM für Zeichnungskopien) und Herausgabe seiner ausgefüllten Arbeitspapiere.
6
Diese Forderungen richtet er gegen den Beklagten zu 2) mit der Begründung, der Beklagte zu 2) sei ebenso wie der Beklagte zu 1) Organ einer in der Bundesrepublik Deutschland nicht rechtsfähigen Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts, denn sie sei nicht im Handelsregister der Bundesrepublik Deutschland eingetragen, obwohl sie ausschließlich von den Büros der Beklagten aus verwaltet worden sei. Da die Beklagten die Ziele dieser Gesellschaft von der Bundesrepublik Deutschland aus verfolgt hätten, seien sie als Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft tätig geworden. Somit müßte auch der Beklagte zu 2) für die Ansprüche des Klägers aus seinem Arbeitsvertrag einstehen.
7
Der Kläger hat beantragt
- 1.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn DM 9.600,- brutto nebst 4 % Zinsen aus DM 4.800,- brutto seit dem 03.09.1986 und aus weiteren DM 4.800,- seit dem 03.10.1986 zu zahlen;
- 2.
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung des Beklagten zu 1) vom 13.11.1986 nicht aufgelöst worden sei, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus fortbestehe;
- 3.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn Reisekostenentschädigung in Höhe von DM 578,40 zuzüglich 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen;
- 4.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, DM 3.386,96 Rentenversicherungsbeiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil für die Zeit vom 01.07.1986 bis 31.10.1986) zu zahlen, an die BfA, Berlin-Wilmersdorf, Ruhrstraße 2, zu seiner Versicherungsnr. 53 060443 T 039;
- 5.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, seit 01.07.1986 monatlich abzuführende Lohnsteuer von DM 711,- für die Zeit bis zum 31.10.1986, also DM 2.844,- an das Finanzamt R. zu seiner Steuernummer zu zahlen;
- 6.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, Arbeitslosenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01.07.1986 bis zum 31.10.1986 in Höhe von DM 4 × 192,02 an die Bundesanstalt für Arbeit zu zahlen;
- 7.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, Kirchensteuer in Höhe von monatlich DM 59,50 für die Zeit vom 01.07. bis zum 31.10.1986, insgesamt DM 238,00 an das FA R. für ihn zu zahlen;
- 8.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn DM 2.080,- für die Zeit vom 01. bis 13.11.1986 zu zahlen;
- 9.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn die Arbeitspapiere, bestehend aus LStK, Versicherungsnachweisheft und Arbeitsbescheinigung herauszugeben, letzteres ordnungsgemäß ausgefüllt und unterschrieben.
8
Die Beklagten haben
Klageabweisung
9
beantragt und geltend gemacht, sie hätten nur als Organ einer Aktiengesellschaft mit Firmensitz in Luxemburg unterschiedliche Funktionen ausgeübt. Zwischen ihnen habe keine BGB-Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland bestanden. Sie hätten weder einen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen noch hätten sie einen gemeinsamen Gesellschaftszweck verfolgt.
10
Das Arbeitsgericht hat dem Kläger durch Teilurteil das Gehalt für die Zeit vom 1. September bis zum 13. November 1986 sowie den von ihm begehrten Auslagenersatz zuerkannt und die Beklagten zur Herausgabe der ausgefüllten Arbeitspapiere des Klägers verurteilt, jedoch die Feststellungsklage gegen die Kündigung abgewiesen. Der Kläger hat das Teilurteil gegen den Beklagten zu 2) vollstreckt.
11
Gegen das vorbezeichnete Teilurteil hat nur der Beklagte zu 2) Berufung eingelegt und im Wege der Widerklage die Rückzahlung der vollstreckten Zahlungsforderung in Höhe von 12.892,91 DM begehrt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Widerklage abgewiesen. Der Beklagte zu 2) will mit der Revision die Abweisung der Klage erreichen und hält seine Widerklage aufrecht.
