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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Eingruppierung - Zustimmungsverfahren
Eingruppierung - Zustimmungsverfahren
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
- 4.
- 5.
- 6.
- 7.Rechtsprechungs-ABC
- 7.1
- 7.2
- 7.3
- 7.4
- 7.5
- 7.6
- 7.7
- 7.8
- 7.9
- 7.10
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Information
1. Allgemeines
Der Arbeitgeber muss in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern vor jeder Ein- oder Umgruppierung die Zustimmung des Betriebsrats einholen (§ 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG; Eingruppierung - Mitbestimmung). Die Arbeitnehmervertretung kann ihre Zustimmung mit den in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Gründen verweigern. Das Gesetz gibt dem Arbeitgeber in diesem Fall die Möglichkeit, die Zustimmung des Betriebsrats durch das Arbeitsgericht ersetzen zu lassen (§ 99 Abs. 4 BetrVG). Damit ist aber nur die kollektivrechtliche Seite angesprochen - individualrechtlich bleibt die vom Arbeitgeber vorgenommene Ein- oder Umgruppierung bestehen.
2. Einholen der Zustimmung
Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat nach Maßgabe des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vor jeder
Eingruppierung oder
Umgruppierung
zu unterrichten,
ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen,
ihm Auskunft über die Person der Beteiligten zu erteilen,
ihm unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und
seine Zustimmung zu der geplanten Maßnahme einzuholen.
Sinn und Zweck der Unterrichtungspflicht ist es, dem Betriebsrat die Prüfung zu ermöglichen, ob ein Grund für die Zustimmungsverweigerung zur personellen Einzelmaßnahme nach § 99 Abs. 2 BetrVG vorliegt. Dabei ist die vollständige Unterrichtung Voraussetzung für die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Rechte aus § 99 Abs. 2 BetrVG. Die Unterrichtung des Arbeitgebers muss sich auf alle tatsächlichen Umstände erstrecken, die die Prüfung eines Zustimmungsverweigerungsgrunds möglich machen (BAG, 10.11.1992 - 1 ABR 21/92). Der Arbeitgeber ist allerdings nicht verpflichtet, dem Betriebsrat Informationen zu verschaffen, die er selbst nicht besitzt.
Praxistipp:
§ 99 Abs. 1 BetrVG sagt nichts über den konkreten Zeitpunkt der Unterrichtung. Sie muss nur "vor" der Ein- oder Umgruppierung erfolgen. Wer einen fairen und vernünftigen Umgang mit seinem Betriebsrat pflegen möchte, sollte die Unterrichtung immer so zeitig vornehmen, dass die anstehenden Entscheidungen vorausschauend und ohne Zeitdruck gefällt werden können.
Hält der Betriebsrat die Unterrichtung nicht für ausreichend, muss er den Arbeitgeber innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG um Vervollständigung der erteilten Auskünfte bitten (BAG, 14.03.1989 - 1 ABR 80/87), wenn die Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG nicht eintreten soll. Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitgeber seinerseits davon ausgehen durfte, dass er den Betriebsrat vollständig unterrichtet hat. Dazu muss er Auskünfte über die geplante Maßnahme und die Person sämtlicher Beteiligten unter Einschluss der von ihm selbst erhobenen auswahlrelevanten Daten erteilt haben. Nur unter dieser Voraussetzung fordert das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit, dass der Betriebsrat den Arbeitgeber innerhalb der einwöchigen Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, innerhalb der der Arbeitgeber die Stellungnahme des Betriebsrats erwartet, mitteilt, dass er für seine abschließende Erklärung weitere Informationen braucht (BAG, 28.06.2005 - 1 ABR 26/04).
3. Erteilen der Zustimmung
Hat der Arbeitgeber die Zustimmung seines Betriebsrats zur Ein- oder Umgruppierung ordnungsgemäß beantragt, hat die Mitarbeitervertretung drei Möglichkeiten, darauf zu reagieren: Er kann
ausdrücklich zustimmen,
seine Zustimmung verweigern oder
nichts tun.
Die ausdrückliche Zustimmung kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Das Gesetz sieht dafür keine Formvorschriften vor. Die Zustimmung des Betriebsrats hat im Rahmen des § 99 Abs. 1 BetrVG lediglich kollektivrechtliche Wirkung. Sie stellt nicht verbindlich fest, ob die beabsichtigte Ein- oder Umgruppierung materiell-rechtlich richtig ist. Der Arbeitnehmer kann seine vermeintlich günstigere Vergütung auch dann durchsetzen, wenn der Betriebsrat die vom Arbeitgeber beabsichtigte Einstufung für richtig gehalten hat.
