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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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BFH, 07.08.2003 - VI R 16/01 - Ausschluss der steuerlichen Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer; Verfügung eines Grundschulleiters über ein Dienstzimmer; Begriff des "anderen Arbeitsplatzes" im Sinne des Einkommensteuergesetzes
Bundesfinanzhof
Urt. v. 07.08.2003, Az.: VI R 16/01
Häusliches Arbeitszimmer: 11qm sind zu eng bemessen
Steht dem Schulleiter einer Grundschule ein lediglich 11 qm großer Raum in der Schule zur Verfügung, um sowohl die Verwaltungsarbeit als auch die Vor- und Nachbereitung für den Unterricht (=50 % seiner Gesamtarbeitszeit) zu bewältigen, so kann er seinen Aufwand für ein häusliches Arbeitszimmer bis zu 1 250 € im Jahr vom steuerpflichtigen Einkommen abziehen — insbesondere dann, wenn er den Raum nicht uneingeschränkt nutzen kann.
Quelle: Wolfgang Büser
Ausschluss der steuerlichen Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer; Verfügung eines Grundschulleiters über ein Dienstzimmer; Begriff des "anderen Arbeitsplatzes" im Sinne des Einkommensteuergesetzes
Verfahrensgang:
vorgehend:
FG Bremen - 20.10.1999 - AZ: 499057 K 3
Fundstellen:
BFHE 203, 128 - 130
AuR 2004, 39 (Kurzinformation)
b&b 2004, 8
BB 2003, 2334 (amtl. Leitsatz)
BFH/NV 2003, 1650-1651 (Volltext mit amtl. LS)
BStBl II 2004, 77-78 (Volltext mit amtl. LS)
DB 2003, 2365 (amtl. Leitsatz)
DStR 2003, 1829-1830 (Volltext mit amtl. LS)
DStRE 2003, 1367
DStZ 2003, 787 (Kurzinformation)
EStB 2003, 413 (Volltext mit amtl. LS)
FR 2003, 1242-1243
HFR 2003, 1154-1155
INF 2003, 845-847
KFR 2004, 65-67
KÖSDI 2003, 13936 (Kurzinformation)
NJW 2003, 3800 (Volltext mit amtl. LS)
NWB 2003, 3341
SchuR 2004, 118 (Kurzinformation)
stak 2003
StBW 2003, 3
SteuerBriefe 2003, 1461-1462
StSem 2004
StuB 2003, 995
ZBR 2004, 61-63 (Volltext mit amtl. LS)
Jurion-Abstract 2003, 218609 (Zusammenfassung)
BFH, 07.08.2003 - VI R 16/01
Amtlicher Leitsatz:
Steht einem Grundschulleiter, der zu 50 v.H. von seiner Unterrichtsverpflichtung freigestellt ist, ein Dienstzimmer von knapp 11 qm zur Verfügung, so schließt das die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht aus.
Entscheidungsgründe
1
I.
Die Beteiligten streiten darüber, wann einem Steuerpflichtigen ein "anderer Arbeitsplatz" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 2 Alternative 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit der Folge zur Verfügung steht, dass die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich nicht geltend gemacht werden können.
2
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Lehrer und Leiter einer Grundschule. Von der Lehrtätigkeit ist er zu 50 v.H. freigestellt. In der Schule steht ihm ein Dienstzimmer von knapp 11 qm zur Verfügung. Das Zimmer ist mit einem Schreibtisch samt Stuhl, drei Schränken und einer Sitzecke ausgestattet. In dem von ihm und seiner Familie bewohnten Einfamilienhaus nutzt der Kläger ein häusliches Arbeitszimmer.
3
Einer Bescheinigung seines Dienstherrn zufolge steht dem Kläger das Schulleiterzimmer "außerhalb der Unterrichtszeit und in den Ferien nicht unbeschränkt zur Verfügung". Das betrifft nach der Bescheinigung insbesondere die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts. Aus der Bescheinigung geht weiter hervor, dass in dem Schulleiterzimmer kein Platz für die notwendigen privaten Arbeitsmittel (Computer samt Zubehör, Bibliothek) ist.
4
Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1997 machte der Kläger (u.a.) Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 2.400,00 DM als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA-) erkannte diese Aufwendungen nicht an.
5
Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, dass dem Kläger für seine Tätigkeit als Lehrer und die damit verbundenen Vorbereitungsarbeiten kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 115 veröffentlicht.
6
Mit der Revision macht das FA geltend, das FG habe § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 2 Alternative 2 EStG unzutreffend ausgelegt. Das FA trägt im Wesentlichen vor, der Gesetzgeber habe mit der Abzugsbeschränkung eine typisierende Regelung geschaffen. Diese Regelung könne naturgemäß nicht einzelfallbezogen, sondern nur verallgemeinernd angewendet werden. Es genüge daher, dass im Streitfall das zur Verfügung gestellte Dienstzimmer grundsätzlich geeignet sei, die gesamten dienstlichen Pflichten dort zu erfüllen.
7
Das FA beantragt,
das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
8
Die Kläger treten der Revision entgegen.
9
II.
Die Revision des FA ist unbegründet.
10
Das FG hat die geltend gemachten Aufwendungen zu Recht als Werbungskosten anerkannt.
11
a)
Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nach Satz 2 der letztgenannten Vorschrift u.a. dann nicht, wenn dem Steuerpflichtigen für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird nach Satz 3 Halbsatz 1 der Vorschrift (in der hier maßgeblichen Fassung) die Höhe der abziehbaren Aufwendungen regelmäßig auf 2.400,00 DM begrenzt.
12
Ein "anderer Arbeitsplatz" im Sinne der Abzugsbeschränkung ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Er steht aber nur dann "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ... zur Verfügung", wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Übt der Steuerpflichtige nur eine berufliche Tätigkeit aus, muss geprüft werden, ob der -an sich vorhandene- andere Arbeitsplatz tatsächlich für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht. Es genügt jedoch nicht, dass nach Feierabend oder am Wochenende im häuslichen Arbeitszimmer Arbeiten verrichtet werden, die grundsätzlich auch an dem anderen Arbeitsplatz verrichtet werden könnten.
13
Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf das Urteil des Senats vom 7. August 2003 VI R 17/01 (zur Veröffentlichung bestimmt) Bezug genommen.
14
b)
Die vorinstanzliche Entscheidung ist im Ergebnis zutreffend. Zwar ist das Dienstzimmer des Klägers in der Schule als Büroarbeitsplatz ein "anderer Arbeitsplatz" im Sinne der Abzugsbeschränkung. Diesen konnte der Kläger jedoch nur für die Schulleitertätigkeit nutzen, aber nicht für seine Tätigkeit als Lehrer. Das FG hat hierzu festgestellt, dass in dem Dienstzimmer kein ausreichender Platz vorhanden war, die Gegenstände unterzubringen, die der Kläger für die Vor- und Nachbereitung seines Unterrichts benötigte. Genannt werden ein PC samt Drucker und Scanner, Ordner mit Lehr- und Anschauungsmaterial, ein Keyboard für die Vorbereitung musikalischer Projekte und für die Unterrichtsgestaltung sowie Bücher. Das FG hat darüber hinaus auch festgestellt, dass der Raum teilweise durch andere Personen genutzt wurde. Diese Feststellungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der daraus gezogene Schluss, dass dem Kläger das Dienstzimmer für einen Aufgabenbereich seiner beruflichen Tätigkeit, die Lehrtätigkeit, nicht zur Verfügung stand, ist zutreffend.
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