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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Gesundheitszeugnis - Jugendarbeitsschutzgesetz
Gesundheitszeugnis - Jugendarbeitsschutzgesetz
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Jugendliche Auszubildende und Arbeitnehmer sollen ohne gesundheitliche Schäden ihre Ausbildung bzw. Berufstätigkeit absolvieren können. Dazu ist es unerlässlich, sie zuvor ärztlich zu untersuchen, um festzustellen, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen zur Ausübung des angestrebten Berufes vorliegen. Dem Gesundheitszeugnis kommt in diesem Bereich ganz besondere Bedeutung zu. Die Pflicht ist auf Auszubildende und Arbeitnehmer beschränkt, die noch nicht 18 Jahre alt sind (§ 32 JArbSchG i.V.m. § 2 Abs. 2 JArbSchG).
2. Ärztliche Untersuchungen
Das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) sieht im Kern zwei Pflichtuntersuchungen des Jugendlichen vor, die in Gestalt einer Bescheinigung zu beurkunden sind. Zu Inhalt und Durchführung der Untersuchungen siehe §§ 37, 38 JArbSchG).
2.1 Erstuntersuchung
Es ist untersagt, einen Jugendlichen, der in das Berufsleben eintritt, zu beschäftigen, wenn dieser nicht innerhalb der letzten 14 Monate von einem Arzt untersucht worden ist (Erstuntersuchung) und wenn nicht dem Arbeitgeber eine vom ihm ausgestellte Bescheinigung vorliegt (§ 32 Abs. 1 JArbSchG).
Der Zweck der ärztlichen Betreuung nach dem JArbSchG besteht vor allem darin, Gesundheitsschäden durch die Ausübung der Berufsarbeit zu vermeiden. Es soll insbesondere verhindert werden, dass ein Jugendlicher mit Arbeiten beschäftigt wird, denen er gesundheitlich nicht gewachsen ist. Das ergibt sich aus § 40 Abs. 1 JArbSchG. Danach darf ein Jugendlicher mit Arbeiten, die nach ärztlicher Bescheinigung seine Gesundheit gefährden, nicht beschäftigt werden.
Darüber hinaus werden mit den Untersuchungen auch - aber eben nicht vorrangig - gesundheitspflegerische Ziele verfolgt. Dies folgt aus den §§ 37 und 38 JArbSchG. Danach hat der Arzt bei eingehender Untersuchung auch zu beurteilen, ob besondere der Gesundheit dienende Maßnahmen erforderlich sind. Außerdem ist auch zu prüfen, ob Maßnahmen zur Verbesserung des Impfstatus erforderlich sind (§ 37 Abs. 2 JArbSchG). Der Jugendliche wird vorher darauf hingewiesen, dass Nachweise über Impfungen zur Untersuchung mitzubringen sind. Ggf. kann der untersuchende Arzt eine Empfehlung aussprechen.
2.2 Erste Nachuntersuchung
Vor Ablauf des ersten Beschäftigungsjahres muss der Arbeitgeber sich die Bescheinigung eines Arztes über eine erste Nachuntersuchung vorlegen lassen. Die erste Nachuntersuchung darf nicht länger als drei Monate zurückliegen (§ 33 Abs. 1 JArbSchG).
Der Arbeitgeber soll den Jugendlichen neun Monate nach Aufnahme der ersten Beschäftigung nachdrücklich auf den Zeitpunkt, bis zu dem der Jugendliche ihm diese Bescheinigung vorzulegen hat, hinweisen und ihn auffordern, die erste Nachuntersuchung bis dahin durchführen zu lassen, § 33 Abs. 1 JArbSchG. Nach Ablauf von 14 Monaten nach Beginn der ersten Beschäftigung darf der Jugendliche nicht weiterbeschäftigt werden, solange er die Bescheinigung über die erste Nachuntersuchung nicht vorgelegt hat.
Die Pflicht zur Nachuntersuchung entfällt, wenn der junge Arbeitnehmer inzwischen volljährig geworden ist.
2.3 Erneute Nachuntersuchung
Nach Ablauf eines jeden weiteren Jahres nach der ersten Nachuntersuchung kann sich der Jugendliche erneut nachuntersuchen lassen. Der Arbeitgeber soll ihn auf die Möglichkeit rechtzeitig hinweisen und darauf hinwirken, dass der Jugendliche ihm die Bescheinigung über die Nachuntersuchung vorlegt (§ 34 JArbSchG). Diese Untersuchungen sind als Angebot an den jungen Mitarbeiter zu verstehen; eine Pflicht besteht nicht mehr. Ebenso wird durch eine unterbliebene Untersuchung kein Beschäftigungsverbot ausgelöst.