12
Während der Revisionsinstanz hat das Arbeitsgericht durch rechtskräftiges Schlußurteil die Anträge des Klägers auf Verurteilung der Beklagten zur Entrichtung von Steuern und Sozialabgaben (Arbeitgeberanteile) abgewiesen und dem Kläger 53/100 sowie den Beklagten 47/100 der Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Gründe
13
Die Revision des Beklagten zu 2) ist begründet, soweit er sich gegen die Verurteilung zur Zahlung des Gehalts für die Zeit vom 1. September 1986 bis zum 13. November 1986 und gegen die Zahlung des vom Kläger geforderten Auslagenersatzes wendet. In diesem Umfang war auf die Berufung des Beklagten zu 2) das Teilurteil des Arbeitsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen. Auf die Widerklage des Beklagten zu 2) war der Kläger zur Rückzahlung des aus dem angefochtenen Teilurteil bereits vollstreckten Betrages von 12.892,81 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 9. September 1987 zu verurteilen (§ 717 Abs. 2 ZPO).
14
Dagegen ist die Revision nicht begründet, soweit der Beklagte zu 2) die Herausgabe der in seinem Besitz befindlichen Arbeitspapiere verweigert hat. Allerdings braucht er sie nicht auszufüllen.
15
I.
Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts haftet der Beklagte zu 2) als Gesamtschuldner für die Forderungen des Klägers aus dem Arbeitsvertrag, weil er das Architekturbüro zusammen mit dem Beklagten zu 1) in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft betrieben habe. Das Berufungsgericht hat das im wesentlichen folgendermaßen begründet: Die Beklagten zu 1) und 2) seien Organe einer in der Bundesrepublik Deutschland nicht rechtsfähigen Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts. Da die Beklagten die Ziele dieser Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland gemeinsam verfolgt hätten, seien sie als Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft aufgetreten und müßten deswegen für die Ansprüche des Klägers aus dem Arbeitsvertrag einstehen. Nach dem für die Beklagten zu 1) und 2) maßgeblichen Gesellschaftsvertrag der Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts sei ein Handeln der Gesellschaft nach außen ohne die gemeinsame Mitwirkung der Beklagten zu 1) und 2) nicht möglich gewesen.
16
II.
Demgegenüber rügt die Revision zu Recht, daß die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts für einen Gesellschaftsvertrag zwischen dem Beklagten zu 1) und 2) nicht ausreichen. Die Betätigung für eine nach deutschem Recht nicht rechtsfähige ausländische Gesellschaft führt nicht zwangsläufig zur Gründung einer BGB-Gesellschaft. Vielmehr müssen die für eine BGB-Gesellschaft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sein: Die Beklagten müssen sich gegenseitig vertraglich verpflichtet haben, durch Zusammenwirken einen gemeinsamen Zweck zu fördern (BAGE 26, 320, 325 ff. = AP Nr. 1 zu § 705 BGB; BGHZ 92, 259, 265). In dem angefochtenen Urteil fehlen Feststellungen zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages zwischen den Beklagten. Dazu wird nur ausgeführt, daß die Beklagten zu 1) und 2) unter der Bezeichnung A. gemeinsam gehandelt hätten. Es ist aber aus dem angefochtenen Urteil nichts zu entnehmen, woraus sich dieses gemeinsame Handeln der Beklagten zu 1) und 2) ergibt. Ebenso ist nicht ersichtlich, welchen gemeinsamen Zweck sie verfolgt haben sollen. Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits zur Nachholung der entsprechenden tatsächlichen Feststellungen in der Vorinstanz ist jedoch entbehrlich, weil die Klage schon aus anderen Gründen abzuweisen ist.
17
III.
Der Kläger will den Beklagten zu 2) auf Erfüllung des Arbeitsvertrages in Anspruch nehmen. Das setzt voraus, daß der Beklagte zu 2) Vertragspartner des Klägers geworden ist. Daran fehlt es jedoch selbst dann, wenn die Beklagten zu 1) und 2) eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gebildet haben sollten. Selbst wenn eine solche Gesellschaft bestanden haben sollte, wäre sie nicht Vertragspartner des Klägers geworden. Bei richtiger Auslegung des Arbeitsvertrages unter Berücksichtigung aller Begleitumstände ist nur der Beklagte zu 1) und nicht auch der Beklagte zu 2) Vertragspartner des Klägers geworden.
