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BFH, 06.02.1962 - I B 31/59 U - Anspruch von an einem Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden auf Auslagenerstattung
Bundesfinanzhof
Beschl. v. 06.02.1962, Az.: I B 31/59 U
Anspruch von an einem Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden auf Auslagenerstattung
Fundstellen:
BFHE 75, 202 - 206
BStBl III 1962, 341
DB 1962, 1164 (Volltext)
BFH, 06.02.1962 - I B 31/59 U
Amtlicher Leitsatz:
Die an einem Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden haben keinen Anspruch auf Auslagenerstattung.
Zusammenfassung:
Die an einem Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden haben keinen Anspruch auf Auslagenerstattung
Tatbestand
1
Im Zerlegungsverfahren wurde die weitere Beschwerde der Stadt X. als unbegründet zurückgewiesen, die Kosten des Rechtsmittels der Bfin. auferlegt und der Streitwert nach deren Interesse auf 25 000 DM festgestellt. Nach Zustellung des Beschlusses beantragte die an dem Verfahren nach § 384 Ziff. 2 der AO beteiligte Gemeinde E. (Antragstellerin), die der weiteren Beschwerde mit Erfolg entgegengetreten war,
- 1)
die Kostenentscheidung dahin zu ergänzen, daß ihr die durch die Zuziehung eines Steuerberaters entstandenen und sonstigen Kosten im Sinne des § 316 AO zu erstatten seien,
- 2)
den festgestellten Streitwert nach ihrem Interesse an dem Rechtsstreit auf 140 756,82 DM zu erhöhen.
2
Auf Ersuchen des Senats hat der Bundesminister der Finanzen zu der Frage, ob einer im Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinde, die kein Rechtsmittel eingelegt hat, jedoch den Anträgen einer weiteren Beschwerde erfolgreich entgegengetreten ist, ein Anspruch auf Erstattung ihrer Auslagen zusteht und gegen wen ein solcher Anspruch sich richten würde, wie folgt Stellung genommen:
"Zur Beantwortung der Frage, ob einer am Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinde, die ein Rechtsmittel nicht eingelegt hat, die vielmehr den Anträgen des Rechtsmittelführers mit Erfolg entgegengetreten ist, ein Anspruch auf Erstattung ihrer Auslagen zusteht, bedarf es eines Eingehens auf die historische Entwicklung der diesbezüglichen Rechtsvorschriften (§§ 316, 317, 388a AO).
§ 388a AO, durch den für das Zerlegungsverfahren die Verbindung zu den Kostenvorschriften in den §§ 307 ff. AO hergestellt wurde, ist erst durch das Einführungsgesetz zu den Realsteuergesetzen vom 1. Dezember 1936 (Reichsgesetzbl. I S. 961) in die AO eingefügt worden. Vorher bestanden für das Zerlegungsverfahren keine Kostenvorschriften. Eine ähnliche Sachlage bestand vor der Aufnahme der Zerlegungsvorschriften in die AO durch den 3. Teil Kap. IV Art. 1 Ziff. 73 der Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1. Dezember 1930 (Reichsgesetzbl. I S. 517) auf Grund der §§ 46 bis 49 des Finanzausgleichsgesetzes, die durch die Zerlegungsvorschriften der AO ersetzt und deshalb durch den 3. Teil Kap. IV Art. 3 Ziff. 4 der genannten Verordnung aufgehoben wurden. Der Reichsfinanzhof hatte seinerzeit zu dem Verfahren nach den §§ 46 bis 49 des Finanzausgleichsgesetzes festgestellt, daß für dieses Verfahren eine Kostenpflicht nicht in Frage komme (Beschluß IV B 12/29 vom 2. Oktober 1929, RStBl 1929 S. 629)
Eine ausdrückliche Änderung dieses Zustandes trat erst durch § 388a AO ein. Nunmehr wurde bestimmt, daß die Vorschriften der AOüber die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf Rechtsmittel, die im Zerlegungsverfahren eingelegt werden, mit gewissen Ergänzungen Anwendung finden.
§ 316 AO, der die Erstattung von Auslagen regelte, bestimmte damals:
'Soweit dem Steuerpflichtigen keine Kosten auferlegt werden, sind ihm notwendige Auslagen zu erstatten. Er hat jedoch keinen Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis. Auch auf Erstattung von Kosten, die durch Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes entstanden sind, hat er keinen Anspruch.'