Die Zustimmungsverweigerung muss der Betriebsrat dem Arbeitgeber innerhalb einer Woche nach Zugang der Unterrichtung über die geplante Ein- oder Umgruppierung unter Angabe von Gründen schriftlich mitteilen (§ 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG). Als Verweigerungsgründe kommen nur die in § 99 Abs. 2 BetrVG aufgezählten Tatbestände in Betracht. Die Begründung darf nicht bloß den Gesetzeswortlaut des wiederholen. Sie hat schon erkennen zu lassen, aufgrund welcher tatsächlicher und rechtlicher Annahmen der Betriebsrat zu seiner Auffassung gekommen ist. Schließlich muss der Arbeitgeber in die Lage versetzt werden, die Erfolgsaussichten eines Zustimmungsersetzungeverfahrens prüfen zu können.
Die Erklärung ist eine geschäftsähnliche Handlung, kein Rechtsgeschäft - insoweit reicht für die Schriftlichkeit auch ein Telefax (BAG, 11.06.2002 - 1 ABR 43/01). Der Betriebsrat muss alle Gründe, mit denen er seine Zustimmung verweigern will, innerhalb der Wochenfrist angeben - ein Nachschieben von Gründen ist ausgeschlossen (BAG, 18.09.2002 - 1 ABR 56/01 - mit dem Hinweis, dass der Arbeitgeber davor zu schützen ist, sich im Zustimmungsersetzungsverfahren mit ständig neuen Sachverhalten auseinandersetzen zu müssen). Das Verbot des Nachschiebens betrifft nur tatsächliche Gründe, nicht die rechtliche Begründung bereits mitgeteilter.
Bleibt der Betriebsrat untätig und teilt er dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Wochenfrist mit, gilt seine Zustimmung als erteilt (§ 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG). Das Gesetz sieht eine Zustimmungsfiktion vor. Sie tritt auch dann ein, wenn die Verweigerung nicht schriftlich oder nicht unter Angabe der Gründe erfolgt. Verweigerungsgründe, die in § 99 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 BetrVG nicht genannt sind, sind unbeachtlich.
In zwei Fällen greift keine Zustimmungsfiktion:
der Arbeitgeber erfüllt seine Unterrichtungspflicht aus § 99 Abs. 1 BetrVG nicht oder nicht vollständig;
der Betriebsrat ist ohne sein Verschulden - z.B. infolge höherer Gewalt - daran gehindert, die Wochenfrist einzuhalten.
Hat der Arbeitgeber seinem Betriebsrat deutlich gemacht, dass er die Unterrichtung subjektiv als ausreichend und ordnungsgemäß ansieht, darf er erwarten, dass der Betriebsrat ihn innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG um weitere Informationen bittet, wenn die ihm an die Hand gegebenen für seine Entscheidung nicht ausreichen (BAG, 28.06.2005 - 1 ABR 26/04). Macht der Betriebsrat das nicht, gilt seine Zustimmung über § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt.
4. Verweigern der Zustimmung
Betriebsrat kann die Zustimmung zur Ein- oder Umgruppierung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 BetrVGverweigern, wenn
sie gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen Bestimmungen in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde (Nr. 1),
sie gegen eine Richtlinie nach § 95 BetrVG verstoßen würde (Nr. 2),
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der Ein- oder Umgruppierung im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist (Nr. 3),
der betroffene Arbeitnehmer durch die Ein- oder Umgruppierung benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist (Nr. 4),
eine nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die Ein- oder Umgruppierung in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 BetrVG enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören würde (Nr. 6).
Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, muss er das unter Angabe der Gründe innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber tun (§ 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG). Die Wochenfrist beginnt erst, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat ordnungsgemäß über die geplante personelle Einzelmaßnahme unterrichtet hat. Auf offenkundige Unvollständigkeiten der Unterrichtung muss der Betriebsrat den Arbeitgeber in der Regel nicht aufmerksam machen. Aber: Durfte der Arbeitgeber annehmen, er habe den Betriebsrat vollständig unterrichtet, kann es Sache des Letzteren sein, "innerhalb der Frist um Vervollständigung der Auskünfte zu bitten" (BAG, 20.10.2021 – 7 ABR 34/20 – mit Hinweis auf BAG, 09.04.2019 – 1 ABR 25/17 – und BAG, 13.03.2013 – 7 ABR 39/11).
Praxistipp:
"Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt" (§ 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG).
