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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Wahltarife
Wahltarife
Normen
Kurzinfo
Durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz wurde den Krankenkassen seit dem 01.04.2007 die Möglichkeit eingeräumt fünf verschiedene Wahltarife anzubieten (vgl. § 53 Abs. 1-5 SGB V). Dabei sind Wahltarife für die Teilnahme an besonderen Versorgungsformen nach § 53 Abs. 3 SGB V verpflichtend, alle anderen Wahltarife sind optional durch die Krankenkassen anzubieten.
Für die Teilnahme der Versicherten an folgenden Versorgungsformen sind Wahltarife anzubieten:
- Modellvorhaben (§ 63 SGB V), Hausarztzentrierte Versorgung (§ 73b SGB V),
- besondere ambulante ärztliche Versorgung (§ 73c SGB V),
- strukturierte Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten (DMP) (§ 137f SGB V),
- Integrierte Versorgung (§ 140a SGB V).
Folgende Wahltarife können durch die Krankenkassen angeboten werden:
- Selbstbehalttarife,
- Tarife für Nichtinanspruchnahme von Leistungen,
- Variable Kostenerstattungstarife,
- Tarife, die die Übernahme der Kosten für von der Regelversorgung ausgeschlossene Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen beinhalten.
Information
Inhaltsübersicht
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An Versicherte, die einen Wahltarif für die Teilnahme an besonderen Versorgungsformen, einen Selbstbehalttarif oder den Tarif für die Nichtinanspruchnahme von Leistungen gewählt haben, zahlt die Krankenkasse ggf. eine Prämie. Bei den Kostenerstattungstarifen und den Tarifen für die Übernahme ausgeschlossener Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen haben die Teilnehmer eine Prämie an die Krankenkasse zu zahlen.
Die Wahltarife müssen sich jeweils in sich finanzieren, d.h. die jeweiligen Aufwendungen müssen über Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen gedeckt sein. Eine Quersubventionierung zwischen den Wahltarifen oder aus Mitteln der allgemeinen Krankenversicherung darf nicht erfolgen. Gegenüber der Aufsicht ist mindestens alle drei Jahre Rechenschaft über diese Einsparungen abzulegen. Die erste Überprüfung durch die Aufsichten erfolgt bereits nach einem Jahr.
1. Selbstbehalttarife (§ 53 Abs. 1 SGB V)
Die Krankenkassen bieten unterschiedliche Selbstbehalttarife an. Die Selbstbehalttarife können Staffelungen aus Selbstbehalten und Prämien vorsehen. Die Einführung entsprechender Tarife ist nicht zwingend. Bei der Wahl des Selbstbehalttarifs verpflichtet sich das Mitglied jeweils für ein Kalenderjahr, einen Teil der von seiner Krankenkasse zu tragenden Kosten selbst zu übernehmen. Im Gegenzug erhält das Mitglied eine im Wahltarif festgeschriebene Prämie. Die Höhe des Selbstbehalts sowie der Prämienzahlung können einkommensabhängig gestaffelt werden.
Die Selbstbehalttarife können auf spezielle Personengruppen (z.B. freiwillig versicherte Mitglieder) beschränkt oder an die Wahl der Kostenerstattung gekoppelt werden. Die Wahl eines Selbstbehalttarifs erfolgt durch das Mitglied.
Bei der Umsetzung von Selbstbehalttarifen erscheint es sinnvoll, Leistungen zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten möglichst nicht auf den Selbstbehalt anzurechnen.
Die Mindestbindungsfrist für einen Selbstbehalttarif beträgt drei Jahre. In dieser Zeit kann das Mitglied auch nicht eine andere Krankenkasse wählen. Die Abrechnung der Selbstbehalttarife dürfte i.d.R. rückwirkend (im folgenden Kalenderjahr) erfolgen.
2. Tarife für Nichtinanspruchnahme von Leistungen (§ 53 Abs. 2 SGB V)
Die Krankenkassen können auch Wahltarife für die Nichtinanspruchnahme von Leistungen vorsehen. Auch dieser Tarif ist nicht zwingend anzubieten.
