Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Medizinischer Dienst
Medizinischer Dienst
Normen
§§ 275 ff. SGB V
§ 18 SGB XI
Richtlinien über die Zusammenarbeit der Krankenkassen mit den Medizinischen Diensten der Krankenversicherung vom 27.08.1990
Richtlinie über Umfang und Auswahl der Stichproben bei der Begutachtung durch den medizinischen Dienst und Ausnahmen davon nach § 275 Abs. 2 Nr. 1 SGB V (Richtlinie MD-Stichprobenprüfung) vom 02.07.2008 in der Fassung vom 29.08.2022
Kurzinfo
Die Krankenkassen sind in gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei der Erbringung von Leistungen, zur Einleitung von Leistungen der Teilhabe oder bei Arbeitsunfähigkeit, eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes (MD) einzuholen.
Fahrkosten, die aus Veranlassung der Krankenkasse durch eine Untersuchung eines Versicherten beim MD entstehen, sind von den Krankenkassen ohne Zuzahlung zu erstatten (§ 65a SGB I).
Information
Der Medizinische Dienst (MD) ist eine unabhängige Arbeitsgemeinschaft aller Krankenkassen, die den Medizinischen Dienst - gemeinsam mit den Pflegekassen - über eine Umlage, abhängig von der Mitgliederzahl, finanzieren.
Der MD hat folgende Tätigkeitsfelder:
Transparenz über das aktuelle medizinische Geschehen schaffen,
Hinweise für die Wertigkeit von Leistungen geben,
Orientierungsdaten für eine wirtschaftliche Leistungsgewährung liefern und
als wichtigste Aufgabe: sozialmedizinische Begutachtungen durchführen.
Der MD soll der Verwaltung (also den Kranken- und Pflegekassen) Entscheidungshilfen geben. Große Bedeutung hat die Beratungsfunktion des MD in allgemein medizinischen Fragen der gesundheitlichen Versorgung u.a. für Vertragsverhandlungen mit Leistungserbringern; gleichzeitig soll durch Einschaltung des MD eine Qualitätssicherung/-verbesserung erreicht werden.
Allgemeine Verpflichtung zur Beratung und Begutachtung
Die Krankenkassen haben nach § 275 Abs. 1 SGB V grds. eine gutachterliche Stellungnahme des MD einzuholen, wenn es nach Art, Schwere, Dauer und Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist.
Eine Beratung oder Begutachtung durch den MD kann auch dann erforderlich sein, wenn die Verordnung einer Leistung im Einzelfall Zweifel an der Zweckmäßigkeit, Wirksamkeit oder Wirtschaftlichkeit der Behandlungsmaßnahmen aufkommen lässt.
Es handelt sich um Arzneimittel, Heilmittel, Häusliche Krankenpflege, Haushaltshilfe, Krankenhausbehandlung, Belastungserprobung und Arbeitstherapie, Rehabilitationssport, sonstige ergänzende Leistungen zur Rehabilitation, Kinderpflege-Krankengeld oder Fahrkosten.
Dazu kommt noch die Begutachtung
- vor Einleitung von Maßnahmen der Rehabilitation,
- bei Arbeitsunfähigkeit (zur Sicherung des Behandlungserfolges, Beseitigung von begründeten Zweifeln oder stufenweiser Wiedereingliederung).
Beratung und Begutachtung in gesetzlich bestimmten Fällen
Die Krankenkassen haben nach § 275 Abs. 2 SGB V in den nachstehend genannten Fällen eine Prüfung durch den MD zu veranlassen:
- Medizinische Vorsorgeleistungen, Vorsorgekuren für Mütter
- Medizinische Rehabilitationsmaßnahmen und Müttergenesungskuren
- Schwerpflegebedürftigkeit
- Kostenübernahme bei Behandlung außerhalb des Geltungsbereichs des SGB
- Häusliche Krankenpflege
Begutachtung in geeigneten Fällen
Die Krankenkassen können nach § 275 Abs. 3 SGB V in nachstehend genannten Fällen eine Prüfung durch den MD veranlassen. Eine Prüfung ist im Einzelfall dann angezeigt, wenn bei der Art der Erkrankung (Diagnose) und dem bisherigen Krankheitsverlauf Zweifel darüber bestehen, ob die verordnete Leistung den Grundsätzen einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Leistungserbringung (§§ 2, 12 SGB V) entspricht. Der MD hat bei seiner Beurteilung auch Stellung zur Qualität und Wirksamkeit der Leistungen zu nehmen. Das sind folgende Leistungen:
- Kieferorthopädische Behandlung
- Hilfsmittel
- Brillen und andere Sehhilfen
- Hörhilfen
- Orthopädische und andere Hilfsmittel, Körperersatzstück
- Form der ambulanten Dialysebehandlung
Sonstige Begutachtungsanlässe
- Beurteilung der medizinischen Voraussetzungen der Erwerbsunfähigkeit
- Zusammenhangsfragen (z.B. zur Frage derselben Krankheit bei der Entgeltfortzahlung)
- Sonstige personenbezogene Beratungen und Begutachtungen (z.B. Außenseitermethoden, voraussichtlicher Entbindungstermin, Behandlungsfehler)
Damit die Krankenkassen sich als moderne Dienstleistungsunternehmen zeigen, sollte die Einschaltung des MD als Gutachter besonders versichertenfreundlich gestaltet werden. Bevor ein Versicherter zum MD geladen (nicht vorgeladen) wird, sollte zunächst mit dem MD ein Gespräch stattfinden, ob eine Einladung überhaupt sinnvoll erscheint. Bei diesem Gespräch sollte der MD anhand der vorliegenden Akten entscheiden, ob eine Begutachtung angebracht ist.