Einstellung und Eingruppierung sind zwei verschiedene Mitbestimmungstatbestände. Deswegen kann der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung erteilen, zur Eingruppierung dagegen verweigern (BAG, 20.12.1988 - 1 ABR 68/87).
Voraussetzung für eine Verpflichtung zur Eingruppierung ist die Tatsache, dass die vom Arbeitnehmer zu verrichtende Tätigkeit von einer Vergütungsgruppenordnung erfasst wird (BAG, 12.12.2000 - 1 ABR 23/00). Zum mitbestimmungspflichtigen Eingruppierungsvorgang gehört auch die Antwort auf die Frage, welches die für den Arbeitgeber zutreffende Vergütungsgruppenordnung ist (BAG, 24.04.2001 - 1 ABR 37/00). Selbst die Entscheidung des Arbeitgebers, nicht mehr das bisherige Eingruppierungsschema, sondern ein neues Vergütungssystem unter Ausschluss der Lebensaltersstufen und der Möglichkeit des Bewährungsaufstiegs, ist eine Eingruppierungsentscheidung (BAG, 24.04.2001 - 1 ABR 38/00). Schließt sich unmittelbar an ein befristetes Arbeitsverhältnis ein weiteres an, ist keine erneute Eingruppierung erforderlich, wenn sich weder die Tätigkeit noch das Entgeltsystem geändert haben (LAG Hamm, 07.12.2005 - 13 TaBV 139/05).
5. Fehlen der Zustimmung
So lange die Zustimmung nicht erteilt ist, kann der Arbeitgeber die Ein- oder Umgruppierung nach § 100 BetrVG nur als vorläufige personelle Maßnahme durchführen. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, ist der Arbeitgeber - wenn er nicht den Weg über § 100 BetrVG wählt, rechtlich daran gehindert, die Ein- oder Umgruppierung vorzunehmen.
Führt der Arbeitgeber die Ein- oder Umgruppierung ohne Zustimmung des Betriebsrats durch oder hält er eine vorläufige Ein- oder Umgruppierung entgegen § 100 Abs. 2 Satz 3 oder Abs. 4 BetrVG aufrecht, kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, sie aufzuheben (§ 101 Satz 1 BetrVG). Dazu ist er unter Umständen durch Zwangsgeld anzuhalten (§ 101 Sätze 2 und 3 BetrVG).
Fehlt die Zustimmung zur Ein- oder Umgruppierung, ist dieser kollektivrechtliche Mangel individualrechtlich ohne Bedeutung. Der Arbeitgeber zahlt bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage das Arbeitsentgelt der Vergütungsgruppe, die er für richtig hält.
Beispiel:
Arbeitgeber A stuft Servicemitarbeiter S in die Gehaltsgruppe 2a des anzuwendenden Gehaltstarifvertrags ein. As Betriebsrat meint, S Tätigkeit sei höher zu bewerten, weil S eine besondere Verantwortung habe. A hält an seiner Eingruppierung fest, der Betriebsrat verweigert die Zustimmung. A beantragt beim Arbeitsgericht, sie zu ersetzen. So lange nichts endgültig entschieden ist, zahlt A die Vergütung nach der Gehaltsgruppe 2a.
Ein Arbeitnehmer braucht mit Entgeltforderungen nicht bis zum Ende des Zustimmungsersetzungsverfahrens zu warten. Er kann selbst Klage erheben und die seiner Auffassung nach richtige Vergütung einfordern. Es gilt das Prinzip der Trennung von
kollektivrechtlicher personeller Einzelmaßnahme i. S. des § 99 Abs. 1 BetrVG und
individualrechtlicher Gestaltung des Arbeitsvertrags.
Wird im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG eine bestimmte Entgeltgruppe als
zutreffend ermittelt oder
unzutreffend ausgeschlossen,
kann der betroffene Arbeitnehmer seinen Entgeltanspruch unmittelbar auf die gerichtliche Entscheidung stützen. In diesem Fall ist sein Anspruch nicht von einer weiteren Prüfung der tariflichen Eingruppierungsvoraussetzungen abhängig (BAG, 03.05.1994 - 1 ABR 58/93). Selbstverständlich ist der Arbeitnehmer nicht daran gehindert, für sich eine günstigere als die im Beschlussverfahren angenommene Eingruppierung zu fordern und einzuklagen. Er war nicht Beteiligter dieses Verfahrens. Der Beschluss stellt die richtige Vergütungsgruppe nur im Verhältnis der Betriebspartner fest. Das Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG ist ein Instrument kollektiven Interessenausgleichs. Es dient nicht der abschließenden Klärung von Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und ein- oder umzugruppierendem Arbeitnehmer.
