Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Die Inhalte des Bereichs „Fachwissen SV“ geben Ihnen kostenlos Auskunft zu allen Themen der Sozialversicherung. Sie sind ein exklusives Angebot für eingeloggte Nutzer.
Jetzt einloggen:
Sie sind noch nicht registriert?
Auszubildende - Ausbildungszeit
Auszubildende - Ausbildungszeit
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
- 4.
- 5.
Information
1. Allgemeines
Der Verordnungsgeber kann nach § 4 BBiGAusbildungsberufe anerkennen und Ausbildungsordnungen erlassen. Die Ausbildungsordnung hat nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BBiG auch die Dauer der Ausbildung festzulegen. Das gesetzliche Leitbild geht dabei von mindestens zwei, höchstens drei Jahren aus. Das BBiG sieht allerdings auch Möglichkeiten vor, die Dauer der Ausbildung zu verändern.
Praxistipp:
Wenn Auszubildende ihre Ausbildungszeit verkürzen, meinen viele von ihnen, sie würden gleich im zweiten Ausbildungsjahr anfangen und demnach die Ausbildungsvergütung dieses Berufsjahres bekommen. Das ist nicht so. Betrieblich ist das Startjahr das erste Ausbildungsjahr und so steht diesen Auszubildenden mit verkürzter Ausbildungsdauer auch "nur" die Ausbildungsvergütung dieses - ersten - Ausbildungsjahres zu. Abweichende individual- und kollektivrechtliche Vereinbarungen sind möglich. Die Regelung der gesetzlichen Mindestausbildungsvergütung in § 17 BBiG führt zu keinem anderen Ergebnis (Anm. d. Verf.).
§ 8 Abs. 1 BBiG erlaubt sowohl eine Verkürzung als auch eine Verlängerung der Ausbildungsdauer. Darüber hinaus ist nach § 7a Abs. 1 Satz 2 BBiG sogar eine Teilzeitberufsausbildung möglich. Kann das Ausbildungsziel während der normalen Ausbildungszeit nicht erreicht werden, lässt § 8 Abs. 2 Satz 1 BBiG eine Verlängerung der Ausbildungsdauer zu - wobei hier allein der Auszubildende antragsberechtigt ist.
2. Grundsätze
Die Ausbildungsdauer wird durch die jeweilige Ausbildungsordnung vorgegeben (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 BBiG). Sie soll nicht mehr als drei und nicht weniger als zwei Jahre betragen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 BBiG).
Eine 2-jährige Ausbildungszeit haben zum Beispiel die Berufe
Servicefahrer/in und
Servicekraft für Dialogmarketing.
Eine 3-jährige Ausbildungszeit verlangen beispielsweise die Ausbildungsordnungen für
Gebäudereiniger/in,
Kaufmänner/frauen für Dialogmarketing,
Kaufmänner/frauen für Versicherungen und Finanzen sowie
Tourismuskaufmann/frau.
Und dann gibt es auch noch einige Ausbildungsberufe, die eine Ausbildungszeit von mehr als drei Jahren haben, unter anderem
Gas- und Wasserinstallateur/in, 3 1/2 Jahre,
Kälteanlagenbauer, 3 1/2 Jahre,
Kraftfahrzeugmechatroniker/in, 3 1/2 Jahre, und
Maschinen- und Antriebstechnikelektroniker/in, 3 1/2 Jahre.
Einige Berufe schließlich setzen auch nur eine einjährige Ausbildungszeit voraus, zum Beispiel die Ausbildung zur staatlich anerkannten Gesundheits- und Krankenpflegehilfe (die in einigen Bundesländern auch 2-jährig sein kann, z.B. in Hamburg). Die Regel sind jedenfalls Ausbildungsberufe mit 3-jähriger Ausbildungszeit.
3. Anrechnung beruflicher Vorbildung
Die Landesregierungen können nach Anhörung des Landesausschusses für Berufsbildung durch Rechtsverordnung bestimmen, dass der Besuch eines Bildungsgangs berufsbildender Schulen oder die Berufsausbildung einer sonstigen Einrichtung ganz oder teilweise auf die Ausbildungszeit angerechnet wird (§ 7 Abs. 1 Satz 1 BBiG).