Sollte danach die Entscheidung für eine Einladung fallen, ist der Versicherte zu der Gutachterstelle einzuladen, die dem Aufenthalts- oder Wohnort des Versicherten am nächsten liegt.
Zur Begutachtung sind dem MD sämtliche für ihn wichtigen Befunde vorzulegen, damit er Einsicht in den Krankheitsverlauf erhält. Hierzu könnte einerseits die Krankenkasse den Versicherten bitten, alle Befunde und sonstigen Berichte vom behandelnden Arzt oder Hausarzt zum Begutachtungstermin mitzubringen. Andererseits wäre es aber besonders versichertenorientiert, wenn sich die Krankenkasse die erforderlichen Unterlagen selbst beschaffen würde.
Soweit dem MD Originale der Unterlagen vorgelegt werden, hat er diese natürlich unverzüglich zurückzugeben.
Nach der Begutachtung erstellt der MD ein schriftliches Gutachten. Dieses enthält neben der Diagnose das Ergebnis der Begutachtung, also die Antwort auf die von der Krankenkasse gestellte Frage. Dies kann z.B. eine Hilfe für die Entscheidung der Krankenkasse sein, ob sie eine Leistung bewilligt oder nicht. Durchschriften dieses Gutachtens bekommen die zuständige Krankenkasse und die behandelnden Ärzte bzw. der Hausarzt. Hierdurch wird sichergestellt, dass die behandelnden Ärzte oder der Hausarzt über die Begutachtung und deren Ergebnis informiert werden. Es soll allerdings nicht in deren Behandlung eingreifen. Hierzu sind die Ärzte des MD nicht berechtigt.
Prüfung der Pflegebedürftigkeit im Auftrag der Pflegekassen
Die Pflegekassen haben durch den MD prüfen zu lassen, ob die Voraussetzungen von Pflegebedürftigkeit gegeben sind und in welchem Maße Pflegebedarf vorliegt. Im Rahmen dieser Prüfung hat der MD auch Feststellungen darüber zu treffen, ob und in welchem Umfang Maßnahmen zur Beseitigung, Minderung oder Verhütung einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit - einschließlich der medizinischen Rehabilitation - geeignet, notwendig und zumutbar sind.
Das Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit ist in den Pflegebedürftigkeits-Richtlinien verbindlich geregelt. Die Pflegekasse entscheidet über das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit und über die Zuordnung des Pflegebedürftigen in die jeweiligen Pflegegrade. Sie entscheidet über die nach dem SGB XI zu erbringenden Leistungen. Die Pflegekasse schaltet bei Eingang eines Antrags auf Pflegeleistungen regelmäßig den MD ein. Dies kann ausnahmsweise unterbleiben, wenn die Anspruchsvoraussetzungen auch ohne die Begutachtung von vornherein nicht vorliegen (z.B. bei Nichterfüllung der Vorversicherungszeit).
Bei der Stellung eines Leistungsantrags an die Pflegekasse ist die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit nicht erforderlich.
Aufgaben des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS)
Der MDS unterstützt die Zusammenarbeit der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MD), um eine wirksame und einheitliche Durchführung der Aufgaben zu fördern. Der MDS hat dafür zu sorgen, dass die Medizinischen Dienste der Länder bei der Durchführung ihrer Aufgaben krankenkassenarten- und länderübergreifend nach gleichen Kriterien und Verfahren vorgehen.
Träger des MDS ist der GKV-Spitzenverband. Der MDS ist ein eingetragener Verein. Die Aufgaben des MDS sind jetzt deutlich erweitert: Er berät den GKV-Spitzenverband in allen medizinischen und pflegerischen Fragen, die diesem qua Gesetz zugewiesen sind. Außerdem koordiniert und fördert der MDS die Durchführung der Aufgaben und die Zusammenarbeit der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MD) in medizinischen und organisatorischen Fragen.
Allein entscheidungsbefugtes Mitglied gem. § 282 SGB V ist der GKV-Spitzenverband.
Die Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene gehören dem Verein als fördernde Mitglieder an und gestalten seine gesundheitspolitische Ausrichtung mit. Darüber hinaus können die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung dem MDS als fördernde Mitglieder beitreten.