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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Kur/Reha - Entgeltfortzahlung: Dauer des Anspruchs
Kur/Reha - Entgeltfortzahlung: Dauer des Anspruchs
Inhaltsübersicht
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Information
1. Grundlagen des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung
Der rechtliche Rahmen der Entgeltfortzahlung bei Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und der Rehabilitation ergibt sich aus § 9 EFZG. § 9 Abs. 1 EFZG ordnet die entsprechende Anwendung der §§ 3 bis 4a und 6 bis 8 EFZG bei Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation an. Diese betreffen die Vorschriften über den Anspruch auf Entgeltfortzahlung, die Dauer, die Höhe usw.; ausgenommen die Anzeige- und Nachweispflichten, die in § 9 Abs. 2 EFZG gesondert für die Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation geregelt sind.
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation ergibt sich aus § 9 Abs. 1 Satz 1 EFZG bzw. § 9 Abs. 1 Satz 2 EFZG aufgrund der Verweisung auf § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG für maximal sechs Wochen.
Jedoch gilt der im Recht der Entgeltfortzahlung vom Bundesarbeitsgericht entwickelte Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls, nämlich Entgeltfortzahlung auch dann nur für längstens 6 Wochen, wenn während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit infolge einer Krankheit eine weitere, andere Krankheit hinzutritt, nicht bei einer Zusammentreffen einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation mit einer Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit (BAG v. 10.09.2014 - 10 AZR 651/12).
Die Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahme muss die alleinige Ursache dafür sein, dass der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nicht nachkommt. Daran kann es fehlen, wenn der Arbeitnehmers sich unerlaubt für längere Zeit vom Ort der Maßnahme entfernt oder sich den medizinischen Maßnahmen entzieht.
Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG weiterhin nur, wenn den Arbeitnehmer an der Notwendigkeit einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme kein Verschulden trifft. Eine selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit kann z.B. vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer nach einer durchgeführten Alkohol-Entziehungskur erneut rückfällig wird (BAG, 30.03.1988 - 5 AZR 42/87).
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung geht nicht dadurch verloren, dass der Arbeitgeber aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt oder der Arbeitnehmer zu Recht aus wichtigem Grund kündigt (§ 8 Abs. 1 EFZG i.V.m. § 9 Abs. 1 EFZG). In diesen Fällen geht die Dauer des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus; jedoch längstens bis zur Dauer von insgesamt sechs Wochen.
2. Wiederholungserkrankung
Kommt es zu einer erneuten Arbeitsverhinderung, die aber auf derselben Krankheit beruht und folgt darauf eine Arbeitsunfähigkeit bzw. eine medizinischen Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme, so unterliegt der Entgeltfortzahlungsanspruch wegen der Gleichartigkeit beider Verhinderungsfälle den in § 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG genannten Beschränkungen (vgl. dazu auch BAG, 13.07.2005 - 5 AZR 389/04).
Das bedeutet Folgendes:
Hat ein Arbeitnehmer wegen einer Krankheit bereits sechs Wochen Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit und/oder wegen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme erhalten, dann erhält er gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EFZG für weitere längstens sechs Wochen Entgeltfortzahlung, wenn er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit sechs Monate nicht wegen derselben Krankheit oder wegen der deswegen angeordneten Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme arbeitsunfähig war. Es muss also zwischen der letzten Arbeitsunfähigkeit mit sechs Wochen Entgeltfortzahlung wegen derselben Krankheit und der erneuten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ein Zeitraum von sechs Monaten ohne dieselbe Erkrankung vorliegen, damit der Arbeitnehmer danach und erneut einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für weitere längstens sechs Wochen hat.
Wenn ein Arbeitnehmer in Folge mehrerer nacheinander eintretender, verschiedener Krankheiten an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, läuft also nur dann ein neuer Sechswochenzeitraum, wenn die erste Verhinderung in dem Zeitpunkt beendet war, in dem die weitere Erkrankung zur neuen Arbeitsverhinderung führt.
