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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Heimarbeit - Gefahrenschutz
Heimarbeit - Gefahrenschutz
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Der Missbrauch menschlicher Arbeitskraft ist gerade in der Heimarbeitsbranche eine stets drohende Gefahr. Die Fertigung von Waren unter Missachtung von Bestimmungen des Unfall- und Gesundheitsschutzes ist ein Problem, dass für Außenstehende kaum erkennbar wird. Das HAG sieht daher einige Vorschriften vor, die sich gerade diesem Thema widmen (s. dazu Gliederungspunkte 2. und 3.). Schließlich wird sogar Vorsorge gegen Gefahren getroffen, die der Öffentlichkeit drohen - zum Beispiel gegen gemeingefährliche und übertragbare Krankheiten (s. dazu Gliederungspunkt 4.). Zudem regelt das Gesetz in puncto Gefahrenschutz mit § 15 HAG eine besondere Anzeigepflicht für Auftraggeber (s. dazu Gliederungspunkt 5.)
Praxistipp:
Der Gefahrenschutz ist bei der Vergabe von Heimarbeit zwingend zu beachten. Wer z.B. Heimarbeit, die nach einer zur Durchführung des Gefahrenschutzes erlassenen Rechtsvorschrift (§§ 13 Abs. 2, 14 Abs. 3, 34 Abs. 2 Satz 2 HAG) verboten ist, ausgibt oder weitergibt, kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden. Weitere Straftat- und Ordnungswidrigkeitentatbestände enthält § 32 HAG, z.B. für das Zuwiderhandeln gegen eine Verfügung nach § 14 Abs. 2 HAG oder § 16a HAG.
Allgemein darf der Arbeitgeber in Heimarbeit Beschäftigte nach § 16 Abs. 4 GefStoffV (Gefahrstoffverordnung) nur Tätigkeiten mit geringer Gefährdung i.S.d. § 6 Abs. 11 GefStoffV durchführen lassen. Die Gefährdungsbeurteilung darf nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden (§ 6 Abs. 11 Satz 1 GefStoffV). Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so hat er sich fachkundig beraten zu lassen (§ 6 Abs. 11 Satz 2 GefStoffV) - z.B. von der Fachkraft für Arbeitssicherheit oder vom Betriebsarzt (§ 6 Abs. 11 Satz 3 GefStoffV). Beschäftigte i.S.d. GefStoffV sind auch die in Heimarbeit Beschäftigten (§ 2 Abs. 7 Nr. 1 GefStoffV), Arbeitgeber i.S.d. GefStoffV die Auftraggeber und Zwischenmeister (§ 2 Abs. 7 Nr. 2 GefStoffV).
2. Grundsätze des Gefahrenschutzes
Die Arbeitsstätten der in Heimarbeit Beschäftigten einschließlich der Maschinen, Werkzeuge und Geräte müssen so beschaffen, eingerichtet und unterhalten und Heimarbeit muss so ausgeführt werden, dass keine Gefahren für
Leben,
Gesundheit
und Sittlichkeit
der Beschäftigten und ihrer Mitarbeiter sowie für die öffentliche Gesundheit i.S.d. § 14 HAG entstehen (§ 12 Abs. 1 HAG). Werden von Hausgewerbetreibenden oder Gleichgestellten fremde Hilfskräfte beschäftigt, so gelten auch die sonstigen Vorschriften über den Betriebsschutz und die sich daraus ergebenden Verpflichtungen des Arbeitgebers seinen Arbeitnehmern gegenüber (§ 12 Abs. 2 HAG).
3. Arbeitsschutz
Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrats
für einzelne Gewerbezweige
oder bestimmte Arten von Beschäftigungen
oder Arbeitsstätten
Rechtsverordnungen zur Durchführung des Arbeitsschutzes durch die in Heimarbeit Beschäftigten und ihre Auftraggeber erlassen (§ 13 Abs. 1 HAG).
Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrats Heimarbeit, die mit erheblichen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit der Beschäftigten verbunden ist, durch Rechtsverordnung verbieten (§ 13 Abs. 2 HAG).