Eine unmittelbare Anwendung des § 316 AO auf die am Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden schied danach aus, weil die hebeberechtigten Gemeinden keine Steuerpflichtigen, sondern Steuergläubiger sind. Auch eine unmittelbare Anwendung des § 317 AO, der den Anwendungsbereich des § 316 AO erweiterte, entfiel, da die Gemeinden als Steuergläubiger nicht als Privatpersonen anzusehen sind, wie diese Vorschrift es für ihre Anwendung fordert.
Eine entsprechende Anwendung des § 316 AO dergestalt, daß auch die am Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden einen Auslagenerstattungsanspruch geltend machen konnten, war nur dann möglich, wenn sich aus § 388a AO ein dahingehender Wille des Gesetzgebers hätte entnehmen lassen. Das Gegenteil muß jedoch m. E. angenommen werden. Durch den Eingangssatz des § 388a AO wird bestimmt, daß die §§ 307, 310 bis 324 AO im Zerlegungsverfahren mit gewissen Ergänzungen Anwendung finden. Von einer entsprechenden Anwendung ist nicht die Rede. Erst durch die ergänzenden Bestimmungen wird u.a. geregelt, wann eine Gemeinde kostenpflichtig wird und daß auch eine kostenpflichtige Gemeinde eine Rechtsmittelgebühr und eine Abfindung für Auslagen zu zahlen hat.
Hieraus ist zu folgern, daß erst die ergänzenden Bestimmungen des § 388a AO die die Gemeinden betreffenden kostenrechtlichen Vorschriften enthalten, daß also der Eingangssatz nicht dahin ausgelegt werden kann, daß die Vorschriften der §§ 307, 310 bis 324 AO entsprechende Anwendung finden. Wäre die entsprechende Anwendung der Kostenbestimmungen beabsichtigt gewesen, wären die Ergänzungen überflüssig, da die die Gemeinde betreffenden Schlußfolgerungen ohne ausdrückliche gesetzliche Normierung hätten gezogen werden können.
Da die ergänzenden Bestimmungen des § 388a AO nicht den § 316 AO betreffen, muß weiter gefolgert werden, daß den Gemeinden ein Auslagenerstattungsanspruch nicht zugebilligt werden sollte.
Es bedarf noch der Prüfung, ob sich hieran dadurch etwas geändert hat, daß § 316 AO durch das Gesetz zur Änderung von einzelnen Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze vom 11. Juli 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 511) geändert wurde und seine noch heute geltende Fassung erhielt. Die wesentliche Änderung des § 316 AO bestand darin, daß nunmehr die durch die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes entstehenden Kosten wie vor dem 1. April 1932 wieder erstattungsfähig sind. Außerdem ist jedoch der Wortlaut des § 316 AO insoweit geändert worden, als jetzt nicht mehr vom Steuerpflichtigen, sondern vom Beteiligten, der nicht Finanzbehörde ist, die Rede ist. An sich hätte nach dem Aufbau der §§ 307 ff. AO (vgl. insbesondere § 310 Ziff. 2 AO) zweckmäßigerweise weiterhin der Ausdruck 'Steuerpflichtiger' verwendet werden müssen, da erst durch § 317 AO die Anwendung der §§ 307 bis 316 AO auf andere Privatpersonen erweitert wurde, die nicht Steuerpflichtige sind. Der Aufbau der §§ 307 bis 316 AO wird durch die Neufassung des § 316 AO insoweit gestört. Indessen besagt der Ausdruck 'Beteiligter, der nicht Finanzbehörde ist' nicht mehr als das, was sich auf Grund der Gleichstellung anderer Personen mit dem Steuerpflichtigen nach § 317 AO schon immer ergeben hatte. Die Beteiligten am Verfahren sind in den §§ 266, 287 AO genannt. Sieht man von den beteiligten Finanzbehörden ab, so sind es die im § 317 AO genannten Personen. Die Neufassung des § 316 AO nimmt das vorweg, was sich sonst bei Weiterverwendung des Ausdrucks 'Steuerpflichtiger' aus § 316 i. V. mit § 317 AO ohnehin ergeben hätte. Eine Rechtsänderung ist darin nicht zu sehen (vgl. Baumann, Änderungsgesetz zur Abgabenordnung, Deutsche Steuerzeitung, Ausgabe C, Anm. 55). Unter diesen Umständen konnte sich auch hinsichtlich des Zerlegungsverfahrens durch das AO.-Änderungsgesetz nichts daran ändern, daß den am Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden ein Auslagenerstattungsanspruch nach § 388a AO i. V. mit §§ 316, 317 AO nicht zusteht.