6. Ersetzen der Zustimmung
Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen (§ 99 Abs. 4 BetrVG).
Beispiel:
Arbeitgeber A hält es für richtig, seine neue Personalsachbearbeiterin P in die Gehaltsstaffel 2 der Gehaltsgruppe IIIa des einschlägigen Gehaltstarifvertrags einzustufen. As Betriebsrat B glaubt, P verrichte nur einfache Bürotätigkeiten und sei daher in der Gehaltsstaffel 1 der Gehaltsgruppe IIIa richtig eingruppiert. B verweigert die Zustimmung zur Eingruppierung. P nimmt ihre Tätigkeit auf, A zahlt ihr ein Gehalt nach der Gehaltsstaffel 2. Will A nun Klarheit haben und seine Eingruppierung auf rechtlich einwandfreie Füße stellen, muss er beim Arbeitsgericht beantragen, Bs verweigerte Zustimmung zu ersetzen.
Das Rechtsschutzbedürfnis für den Zustimmungsersetzungsantrag nach § 99 Abs. 4 BetrVG setzt beim Arbeitgeber voraus, dass
der Betriebsrat überhaupt ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG bei der vom Arbeitgeber noch beabsichtigten endgültigen personellen Einzelmaßnahme hat und
er für diese personelle Einzelmaßnahme die Zustimmung seines Betriebsrats benötigt (BAG, 09.10.2013 - 7 ABR 1/12 - hier zu einer Versetzung; s. dazu auch BAG, 20.10.2021 – 7 ABR 34/20).
In der Praxis erledigen sich viele Mitbestimmungsverfahren nach § 99 Abs. 1 BetrVG ganz einfach dadurch, dass weder Arbeitgeber noch Betriebsrat etwas veranlassen. Dann wird die personelle Maßnahme so durchgeführt, wie der Arbeitgeber es beabsichtigt.
Die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats erfolgt im so genannten arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren (§§ 2a Abs. 1 Nr. 1, 80 ff. ArbGG).
Praxistipp:
Der Antrag, mit dem das Verfahren eingeleitet wird, könnte im voraufgehenden Beispielsfall so gestellt werden: "Wir beantragen, die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin <Vorname, Name, Adresse> in die Gehaltsstaffel 2 der Gehaltsgruppe IIIa des Gehaltstarifvertrags <genaue Bezeichnung> zu ersetzen." Um weitere Missverständnisse auszuschließen, ist es sinnvoll, den Antrag möglichst so präzise zu fassen, das Unklarheiten über die Person des eingruppierten Arbeitnehmers und die anzuwendende Vergütungsordnung vermieden werden.
Der Arbeitnehmer, um dessen richtige Ein- und/oder Umgruppierung sich die Betriebspartner streiten, ist kein Beteiligter des Beschlussverfahrens. Das Arbeitsgericht erforscht den Sachverhalt - anders als im "normalen" arbeitsgerichtlichen Klageverfahren - im Rahmen der gestellten Anträge von Amts wegen (§ 83 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Das bedeutet für den Arbeitgeber: Er muss die Tatsachen vortragen und darlegen, die die Richtigkeit seiner Auffassung stützen. Dazu gehören insbesondere die Fakten, die seine Ein- und/oder Umgruppierung stützen und die Tatsachen, mit denen die Zustimmungsverweigerungsgründe aus § 99 Abs. 2 BetrVG ausgeschlossen werden können. Kann das Arbeitsgericht bestimmte Punkte im Rahmen der Amtsermittlung nicht klären, geht das zulasten des Arbeitgebers. Der Prüfungsumfang erstreckt sich auf die vom Betriebsrat angeführten Verweigerungsgründe.
7. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle sind einige der wichtigsten Entscheidungen zum Thema Eingruppierung - Zustimmungsverfahren in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet hinterlegt:
7.1 Änderung der Vergütungsordnung
Eine Eingruppierung i. S. d. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG liegt vor, wenn ein Mitarbeiter zum ersten Mal oder erneut in die betriebliche Vergütungsordnung eingereiht wird. Ändert sich die Einreihung, liegt eine Umgruppierung vor. Darüber muss der Arbeitgeber auch dann eine Entscheidung treffen, wenn die Tätigkeit eines Mitarbeiters zwar gleichgeblieben ist, sich die betriebliche Vergütungsordnung jedoch geändert hat und wegen dieser Änderung eine Entscheidung über die "Neueingruppierung" des Mitarbeiters erfolgen muss (s. dazu BAG, 30.09.2014 – 1 ABR 32/13). Für die Mitbestimmung und den Antrag des Betriebsrats nach § 101 BetrVG ist es allerdings egal, ob eine Ein- oder eine Umgruppierung vorliegt. Maßgeblich ist, "dass ein Akt der Rechtsanwendung und die Kundgabe des hierbei gefundenen Ergebnisses stattfinden" (BAG, 23.02.2021 – 1 ABR 4/20 – mit Hinweis auf BAG, 22.04.2009 – 4 ABR 14/08).