4. Schutz der öffentlichen Gesundheit
Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrats für einzelne Gewerbezweige oder bestimmte Arten von Beschäftigungen oder Arbeitsstätten Rechtsverordnungen zum Schutz der Öffentlichkeit
gegen gemeingefährliche und übertragbare Krankheiten
und gegen Gefahren, die beim Verkehr mit
Arznei-, Heil- und Betäubungsmitteln,
Giften,
Lebens- und Genussmitteln
sowie Bedarfsgegenständen
entstehen können, erlassen (§ 14 Abs. 1 HAG).
Die Polizeibehörde kann im Benehmen mit dem Gewerbeaufsichtsamt und dem Gesundheitsamt für einzelne Arbeitsstätten Verfügungen zur Durchführung des öffentlichen Gesundheitsschutzes i.S.d. § 14 Abs. 1 HAG treffen, insbesondere zur Verhütung von Gefahren für die öffentliche Gesundheit, die sich bei der
Herstellung,
Verarbeitung
und Verpackung
von Lebens- und Genussmitteln ergeben (§ 14 Abs. 2 HAG). Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrats Heimarbeit, die mit erheblichen Gefahren für die öffentliche Gesundheit i.S.d. § 14 Abs. 1 HAG verbunden ist, durch Rechtsverordnung verbieten (§ 14 Abs. 3 HAG).
5. Anzeigepflicht, Gefahrenabwehr, Anordnungen
Wer Heimarbeit ausgibt, für die zur Durchführung des Gefahrenschutzes besondere Vorschriften gelten, hat dem Gewerbeaufsichtsamt und der Polizeibehörde
Namen und
Arbeitsstätte
der von ihm in Heimarbeit Beschäftigten anzuzeigen (§ 15 HAG).
Wer Heimarbeit aus- oder weitergibt, hat dafür zu sorgen, dass Leben oder Gesundheit der in Heimarbeit Beschäftigten durch
technische Arbeitsmittel
und Arbeitsstoffe,
die er ihnen zur Verwendung überlässt, nicht gefährdet werden (§ 16 Abs. 1 HAG). Die zur Durchführung des Gefahrenschutzes erforderlichen Maßnahmen, die sich auf
Räume
oder Betriebseinrichtungen
beziehen, hat der zu treffen, der die Räume und Betriebseinrichtungen unterhält (§ 16 Abs. 2 HAG).
Das Gewerbeaufsichtsamt kann in Einzelfällen anordnen, welche Maßnahmen zur Durchführung der §§ 12, 13 und 16 HAG sowie der auf § 13 und § 34 Abs. 2 HAG gestützten Rechtsverordnungen zu treffen sind (§ 16a Satz 1 HAG). Neben den aufgrund von § 3 Abs. 2 HAG bestimmten Stellen nimmt das Gewerbeaufsichtsamt die Aufsichtsbefugnisse nach § 139b GewO wahr (§ 16a Satz 2 HAG).
6. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einige der interessantesten Entscheidungen zum Thema Gefahrenschutz bei der Heimarbeit in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet vorgestellt:
6.1 Home-Office
Viele Arbeitnehmer arbeiten von zuhause aus und haben sich dafür einen Telearbeitsplatz - ein Home-Office - eingerichtet. Passiert ihnen dort ein Unfall, geschieht das jedoch mehr im privaten Bereich als in einer Räumlichkeit, für die der Arbeitgeber verantwortlich ist. Noch bevor es um die Beantwortung der Frage geht, ob das konkrete Ereignis (hier: Treppensturz auf dem Weg zur Küche, um Wasser zu holen) der versicherten Tätigkeit i.S.d. § 8 Abs. SGB VII zuzurechnen ist, kommt es darauf an, ob ein Home-Office überhaupt in den SGB VII-Schutzbereich fällt. Da weder Arbeitgeber noch Berufsgenossenschaft hier präventiv und gefahrenreduzierend eingreifen können, "ist es sachgerecht, das vom häuslichen und damit persönlichen Lebensbereich ausgehende Unfallrisiko den Versicherten und nicht der gesetzlichen Unfallversicherung, mit der die Unternehmerhaftung abgelöst werden soll, zuzurechnen" (BSG, 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R - Pressemitteilung).
Siehe auch
Heimarbeit - Allgemeiner SchutzHeimarbeit - ArbeitszeitschutzHeimarbeit - BeschäftigteHeimarbeit - EntgeltregelungHeimarbeit - GleichstellungHeimarbeit - MitbestimmungHeimarbeit - Schwerbehinderte Menschen