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BAG, 25.02.1999 - 3 AZR 232/97 (A) - Revision gegen ein unzulässiges Zwischenurteil
Bundesarbeitsgericht
Beschl. v. 25.02.1999, Az.: 3 AZR 232/97 (A)
Revision gegen ein unzulässiges Zwischenurteil
BAG, 25.02.1999 - 3 AZR 232/97 (A)
In dem Rechtsstreit
hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts
aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 25. Februar 1999
durch
den Richter Bepler als Vorsitzenden,
die Richter Dr. Friedrich und Kreft sowie
die ehrenamtliche Richterin Frehse und
den ehrenamtlichen Richter Stemmer
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerinnen 7/8, die Beklagte 1/8 zu tragen.
- 2.
Die Kosten der Berufung und der Revision hat die Beklagte zu tragen.
Tatbestand
1
I.
Die Parteien haben über Grund und Höhe eines Betriebsrentenanspruches des im Laufe des Rechtsstreits verstorbenen Herrn O. M. gestritten, dessen gesetzliche Erbinnen die Klägerinnen sind.
2
Der am 24. Mai 1931 geborene Herr M. war vom 4. Mai 1956 bis zum 17. März 1978 bei der Beklagten tätig, wobei er jeweils als Saisonarbeiter beschäftigt war und zwischenzeitlich Arbeitslosengeld bezog. Die Beklagte versorgt ihre Mitarbeiter nach Maßgabe einer am 1. Januar 1958 in Kraft getretenen Versorgungsordnung, die am 10. Dezember 1978 durch eine Betriebsvereinbarung teilweise geändert wurde. Nach der Versorgungsordnung treten alle Betriebsangehörigen nach einer zusammenhängenden Dienstzeit von 7 Jahren mit dem folgenden 1. Januar in die Versorgung ein. Hiernach versorgungsberechtigte Betriebsangehörige, die nach Erreichen der Altersgrenze (Männer: 65. Lebensjahr; Frauen: 60. Lebensjahr) aus den Diensten der Beklagten ausscheiden, erhalten eine lebenslängliche Altersrente; das gleiche gilt für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nach Erreichen der flexiblen Altersgrenze (Männer: 63. Lebensjahr; Frauen: 60. Lebensjahr) ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten beenden. Die Altersrente beläuft sich auf 20 % des Jahresbruttoarbeitsentgeltes aufgerundet auf volle DM und zahlbar in gleichen monatlichen Raten, jedoch höchstens 120,00 DM monatlich.
3
Herr M. hatte seit dem 1. Juni 1991 vorgezogene gesetzliche Altersrente in Anspruch genommen. Er ist am 20. November 1996 verstorben und durch die Klägerinnen beerbt worden, die zuletzt sinngemäß beantragt haben,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerinnen als Rechtsnachfolgerinnen des Herrn O. M. eine Betriebsrente aus der Versorgungsordnung vom 31. Dezember 1957 bzw. aus der Betriebsvereinbarung vom 10. Dezember 1978 ab 1. Juni 1991 zu gewähren.
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, rückständige 17.452,80 DM netto (= 436,32 DM monatlich) und 4 % Zinsen ab Klagezustellung zu zahlen.
4
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Herr M. habe wegen seiner Saisonarbeit das Erfordernis einer 7-jährigen zusammenhängenden Dienstzeit nicht erfüllt.
5
Das Arbeitsgericht hat ein mit "Teilurteil" überschriebenes Urteil verkündet, in dem es festgestellt hat, daß die Beklagte verpflichtet sei, Herrn M. auf der Grundlage der Versorgungsordnung vom 30. Dezember 1957/Betriebsvereinbarung vom 10. Dezember 1978 eine Betriebsrente zu gewähren. In den Gründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, zu den zwischen den Parteien weiter streitigen Fragen, ob der Kläger auch die Voraussetzungen der Betriebsvereinbarung erfülle und ob eine zeitratierliche Kürzung des Betriebsrentenanspruches wegen vorzeitigen Ausscheidens des Klägers in Betracht komme, nehme es nicht Stellung. Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil hat das Landesarbeitsgericht als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen hat die Beklagte die zugelassene Revision eingelegt. In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien den Rechtsstreit durch Vergleich dahin erledigt, daß die Beklagte sich verpflichtete, an die Klägerinnen für die Zeit vom 1. Juni 1991 bis zum 20. November 1996 eine monatliche Betriebsrente von 58,00 DM brutto, insgesamt also 3.828,00 DM, sowie an die Klägerin J. M. ab dem 1. Dezember 1996 eine Hinterbliebenenrente von 29,00 DM zu zahlen. Die Parteien haben hiernach die Hauptsache für erledigt erklärt und wechselseitig Kostenanträge gestellt.
