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BFH, 26.09.1968 - IV 33/64 - Begründetheit eines als Einspruch zu behandelndes Anfechtungsbegehren eines nicht im Finanzrechtswege geltend zu machenden rechtlichen Gesichtspunkts
Bundesfinanzhof
Urt. v. 26.09.1968, Az.: IV 33/64
Begründetheit eines als Einspruch zu behandelndes Anfechtungsbegehren eines nicht im Finanzrechtswege geltend zu machenden rechtlichen Gesichtspunkts
Rechtsgrundlagen:
§ 243 AO a. F.
§ 259 Abs. 1 Satz 1 AO a. F.
§ 246 AO n. F.
§ 248 Abs. 2 Satz 1 AO n. F.
Fundstellen:
BFHE 93, 535 - 536
DStR 1969, 84 (amtl. Leitsatz)
BFH, 26.09.1968 - IV 33/64
Amtlicher Leitsatz:
Ein als Einspruch zu behandelndes Anfechtungsbegehren, das der Steuerpflichtige mit einem rechtlichen Gesichtspunkt begründet, der nicht im Finanzrechtsweg geltend gemacht werden kann, ist deshalb nicht unzulässig, sondern ggfs. unbegründet.
Zusammenfassung:
Ein als Einspruch zu behandelndes Anfechtungsbegehren, das der Steuerpflichtige mit einem rechtlichen Gesichtspunkt begründet, der nicht im Finanzrechtsweg geltend gemacht werden kann, ist deshalb nicht unzulässig, sondern ggfs. unbegründet
Tatbestand
1
Streitig ist in den Gewerbesteuer-Meßbetragsverfahren für die Erhebungszeiträume 1956 bis 1959, ob der Einspruch zulässig war.
2
Der Revisionskläger - Steuerpflichtiger - beantragte beim Finanzamt (FA), die Dauerschuldzinsen und Dauerschulden wegen erheblicher Kriegsschäden niedriger anzusetzen. Im Einspruchsverfahren bezog er sich auf die inzwischen ergangene Verwaltungsanordnung betreffend Teilerlaß der Gewerbesteuer bei Betrieben von Vertriebenen, Flüchtlingen und Verfolgten sowie von Kriegssachgeschädigten und Evakuierten vom 21. Januar 1958 (BStBl I 1958, 24).
3
Das FA verwarf den Einspruch als unzulässig, da über den beantragten Teilerlaß der Gewerbesteuer nicht das FA, sondern die Gemeindebehörde zu entscheiden habe.
4
In seiner Berufung führte der Steuerpflichtige aus, es sei zur Durchsetzung seines Anspruches auf Teilerlaß notwendig gewesen, die Gewerbesteuer-Meßbescheide nicht rechtskräftig werden zu lassen. Schließlich trug er vor, daß das FA die Höhe der Dauerschulden unrichtig berechnet habe.
5
Das Finanzgericht (FG) wies die Berufung als unbegründet zurück. In seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1964 S. 232 veröffentlichten Urteil führte es aus, daß das FA mit Recht den Einspruch als unzulässig verworfen habe. Denn für die Streitfrage sei nicht der Finanzrechtsweg, sondern nur der Verwaltungsrechtsweg gegeben (Hinweis auf Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - I 101/60 S vom 9. Januar 1962, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 74 S. 641 - BFH 74, 641 -, BStBl III 1962, 238). Das Vorbringen des Steuerpflichtigen im Einspruchsverfahren habe keine Gesichtspunkte enthalten, aus denen hervorgehe, daß auch in anderer Hinsicht Nachprüfung begehrt werde. Da schon der Einspruch unzulässig gewesen sei, könne auch das FG keine Entscheidung mehr in der Sache selbst treffen. Das FG sei daher nicht in der Lage, auf die vom Steuerpflichtigen erst im Berufungsverfahren vorgebrachten Einwendungen einzugehen.
6
In seiner Rechtsbeschwerde rügt der Steuerpflichtige unrichtige Rechtsanwendung und Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten. Den Aktenverstoß erblickt er darin, daß die Dauerschulden unrichtig berechnet worden seien.
Entscheidungsgründe
7
Die als Revision zu behandelnde Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Entscheidung.
8
Im Einspruchsverfahren hatte sich die Nachprüfung der angefochtenen Gewerbesteuer-Meßbescheide auf die gesamte Sach- und Rechtslage zu erstrecken (§ 259 Abs. 1 Satz 1 AO a. F.). Der Einspruchsführer war nicht verpflichtet, den Einspruch zu begründen (§ 249 Abs. 4 Satz 3 AO a. F.). Das FA war vielmehr verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und es bestand keine Bindung an die Anträge des Rechtsmittelführers (§ 243 AO a. F.). Ein unter Beachtung der allgemeinen Vorschriften form- und fristgerecht eingelegter Einspruch konnte deshalb nicht dadurch unzulässig werden, daß sich die Begründung des Einspruchs auf rechtliche Gesichtspunkte beschränkte, für deren Prüfung der Finanzrechtsweg nicht gegeben ist. Das FA hätte daher das im übrigen mit Recht als Einspruch behandelte Begehren des Steuerpflichtigen auf Nachprüfung der Bescheide nicht als unzulässig verwerfen dürfen.
9
Hieraus ergibt sich, daß das FG die angefochtenen Bescheide in vollem Umfange hätte nachprüfen müssen. Diese Prüfung war vor allem deshalb erforderlich, weil die OHG gerügt hatte, daß die Höhe der Dauerschulden unrichtig berechnet worden sei. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen der Vorinstanz zu diesem Punkte nicht selbst entscheiden. Die Streitsache wird an das FG zurückverwiesen. Dieses hat auch nach der durch die FGO geschaffenen Rechtslage in eine volle Nachprüfung der Sache in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einzutreten, wobei sich eine betragsmäßige Beschränkung nur aus dem Berufungs- (jetzt Klage-)Antrag ergibt (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH Gr. S. 1/66 vom 17. Juli 1967, BFH 91, 393, BStBl II 1968, 344).