7.2 Aufhebungsantrag
Führt der Arbeitgeber eine (vorläufige) personelle Maßnahme i.S.d. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ohne Zustimmung seines Betriebsrats durch, kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Maßnahme aufzuheben (§ 101 Satz 1 BetrVG). Im Aufhebungsverfahren ist festzustellen, "ob eine konkrete personelle Einzelmaßnahme gegenwärtig und zukünftig als endgültige Maßnahme zulässig ist." Der Betriebsrat verlangt mit seinem Aufhebungsantrag die Beseitigung des vom Arbeitgeber zu verantwortenden betriebsverfassungswidrigen Zustandes. Der Arbeitgeber wird mit Rechtskraft des dem Betriebsratsantrag stattgebenden Beschlusses verpflichtet, "den betriebsverfassungswidrigen Zustand durch Aufhebung der personellen Einzelmaßnahme zu beseitigen." Dabei ist zu berücksichtigen: Entscheidungen, die im Aufhebungsverfahren ergehen, wirken nur für die Zukunft." Es geht hier nicht um die Feststellung, "ob die Maßnahme bei ihrer Durchführung betriebsverfassungsrechtlich zulässig war" (BAG, 14.04.2015 - 1 ABR 66/13 - mit dem Hinweis, dass der Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG im Laufe des Verfahrens unbegründet wird, wenn die vom Arbeitgeber betriebsverfassungswidrig durchgeführte Maßnahme zB. infolge Zeitablaufs endet - was auch für Ein- und Umgruppierungen gilt).
7.3 Beförderung
Der Verlust einer Beförderungschance stellt nur dann einen sonstigen Nachteil i.S.d. § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG dar, wenn dadurch eine Rechtsposition des betroffenen Arbeitnehmers oder eine rechtlich erhebliche Anwartschaft des Arbeitnehmers gefährdet wird. Die Nichtrealisierung einer bloßen tatsächlichen Beförderungschance gibt dem Betriebsrat kein Recht, seine Zustimmung nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG zu verweigern (LAG Hamm, 15.04.2005 - 10 TaBV 101/04).
7.4 Beginn der Wochenfrist
Das gerichtliche Zustimmungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG setzt zunächst voraus, dass eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber erfolgt ist. Denn nur die ordnungsgemäße Unterrichtung setzt die einwöchige Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG für die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats in Gang. Dafür muss der Arbeitgeber den Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG "über die beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen ausreichend .. unterrichten". Der Betriebsrat muss aufgrund der mitgeteilten Tatsachen prüfen können, ob einer der sechs Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt, die in § 99 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 6 BetrVG aufgeführt sind (s. dazu BAG, 09.04.2019 – 1 ABR 25/17 – und BAG, 13.03.2013 – 7 ABR 39/11). Die Wochenfrist beginnt daher auch dann nicht zu laufen, "wenn der Betriebsrat es unterlässt, den Arbeitgeber auf die offenkundige Unvollständigkeit der Unterrichtung hinzuweisen" (BAG, 20.10.2021 – 7 ABR 34/20 – mit Hinweis auf BAG, 13.03.2013 – 7 ABR 55/03).
7.5 Erledigung
Ein Beschlussverfahren ist nach den §§ 95 Satz 4, 83a Abs. 2 ArbGG in der Rechtsbeschwerdeinstanz einzustellen, wenn die Beteiligten es für erledigt erklärt haben. Erklärt nur der Arbeitgeber das Verfahren für erledigt während die anderen am Verfahren Beteiligten der Erledigungserklärung widersprechen, muss das Gericht prüfen, "ob ein erledigendes Ereignis eingetreten ist." Liegt so ein Ereignis vor, muss das Verfahren eingestellt werden. Das heißt, es müssen tatsächliche, nach Anhängigkeit des Beschlussverfahrens eingetretene Umstände greifbar sein, die dazu führen, "dass das Begehren des Antragstellers jedenfalls nunmehr als unzulässig oder unbegründet abgewiesen müsste." Im Beschlussverfahren kommt es - anders als im Urteilsverfahren - nicht darauf an, ob der gestellte Antrag bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war (BAG, 17.11.2021 - 7 ABR 39/19 - mit Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung, z. B. in BAG, 20.01.2021 - 4 ABR 1/20 - und BAG, 29.07.2020 - 7 ABR 27/19).
