Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Krankheitsursache
Krankheitsursache
Normen
§ 52 SGB V
Gemeinsames Rundschreiben v. 09.03.2007 zu § 52 SGB V
Kurzinfo
Für den Leistungsanspruch des Versicherten ist die Krankheitsursache grundsätzlich ohne Bedeutung. Der Versicherte hat also in der gesetzlichen Krankenversicherung einen uneingeschränkten Krankenversicherungsschutz auch bei selbstverschuldeten Krankheiten und Unfällen. Haben sich allerdings Versicherte die Krankheit vorsätzlich oder bei einem von ihnen begangenen Verbrechen oder vorsätzlichen Vergehen zugezogen, kann die Krankenkasse die Versicherten an den Kosten der Leistungen beteiligen und das Krankengeld ganz oder teilweise für die Dauer dieser Krankheit versagen oder zurückfordern (§ 52 SGB V).
Haben sich Versicherte eine Krankheit durch eine medizinisch nicht indizierte Maßnahme zugezogen, hat die Krankenkasse die Versicherten in angemessener Höhe an den Kosten zu beteiligen und das Krankengeld für die Dauer dieser Behandlung ganz oder teilweise zu versagen oder zurückzufordern.
Bei fremdverschuldeten Unfällen und Krankheiten besteht ein vollwertiger Krankenversicherungsschutz. Jedoch hat die Krankenkasse für ihre Leistungen unter bestimmten Voraussetzungen einen Ersatzanspruch gegen den Schädiger.
Information
Große Bedeutung hat die Krankheitsursache für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Der Anspruch besteht nämlich nur, wenn der Arbeitnehmer die Krankheit nicht selbst verschuldet hat. Ein Selbstverschulden schließt den Anspruch jedoch nach der Rechtsprechung nur bei grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Herbeiführung der Arbeitsunfähigkeit aus. Eine leichte Fahrlässigkeit berechtigt den Arbeitgeber nicht zur Verweigerung der Entgeltfortzahlung. Der Anspruch ist nach diesen Grundsätzen z.B. ausgeschlossen bei Arbeitsunfähigkeit durch:
Unfälle, die durch Trunkenheit am Steuer oder erheblich überhöhter Geschwindigkeit verursacht wurden,
Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes (wenn die Verletzung der Anschnallpflicht ursächlich war),
grobe Verstöße gegen die Unfallverhütungsvorschriften,
besonders gefährliche Sportarten,
schuldhafte Beteiligung an einer Schlägerei.
Ein Verschulden des Arbeitnehmers i.S.d. § 3 Abs. 1 EFZG kann nicht nur beim Entstehen einer Krankheit vorliegen, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer den Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit verzögert oder verhindert. Der Arbeitnehmer ist während der Krankheit verpflichtet, sich so zu verhalten, dass er wieder gesund wird, und hat alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögert oder verhindern könnte (vgl. BAG, 11.11.1965 - 2 AZR 69/65, 21.01.1976 - 5 AZR 593/74).
Ist ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge der Spende von Organen oder Geweben nach dem Transplantationsgesetz oder einer Blutspende zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen i.S.v. § 9 des Transfusionsgesetzes an seiner Arbeitsleistung gehindert, hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen wie bei einer unverschuldeten Arbeitsunfähigkeit. Dem Arbeitgeber sind von der gesetzlichen Krankenkasse des Organempfängers die Aufwendungen auf Antrag zu erstatten (§ 3a EFZG).
Will der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigern, hat er im Allgemeinen zu beweisen, dass die Arbeitsunfähigkeit durch eigenes Verschulden des Arbeitnehmers herbeigeführt wurde. Wird die Entgeltfortzahlung verweigert, zahlt die Krankenkasse ihren Mitgliedern Krankengeld.
Durch medizinisch nicht notwendige Schönheitsoperationen, Piercing und Tätowierungen entstehen oft gravierende Gesundheitsstörungen. Da sich Versicherte, die derartige Maßnahmen durchführen lassen, aus eigenem Entschluss gesundheitlichen Risiken aussetzen, ist es nicht sachgerecht, diese Risiken durch die Versichertengemeinschaft abzudecken. Hier ist von den betroffenen Versicherten die Übernahme von Eigenverantwortung einzufordern. Die Krankenkassen haben sie daher an den Behandlungskosten angemessen zu beteiligen und Krankengeld ggf. ganz oder teilweise zu versagen oder zurückzufordern.