Von diesem Grundsatz macht das Bundesarbeitsgericht die folgende Ausnahme: Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung während einer Reha-Maßnahme (§ 9 Abs. 1 EFZG) kann auch bestehen, wenn die Maßnahme mit einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit (§ 3 Abs. 1 S. 1 EFZG) zusammentrifft. Denn für den Reha-Fortzahlungsanspruch komme es gerade nicht auf das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit an. Daher könne der Grundsatz der Einheit des Versicherungsfalls nicht ohne Weiteres auf diese Arbeitsverhinderung übertragen werden. Als einheitlicher Verhinderungsfall sind krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit und Reha-Maßnahme nur zu betrachten, wenn sie auf derselben Grunderkrankung beruhen (BAG, 10.09.2014 - 10 AZR 651/12).
Und weiter gilt:
Wenn seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit bzw. der Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme infolge derselben Krankheit, für die der Arbeitnehmer sechs Wochen Entgeltfortzahlung erhalten hat, 12 Monate vergangen sind, entsteht der Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen derselben Krankheit wieder neu; jedoch wieder begrenzt für die Dauer von längstens sechs Wochen (9 Abs. 1 Satz 1 EFZG).
Leidet ein Arbeitnehmer an verschiedenen Erkrankungen, die gleichzeitig Arbeitsunfähigkeit und einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung ausgelöst haben, ist bei der Frage, welche von mehreren Krankheiten einer Maßnahme i.S.v. § 9 Abs. 1 EFZG zugrunde zu legen und damit rechtlich und tatsächlich zu berücksichtigen sind, auf das "Hauptleiden" abzustellen, das für die Bewilligung der Maßnahme durch den Sozialleistungsträger bzw. für die ärztliche Verordnung Auslöser war (BAG, 26.02.1992 - 5 AZR 120/91).
3. Fristenberechnung
Der 12-Monatszeitraum aus den §§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. 9 Abs. 1 EFZG wird berechnet ab dem Tag des Antritts der Maßnahme. Unerheblich ist hingegen der Tag, an dem die Maßnahme vom Sozialleistungsträger bewilligt wurde (vgl. auch LAG Berlin, 15.06.1981 AP Nr. 5 zu § 7 LFZG).
Wenn eine Rehabilitationsmaßnahme zur Ausheilung der Krankheit, deretwegen der Arbeitnehmer vorher arbeitsunfähig war, durchgeführt wird, führt dies nicht zur Unterbrechung des Fortsetzungszusammenhangs zwischen den beiden Fehlzeiten, wenn während der Maßnahme eine auf anderer Ursache basierende und zur Arbeitsunfähigkeit führende Krankheit bestanden hat. Ob ein Fortsetzungszusammenhang besteht, ist eine Frage, für deren Beantwortung weitere Faktoren - wie das gleichzeitige Vorhandensein anderer Krankheitserscheinungen - außer Betracht bleiben (vgl. dazu auch: BAG, 22.08.1984 - 5 AZR 489/81; BAG, 18.01.1995 - 5 AZR 818/93).
Für die Addition der Zeiten von Arbeitsunfähigkeit und Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme, die auf demselben Grundleiden beruhen, ist nach §§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 EFZG lediglich entscheidend, ob zwischen dem Ende der Arbeitsunfähigkeit und Antritt der Maßnahme bzw. ihrem Ende und Beginn einer neuen Arbeitsunfähigkeit ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten liegt (BAG, 02.06.1966 - 2 AZR 325/65; BAG, 22.08.1984 - 5 AZR 489/81).
4. Antritt der Maßnahme und Anspruch auf Entgeltfortzahlung
Der Sozialversicherungsträger hat es naturgemäß in der Hand, wann die jeweilige Maßnahme nach der Bewilligung nun auch tatsächlich stattfindet. Er ist nicht verpflichtet, dafür zu sorgen, dass diese innerhalb von sechs Monaten nach der vorangegangenen Erkrankung des Arbeitnehmers durchgeführt wird, wodurch der arbeitnehmerseitige Anspruch auf Entgeltfortzahlung entfiele (BAG, 18.01.1995 - 5 AZR 818/93). Eine vorsätzliche Verzögerung des Maßnahme-Antritts könnte u.U. aber dazu führen, dass die Geltendmachung eines Entgeltfortzahlungsanspruchs rechtsmissbräuchlich wäre (siehe dazu etwa: ArbG Stuttgart, 04.09.1981 AP Nr. 6 zu § 7 LFZG; offen gelassen von BAG, 18.01.1995 - 5 AZR 818/93).
Siehe auch