Gründe
6
II.
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über dessen Kosten nach § 91 a ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes wie geschehen zu entscheiden.
7
1.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz, bei dem noch zum Vergleichsschluß der Zahlungsantrag der Klägerinnen anhängig war, müssen die Klägerinnen 7/8 und die Beklagte 1/8 tragen. Herrn O. M. stand von Rechts wegen statt der dort geltend gemachten monatlichen Betriebsrente von 436,32 DM nur ein monatlicher Betrag von 58,00 DM zu. Er erfüllte zwar die Voraussetzungen für einen Betriebsrentenanspruch, weil bei zutreffender Auslegung des Begriffes der "zusammenhängenden Dienstzeit" auch ein miteinander verknüpftes Saisonarbeitsverhältnis, wie es Herr M. bei der Beklagten zurückgelegt hat, diese Voraussetzung erfüllt. Die von ihm erreichbare Höchstrente beläuft sich jedoch nach Nr. 3 der Versorgungsordnung vom 1. Januar 1958 i. V. mit Nr. 1 der Betriebsvereinbarung vom 22. Dezember 1977 nur auf 120,00 DM. Da Herr M. vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis bei der Beklagten ausgeschieden ist, mußte er eine zeitanteilige Kürzung hinnehmen, die dem Verhältnis zwischen erreichter und erreichbarer Betriebszugehörigkeit entspricht. Darüber hinaus muß berücksichtigt werden, daß Herr M. vorzeitig in den Ruhestand getreten ist. Aus den hiernach erforderlichen Rechenschritten folgte für Herrn M. nur ein monatlicher Betriebsrentenanspruch über 58,00 DM brutto.
8
2.
Die Kosten der Berufung und der Revision muß die Beklagte allein tragen. Insoweit bestand für sie keine Erfolgsaussicht.
9
Bei dem Teilurteil des Arbeitsgerichts handelt es sich in der Sache um ein Zwischenurteil über Fragen des Klagegrundes. Das Arbeitsgericht hat nur dazu entschieden, ob von den Voraussetzungen des mit dem Antrag zu 2 beziffert geltend gemachten Betriebsrentenanspruchs einzelne Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich die in der Versorgungsordnung erforderte Vordienstzeit und eine zusammenhängende Betriebszugehörigkeit bis zum Ausscheiden. Alle anderen Fragen, die auch im Zusammenhang mit dem Antrag zu 1 zu klären waren und die Höhe des Anspruchs betreffen, hat das Arbeitsgericht nicht beschieden.
10
Ein Zwischenurteil, in welchem nur über Teile des Grundes eines Anspruchs entschieden wird, ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren auch dann, wenn es als Teilurteil bezeichnet worden ist, nicht als Endurteil anzusehen (§ 61 Abs. 3 ArbGG). Damit war die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil unstatthaft und unzulässig (§ 511 ZPO).
11
Daraus folgt zugleich, daß auch die Revision der Beklagten unzulässig war. Wird über eine unzulässige Berufung gegen ein Zwischenurteil durch Sachurteil entschieden, wie dies im vorliegenden Fall geschehen ist, handelt es sich auch bei dem Urteil des Berufungsgerichts um ein Zwischenurteil und nicht um ein Endurteil. Die Revision gegen dieses Urteil ist deshalb nach § 545 ZPO nicht eröffnet (vgl. BGHZ 102, 232, 233) [BGH 25.11.1987 - IVa ZR 135/86].
12
Hieran ändert auch der Umstand nichts, daß Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht eine Rechtsmittelbelehrung gegeben haben, die im Widerspruch zu dieser Rechtslage steht. Belehrt ein Grund- oder Zwischenurteil zu Unrecht über ein vermeintlich eröffnetes Rechtsmittel, bleibt dieses unstatthaft. Weder das Landesarbeitsgericht noch das Bundesarbeitsgericht sind an eine solche Rechtsmittelbelehrung gebunden (Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 2. Aufl., § 61 Rz 42, m.w.N.).
Bepler
Friedrich
Kreft
Stemmer
H. Frehse