7.6 Gesamtbetriebsrat
Das Mitbestimmungsrecht aus § 99 BetrVG richtet sich an den Betriebsrat. Auch wenn ein Arbeitnehmer in mehreren Betrieben beschäftigt werden soll, führt das nicht zur Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats. Dessen Zuständigkeit ist in § 50 BetrVG festgeschrieben: "Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können". Insoweit ist der Gesamtbetriebsrat im Verfahren nach § 101 Satz 1 BetrVG nicht zu beteiligen. Er kommt für die Ausübung des Zustimmungsrechts nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht in Betracht (BAG, 22.10.2019 - 1 ABR 13/18).
7.7 Gesetzesverstoß
Nimmt der Betriebsrat in seiner Zustimmungsverweigerung (hier zu einer Versetzung) offensichtlich auf keinen der gesetzlichen Verweigerungsgründe Bezug, ist seine Verweigerung unbeachtlich. Wobei: Für eine auf § 99 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 6 BetrVG gestützte Verweigerung müssen schon konkrete Tatsachen und Gründe angegeben werden, sie sind dort notwendig. Will sich der Betriebsrat auf einen Verstoß gegen Rechtsvorschriften stützen, braucht er diese Vorschriften nicht ausdrücklich zu nennen. Es genügt, wenn er mit hinreichender Deutlichkeit auf sie Bezug nimmt (BAG, 09.10.2013 - 7 ABR 1/12 - mit dem Hinweis, dass der Betriebsrat den Inhalt der Rechtsvorschriften, gegen die der Arbeitgeber nach seine Meinung verstoßen hat, zumindest andeuten muss).
7.8 Höhergruppierung
Der TVÜ-VKA (Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts) sieht in § 28b vor: "(1) Ergibt sich nach der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD eine höhere Entgeltgruppe, sind die Beschäftigten auf Antrag in der Entgeltgruppe eingruppiert, die sich nach § 12 (VKA) TVöD ergibt. Der Antrag kann nur bis zum 31. Dezember 2017 gestellt werden (Ausschlussfrist) und wirkt auf den 1. Januar 2017 zurück. (…). 3) Ruht das Arbeitsverhältnis am 1. Januar 2017, beginnt die Frist von einem Jahr nach Satz 1 mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit; der Antrag wirkt auf den 1. Januar 2017 zurück." Und das bedeutet für den Arbeitgeber: "Die durch einen Antrag auf Höhergruppierung nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA ausgelöste Rechtsanwendung unterliegt als (Neu-)Eingruppierung der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG" (BAG, 23.02.2021 – 1 ABR 4/20 – Leitsatz).
7.9 Mitteilungsfrist
Wenn der Betriebsrat seine Zustimmung verweigert, muss er "dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitteilen" (§ 99 Abs. 3 BetrVG). "Die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG wird grundsätzlich auch dann nicht in Lauf gesetzt, wenn der Betriebsrat es unterlässt, den Arbeitgeber auf die offenkundige Unvollständigkeit der Unterrichtung hinzuweisen. Durfte der Arbeitgeber dagegen davon ausgehen, den Betriebsrat vollständig unterrichtet zu haben, kann es Sache des Betriebsrats sein, innerhalb der Frist um Vervollständigung der Auskünfte zu bitten" (BAG, 13.03.2013 - 7 ABR 39/11 - hier zu einem Fall, in dem die Tarifverträge, nach den Ein- und Umgruppierungen vorgenommen werden sollten, noch nicht unterschrieben waren).
7.10 Nachträgliche Beteiligung
"Ein Antrag des Betriebsrats nach § 101 BetrVG, eine ohne seine Zustimmung durchgeführte Einstellung eines Arbeitnehmers aufzuheben, wird nicht dadurch unbegründet, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat während des Verfahrens nach § 101 BetrVG nachträglich über die bereits erfolgte Einstellung unterrichtet, ohne diese zuvor aufzuheben, und der Betriebsrat nicht innerhalb der Wochenfrist nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG seine Zustimmung unter Angabe beachtlicher Gründe schriftlich verweigert. Die Fiktionswirkung nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG kann nur eintreten, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat vor der Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG unterrichtet hat. Eine erst nach der Aufnahme der Tätigkeit durch den Arbeitnehmer vorgenommene nachträgliche Unterrichtung des Betriebsrats kann die Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG zu der bereits erfolgten Einstellung nicht bewirken" (BAG, 21.11.2018 - 7 ABR 16/17 - Leitsatz).