Die Wahl des Tarifs für die Nichtinanspruchnahme von Leistungen hat durch das Mitglied zu erfolgen. Das Mitglied erhält eine Prämie, wenn es selbst und die familienversicherten Angehörigen in einem Kalenderjahr keine Leistungen der Krankenkasse in Anspruch genommen haben. Voraussetzung ist, dass das Mitglied in dem entsprechenden Kalenderjahr mindestens drei Monate bei der Krankenkasse versichert war. Leistungen zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten bleiben unberücksichtigt. Dies gilt jedoch ausdrücklich nicht für ambulante Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten nach § 23 Abs. 2 SGB V, für Leistungen der medizinischen Vorsorge für Mütter und Väter (§ 24 SGB V), Leistungen zur Empfängnisverhütung (§ 24a SGB V) und Leistungen bei Schwangerschaftsabbruch und Sterilisation (§ 24b SGB V). Unberücksichtigt bleiben außerdem alle Leistungen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Darüber hinaus sollten auch zahnärztliche Kontrolluntersuchungen nach § 55 Abs. 1 Satz 4 SGB V unberücksichtigt bleiben.
Die Mindestbindungsfrist für den Wahltarif für die Nichtinanspruchnahme von Leistungen und das eingeschränkte Kassenwahlrecht beträgt ebenfalls drei Jahre.
3. Tarife für die Teilnahme an besonderen Versorgungsformen (§ 53 Abs. 3 SGB V)
Die Krankenkassen bieten auch Wahltarife für die Teilnahme an besonderen Versorgungsformen an. Diese besonderen Versorgungsformen sind:
- Modelle nach § 63 SGB V,
- hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b SGB V,
- besondere ambulante ärztliche Versorgung nach § 73c SGB V,
- strukturierte Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten (DMP) nach § 137f SGB V,
- integrierte Versorgung nach § 140a SGB V.
Für die Teilnahme an diesem Wahltarif haben die Krankenkassen Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen vorzusehen. Bietet die Krankenkasse mehrere besondere Versorgungsformen an, ist nicht zwingend für jede Versorgungsform eine Prämienzahlung/Zuzahlungsermäßigung vorzusehen. In der Satzung kann für die jeweilige Versorgungsform nur alternativ eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigung vorgesehen werden. Die Festlegung kann bei den jeweiligen Versorgungsformen unterschiedlich ausfallen.
Da § 53 Abs. 3 SGB V ausdrücklich von "Versicherten" spricht, gilt sowohl für Mitglieder als auch für Familienversicherte, die an einer besonderen Versorgungsform der Krankenkasse teilnehmen, der jeweilige Tarif.
4. Kostenerstattungstarife (§ 53 Abs. 4 SGB V)
Seit dem 01.04.2007 können die Krankenkassen in ihrer Satzung vorsehen, dass ihre Mitglieder für sich und ihre Familienversicherten nach § 10 SGB V variable Tarife zur Kostenerstattung wählen können. Auch diese Wahltarife sind nicht zwingend anzubieten. Die Wahl des Kostenerstattungstarifs ist grundsätzlich nicht an die vorherige Wahl der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V gebunden. Die Krankenkasse kann unterschiedliche Kostenerstattungstarife anbieten, die hinsichtlich des Umfangs der gewählten Leistungen und der Höhe des Erstattungssatzes variieren können. Für den jeweiligen Tarif sind spezielle Prämienzahlungen durch die Versicherten zu kalkulieren.
Nach § 53 Abs. 4 SGB V können Mitglieder für sich und ihre nach § 10 SGB V mitversicherten Angehörigen Kostenerstattungstarife wählen. Die Mindestbindungsfrist für Kostenerstattungstarife und die Einschränkung des Kassenwahlrechts beträgt drei Jahre.
Nach § 53 Abs. 4 SGB V kann die Krankenkasse die Höhe der Kostenerstattung variieren. Dies bedeutet, dass Kostenerstattungstarife für das gesamte Leistungsspektrum, aber auch nur für einzelne Leistungsbereiche angeboten werden können (z.B. für die ambulante ärztliche bzw. zahnärztliche Behandlung). Hinsichtlich der Höhe der Kostenerstattung wäre es möglich, dem Versicherten beispielsweise den bis zu 3,5-fachen Satz nach GOÄ/ GOZ zu erstatten. Die Kostenerstattung darf nur für Leistungen erfolgen, die von zugelassenen Leistungserbringern erbracht oder veranlasst werden.
Im Übrigen können Kostenerstattungstarife nach § 53 Abs. 4 SGB V mit Selbstbehalttarifen nach § 53 Abs. 1 SGB V verknüpft werden.
5. Tarife für die Übernahme der Kosten von Arzneimitteln besonderer Therapierichtungen (§ 53 Abs. 5 SGB V)
Krankenkassen können die Tarife für die Übernahme der Kosten von Arzneimitteln besonderer Therapierichtungen anbieten. Auch dieses Angebot ist nicht zwingend.