18
Dafür ist zwar zunächst vom Wortlaut des Arbeitsvertrages auszugehen. Im Arbeitsvertrag ist als Vertragspartner bezeichnet: "A., E.". Abweichend von der Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts mit demselben Firmenkern fehlt es an der Bezeichnung der Gesellschaftsform "S.A.". Die restliche Bezeichnung "A." sagt nur etwas über die Tätigkeit aus und läßt nicht erkennen, daß der Kläger seine Architektenleistungen einer Gesellschaft erbringen soll. Nach § 133 BGB muß das Gericht bei der Auslegung einer Willenserklärung den wirklichen Willen erforschen. Das bedeutet, daß nicht nur auf den Wortlaut abzustellen ist, sondern alle Begleitumstände zu würdigen sind, die für die Frage, welchen Willen der Beteiligte bei seiner Erklärung gehabt hat, von Bedeutung sind. Fehlt es an einer solchen Würdigung, so kann die vom Tatsachenrichter vorgenommene Auslegung keinen Bestand haben (BAGE 22, 424, 426 [BAG 27.08.1970 - 2 AZR 519/69] = AP Nr. 33 zu § 133 BGB).
19
In diesem Zusammenhang spricht gegen eine Beteiligung des Beklagten zu 2), daß der Beklagte zu 1) unter der im Arbeitsvertrag angegebenen Anschrift das Architekturbüro allein betrieben hat. Der Kläger hat den Arbeitsvertrag mit dem Beklagten zu 1) allein ausgehandelt. Nach seinem Vortrag hat der Beklagte zu 2) von dem Abschluß des Arbeitsvertrages erst Anfang Juni 1986 erfahren. Demgegenüber datiert der Arbeitsvertrag bereits vom 1. Juni 1986, und der Kläger hat unstreitig auch bereits seit dem 1. Juni 1986 im Büro des Beklagten zu 1) gearbeitet. Der Beklagte zu 2) ist nach dem eigenen Vorbringen des Klägers bei Vertragsabschluß nicht in Erscheinung getreten.
20
Unter Würdigung dieser Begleitumstände kann die Parteibezeichnung im Arbeitsvertrag gemäß § 133 BGB nur so verstanden werden, daß der unter dieser Anschrift allein tätige Beklagte zu 1) als Vertragspartner des Klägers aufgetreten ist.
21
Zwar hat der Beklagte zu 2) dem Kläger das Juni-Gehalt gezahlt und ihn über die Betriebsnummer seiner Rechtsanwaltspraxis nur im Juni zur Sozialversicherung angemeldet. Daraus ergibt sich jedoch keine Beteiligung des Beklagten zu 2) am Abschluß des Arbeitsvertrages, der zeitlich vor der Bereitschaft zur Zahlung des Juni-Gehalts lag. Ebensowenig läßt sich dieses Verhalten des Beklagten zu 2) als formlos möglicher Schuldbeitritt oder als Garantieerklärung für künftig ausfallende Gehälter deuten. Dafür müßte der Beklagte zu 2) erklärt haben, daß er nicht nur für das Juni-Gehalt, sondern auch für künftig fällig werdende Gehaltsforderungen des Klägers einstehen werde. Das hat der Kläger nicht behauptet. Der Beklagte zu 2) hat sich vielmehr darauf beschränkt, das Gehalt für Juni 1986 und die darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen. Das ist nur eine Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB), ohne daß der Kläger dadurch einen eigenen Rechtsanspruch gegen den Beklagten zu 2) erworben hätte.
22
IV.
Ebensowenig kommen nach dem Vorbringen des Klägers gesetzliche Schadensersatzansprüche in Betracht.
23
1.
Der Beklagte zu 2) haftet nicht aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo.
24
Es ist im Arbeitsrecht zwar anerkannt, daß die beiderseitigen Rücksichtspflichten den Vertragspartnern gebieten, schon vor Abschluß des Arbeitsvertrages ungefragt auf Umstände hinzuweisen, die für den anderen Teil ersichtlich von wesentlicher Bedeutung sind und sich nicht schon aus der Sachlage von selbst ergeben. Für den Arbeitnehmer ist eine der wichtigsten Voraussetzungen des Vertragsabschlusses, daß er mit einer pünktlichen Gehaltszahlung rechnen kann, weil er zur Vorleistung verpflichtet ist. Deswegen muß der Arbeitgeber ihn auf Zahlungsschwierigkeiten hinweisen, wenn in absehbarer Zeit zweifelhaft ist, ob das Gehalt gezahlt werden kann (BAG Urteil vom 24. September 1974 - 3 AZR 589/73 - AP Nr. 1 zu § 13 GmbHG, zu II 2 b der Gründe).