Die Frage, ob die hebeberechtigten Gemeinden im Sinne des § 316 AO als Finanzbehörden anzusehen sind, taucht deshalb nicht auf. Sie könnte sich nur dann stellen, wenn § 316 AO innerhalb der Vorschriften über das Zerlegungsverfahren gestanden hätte. Da das nicht der Fall ist, können Beteiligte im Sinne des § 316 AO nicht die hebeberechtigten Gemeinden sein, die innerhalb der §§ 228 bis 324 AOüberhaupt nicht erwähnt werden.
Es sei in diesem Zusammenhang an die vor dem Inkrafttreten des Einführungsgesetzes zu den Realsteuergesetzen vom 1.12.1936 geltende Fassung des § 266 Ziff. 2 AO erinnert. Vgl. § 266 Ziff. 2 AO 1931 und Kap. VIII Art. 1 Nr. 8 der Verordnung des Reichspräsidenten über Maßnahmen auf dem Gebiet der Finanzen, der Wirtschaft und der Rechtspflege vom 18. März 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 109). Dort waren als Beteiligte am Rechtsmittelverfahren neben dem Finanzamt auch der Vertreter des Landes und der Vertreter der Gemeinde, die an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hatten, genannt. Einen Auslagenerstattungsanspruch hatten diese Personen jedoch nicht, da sie nicht unter § 317 AO fielen. Da keinerlei Anhaltspunkt dafür besteht, daß durch die Verwendung des Begriffes 'Beteiligter, der nicht Finanzbehörde ist' eine Rechtsänderung beabsichtigt war, kann wohl angenommen werden, daß bei Fortbestehen der alten Fassung des § 266 Ziff. 2 AO§ 316 AO i.d.F. von 1953 so formuliert worden wäre, daß einwandfrei auch die Erstattungsansprüche der Vertreter der Länder und der Gemeinden ausgeschlossen worden wären. Es ist dann aber auch nicht gerechtfertigt, den § 316 AO im Rahmen des Zerlegungsverfahrens so auszulegen, daß den beteiligten Gemeinden Erstattungsansprüche zustehen."
Entscheidungsgründe
3
Dem Begehren der Antragstellerin kann nicht stattgegeben werden.
4
1)
Der Senat stimmt dem Bundesminister der Finanzen darin zu, daß der Antragstellerin, die nicht Rechtsmittelführerin war, ein Erstattungsanspruch weder gegen die mit ihrem Rechtsmittel unterlegene Bfin. noch gegen den Staat zusteht. Zu den Ausführungen des Bundesministers der Finanzen bemerkt der Senat ergänzend: Es ist auch möglich, den Erstattungsanspruch der Antragstellerin schon deswegen zu verneinen, weil sie in ihrer Eigenschaft als Steuergläubigerin der Gewerbesteuer in dem Zerlegungsverfahren auftrat und somit die Aufgabe einer Finanzbehörde wahrnahm, der im § 316 Abs. 1 AO Erstattungsansprüche versagt sind. Der Wortlaut dieser Bestimmung zwingt nicht dazu, diesen Begriff ausschließlich auf die im Gesetz über die Finanzverwaltung vom 6. September 1950 (BGBl 1950 I S. 448) bezeichneten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zu beschränken. Der Antrag auf Ergänzung der Kostenentscheidung ist daher unbegründet. Die Regelung in § 388a Ziff. 2 AO betrifft lediglich die beschwerdeführenden Gemeinden.
5
2)
Da der Antragstellerin kein Anspruch auf Kostenerstattung zusteht, ist sie durch die Feststellung des Streitwerts nicht beschwert. Ihr Antrag auf Erhöhung des Streitwerts ist daher unzulässig.