Nach § 53 Abs. 5 SGB V kann ein Wahltarif der Kosten für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen für die "Versicherten" vorgesehen werden. Der Versicherte hat die Wahl des entsprechenden Tarifs schriftlich gegenüber seiner Krankenkasse zu erklären. Sowohl das Mitglied selbst als auch die Familienversicherten können jeweils eigenständig eine Wahlentscheidung hinsichtlich des Tarifs treffen.
Als Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen kommen in Betracht:
- Phytotherapeutika,
- Homöopathika sowie
- Anthroposophika.
Die Wahl dieses Tarifs hat eine Mindestbindungsfrist von drei Jahren zur Folge. In dieser Zeit besteht kein Kassenwahlrecht.
6. Krankengeld für freiwillig versicherte Selbstständige
Krankengeldanspruch für Selbstständige
Selbstständigen und unständig bzw. kurzzeitig Beschäftigten wird als zusätzliche Option neben den Wahltarifen die Wahl des "gesetzlichen" Krankengeldanspruchs ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit ermöglicht.
Die Regelung im Überblick:
- Freiwillig versicherte Selbstständige können einen Krankengeldanspruch ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit entweder über das "gesetzliche" Krankengeld zum allgemeinen Beitragssatz oder über einen Wahltarif absichern. Auch darüber hinausgehende Absicherungswünsche (z.B. höhere oder früher einsetzende Krankengeldansprüche) können über Wahltarife realisiert werden.
- Unständig und kurzzeitig Beschäftigte können für den Krankengeldanspruch ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit zwischen dem "gesetzlichen" Krankengeld zum allgemeinen Beitragssatz und einem Wahltarif wählen. Weitere Ansprüche können über Wahltarife abgesichert werden.
- Versicherte der Künstlersozialkasse (KSK) haben weiterhin einen Anspruch auf "gesetzliches" Krankengeld ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit. Wer vor der siebten Woche Krankengeld beziehen will, muss dafür einen Wahltarif abschließen.
Damit soll ungerechtfertigten Belastungen entgegengewirkt werden, die sich bei der Einführung von Krankengeldwahltarifen für bestimmte Personengruppen ergeben haben. Wahltarife dürfen keine Altersstaffelungen enthalten.
Prämienzahlung für Personen mit Teilkostenerstattung (§ 53 Abs. 7 SGB V):
Wahltarife mit eingeschränktem Leistungsumfang für bestimmte Personenkreise, die Teilkostenerstattung gewählt haben
Bis zum 31.12.2008 galt für Personen, die Teilkostenerstattung gewählt haben, ein entsprechend ermäßigter Beitragssatz. Diese Beitragssatzermäßigung ist mit Einführung des Gesundheitsfonds zum 01.01.2009 entfallen. Zum Ausgleich kann die Krankenkasse diesen Versicherten dann einen Wahltarif anbieten, der anstelle der Beitragsermäßigung eine Prämienzahlung an den Versicherten vorsieht.
Teilkostenerstattung können nur DO-Angestellte (Dienstordnungsangestellte) und Beamte, die bei Krankenkassen beschäftigt sind, wählen, wenn diese Kasse in ihrer Satzung für sie Teilkostenerstattung anbietet.
Beispiel:
Ein DO-Angestellter ist bei einer Krankenkasse beschäftigt und hat Teilkostenerstattung gewählt. Die Beitragsmehrbelastung durch den Wegfall des ermäßigten Beitragssatzes gleicht er dadurch aus, dass er sich für einen entsprechenden Wahltarif seiner Kasse entscheidet, bei dem er eine vergleichbare Prämienzahlung erhält.
Bindungsfristen
Nach § 53 Abs. 8 Satz 1 und 2 SGB V beträgt die Mindestbindungsfrist für Wahltarife nach § 53 Abs. 2 SGB V (Prämienzahlung), § 53 Abs. 4 SGB V (Kostenerstattung) und § 53 Abs. 5 SGB V (Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen) ein Jahr. Bei der ordentlichen Kündigung der Mitgliedschaft bei der Krankenkasse ist neben der Mindestbindungsfrist von 18 Monaten die jeweilige Mindestbindungsfrist des in Anspruch genommenen Wahltarifs einzuhalten.
Sonderkündigungsrecht
Nach § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V steht das Sonderkündigungsrecht wegen Erhebung oder Erhöhung eines Zusatzbeitrags oder Verringerung der Prämienzahlung auch den Mitgliedern mit einem Wahltarif grundsätzlich zu. Ausnahmsweise bleiben die Mitglieder mit einem Wahltarif nach § 53 Abs. 6 SGB V (Krankengeld) von dem Sonderkündigungsrecht ausgenommen.