7.11 Prognose
"Die Eingruppierung nach dem Entgeltrahmenabkommen für die Hessische Metall- und Elektroindustrie (TV ERA Hessen) erfolgt auf der Grundlage der übertragenen und auszuführenden Arbeitsaufgabe. Die dabei vorgesehene ganzheitliche Betrachtung erfordert die Einbeziehung sämtlicher Tätigkeiten in die tarifliche Bewertung. Wird der Arbeitnehmer in einem Teilbereich der übertragenen Arbeitsaufgabe zunächst nicht eingesetzt, hat im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahrens gegebenenfalls eine Prognose zu erfolgen, in welchem zeitlichen Umfang die einzelnen zugewiesenen Tätigkeiten ausgeübt werden sollen" (BAG, 03.07.2019 - 4 ABR 27/18 - Leitsatz).
7.12 Prozessantrag
Ein Antrag, mit dem ein Zustimmungsverweigerungs- oder ein sonstiges Beteiligungsrecht des Betriebsrats festgestellt werden soll, muss die Maßnahme des Arbeitgebers, für die das Beteiligungsrecht in Anspruch genommen werden soll, so genau bezeichnen, dass mit der Entscheidung des Gerichts feststeht, für welche Maßnahme ein Mitbestimmungsrecht bejaht oder abgelehnt wird (BAG, 22.06.2005 - 10 ABR 34/04).
7.13 Unvollständige Unterrichtung
Es kommt nicht immer darauf an, ob der Arbeitgeber seinem Betriebsrat bereits im Zeitpunkt der Unterrichtung alle nach § 99 Abs. 1 BetrVG erforderlichen Informationen übermittelt hat oder ob diese Informationen dem Betriebsrat in diesem Zeitpunkt schon bekannt waren. Fehlen bloß die Angaben zum genauen Aufgaben- und Verantwortungsbereich des ein- oder umzugruppierenden Mitarbeiters, ist das keine offenkundig unvollständige Unterrichtung (s. dazu BAG, 06.10.2010 – 7 ABR 80/09). Es genügt daher, wenn der Arbeitgeber in zulässiger Weise die vom Betriebsrat als fehlend gerügten Angaben im Lauf des Zustimmungsverfahrens ausdrücklich zur Erfüllung seiner gegebenenfalls noch nicht vollständig erfüllten Unterrichtungspflicht ergänzt (BAG, 29.01.2020 – 4 ABR 8/18 – mit dem Hinweis, dass in diesem Fall keine neue Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats erforderlich war).
7.14 Verstoß gegen Rechtsvorschriften
Der Zustimmungsverweigerungsgrund § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG liegt vor, "wenn die personelle Maßnahme gegen die dort genannten Rechtsvorschriften – und damit auch gegen ein Gesetz oder einen Tarifvertrag – verstoßen würde." Die maßgebliche Rechtsnorm braucht kein Verbotsgesetz im technischen Sinn zu sein, das die Maßnahme unmittelbar unzulässig macht. Es muss nur "hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen, dass der Zweck der betreffenden Norm darin besteht, die personelle Maßnahme selbst zu verhindern." Bei einer Versetzung liegt der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG daher nur vor, "wenn das Ziel der Norm allein dadurch erreicht werden kann, dass die Versetzung insgesamt unterbleibt" (so: BAG, 10.10.2012 – 7 ABR 42/11; BAG, 17.06.2008 – 1 ABR 20/07 – und BAG, 18.03.2008 – 1 ABR 81/06). Gemeint sind u. a. Einstellungsnormen und Beschäftigungsverbote (dazu: BAG 10. August 1993 – 1 ABR 22/93). "Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen und Versetzungen ist dagegen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kein Instrument zur umfassenden Vertragsinhaltskontrolle" (BAG, 20.10.2021 – 7 ABR 34/20 – mit Hinweis auf BAG, 27.10.2010 – 7 ABR 86/09 – und BAG, 25.01.2005 – 1 ABR 61/03).