2.4 Außerordentliche Nachuntersuchung
Hat eine Untersuchung ergeben, dass ein Jugendlicher hinter dem seinem Alter entsprechenden Entwicklungsstand zurückgeblieben ist, oder werden sonst gesundheitliche Schwächen oder Schäden festgestellt oder können die gesundheitlichen Auswirkungen der Berufsarbeit noch nicht übersehen werden, so soll der Arzt eine außerordentliche Nachuntersuchung anordnen (§ 35 JArbSchG).
3. Sonstige Untersuchungen
Neben den Erstuntersuchungen nach § 32 JArbSchG kommen grundsätzlich noch in Betracht die arbeitsmedizinische Vorsorge nach §§ 2ff. ArbMedVV, nach den Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften sowie nach bergrechtlichen Landesgesetzen. Diese Maßnahmen stellen jedoch keinen Ersatz für die Untersuchungen nach § 32ff. JArbSchG dar.
4. Bescheinigung des untersuchenden Arztes
Für die Bescheinigung, die der Arzt nach der Untersuchung zu erstellen hat, ist der dafür bestimmte amtliche Vordruck zu verwenden. Einzelheiten hierzu sind geregelt in § 6 JArbSchUV. Dabei ist ggf. auch anzugeben, welche Arbeiten die Gesundheit oder die Einwicklung des Jugendlichen gefährden können (§ 39 Abs. 2 JArbSchG). Auch der Personensorgeberechtigte wird mit amtlichem Vordruck über das Ergebnis informiert. Die Information an ihn ist umfangreicher und weist auch das wesentliche Untersuchungsergebnis und evtl. notwendige oder sinnvolle gesundheitliche Maßnahmen aus (§ 39 Abs. 1 JArbSchG)
Die Mitteilung an ihn enthält auch evtl. Empfehlungen zur Verbesserung des Impfstatus (§ 39 JArbSchG).
Außer den auf dem Vordruck vorgesehenen Angaben darf die Bescheinigung keine weiteren Informationen, also auch keine Diagnosedaten, enthalten.
5. Rechtsfolgen
An das Vorliegen bzw. die Nichtvorlage des Gesundheitszeugnisses sind unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft, die über das JArbSchG hinausgehen.
5.1 Ordnungsgemäße Vorlage
Die Vorlage des Gesundheitszeugnisses entbindet den Arbeitgeber nicht von eigenen Prüfpflichten. So muss er feststellen, ob die beurkundete Untersuchung innerhalb der zurückliegenden 14 Monate erfolgt ist. Liegt die Untersuchung länger als 14 Monate zurück, muss er eine neue Bescheinigung anfordern und den Jugendlichen so behandeln, als sei überhaupt keine Bescheinigung vorgelegt worden. Dies bedeutet, dass er ihn vorerst auch nicht beschäftigen darf, solange nicht ein neues aktuelles Zeugnis vorliegt.
5.2 Fehlen des Zeugnisses
Wird die Untersuchung nicht durchgeführt und fehlt demgemäß das Zeugnis, darf der Arbeitgeber den Jugendlichen nicht beschäftigen. § 32 Abs. 1 JArbSchG stellt ein gesetzliches Beschäftigungsverbot dar (BAG, 22.02.1972 - 2 AZR 205/71). Dieses Verbot hat Gültigkeit bis zur Vorlage eines ordnungsgemäßen Zeugnisses.
5.2.1 Ausbildungs- und Arbeitsvertrag
Von der Vorlage des Zeugnisses unabhängig ist das Rechtsschicksal eines Ausbildungs- oder Arbeitsvertrages zu bewerten. Ein entsprechender Vertrag ist, solange die ärztliche Bescheinigung noch nicht vorliegt, zwar nicht nichtig, aber doch schwebend unwirksam (BAG, 22.02.1972 - 2 AZR 205/71). Der Ausbildungs- bzw. der Arbeitsvertrag begründet aber eine privatrechtliche Pflicht des Jugendlichen, sich den vorgeschriebenen Untersuchungen zu unterziehen.
Der Arbeitgeber hat bis zur Vorlage des Zeugnisses das Recht, die Annahme der Arbeitsleistung des Jugendlichen zu verweigern, ohne dass er selbst deshalb in Annahmeverzug nach § 615 BGB gerät.