Aufgrund der nur beispielhaften Nennung bestimmter "Maßnahmen" (ästhetische Operation, Tätowierung, Piercing) kann die Regelung des § 52 Abs. 2 SGB V auch bei Gesundheitsschäden aufgrund anderer "medizinisch nicht indizierter Maßnahmen" zur Anwendung kommen. Als eine derartige "Maßnahme" könnte nach dem Wortlaut des Gesetzes auch jedwedes krankheitsverursachende Verhalten der Versicherten - wie zu viel oder zu wenig Bewegung der Versicherten oder auch Rauchen und Alkoholkonsum usw. - verstanden werden. Da eine derart weitgehende Interpretation vonseiten des Gesetzgebers aber offensichtlich nicht gewollt ist, ist der Begriff der "medizinisch nicht indizierten Maßnahme" unter Berücksichtigung der unmittelbar in § 52 SGB V genannten Beispiele auszulegen. Über die Festsetzung der Kostenbeteiligung nach § 52 SGB V hat die Krankenkasse einen formellen Bescheid zu erteilen.
Die Vorgängerverbände des Spitzenverbandes Bund haben einheitliche Kriterien für die Höhe der Zuzahlung abgesprochen (TOP 3 des BE v. 22.01.2008). Danach ist jeder Fall individuell zu regeln. Hierbei hat die Krankenkasse eine Ermessensentscheidung zu treffen. Ungeachtet der damit verbundenen Schwierigkeiten besteht die Notwendigkeit, die betreffenden Versicherten über ihren zu erwartenden Kostenanteil zu informieren.
Der GKV-Spitzenverband hält es für vertretbar, dass von den Versicherten grundsätzlich ein 50%iger Eigenanteil an den Behandlungs- und Nebenkosten gefordert wird, soweit nicht aufgrund der der Krankenkasse bereits bekannten Verhältnisse ein anderer Prozentsatz angemessen erscheint.
Bedarf es einer anderen Entscheidung über die Höhe des Eigenanteils des Versicherten, kann diese unter Berücksichtigung der nachstehenden Hinweise getroffen werden.
- 1.
Bestimmung einer kalenderjährlichen (nicht behandlungsbezogenen) Zumutbarkeitsgrenze für außergewöhnliche Belastungen entsprechend § 33 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dementsprechend beträgt die jährliche Zumutbarkeitsgrenze bei einem Einkommen von
- a.
bis zu 15.340,00 EUR:
5 % des Einkommens Alleinstehender ohne Kinder,
4 % des Einkommens Verheirateter ohne Kinder,
2 % des Einkommens Versicherter mit einem Kind oder zwei Kindern,
1 % des Einkommens Versicherter mit drei oder mehr Kindern;
- b.
über 15.340,00 EUR bis zu 51.130,00 EUR:
6 % des Einkommens Alleinstehender ohne Kinder,
5 % des Einkommens Verheirateter ohne Kinder,
3 % des Einkommens Versicherter mit einem Kind oder zwei Kindern,
1 % des Einkommens Versicherter mit drei oder mehr Kindern;
- c.
über 51.130,00 EUR:
7 % des Einkommens Alleinstehender ohne Kinder,
6 % des Einkommens Verheirateter ohne Kinder,
4 % des Einkommens Versicherter mit einem Kind oder zwei Kindern,
2 % des Einkommens Versicherter mit drei oder mehr Kindern.
- d.
Nur der Teil der Einkünfte, der den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt, ist mit dem jeweils höheren Prozentsatz zu belasten. Der Prozentsatz richtet sich für ein Einkommen bis zu 15.340,00 EUR nach a., von 15.341,00 EUR bis 51.130,00 EUR nach b. und nur vom übersteigenden Betrag nach c. (BFH, 19.01.2017 - VI R 75/14).
- 2.
Eine fallbezogene Deckelung der Zumutbarkeitsgrenze erfolgt nicht.
- 3.
Bei der Ermittlung des maßgeblichen Einkommens wird entsprechend § 62 Abs. 2 Satz 1 SGB V das Einkommen des Mitgliedes und ggf. des Ehegatten bzw. Lebenspartners i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes und der haushaltsangehörigen Kinder zugrunde gelegt. Eine Ermittlung und Berücksichtigung von eventuellem Vermögen erfolgt nicht. Zum Ansatz gelangt das Vorjahreseinkommen, sofern nicht bei negativer Entwicklung das aktuelle Einkommen zu ermitteln und heranzuziehen ist.
Hinsichtlich des Versagens bzw. der Rückforderung von Krankengeld spricht sich der GKV-Spitzenverband für eine Anlehnung an § 54 Abs. 4 SGB I aus, d.h. das Krankengeld kann oberhalb der Pfändungsfreigrenze versagt bzw. zurückgefordert werden; bei im gleichen Monat bezogenen anderen Einkünften, wie z.B. Arbeitsentgelt, ggf. also in voller Höhe.
Siehe auch