7.15 Vorlage der Bewerberunterlagen
Der Arbeitgeber muss seinem Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht bloß die Unterlagen der Bewerber vorlegen, die er nicht berücksichtigt hat, er muss dem Betriebsrat auch die Unterlagen vorlegen, die er " im Rahmen des Bewerbungsverfahrens über die Bewerber erstellt hat." Das verlangt schon der Normzweck des § 99 Abs. 1 BetrVG. Soll der Betriebsrat sein gesetzlich verbrieftes Recht, dem Arbeitgeber Anregungen für die zu treffende Auswahl unter den Bewerbern geben, sachgerecht ausüben, kann er das nur, "wenn er die vom Arbeitgeber ermittelten und von diesem für auswahlrelevant gehaltenen Daten und Unterlagen kennt ... [es folgt ein Hinweis auf BAG, 28.06.2005 - 1 ABR 26/04]." So gehören zu den nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorzulegenden Unterlagen auch solche, "die der Arbeitgeber allein oder zusammen mit dem jeweiligen Bewerber anlässlich einer Bewerbung erstellt hat, aber nur, wenn der Arbeitgeber diese Schriftstücke bei seiner Auswahlentscheidung berücksichtigt. Aufzeichnungen, die hierfür ohne jegliche Bedeutung sind, muss der Arbeitgeber nicht vorlegen" (BAG, 14.04.2015 - 1 ABR 58/13 - mit Hinweis auf BAG, 17.06.2008 - 1 ABR 20/07).
7.16 Zustimmungsantrag - Gegenstandswert
"1) Der Zustimmungsersetzungsantrag nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist in der Regel gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG mit dem Auffangwert zu bewerten" (s. dazu LAG Düsseldorf, 12.12.2016 – 4 Ta 529/16). "Bei einer bis zu drei Monate befristeten personellen Maßnahme erscheint eine Kürzung dieses Werts um 50 % angemessen. 2) Sind neben dem Zustimmungsersetzungsantrag nach § 99 Abs. 4 BetrVG die Anträge nach § 100 BetrVG und nach § 101 BetrVG (als Widerantrag) im selben Verfahren anhängig, sind diese jeweils mit 50 % des Antrags nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu bewerten (so auch Streitwertkatalog Ziffer II 14.5 und II 14.6). 3) Für die Bewertungen massenhaft in objektiver Antragshäufung gestellter Zustimmungsersetzungsanträge folgt die Kammer der vom Streitwertkatalog empfohlenen Staffelung des Wertes (Ziffer II 14.7)" (LAG Düsseldorf, 21.09.2020 – 4 Ta 284/20 – Leitsätze).
7.17 Zustimmungsersetzungsverfahren
Die gerichtliche Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG setzt voraus, dass der Arbeitgeber seinen Betriebsrat ordnungsgemäß nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVGunterrichtet hat (s. dazu BAG, 09.10.2013 - 7 ABR 1/12). Dazu muss er den Betriebsrat über die von ihm beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme ("geplante Maßnahme" i.S.d. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) informieren und ihm die erforderlichen Unterlagen vorlegen (s. dazu BAG, 05.05.2010 - 7 ABR 70/08). "Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine Unterrichtung, die es dem Betriebsrat ermöglicht, aufgrund der mitgeteilten Tatsachen zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe gegeben ist" (BAG, 21.03.2018 - 7 ABR 38/16 - mit Hinweis auf BAG, 09.10.2013 - 7 ABR 1/12).
7.18 Zustimmungsfiktion
Wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber nicht binnen Wochenfrist nach ordnungsgemäßer Unterrichtung schriftlich die Gründe seiner Zustimmungsverweigerung mitteilt, "so gilt die Zustimmung als erteilt" (§ 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG). "Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung nicht fristgerecht mit beachtlicher Begründung, so ist auf den Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers hin auszusprechen, dass die Zustimmung als erteilt gilt" (s. dazu BAG, 09.10.2013 – 7 ABR 1/12 – und BAG, 10.10.2012 – 7 ABR 42/11). Für den Betriebsrat genügt es, schriftlich mitzuteilen, dass einer der in § 99 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 6 BetrVG aufgeführten Verweigerungsgründe vorliegt. Seine Begründung braucht nicht mal schlüssig zu sein. "Konkrete Tatsachen und Gründe müssen nur für die auf § 99 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 6 BetrVG gestützte Verweigerung angegeben werden" (BAG, 20.10.2021 – 7 ABR 34/20 – mit Hinweis auf BAG, 10.10.2012 – 7 ABR 42/11; BAG, 19.04.2012 – 7 ABR 52/10; BAG, 16.03.2010 – 3 AZR 31/09 – und BAG, 09.12.2008 – 1 ABR 79/07).