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BFH, 04.05.2006 - VI R 67/03 - Bestimmung des Umfangs der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit; Berücksichtigung von Ausgleichszahlungen des Arbeitgebers als Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit
Bundesfinanzhof
Urt. v. 04.05.2006, Az.: VI R 67/03
Vom Arbeitgeber übernommene Zinsen kosten trotzdem
Übernimmt ein Arbeitgeber für einen Mitarbeiter, der für sein Eigenheim ein Bankdarlehen erhalten hat, einen Teil der darauf zu zahlenden Zinsen, so handelt es sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Der BFH stellte fest, dass die Zahlungen des Arbeitgebers beruflich veranlasst gewesen seien, da der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis des Arbeitnehmers gewährt worden sei. Die berufliche Veranlassung ergebe sich daraus, dass sich die Leistung im weitesten Sinn als Gegenleistung für die Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweise.
Quelle: Wolfgang Büser
Bestimmung des Umfangs der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit; Berücksichtigung von Ausgleichszahlungen des Arbeitgebers als Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit
Verfahrensgang:
vorgehend:
FG Hessen - 05.11.2003 - AZ: 11 K 3108/01
Fundstellen:
BFHE 214, 95 - 97
AuA 2006, 673 (Kurzinformation)
BB 2006, 2283-2284 (Volltext mit amtl. LS)
BBK 2006, 1151
BFH/NV 2006, 2161 (Volltext mit amtl. LS)
BFH/NV 2006, 1471-1472 (Volltext mit amtl. LS)
BStBl II 2006, 914-915 (Volltext mit amtl. LS)
DB 2006, 2382 (Volltext mit amtl. LS)
DB 2006, VI Heft 14 (amtl. Leitsatz)
DStR 2006, X Heft 28 (amtl. Leitsatz)
DStR 2006, VIII Heft 41 (Kurzinformation)
DStR 2006, 1835 (amtl. Leitsatz)
DStRE 2006, 1174-1175 (Volltext mit amtl. LS)
DStRE 2006, 1364 (amtl. Leitsatz)
DStZ 2006, 714 (Kurzinformation)
EStB 2006, 409 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
FR 2006, 1133-1134
GmbH-Report 2006, R324 (Kurzinformation)
HFR 2006, 1221 (Volltext mit amtl. LS)
INF 2006, 845-846
KÖSDI 2007, 15553 (Kurzinformation)
KÖSDI 2006, 15306-15307 (Kurzinformation)
LGP 2006, 133
NWB 2006, 3439 (Kurzinformation)
NWB 2006, 9 (Kurzinformation)
NWB 2006, 2481
NWB direkt 2006, 7
NWB direkt 2006, 9
NZA 2007, 376 (Kurzinformation)
NZA-RR 2007, 28-29 (Volltext mit amtl. LS)
RdW 2007, XI Heft 1 (amtl. Leitsatz)
SBT 2006, 14
SJ 2006, 10
StB 2006, 405
StuB 2006, 805
SWK 2006, 1306
Jurion-Abstract 2006, 219364 (Zusammenfassung)
BFH, 04.05.2006 - VI R 67/03
Gründe
1
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war als ... beim B- e.V. (Arbeitgeber) angestellt und erzielte aus dieser Tätigkeit in den Streitjahren 1994 bis 1998 Einkünfte aus Nichtselbstständiger Arbeit. Im Januar 1994 gewährte die X-Bank dem Kläger zum Kauf einer Eigentumswohnung ein Darlehen über 120 000 DM. Der jährliche Zinssatz belief sich auf 6,85 v.H. Im Oktober 1994 schloss der Arbeitgeber mit der X-Bank eine Zinsübernahmevereinbarung. Darin verpflichtete er sich gegenüber der X-Bank zur Zahlung von 0,85 v.H. Zinsen auf das genannte Darlehen rückwirkend ab Juli 1994. Die sog. Ausgleichszahlungen in Höhe von 358 DM sollten jeweils halbjährlich im Voraus entrichtet werden.