25
Der Beklagte zu 2) ist nicht der Arbeitgeber des Klägers. Aus Verschulden bei Vertragsabschluß kann aber nicht nur der Vertragspartner oder sein Stellvertreter haften, sondern auch ein an den Vertragsverhandlungen Beteiligter, der auf die Vertragsabwicklung besonderen Einfluß hat und das dem Vertragspartner gegenüber deutlich erkennen läßt (BGHZ 56, 81, 85, 86; BGHZ 72, 382, 384, 385). Der Bundesgerichtshof hat diese "Sachwalter-Haftung" eines Dritten im Rahmen einer culpa in contrahendo ausnahmsweise bejaht, wenn er es nach Vertragsabschluß unterlassen hat, dem Verhandlungspartner wesentliche Informationen über die voraussichtliche Undurchführbarkeit des Geschäfts (Zahlungsschwierigkeit) zu geben, jedoch hatte der Dritte - ohne Vertragspartner oder Stellvertreter zu sein - in diesen Fällen schon bei den Vertragsverhandlungen selbst seinen maßgeblichen Einfluß auf die weitere Abwicklung dargestellt (BGHZ 70, 337, 343).
26
Nach dem Vorbringen des Klägers lassen sich diese Haftungsgrundsätze nicht anwenden, weil er eine Mitwirkung des Beklagten zu 2) an den Vertragsverhandlungen nicht behauptet hat. Dafür reicht es nicht aus, wenn der Kläger erst später zu einem zwischen den Parteien streitigen Zeitpunkt mit dem Beklagten zu 2) verhandelt hat mit dem Ziel, daß der Beklagte zu 2) für die Vertragserfüllung miteinstehen solle. Ebensowenig hat der Kläger eine entsprechende Zusage des Beklagten zu 2) behauptet.
27
2.
Der Kläger hat zwar in sehr allgemeiner Form geltend gemacht, die Beklagten zu 1) und 2) hätten ihn für sich arbeiten lassen, wollten ihm aber das Gehalt schuldig bleiben. Daraus läßt sich jedoch kein vorsätzliches Vorgehen des Beklagten zu 2) nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB ableiten (vgl. BAG Urteil vom 24. September 1974 - 3 AZR 589/73 - AP Nr. 1 zu § 13 GmbHG, zu II 1 der Gründe). Dafür hätte der Kläger weitere tatsächliche Anhaltspunkte vortragen müssen. Gegen eine solche rechtliche Würdigung spricht auch der weitere Vortrag des Klägers, aus dem sich eine Mitwirkung des Beklagten zu 2) am Abschluß des Arbeitsvertrages gerade nicht entnehmen läßt.
28
V.
Dagegen ist die Klage auf Herausgabe der Arbeitspapiere gegen den Beklagten zu 2) gemäß § 985 BGB begründet, denn der Beklagte zu 2) hat sie unstreitig im unmittelbaren Besitz gehabt, ohne dazu berechtigt zu sein (§ 986 BGB). Allerdings kann der Kläger vom Beklagten zu 2) nicht verlangen, daß er die Arbeitspapiere des Klägers ausfüllt, denn der Beklagte zu 2) ist nicht Arbeitgeber des Klägers, wie schon unter III der Gründe ausgeführt. Aus diesem Grunde entfällt auch die Verpflichtung, dem Kläger gemäß § 133 AFG eine ausgefüllte Arbeitsbescheinigung zu erteilen.
29
VI.
Die Kosten der Berufungs- und Revisionsinstanz waren gemäß § 97 ZPO dem Kläger aufzuerlegen. Über die in der ersten Instanz erwachsenen Kosten hat das Arbeitsgericht durch rechtskräftiges Schlußurteil vom 6. September 1988 entschieden. Diese Kostenentscheidung kann nicht abgeändert werden, weil dagegen keine selbständigen Rechtsmittel eingelegt worden sind (BGHZ 20, 253, 255).
Vors. Richter Prof. Dr. Thomas ist im Urlaub und daher an der Unterschrift gehindert.
Dr. Gehring,
Dr. Gehring,
Dr. Olderog,
Prof. Dr. Krems,
Arntzen
Von Rechts wegen!