5.2.2 Eintragungen
Liegt das Gesundheitszeugnis des Jugendlichen nicht fristgerecht vor, muss eine Aufnahme des Ausbildungsvertrages in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse unterbleiben (§ 35 Abs. 1 Nr. 3 BBiG). Ohne ordnungsgemäßes Gesundheitszeugnis ist dem Jugendlichen auch die Teilnahme an der Abschlussprüfung zu versagen (§ 43 Abs. 1 Nr. 3 BBiG). Auch die Eintragung des Ausbildungsverhältnisses in die Handwerksrolle ist nicht statthaft (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 HwO).
5.2.3 Sanktionen
Wenn ein Arbeitgeber einen Jugendlichen trotz des bestehenden Verbotes beschäftigt, handelt er ordnungswidrig. Hierfür droht eine Geldbuße bis zu 30.000 EUR (§ 58 Abs. 1 Nr. 22 und 23 i.V.m. Abs. 4 JArbSchG).
Wer als Arbeitgeber wiederholt Jugendliche ohne Untersuchung und Gesundheitszeugnis beschäftigt, hat mit einer Geldstrafe oder gar Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu rechnen. Gleiches gilt für einen Arbeitgeber, der vorsätzlich einen Jugendlichen ohne Gesundheitsuntersuchung beschäftigt und diesen dadurch gesundheitlich gefährdet (§ 58 Abs. 5 JArbSchG).
6. Ausnahmen von der Zeugnispflicht
Die Einstellungsuntersuchung und damit auch die Erstellung eines Gesundheitszeugnisses sind entbehrlich, wenn der Jugendliche nur geringfügig oder nicht länger als zwei Monate mit leichten Arbeiten, von denen keine gesundheitlichen Nachteile für ihn zu befürchten sind, beschäftigt wird (§ 32 Abs. 2 JArbSchG). Damit unterliegen die typischen Ferienjobs keiner Untersuchungs- und Zeugnispflicht.
7. Kosten
Die Kosten der Untersuchungen und damit auch der Erstellung des Gesundheitszeugnisses trägt das jeweilige Bundesland (§ 44 JArbSchG). Die Kostenerstattung erfolgt allerdings nur, wenn der Arzt der Kostenforderung einen von der nach Landesrecht zuständigen Stelle ausgegebenen Untersuchungsberechtigungsschein beifügt (§ 2 JArbSchUV).
8. Aufbewahrung
Der Arbeitgeber hat die ärztlichen Bescheinigungen bis zur Beendigung der Beschäftigung, längstens jedoch bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Jugendlichen, aufzubewahren und der Aufsichtsbehörde sowie der Berufsgenossenschaft auf Verlangen zur Einsicht vorzulegen oder einzusenden. Scheidet der Jugendliche aus dem Beschäftigungsverhältnis aus, so hat ihm der Arbeitgeber die Bescheinigungen auszuhändigen (§ 41 JArbSchG).
9. Datenschutz
Der Beschäftigten-Datenschutz ergibt sich aufgrund der Öffnungsklausel in Art. 88 DSGVO aus § 26 BDSG. Aber auch bei Anwendung dieser Vorschrift sind die generellen Vorgaben der DSGVO und des BDSG zu beachten.
Die Verarbeitung (dazu gehören z.B. das Erheben, Erfassen, Organisieren, Speichern, Löschen und Vernichten) der Daten von Beschäftigten ist u.a. zulässig, soweit die Informationen im Zusammenhang mit der Begründung (Bewerbungsverfahren) oder der Durchführung und der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind. Dies gilt auch, wenn eine Speicherung in einem Datensystem nicht erfolgt bzw. nicht vorgesehen ist (§ 26 Abs. 7 BDSG).
Nach § 32 JArbSchG ist eine Erstuntersuchung des Jugendlichen vor dem Eintritt ins Berufsleben erforderlich, eine weitere Untersuchung nach einem Jahr (erste Nachuntersuchung - § 33 JArbSchG). Soweit die ärztliche Bescheinigung über die Durchführung der Erstuntersuchung nicht vorliegt, darf der junge Arbeitnehmer nicht beschäftigt werden. Auch bei Nichtvorlage der Bescheinigung über die erste Nachuntersuchung droht ein Beschäftigungsverbot. Folglich ist die Bescheinigung i.S.d. § 26 Abs. 1 BDSG zur Durchführung der Beschäftigung erforderlich; daher ist die Datenverarbeitung zulässig. Die Regelungen über den Beschäftigtendatenschutz gelten nach § 26 Abs. 8 BDSG auch für zur Berufsbildung Beschäftigte.
Siehe auch