2
Im November 1994 schlossen der Kläger und die X-Bank einen geänderten Darlehensvertrag. Danach betrug der jährliche Zinssatz nur noch 6 v.H. Diese, ab Juli 1994 rückwirkend geltenden Kreditkonditionen wurden dem Kläger nur für die Dauer des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber eingeräumt. Von einer etwaigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses an sollte der ursprüngliche Darlehensvertrag fortbestehen.
3
Der Arbeitgeber behielt für die Ausgleichszahlungen keine Lohnsteuer ein. Nach einer bei ihm durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung änderte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Einkommensteuerbescheide des Klägers für die Streitjahre gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) und erhöhte die Einkünfte aus Nichtselbstständiger Arbeit um 358 DM (1994) bzw. 716 DM (1995 bis 1998).
4
Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1673 veröffentlichten Gründen statt.
5
Mit der Revision macht das FA im Wesentlichen geltend: Entgegen der Auffassung des FG handele es sich bei den Ausgleichszahlungen um Barlohn i.S. des § 8 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Abschn. 31 Abs. 8 der Lohnsteuer-Richtlinien a.F. --LStR a.F.-- (1993 bis 1996) komme deshalb nicht zur Anwendung. Darüber hinaus sei die Regelung auch ihrem Wortlaut nach nicht einschlägig.
6
Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
7
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
8
II.
Die Revision des FA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die angegriffenen Einkommensteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
9
Die Ausgleichszahlungen sind steuerpflichtiger Arbeitslohn. Entgegen der Auffassung des FG liegen die Voraussetzungen für eine Steuerfreistellung nicht vor.
10
1.
Zu den Einnahmen aus Nichtselbstständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen.
11
Die Ausgleichsleistungen des Arbeitgebers stellen einen geldwerten Vorteil dar. Der geldwerte Vorteil wurde dem Kläger auch für eine Beschäftigung im privaten Dienst gewährt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) werden Vorteile "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Die berufliche Veranlassung liegt vor, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinn als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (BFH-Urteil vom 23. Juni 2005 VI R 124/99, BFHE 209, 549, BStBl II 2005, 766, m.w.N.). Davon ist hier, wie zwischen den Beteiligten im Übrigen nicht streitig ist, auszugehen.
12
2.
Der Senat lässt dahinstehen, ob es sich bei den Zahlungen des Arbeitgebers um Barlohn oder um die Zuwendung eines geldwerten Vorteils i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG handelt. Denn der geldwerte Vorteil beträgt in jedem Fall 358 DM (1994) bzw. 716 DM (1995 bis 1998). Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 EStG sind unstreitig nicht gegeben. Entgegen der Auffassung des FG kommt eine Steuerfreistellung der Ausgleichszahlungen als Sachlohn nicht in Betracht.
13
Zwar sind nach Abschn. 31 Abs. 8 Satz 3 LStR a.F. Zinsvorteile (erst) anzunehmen, soweit der Effektivzins für ein Darlehen 6 v.H. unterschreitet. Es ist jedoch schon fraglich, ob nach dem Verständnis der Verwaltung diese Anweisung auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden ist. Denn die Regelung soll u.a. nur dann zur Anwendung kommen, wenn ein Dritter dem Arbeitnehmer ein zinsverbilligtes Darlehen gewährt (Abschn. 31 Abs. 8 Satz 1 LStR a.F.). Von einem zinsverbilligten Darlehen kann im Streitfall zumindest bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht ausgegangen werden. Denn im Ergebnis erzielt die X-Bank unter Einbeziehung der Ausgleichszahlungen einen marktüblichen Zins von 6,85 v.H.
14
Es kommt hinzu, dass im Streitfall "Vereinfachungsgründe" (vgl. Abschn. 31 Abs. 8 Satz 1 LStR a.F.) die Anwendung der genannten Verwaltungsanweisung nicht rechtfertigen. Denn die Ermittlung des Zinsvorteils und damit die Bewertung i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG bereitet hier keine Schwierigkeiten.
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