Die Ermächtigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BBiG kann durch Rechtsverordnung auf oberste Landesbehörden weiter übertragen werden (§ 7 Abs. 1 Satz 2 BBiG).
Praxistipp:
Die Verkürzung der Ausbildungszeit greift in die vertraglichen Beziehungen zwischen Ausbildendem und Auszubildendem ein. Bei der dualen Berufsausbildung führt die Verkürzung der Ausbildungszeit nämlich zwangsläufig zu einer verkürzten Dauer der betrieblichen Ausbildung. Ob Ausbildender und Auszubildender das wirklich wollen, sollten sie gemeinsam besprechen. Im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung sollten sie dann eine Entscheidung treffen, die beiden Teilen gerecht wird.
Die Anrechnung einer beruflichen Vorbildung kann von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ausgestaltet sein. Es gibt auch Ausbildungsverordnungen, die die Voraussetzungen für die Anrechnung einer beruflichen Vorbildung selbst aufstellen.
Die Anrechnung nach § 7 Abs. 1 BBiG bedarf des gemeinsamen Antrags der Auszubildenden und Ausbildenden (§ 7 Abs. 2 Satz 1 BBiG). Er ist an die zuständige Stelle zu richten (§ 7 Abs. 2 Satz 2 BBiG). Er kann sich auf Teile des höchstzulässigen Anrechnungszeitraums beschränken (§ 7 Abs. 2 Satz 3 BBiG). Der Anrechnungszeitraum muss in ganzen Monaten durch sechs teilbar sein (§ 7 Abs. 4 BBiG).
4. Verkürzung und Verlängerung der Ausbildungszeit
Auf gemeinsamen Antrag der Auszubildenden und Ausbildenden hat die zuständige Stelle die Ausbildungszeit zu kürzen, wenn zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht wird (§ 8 Abs. 1 BBiG).
Ein berechtigtes Interesse an einer Reduzierung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit ist zum Beispiel für
allein erziehende Auszubildende oder
Angehörige pflegebedürftiger Personen
zu bejahen.
In Ausnahmefällen kann die zuständige Stelle auf Antrag Auszubildender die Ausbildungszeit verlängern, wenn die Verlängerung erforderlich ist, um das Ausbildungsziel zu erreichen. Als Gründe kommen u.a. längere Krankheitszeiten oder betriebsbedingte Ausbildungsausfälle in Betracht. Vor der Entscheidung sind die Ausbildenden zu hören (§ 8 Abs. 2 BBiG).
Für die Entscheidung über die Verkürzung oder Verlängerung der Ausbildungszeit kann der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung Richtlinien erlassen (§ 8 Abs. 3 BBiG). Er darf insoweit auch Fälle typisieren, die ein berechtigtes Interesse an einer Teilzeitausbildung beinhalten.
§ 7a BBiG erlaubt eine Teilzeitberufsausbildung. Bei ihr ist im Berufsausbildungsvertrag
für die gesamte Ausbildungsdauer oder
für einen bestimmten Zeitraum der Berufsausbildung
die Verkürzung
der täglichen oder
wöchentlichen
Ausbildungszeit zu vereinbaren (§ 7a Abs. 1 Satz 1 BBiG). Die Kürzung von täglicher/wöchentlicher Arbeitszeit darf allerdings nicht mehr als 50 Prozent betragen (§ 7a Abs. 1 Satz 2 BBiG).
Die Dauer der Teilzeitberufsausbildung verlängert sich entsprechend der Kürzung, höchstens jedoch bis zum Eineinhalbfachen der Dauer, die in der Ausbildungsordnung für die betreffende Berufsausbildung in Vollzeit festgelegt ist (§ 7a Abs. 2 Satz 1 BBiG). Die Dauer der Teilzeitberufsausbildung ist auf ganze Monate abzurunden (§ 7a Abs. 2 Satz 2 BBiG) - wobei die Regelung in § 8 Abs. 2 BBiG unberührt bleibt (§ 7a Abs. 2 Satz 2 BBiG).
5. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einige der interessantesten Entscheidungen zum Thema Auszubildende und Ausbildungszeit in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet vorgestellt:
5.1 Anrechnung - 1
Schreibt eine staatliche Verordnung (hier die inzwischen aufgehobene Berufsfachschul-Anrechnungsverordnung) verbindlich vor, dass die Ausbildungszeit bei Anrechnung einer beruflichen Vorbildung zu verkürzen ist, besteht bei dieser Verkürzung keine Vertragsfreiheit. Dann bedeutet die Anrechnung, dass der Besuch der entsprechenden Bildungszeit als Ausbildungszeit im Rahmen eines Berufsausbildungsverhältnisses gilt. Insoweit handelt es sich um eine fiktive Vorverlegung des Ausbildungsbeginns, der zwischen den Parteien des Ausbildungsvertrags nicht verhandelbar ist (LAG Schleswig-Holstein, 05.11.1987 - 6 Sa 418/87 - zu § 29 Abs. 1 BBiG a.F. (heute § 7 BBiG) mit dem Hinweis, dass der Versuch des Ausbilders, die Ausbildungszeit zu verlängern, rechtswidrig ist).
5.2 Anrechnung - 2
Die Anrechnung beruflicher Vorbildung auf die Ausbildungszeit bedeutet, dass der Besuch der begünstigten Bildungseinrichtung schon als Ausbildungszeit im Sinn des Berufsausbildungsverhältnisses gilt. Das berechtigt zu der Annahme, dass ein Auszubildender, dessen Vorbildung angerechnet wird, in der Regel nach kurzer Einweisung bereits berufstypische Tätigkeiten ausführen kann. Das wiederum rechtfertigt es, eine berufsspezifische Vorbildung als Ausbildungszeit nach der jeweiligen Ausbildungsordnung zu werten und einen Auszubildenden mit dieser beruflichen Vorbildung von Beginn seiner Ausbildung an höher einzugruppieren (LAG Hessen, 06.03.1989 - 14 Sa 799/88 - zu § 29 Abs. 1 BBiG a.F. (heute § 7 BBiG).
5.3 Mitbestimmung
Will der Ausbilder generell eine verkürzte Ausbildung vorsehen, hat sein Betriebsrat bei dieser Entscheidung nach § 98 Abs. 1 BetrVG mitzubestimmen. Es handelt sich um eine Regelung zur "Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung". Dabei kann der Ausbilder selbst die Ausbildung ohnehin nicht allein kürzen, sondern ist im Einzelfall auf die Genehmigung der zuständigen Stelle angewiesen. Soweit der Ausbilder nur noch eine verkürzte Ausbildung vorsehen will, veranlasst er alle neu einzustellenden Auszubildenden zur Antragsstellung. Auf diese Weise will er die Dauer der Berufsausbildung unter Inanspruchnahme der gesetzlichen Möglichkeiten für eine Verkürzung kollektiv - und damit mitbestimmungspflichtig - regeln (BAG, 24.08.2004 - 1 ABR 28/03).
5.4 Verkürzung
Die Verkürzung der Ausbildungszeit führt dazu, dass die für das jeweilige Berufsausbildungsverhältnis konkret vorgesehene Ausbildungszeit abweichend von der sonstigen Regeldauer nach der maßgeblichen Ausbildungsordnung auf einen kürzeren Zeitraum festgelegt wird. Der Grund dafür ist: die Parteien des Ausbildungsvertrags rechnen wegen der erwarteten höheren Leistungsbereitschaft mit einer kürzeren Ausbildungszeit. Der Auszubildende tritt bei einer Verkürzung seiner Ausbildungszeit nicht in ein bereits fortgeschrittenes Ausbildungsverhältnis ein, sondern beginnt seine Ausbildung im ersten Ausbildungsjahr (LAG Hessen, 06.03.1989 - 14 Sa 799/88 - zu § 29 Abs. 2 BBiG a.F. (heute § 8 BBiG) mit dem Ergebnis, dass als Ausbildungsvergütung die des ersten Ausbildungsjahres zu zahlen ist, wenn es keine abweichende tarifliche Regelung gibt).
Siehe auch
Auszubildende - AllgemeinesAuszubildende - AusbildendeAuszubildende - AusbildungsendeAuszubildende - AusbildungsvertragAuszubildende - Definition und BegriffsabgrenzungAuszubildende - FreistellungAuszubildende - KündigungAuszubildende - ProbezeitAuszubildende - Rechte und PflichtenAuszubildende - Schlichtungsverfahren